Reisekosten für Termin im AG-Bezirk

  • Muss nochmals nachhaken, wegen der Neufassung des § 91 I 1 ZPO (Fassung ab dem 01.06.2007).

    Nach § 91 II 1 1.HS ZPO ist die Vergütung des Rechtsanwalts grundsätzlich zu erstatten. Nach § 91 II 1 2.HS ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

    Sind dann im Umkehrschluss zu § 91 II 1 ZPO die Reisekosten eines Rechtsanwaltes generell zu erstatten, wenn dieser seine Niederlassung im Bezirk des Prozessgerichts hat? Bsp.: erstinstanzliche Klage vor dem OLG Hamm. Kläger wohnt in Hamm und beauftragt einen in Münster ansässigen Prozessbevollmächtigten. Wenn ich jetzt keine Notwendigkeitsprüfung mehr vornehme, sondern nur den Wortlaut des § 91 II 1 ZPO zugrunde lege, müsste ich die Reisekosten des in Münster ansässigen Rechtsanwalts (= Niederlassung im Bezirk des OLG Hamm) zur Wahrnehmung des Haupttermins vor dem OLG Hamm erstatten, obwohl der Kläger seinen Wohnsitz am Ort des Prozessgerichts in Hamm hat.

    Irgendwie widerstrebt mir das, insbesondere weil bei den übrigen nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Hauptprozessbevollmächtigten wegen der Reisekosten und auch bei den übrigen Prozessbevollmächtigten (z.B. Verkehrsanwalt) immer eine Notwendigkeitsprüfung durchgeführt wird und nur die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung/Rechtsverteidigung erstattet werden.

  • Das ist m.M.n. zu erstatten und dem Umstand geschuldet, daß es nunmehr noch auf die Abgrenzung Niederlassung im Gerichtsbezirk oder nicht ankommt (abgesehen von dem Thema Geschäftsreise innerhalb der Gemeinde).

  • zu #22:

    Die Rechtsauffassung deckt sich auch mit der neuen Rechtsprechung zu § 121 III ZPO (gültig ab 01.06.2007), wonach PKH-Anwälte, die ihren Kanzleisitz im Gerichtsbezirk des Prozessgerichts haben, uneingeschränkt beizuordnen sind und dementsprechend auch notwendige Reisekosten geltend machen können (z.B. OLG Brandenburg FamRZ 2009,1236 und OLG Celle JurBüro 2008,261; vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 2009,1615f. und LAG München Beschluss vom 04.12.2008 – Az.: 8 Ta 473/08 – wonach bei der Prüfung, ob bei der Beiordnung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Anwalts Mehrkosten entstehen, ein Vergleich mit der Entfernung des am weitesten im Gerichtsbezirk entferntesten Orts anzustellen ist).

    Bin nur verunsichert gewesen, weil der BGH in anderen Fällen die Erstattungsfähigkeit von Kosten davon abhängig gemacht hat, ob die anwaltlichen Maßnahmen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig gewesen sind (z.B. bei Stellung des Berufungszurückweisungsantrags – BGH Beschluss vom 03.07.2007 – Az.: VI ZB 21/06 –), somit die Kosten des Hauptprozessbevollmächtigten nicht allein auf der Grundlage des § 91 II 1, 1. HS ZPO im vollem Umfang erstattungsfähig sind.

    Übertrage ich dies auch auf die Reisekosten, würde ich im Endeffekt § 91 II 1, 2. HS ZPO aushebeln, was angesichts Art. 20 III GG nicht sein kann. Letztendlich kann es also vorkommen, dass in der unteren Instanz der auswärtige Anwalt nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassen ist, seine Reisekosten somit ggf. teilweise gekürzt werden während eine Instanz weiter derselbe Rechtsanwalt in dem Bezirk des Prozessgerichts dieser Instanz niedergelassen ist, seine Reisekosten im Umkehrschluss zu § 91 II 1, 2. HS ZPO vollumfänglich von dem Gegner zu erstatten sind.

  • Übertrage ich dies auch auf die Reisekosten, würde ich im Endeffekt § 91 II 1, 2. HS ZPO aushebeln, was angesichts Art. 20 III GG nicht sein kann. Letztendlich kann es also vorkommen, dass in der unteren Instanz der auswärtige Anwalt nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassen ist, seine Reisekosten somit ggf. teilweise gekürzt werden während eine Instanz weiter derselbe Rechtsanwalt in dem Bezirk des Prozessgerichts dieser Instanz niedergelassen ist, seine Reisekosten im Umkehrschluss zu § 91 II 1, 2. HS ZPO vollumfänglich von dem Gegner zu erstatten sind.



    Und damit genau das nicht passiert, ändere ich meine Verfahrensweise hier nicht.

    Daher gibt es nach wie vor sowohl im Wege nach § 91 ZPO als auch bei der PKH-Festsetzung maximal für die Strecke vom Wohnort der Partei bis zum Gericht.
    Oder für einen geringeren Anteil, wenn die Kanzeil des RA näher am Gericht ist, als der Wohnort der Partei.

    Ich werde, im Gegensatz zu manch bereits ergangener Rechtssprechung, nicht dazu übergehen, und mir die Gemeinde raussuchen, die am weitestes vom Gericht weg ist, aber noch im AG-Bezirk liegt und dem RA/der Partei stets diese Kosten zu dieser Gemeinde gewähren unabhängig davon, ob dort der Wohnort oder der Sitz der Kanzlei ist, oder nicht.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Dem ist nichts hinzuzufügen.

    In PKH-Sachen erhält ( bei mir ;)) der beigeordnete Anwalt maximal die fiktiven Fahrtkosten seiner Partei zu einem Anwalt am Sitz des Prozessgerichts

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