Zwangsverwaltung ohne Eigenbesitz?

  • Parallel Zwangsversteigerungsverfahren und Zwangsverwaltungsverfahren (beide mein Referat betreffend) Jeweils:
    AOB vom 20.11.2006
    erste Beschlagnahme: 21.11.2006 durch Eingang des Ersuchens um Eintragung des ZVG-Vermerks beim GBA
    Eintragung ZVG-Vermerk: 21.02.2007
    Eintragung eines neuen Eigentümers: ebenfalls 21.02.2007. Die die Auflassung enthaltende Urkunde hatte dem GBA bereits vor der ersten Beschlagnahme vorgelegen. Für die Eigentümer ist seit längerem eine AV eingetragen

    Laut einer hiesigen LG-Entscheidung ist ein nach § 878 BGB geschützter Erwerb nicht grundbuchersichtlich. Daher darf keine Einstellung nach § 28 ZVG erfolgen.

    Nun meine Auffassung zu den gleichwohl eintretenden Konsequenzen in der Zwangsverwaltung:
    Durch den nunmehrigen Eigentumswechsel ist dem Gericht offenkundig, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht Eigenbesitzerin des Vollstreckungsobjekts ist noch bei Anordnung der Zwangsverwaltung war. (Hier: mittelbarer Eigenbesitz, das Objekt ist vermietet).
    Im Hinblick darauf ist beabsichtigt, das Zwangsverwaltungsverfahren aufzuheben.
    Es steht der Gläubigerin (Rangklasse 10 I 4, im Rang vor der seinerzeitigen Vormerkung) frei, nach Titelumschreibung die Zwangsverwaltung gegen die vormalige Eigenbesitzerin, nunmehrige Eigentümerin zu betreiben.

    So richtig? Oder darf / soll / muss Zwangsverwaltung ohne Eigenbesitz laufen? 

  • @ 15. Meridian

    Jedes Zwangsverwaltungsverfahren setzt Eigenbesitz voraus; genauer: Der Eigenbesitz muss grundsätzlich beim Schuldner (= ausschließlich diejenige Person, gegen die aktuell vollstreckt wird bzw. gegen die gerade zu vollstrecken versucht wird) vorzufinden sein. Egal ist, ob es unmittelbarer oder mittelbarer Schuldner-Eigenbesitz ist. Egal ist ferner, ob es sich um den in § 146 ZVG angesprochenen „Normalfall“ handelt (nämlich, dass der Schuldner sowohl Eigentümer als zugleich auch Eigenbesitzer ist) oder um den „Sonderfall“ des § 147 ZVG (nämlich, dass der Schuldner zwar nicht Eigentümer ist, aber wenigstens Eigenbesitzer).

    Wenn der Eigenbesitz bei einer dritten Person (= nicht mit dem Schuldner identische Person) besteht, ist also grundsätzlich ein Verfahrenshindernis gegeben, so dass nach § 28 ZVG aufzuheben bzw. gar nicht erst angeordnet werden kann/darf. Ausnahmsweise (!) ist das anhängige Zwangsverwaltungsverfahren „doch“ rechtlich „durchführbar“, wenn und soweit der „störende Dritte“ (sprich der störende Eigenbesitzer) dem nicht gegen ihn anhängigen Zwangsverwaltungsverfahren, also dem Eingriff in seine Eigenbesitzposition zustimmt (= freiwillig, also ohne dass gegen ihn mangels Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vollstreckt wird). Anderenfalls bedarf es entweder eines (anderen) Zwangsverwaltungsverfahrens, das ausschließlich gegen ihn (= den eigenbesitzenden Dritten) gerichtet ist oder eines zusätzlichen Duldungstitels gegen ihn (= den störenden Eigenbesitzer), so dass das gegen den Schuldner, der nicht zugleich Eigenbesitzer ist, anhängige Zwangsverwaltungsverfahren „doch“ rechtlich „durchführbar“ist, da insoweit die (freiwillige) Zustimmung des eigenbesitzenden Dritten durch einen weiteren/zusätzlichen (zwangsweise beschafften) Duldungstitel ersetzt ist.

