PKH-Vergütung - Geschäftsgebühr-Anrechnung

  • Little Steven, du hast doch ganz sicher schon kräftig die PKH-Vergütung in etlichen deiner Akten gekürzt und dafür RM kassiert. Hast du da mal eine aktuelle Entscheidung deiner Beschwerdekammer parat? Die Begründung würde mich echt interessieren.


    Der 18. Senat des OVG Münster hat mit seinem Beschluss vom 10.03.2009 in 18 E 132/08 (inzwischen in nrwe eingestellt
    http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_…uss20090310.htm ) die mit dem in nrwe und juris veröffentlichten Beschluss des VG Minden vom 21.01.2008 in 7 K 179/07 gestützte Vergütungsfestsetzung vom 05.11.2007 (zahlungsunabhängige Anrechnung der entstandenen Geschäftsgebühr mit dem anteiligen Gebührensatz auf die aus der Landeskasse zu erstattende, nach § 49 RVG berechnete Verfahrensgebühr) im vollen Umfang bestätigt. Die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss lassen sich dahin verstehen, dass er dies für die Kostenfestsetzung nicht anders sieht. Bei dem OVG Münster ist gegenwärtig noch ein weiteres Beschwerdeverfahren nach § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG im 7. Senat anhängig.

    4 Mal editiert, zuletzt von Little Steven (15. März 2009 um 07:41)

  • Es liegen nunmehr auch zwei Beschlüsse des OLG Frankfurt am Main vom 02.03.2009 in 18 W 258/08 und in 18 W 373/08 vor. Das OLG folgt dort der Sichtweise des OLG Braunschweig und rechnet die nach § 13 RVG berechnete Geschäftsgebühr an.
    Diese Anrechnungsweise ist m.E. wie bereits an anderer Stelle dargelegt ebenso unzutreffend wie die Anrechnung nach § 49 RVG (letztere führt jedoch nur im Ausnahmefall Gegenstandswert der GG niedriger als Gegenstandswert der Beiordnung
    zu fehlerhaftn Ergebnissen). Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG geht vielmehr von der Anrechnung der GG mit einem Gebührensatz aus. Im Regelfall (Gegenstandswert der anzurechnenden GG mit dem der VG identisch) steht danach der Gebührensatz der anrechnungsgeminderten VG fest und erst dann folgt der Blick in § 13 RVG bzw. § 49 RVG.

  • Hatte grade einen Spezialfall zur Anrechnung der vorgerichtlichen entstandenen Beratungshilfe, der vielleicht auch an anderer Stelle einmal auftaucht.

    Bisher abgerechnet im Jahr 2005 Beratungsgebühr nach Nr. 2601 VV RVG a.F. (30,00 €) - in 2007 weitere vorgerichtliche Tätigkeit in der Sache, die die Geschäftsgebühr nach Nr. 2603 VV RVG a.F. (70,00 €) auslöste und noch abgerechnet werden kann.
    Der Anwalt hatte 1/2 von 30,00 € auf die Brutto-PKH-Vergütung angerechnet.

    Absetzungsbegründung bei der PKH-Vergütungsfestsetzung:
    Die PKH-Vergütung war nach Nr. 2603 Abs. 2 VV RVG a.F. nunmehr Nr. 2503 Abs. 2 VV RVG unter Anrechnung der Hälfte der vorgerichtlich im Wege der Beratungshilfe entstandenen Geschäftsgebühr (½ von 70,00 € netto) auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens zu berechnen. Auf die tatsächliche, im vorliegenden Fall noch mögliche Abrechnung der Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung der insoweit bereits gezahlten Beratungsgebühr gegenüber der Landeskasse kommt es danach nicht an.

  • Hab eben die Entscheidung meines OLG München bekommen. Meine Entscheidung, sowie die des LG sind aufgehoben worden, sehr zu meinem Unmut und die nahezu tölpelhafte Inkonsequenz geht weiter:

    Der Anwalt hatte im KFA nach § 104 ZPO eine Geschäftsgebühr angerechnet, im Vergütungsantrag allerdings nur die Beratungshilfegebühr angerechnet. Beratungshilfe ansich hatte er nicht bekommen. Ich habe daraufhin auch im PKH-Vergütungsverfahren die Geschäftsgebühr angerechnet, da sie ja offensichtlich angefallen zu sein schien. Mein LG sah das ebenfalls so.
    Das OLG stützt sich nun darauf, dass der Rechtsanwalt wohl versäumt hat die eigene Partei auf Beratungshilfe hinzuweisen und damit im Wege des Schandensersatzes von seiner eigenen Partei nicht mehr als die Beratungshilfegebühren verlangen dürfe.

