Neues zur Anrechnung der Geschäftsgebühr, Änderung RVG




  • Was willst Du damit sagen?

  • Nun ja, die Problematik war dem BGH (und auch dem VIII. Senat) zu BRAGO-Zeiten schon bekannt. Der VI. Senat nimmt Bezug auf die ausdrückliche Regelung des § 118 Abs.2 Satz 1 BRAGO.

  • Nun ja, die Problematik war dem BGH (und auch dem VIII. Senat) zu BRAGO-Zeiten schon bekannt. Der VI. Senat nimmt Bezug auf die ausdrückliche Regelung des § 118 Abs.2 Satz 1 BRAGO.



    Das wurde von mir nicht in Abrede gestellt - wobei die von Dir zitierten Entscheidungen wiederum eine Spezialität behandeln. Begründet dies allerdings einen Widerspruch zu meinen Eingangsäußerungen und ggf. an welcher Stelle?

  • Es liegt doch auf der Hand.

    Der BGH hat zu BRAGO-Zeiten eben nicht so angerechnet, wie er es nun macht. Die GG ist immer (50 Jahre lang) in der Prozessgebühr angerechnet worden. Dieses ergibt sich auch aus der Begründung der o.a. Entscheidungen auch wenn sich die Anrechnung nur aus der Begründung ergibt.

    Sich nun hinstellen (BGH) und sagen, dass bisher immer falsch angerechnet wurde ist nahezu lächerlich. Der BGH hat das bis zum RVG eben anders gesehen. Es gab nicht nur ein "Gewohnheitsrecht", sondern klare Aussagen des BGH zu diesem Thema.


  • Sich nun hinstellen (BGH) und sagen, dass bisher immer falsch angerechnet wurde ist nahezu lächerlich. Der BGH hat das bis zum RVG eben anders gesehen. Es gab nicht nur ein "Gewohnheitsrecht", sondern klare Aussagen des BGH zu diesem Thema.



    Mein Reden "seit Jahren..."

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • aus BGH, B. v. 12.12.2002 in I ZB 29/02:
    "Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit bestimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind."

    aus BGH, B. v. 16.10.2002 in VIII ZB 30/02:
    "Für die grundsätzliche Anerkennung der Vertretung einer auswärtigen Partei durch einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung sprechen auch praktische Erwägungen. Einem Zivilprozeß gehen in vielen Fällen vorgerichtliche Auseinandersetzungen voraus, bei denen sich eine oder beide Parteien bereits durch in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässige Rechtsanwälte haben vertreten lassen. Wäre eine der beiden Parteien in dem dann sich daraus entwickelnden Prozeß vor einem auswärtigen Gericht zur Kostenersparnis gehalten, einen am Prozeßgericht ansässigen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten zu beauftragen, so müßte sie auf den bereits mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt verzichten und außerdem weitere Mühen zur Unterrichtung des neuen Rechtsanwaltes auf sich nehmen. Dies kann von einer kostenbewußten Partei auch im Interesse der erstattungspflichtigen Gegenpartei nicht erwartet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die für eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits entstandene Anwaltsgebühr nach § 118 Abs. 2 BRAGO auf die Prozeßgebühr angerechnet wird, während bei einem Wechsel zu einem Anwalt am Prozeßgericht zwar Reisekosten erspart werden, aber für die Prozeßführung eine weitere Gebühr anfällt."


    aus BGH, B. v. 14.09.2004 in VI ZB 37/04:
    "Daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin bereits vorgerichtlich tätig gewesen sein soll und deshalb eine Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) angefallen sein mag, kann – entgegen dem Vortrag der Rechtsbeschwerde – nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu Lasten der beklagten Partei berücksichtigt werden. Die Geschäftsgebühr ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO auf die Gebühren des § 31 Abs. 1 BRAGO anzurechnen."

    Was besagen diese Beschlüsse denn nun wirklich und eindeutig zum Thema Anrechnung und stehen die neueren Entscheidungen des BGH hierzu im offenen Widerspruch?
    Attestiert dem wäre so, sind sie deshalb falsch?
    Der Kommentar von Bischof zu Vorbemerkung 3 VV, Rdn. 103 ff in RVG, 2. Aufl., weist m.E. zu Recht darauf hin, wie juristische dürftig die Annahme ist, dass die Anrechnungsbestimmung für die Kostenfestsetzung irrelevant sei.
    Der BGH geht den Weg hin zu einer wortlautkonformen Gesetzesanwendung inzwischen nicht nur an dieser Stelle.


  • Sich nun hinstellen (BGH) und sagen, dass bisher immer falsch angerechnet wurde ist nahezu lächerlich. Der BGH hat das bis zum RVG eben anders gesehen. Es gab nicht nur ein "Gewohnheitsrecht", sondern klare Aussagen des BGH zu diesem Thema.



    Mein Reden "seit Jahren..."



    Eben, aber auf uns hört ja keiner.

    Ich beteilige mich schon deshalb nicht an dem wissenschaftlich angehauchten Zerpflücken von Anrechnung ja oder nein oder halb oder wie oder was. Ich warte, bis die nächste Änderung kommt, über die wir uns dann auch wieder alle aufregen werden und bis dahin: Titulierungsvariante. Ich will Akten vom Tisch bekommen, nicht den Dr.-Titel erringen.


