Studenten-WG und § 134 InsO

  • Zwei Auszubildende bewohnen die gemeinsam angemietete Wohnung. Einer der beiden beantragt das Insolvenzverfahren. Sowohl im Mietvertrag als auch im Vertrag mit dem Elektrizitätsunternehmen stehen beide als Gesamtschuldner.

    Der Nicht Insolvente, gesegnet mit reichen Eltern, bezahlt die Stromvorauszahlungen stets alleinig. Diese über Jahre. Dass sein Freund längst zahlungsunfähig ist und sich nur hart an der Insolvenz vorbeischmuggelt, war den beiden wohlbekannt. Eben Freunde vom alten Schlag, einer wusste über das Leben des anderen Bescheid.

    Hier könnte man nach der Rspr. zu § 134 InsO (unentgeltliche Leistung) jetzt an eine Anfechtung denken. Der nicht insolvente Freund, der aus seinem Vermögen alleinig Zahlungen an den Stromversorger leistete, tilgte eine (auch) fremde Schuld. Der insofern gegen den Freund erwachsende (Ausgleichs)anspruch ist angesichts des Insolvenzverfahrens wertlos. Dass er dabei auch eine eigene Schuld zahlte, dürfte nach der BGH Rspr. BGH IX ZR 194/04 egal sein.

    Nehmen wir an, die Zahlungen kamen nicht aus dem Unpfändbaren und eine Gläubigerbenachteiligung lag also vor, müsste der Freund hier über Jahre erbrachten Zahlungen an den Verwalter zahlen? Bestünde hier sogar eine gesamtschuldnerische Haftung des Freundes und des Gläubigers im Anfechtungsrelevanten Zeitraum (§§ 130,131), wenn alle Beteiligten Kenntnis der ZU hatten?

    Ein wahrlich interessantes Thema ! :strecker

  • Ich verstehe noch nicht, über wessen Vermögen wurde denn ein Insolvenzverfahren eröffnet?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • M.E. keine Anfechtbarkeit. Der reiche Freund zahlt auf eigene Schuld mit eigenen Mitteln. Für die Anfechtung gegenüber Vermieter fehlt es an der mittelbaren Zuwendung, für die Anfechtung gegenüber dem Freund an einer gläubigerbenachteiligenden Schmälerung des Schuldnervermögens.

  • Nehmen wir mal an, dass der reiche Freund insolvent ist, was wenig wahrscheinlich ist, auch bei reichen Leuten gelegentlich vorkommen soll :teufel:.

    Laut BGH liegt eine Zuwendung des reichen Freundes an den Vermieter vor, wenn dessen Forderung gegen seinen Schuldner (hier armer Freund) aufgrund von dessen Insolvenz wirtschaftlich wertlos ist (Kübler/Prütting, InsO, § 134, Rz. xy). Der BGH ist sich aber wohl noch nicht sicher, ob der Dritte hierfür überschuldet und/oder zahlungsunfähig sein muss.

    Ob diese Grundsätze auf eine Anfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO übertragen werden können :gruebel:.

    Relevanter Einwand muss hier allerdings sein, dass der reiche Freund aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung (auch) auf eigene Schuld zahlt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich danke Euch!

    Ich sollte echt mal nen Sprachkursus belegen. In der Insolvenz ist der ARME Freund und nicht der reiche. auch sollte gegenüber dem Strowerk und nicht dem Vermieter angefochten werden, was vom Ergebnis jedoch nichts ändert.

    Wie seht Ihr die nun folgende Variante: Die Stromwerke wollen nun ein Guthaben auszahlen. Die beiden Freunde sind beide Vertragspartner und mithin Gesamtgläubiger des Guthabens. Bezahlt hat wieder nur der reiche, der nicht in der InsO steckt. Der Arme keinen Cent.

    Der IV des Armen will nun hälftigen Anteil nach § 426 BGB (sofern keine anderen Regelungen im Innenverhältnis.....) Da zwischen den beiden jedoch keine Unterhaltspflichten bestehen (keine Partnerschaft nach dem LPartGG :wechlach:), dürfte es hier jetzt schwierig werden.
    Zweifelsohne hat auch der arme Freund seinen Teil beigesteuert, kaufte z.B. das abendliche Bier und die Wurstdosen. :D

    Also könnte man ihm durchaus hälftigen "Wertausgleich" zubilligen?