    Daher hat das OLG bestimmt, dass lediglich die 35,-- EUR aus der fiktiven Beratungshilfe anzurechnen sind und keine Geschäftsgebühr.

  • Komisch - in meinen beiden Beschwerdesachen (die sind hier oben bereits zitiert) hat das OLG das nicht gesagt, obwohl ich - als eines meiner Hilfsargumente - auch vorgebracht hatte, daß allenfalls die hälftige BerHi anzurechnen sei...

  • dass es bei dir dann mti den gleichen Argumenten nicht geklappt hat steigert meinen Unmut gegen besagtes OLG nur noch mehr. Revisor ist auch schon dahinter, mal schaun was der nach der nächsten Revisorenkonferenz zu sagen hat. Irgendwie stellt sich das OLG München gerne auf Seiten von Mindermeinungen...

  • @ Aldi:

    War das eigentlich dieser Beschluß des Kollegen F.?

    Bemerkenswert hieran ist ja auch, daß das OLG nicht einmal die Anrechnung der - fiktiven - hälftigen BerHi-Gebühr vorgenommen hätte, wenn Kollege F. diese nicht selbst so hingenommen, sondern volle Vergütung begehrt hätte.

    In meinen Beschlüssen 11 W 2725/08 und 2726/08 heißt es übrigens wörtlich:

    "Der beigeordnete Rechtsanwalt ist nicht durch § 16 BORA gehindert, die vorgerichtliche Geschäftsgebühr gegen den Mandanten geltend zu machen. Die genannte Bestimmung würde nämlich nur dann eingreifen, wenn tatsächlich Beratungshilfe beantragt und in Anspruch genommen worden wäre. Dies war hier aber unstreitig nicht der Fall."

    Der Beschluß 11 W 868/09 des Kollegen F. argumentiert genau entgegengesetzt:

    "...ergibt sich nämlich, daß sie bereits bei Einschaltung des Beschwerdeführers ... Anspruch auf Beratungshilfe gehabt hätte. Zu den Pflichten des ... Rechtsanwalts hätte es gehört, sie auf diese Möglichkeit hinzuweisen (s.a. § 16 Abs. 1 BORA). Nachdem er dies nicht getan hat, ist er ... verpflichtet, die Klägerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn ... sie sich der Beratung entsprechend verhalten, d.h. Beratungshilfe beantragt hätte. In diesem Fall würde sie nach § 16 Abs. 2 BORA gerade keine Geschäftsgebühr schulden."

    Auch die Argumentation in Ziff. 2 c - § 58 Abs. 2 RVG -, mit welcher die Nichtanrechnung außergerichtlicher Geschäftsgebühren auf PKH-Vergütung begründet wird, fand sich in meiner Beschwerde. Diese wurde bei mir aber als Einwendung "rechtspolitischer Natur" abgetan, welche "im Hinblick auf die Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung keiner weiteren Erörterung" bedürfen...

    3 Mal editiert, zuletzt von jc (28. Juni 2009 um 12:04) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Heinz Hansens, AnwBl 7/2009, S. 540 zum neuen § 55 V RVG

    Zitat

    “Allerdings hat der Gesetzgeber nicht den Streit geklärt, ob die Zahlungen gem. § 58 II RVG auf den Differenzbetrag zwischen Wahl- und PKH-Anwaltsvergütung zu verrechnen ist oder nicht. Die Gesetzesbegründung (Fußnote 25) spricht allerdings für eine Verrechnung zunächst auf den Differenzbetrag. …

    Auszug Gesetzesbegründung Fußnote 25:
    „Damit stehen dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zalhungen nach § 58 I und II RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind.“

  • Hessisches Landesarbeitsgericht, B.v. 7.7.09 in 13 Ta 302/09:

    Eine angefallene Geschäftsgebühr nach VV RVG Nr. 2300 ist unabhängig davon, ob sie tatsächlich gezahlt worden ist oder nicht, auch bei einem später im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnetem Rechtsanwalt nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen.