    Ausnahmsweise ist wohl ein Verfahren nach § 28 ZVG nur einzustellen, wenn zumindest die (realistische) Möglichkeit besteht, dass eine Zustimmung des (störenden) eigenbesitzenden Dritten seitens des betreibenden Gläubigers beibringbar ist. Ob das auch gilt, wenn der betreibende Gläubiger erst einen Duldungstitel gegen den eigenbesitzenden Dritten zu beschaffen hätte (= im Wege der Duldungsklage oder der Umschreibung nach § 727 ZPO), halt ich zumindest für fraglich. In letztgenannter Variante bliebe ja ohnehin der Weg, dass der betreibende Gläubiger „ganz normal“ nach § 147 ZVG vorgeht; warum also bei solcher Variante eine „Kombi-Lösung“ (= Vollstreckung gegen nicht zugleich eigenbesitzenden Eigentümer (= Schuldner zu 1) + Vollstreckung gegen den Eigenbesitzer (= zusätzlicher Duldungsschuldner = Schuldner zu 2)) via Einstellung nach § 28 ZVG ermöglicht werden soll, vermag ich nicht nachzuvollziehen.


    Im Fall von 15. Meridian greifen ohnehin mehrere Einzel-Sachverhalte ineinander:

    Die Zwangsverwaltungsbeschlagnahme wird wirksam mit entweder der Zustellung an den Schuldner oder der Inbesitznahme durch den Zwangsverwalter oder dem Eingang (nicht erst der nachfolgenden Eintragung!) des nämlichen Ersuchens des Vollstreckungsgerichtes beim Grundbuchamt; die zeitlich erste der drei möglichen „Herbeiführungsvarianten“ bewirkt, dass der Anordnungsbeschluss, sprich die Beschlagnahme wirksam wird.

    Vorliegend scheint es so zu sein, dass das Eintragungsersuchen bereits beim Grundbuchamt eingegangen war und erst nachfolgend eine Eintragung eines Dritten bewerkstellig wurde. Damit wäre also (schon) eine Beschlagnahmewirksamkeit zu vergegenwärtigen (bereits) zu einer Zeit als der Schuldner Noch-Eigentümer war. § 878 BGB hilft dann dem aktuellen Eigentümer (= Käufer) jedenfalls dann nicht, wenn der betreibende Gläubiger seinerseits vorrangig nach § 26 ZVG geschützt ist. Ergebnis wäre (dauerhaft), dass aus Sicht des betreibenden Gläubigers - da sämtliche Verfügungen des Schuldners ihm gegenüber relativ unwirksam sind - der Schuldner fortwährend als Eigentümer anzusehen ist.

    Parallel setzt Vorstehendes (siehe oben) aber stets voraus, dass der Schuldner (zumindest/auch) Eigenbesitzer ist. Das wiederum zu überprüfen bzw. festzustellen, ist „schwer“. Der Kaufvertrag gibt im Punkt „Übergang der Lasten/Nutzen“ lediglich Hinweise; ebenso hinweisend ist der Umstand, dass eine Auflassungsvormerkung zu vergegenwärtigen ist. All das sagt nämlich nichts aus dazu, ob a) Besitz beim Käufer vorzufinden ist bzw. noch genauer b) Eigenbesitz. Es handelt sich schlichtweg um tatsächliche Vorgänge (= einen Realakt) betreffend den Besitz.

    Regelmäßig - so wohl auch vorliegend - wird man wohl auf schon vorliegenden Eigenbesitz des Käufers schließen. Damit steht dann zugleich fest, dass der Verkäufer (= Schuldner) keinen Eigenbesitz mehr seitdem hat(te). Ergo: Das anhängige Zwangsverwaltungsverfahren gegen den Schuldner „krankt“ von Vornherein daran, dass beim Schuldner keine Eigenbesitzposition vorzufinden ist. Auf die Eigentümerstellung des Schuldners bzw. §§ 878 BGB, 26 ZVG käme es gar nicht an.

    Richtig kompliziert wird es indes, wenn es um nur mittelbaren Eigenbesitz geht. Nach den Schilderungen von 15. Meridian schließe ich darauf, dass Mietverträge mit weiteren Personen (= Drittschuldnern) existieren. Wenn insoweit solche Mietverträge noch vom Schuldner abgeschlossen worden sind, dann geht die Vermieterstellung - vgl. § 566 BGB - erst mit dem Eigentumserwerb über. Wie sich das mit dem relativen Verfügungsverbot (= siehe oben) verträgt, wonach aus Sicht des betreibenden Gläubigers es so anzusehen ist, dass der Schuldner noch Eigentümer (und damit noch Vermieter) sei, bzw. mit § 870 BGB (der „irgendwie“ mit § 566 BGB nicht zusammenpasst), erschließt sich mir - rechtlich sauber - schlichtweg nicht.

    Einfach wird/ist die Lösung indes, wenn der mittelbare Eigenbesitz allein auf erst vom Käufer abgeschlossene Mietverträge zurückgeht. Dann gibt es keinen Umstand, der für Eigenbesitz des Schuldners spricht.

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