  • Was besagen diese Beschlüsse denn nun wirklich und eindeutig zum Thema Anrechnung und stehen die neueren Entscheidungen des BGH hierzu im offenen Widerspruch?
    Attestiert dem wäre so, sind sie deshalb falsch?



    M. E. sagen diese (u.a.) Beschlüsse aus, dass die GG praktisch wegfällt und nicht zu berücksichtigen ist. So wie es auch immer war. Falsch sind diese Beschlüsse nicht. Ganz im Gegenteil.

    Die neuere RS des BGH ist m.E. damit nur eine Änderung des Rechtsauffassung und muss auch ganz klar so gesehen werden. Es war eben nicht immer so.
    Und wenn der Gestzgeber nun (hoffentlich endlich mal) reagiert attestiert nur den Holzweg auf dem sich der BGH befindet.

    Und Dank dieses Blödsinns bekomme ich meine Verfahren nicht vom Tisch. Die neueste Masche ist im Anhörungsverfahren zu schweigen um Erinnerung einzulegen, in Erwartung einer 0,5 Gebühr. Das nervt....

  • Die neueste Masche ist im Anhörungsverfahren zu schweigen um Erinnerung einzulegen, in Erwartung einer 0,5 Gebühr. Das nervt....



    Die Masche sollte eigentlich nicht laufen, denn wenn im Anhörungsverfahren hätten Einwendungen vorgebracht werden können, die dann erst im Erinnerungsverfahren kommen, dann trägt der Erinnerungsführer aber flott die Kosten!

  • Da gibt es doch was von ratiopharmodersoähnlich.
    Im Ernst, das sind doch allenfalls vorübergehenden Spielchen, die für "Qualität" bürgen und denen man alsbald Herr werden kann. Ansonsten denke ich ist der Weg hin zu einer wortlautkonformen Gesetzesanwendung grds. auch im Sinne der Festsetzung.

  • Es kann sehr gut sein, dass meine folgende Frage hier im Thread irgendwo bereits einmal beantwortet ist. Bei der Postinganzahl dieses Threads bitte ich jedoch höflich um Nachsicht:-)

    Ich habe gegen einen Beklagten ein VU erwirkt. Außergerichtlich wurde er von mir auch angeschrieben. Weiter habe ich, zugegebenermaßen vergessen:oops:, in der Klage die hälftige Geschäftsgebühr zu beantragen. Dementsprechend wurde auch nichts diesbezüglich tituliert.

    In meinem Kostenfestsetzungsantrag habe ich nunmehr bei der Verfahrensgebühr keine Anrechnung vorgenommen.

    Das Gericht schreibt mir nun (ohne Stellungnahme des Gegners), dass dies zu tun sei.

    Frage 1: Kann die volle Verfahrensgebühr nicht geltend gemacht werden, da bezüglich der Geschäftsgebühr nichts tituliert wurde?

    Frage 2: Muss das Gericht so etwas nicht lediglich auf Antrag/Stellungnahme des Gegners prüfen?

    Interessant ist für mich vor allem die Meinung des OLG Stuttgart zu den oben genannten Fragen:-)

  • Die Entscheidungen für das OLG Stuttgart ist vom BGH 4. Zivilsenat, 16.07.2008, IV ZB 24/07 gekippt worden. Anrechnung, sofern die GG entstanden ist.

    Bzgl. der Überprüfung von Amts wegen gibt es mehr oder weniger zwei Meinungen.

    Einige Kollegen überprüfen von Amts wegen, andere nicht.


  • Ich habe gegen einen Beklagten ein VU erwirkt. Außergerichtlich wurde er von mir auch angeschrieben. Weiter habe ich, zugegebenermaßen vergessen:oops:, in der Klage die hälftige Geschäftsgebühr zu beantragen. Dementsprechend wurde auch nichts diesbezüglich tituliert.


    Es wäre darauf zu achten, die ganze Geschäftsgebühr einzuklagen, da ja nach BGH sich die Verfahrensgebühr mindert, und nicht die Geschäftsgebühr.

    Im übrigen wird man wohl nicht umhin können, in Deinem Fall diese Gebühr gesondert einzuklagen, wobei mit Kosteneinwendungen der Gegenseite (Notwendigkeit?) zu rechnen sein wird.

    Nach BGH kommt es bezüglich der Anrechnung auch nicht darauf an, ob die Geschäftsgebühr tituliert ist.

  • Ich kenne auch Kollegen, die "mal so und mal so" entscheiden. Je nach Lust und Laune.

    Nach Wochentag? :eek:

    Ich denke, an der Amtsprüfung, ob die Gebühren entstanden und erstattungsfähig sind, kommen wir nicht vorbei. Das gilt ja bei allen Gebühren. Und wenn man der Ansicht des BGH folgt, dass die Geschäftsgebühr die Verfahrensgebühr schmälert, muss man das von Amts wegen prüfen. War heute wieder furchtbar, was man dazu alles nachlesen muss. :(


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

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