    Bin ich gespannt, was ihr dazu meint.

  • Danke. Ich denke auch, dass man hier hälftigen Ausgleich durchaus verlangen kann. Ganz für Umme lebt schließlich keiner in der Bude, auch wenn der andere den reichen Pappa sein Eigen nennt.

    Um nochmals auf die Anfechtung zurückzukommen: In meinem BGH Urteil hat § 134 wohl gezogen, weil der Insolvenzschuldner auf den Zuwendenden Vermögenswerte übertrug und somit eine mittelbare Zuwendung an den Empfänger, den Insolvenzgläubiger, vorlag. Ist eine solche, wie du sagst, dann ausgeschlossen, wenn ich auf eine (auch ) eigene Verpflichtung zahle ??? Immerhin wird auch der andere von seinem Anspruch befreit, im Innenverhältnis dürfte somit zumindest ein hälftiger Ausgleichsanspruch gegen den armen Freund bestehen, der wiederum wertlos ist wegen seiner Insolvenz.

    :confused:

  • Um nochmals auf die Anfechtung zurückzukommen: In meinem BGH Urteil hat § 134 wohl gezogen, weil der Insolvenzschuldner auf den Zuwendenden Vermögenswerte übertrug und somit eine mittelbare Zuwendung an den Empfänger, den Insolvenzgläubiger, vorlag. Ist eine solche, wie du sagst, dann ausgeschlossen, wenn ich auf eine (auch ) eigene Verpflichtung zahle ??? Immerhin wird auch der andere von seinem Anspruch befreit, im Innenverhältnis dürfte somit zumindest ein hälftiger Ausgleichsanspruch gegen den armen Freund bestehen, der wiederum wertlos ist wegen seiner Insolvenz.

    :confused:



    § 134 InsO zieht nur in der Insolvenz des Angewiesenen, der ohne eigene Pflicht an den Gläubiger des Anweisenden gezahlt hat. Die mittelbare Zuwendung im Verhältnis zwischen Anweisendem und Gläubiger ist in diesem Fall - keine eigene Verpflichtung des Angewiesenen gegenüber dem Gläubiger - nach § 131 InsO (oder ggf. § 133 InsO) anfechtbar.

    Den Fall, dass der Angewiesene auch eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger erfüllt, hat der BGH meines Wissens noch nicht entschieden. M.E. kommen wir in diesem Fall aber nicht zu § 131 InsO, weil allein die Zahlung durch den selbst verpflichteten Angewiesenen im Verhältnis zum Gläubiger noch keine Inkongruenz bewirkt. Nach § 130 InsO wird sich der IV des Anweisenden gegenüber dem Gläubiger hier allerdings schwer tun. Hat der Anweisende den Angewiesenen (Mit-Gesamtschuldner) mit den Mitteln zur Zahlung an den Gläubiger ausgestattet, dann dürfte allenfalls eine Anfechtung nach § 130 InsO gegenüber dem Angewiesenen aussichtsreich erscheinen.

  • Danke!

    Wenn ich jetzt nochmals rekapituliere und mir die mittelbae Zuwendung ansehe, so ergeben sich 2. Fälle:

    1. Der Zuwendende leistet aus seinem Vermögen an den Insolvenzgläubiger. Er tilgt damit eine Forderung des Insolvenzschuldners gegenüber ihm. Da der (zahlende) Zuwendende hier von einer Forderung gegenüber dem Insolvenzschuldner befreit wurde, ist eine anfechtbare mittelbare Zuwendung gegeben (sofern die übrigen weiteren Voraussetzungen der §§ 130-133 insO vorliegen)

    2. Der Zuwendende leistet aus seinem Vermögen an den Insolvenzgläubiger. Dem Valutaverhältnis liegt eine Schenkung zugrunde. Da hier keine (mittelbare) Minderung des schuldnerischen Vermögens stattfindet, ist diese Konstellation anfechtungsresisitent. Es liegt hier also keine mittelbare Zuwendung vor.

    Insofern sollte man als Verwalter dann wohl Acht geben: Zahlt ein Dritter vorinsolvenzlich auf eine Insolvenzforderung und meldet im Anschluss des Anspruch (wohl §§ 670, 675 BGB) zur Tabelle an, dürfte dann wohl an eine (anfechtbare) mittelbare Zuwendung zu denken sein? :gruebel:

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