    Auch eine vorrangige Verrechnung auf die Differenz zwischen der Regelvergütung und der Wahlanwaltsvergütung findet nicht statt.

    (Bestätigung der Kammerbeschlüsse vom 28. April 2009 - 13 Ta 115/09 und vom 12. Juni 2009 - 13 Ta 303/09).

    Der per 01. September 2009 zu erwartende neue § 15 a RVG - Entwurf wird erst für Sachverhalte bedeutsam werden, in denen der Auftrag an den Rechtsanwalt oder die Beiordnung nach der Gesetzesänderung erfolgt.

    Aus den Gründen:
    Dass sich an dieser Rechtslage wohl per 1. September 2009 durch einen neuen § 15 a RVG etwas ändert, (vgl. Pressemitteilung des BMJ vom 19. Juni 2009; BT-Drucksache 16/12717 vom 22. April 2009; BR-Drucksache 377/09 vom 24. April 2009 und Sitzungsprotokoll des Deutschen Bundestages vom 18. Juni 2009, Seite 25127 und 25132 f.), kann auf die vorliegende Entscheidung selbstredend keinen Einfluss haben. Sie würde im Übrigen auch nach dem 1. September 2009 genauso ergehen müssen, denn gemäß § 60 Abs. 1 RVG kommt es auf das bisherige Recht an, wenn der Auftrag oder die Beiordnung vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgte.



    Nachzulesen hier:

    http://209.85.129.132/search?q=cache…e&ct=clnk&gl=de

  • Im Rpfleger 2009, Heft 8, S. 474 ff. ist der Beschluss des OLG Bamberg vom 4.3.2009 in 4 W 75/08 nachzulesen.
    Das OLG begründet darin ausführlich, weshalb aus seiner Sicht eine anzurechnende GG auf die PKH-Verfahrensgebühr nur mit den Beträgen aus § 49 RVG und nicht aus § 13 RVG anzurechnen ist.

    Die Anrechnung mit den Beträgen aus § 13 RVG hat sich mir persönlich nie erschlossen. Sie läuft m.E. erkennbar dem Anrechnungsgedanken zuwider.

  • Relativ Neues vom OLG Celle, B. v. 24.07.2009 in 2 W 203/09 (im Anschluss an B. v. 26.01.2009 in 17 W 192/08 sowie B. v. 25.03.2009 in 2 W 71/09).

    Ein sehr umfassend begründeter Beschluss, der m.E. eine Schwachstelle enthält - die Anrechnung der GG mit dem Betrag aus § 13 RVG.

  • OVG Münster, B. vom 11.08.2009 in 4 E 1609/08, juris:
    Orientierungssatz


    Die Geschäftsgebühr, auf die keine Zahlung erfolgt ist, ist nicht auf die aus der Staatskasse zu zahlenden Verfahrensgebühr anzurechnen.

    Aus den Gründen:
    Dieser (gemeint ist die hiervon abweichende)Rechtsauffassung ist durch die Einfügung des § 15 a in das RVG, in Kraft getreten ebenfalls am 5. August 2009, bei unverändert gebliebener Anrechnungsvorschrift der Boden entzogen worden.

  • War das ein Altfall?



    Ja! Der 4. Senat des OVG Münster hat die Sache nach etwa 10 Monaten entschieden. Vorher hatte der 18. Senat des OVG Münster die zahlungsunabhängige Anrechnung der GG bestätigt. Dem 4. Senat war der später bekannt gewordene Beschluss des BVerwG vom 22.07.2009 in 9 KSt 4/08 allem Anschein nach nicht bekannt.

  • VG Osnabrück, B. v. 03.09.2009 in 5 A 273/09, Niedersächsische Rechtsprechungsdatenbank.

    Danach ist es geboten § 15a RVG auch auf nicht abgeschlossene Streitverfahren anzuwenden (hier PKH-Verügtungsfestsetzung).

  • Ich wollte noch mal auf die Sache zurückkommen:
    Kann ich denn den § 15 a RVG für die Landeskasse überhaupt anwenden?
    Auf einer Schulung habe ich von dem neuen § 55 Abs. 5 S. 2 RVG gehört, hieraus ergibt sich indirekt, dass nur die tatsächlich an den Anwalt gezahlte Geschäftsgebühr für eine Anrechnung von Bedeutung ist.

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