Vergütung des vorl. Verwalters nach neuer Rechtsprechung

  • Wir werden uns an unserem Gericht auch an die BGH-Rechtssprechung halten und haben unsere Verwalter schon dahingehend eingeschworen. Eine überdimensionale Aufstockung der Zuschläge, um den "Verlust" wieder auszugleichen, halte ich für unangebracht. Wie wöllte man denn glaubhaft begründen, dass eine Tätigkeit, für die es bisher 15 % Zuschlag gab, plötzlich 115 % Zuschlag auslöst? Ich werde daher bei den bisherigen Zuschlagsquoten bleiben. Soll ein Verwalter doch Beschwerde einlegen und es wieder bis zum BGH hochpeitschen, dann können die da oben nochmal ihre Köpfe rauchen lassen! :teufel:

  • Zitat von anett

    Wie wöllte man denn glaubhaft begründen, dass eine Tätigkeit, für die es bisher 15 % Zuschlag gab, plötzlich 115 % Zuschlag auslöst?



    Hmmm, und wie begründet Ihr nachvollziehbar, dass eine Tätigkeit, für die bisher unstreitig (nach Gesetz, alter BGH-Rechtsprechung und betriebswirtschaftlichen Rudimentärerwägungen) z.B. 10.000 € angemessen i.S.v. § 63 InsO waren, jetzt nur noch 1.000 € angemessen sind?

    Nur mal als Vergleich zur Überlegung: Nimm mal an, der BGH kommt plötzlich auf die Idee, dass für Rechtspfleger ab sofort nur noch die Hälfte der bisherigen Bezüge angemessen ist. Kann man eigentlich nix gegen sagen, oder? Is ja schließlich der BGH und der wird's schon wissen. Oder wie sollte man gegen eine solche Entscheidung glaubhaft argumentieren?

  • Na, Ihr seid mir ja lustige Vögel !!! Als der BGH die Mindestvergütung angehoben hat, habt Ihr doch auch nicht geschrien, jetzt sollen die Bezüge der Rechtspfleger vervielfacht werden ???
    Und jetzt, wo der BGH anders entscheidet und einige Sachbearbeiter diese Entscheidung entsprechend anwenden wollen, werden polemische Äußerungen gegen die Anwender der Rechtsprechung losgelassen. Das ist doch nun wirklich nicht OK.
    Ich kann ja verstehen, dass das eine sehr unangenehme Entscheidung für jeden Insolvenzverwalter ist. Das hat ja aber überhaupt nix mit denen zu tun, die über die Vergütung zu entscheiden haben. Solche Argumente bringen mich eher dazu, auch noch auf die Seite der stringenten Anwender der neuen Rechtsprechung zu ziehen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • @Chick: falscher Rechtsweg. Wäre es das BVerwG oder BVerfG, dann würde ich mir Sorgen machen.

    Bitte nicht polemisieren, ich halte das Thema so oder so für nicht lustig.

  • Wenn ich nicht mehr polemisieren darf, macht's nur noch halb so viel Spaß. Was soll ich denn sonst machen, wenn ich mich gegen Ungerechtigkeit nicht wehren kann? :(

    Zitat von Mosser

    Solche Argumente bringen mich eher dazu, auch noch auf die Seite der stringenten Anwender der neuen Rechtsprechung zu ziehen.



    Lese ich da heraus, dass
    a) eine gewisse Sensibilität beim Thema "wieviel ist meine Arbeit wert" besteht? Willkommen im Club!
    b) der längere Hebel womöglich Emotionen in seine Rechtsprechung einfließen läßt?

    Nur zur Klarstellung:
    Rechtspfleger, die ihren Job ernst nehmen, sind sicherlich unterbezahlt.
    Den Insolvenzverwaltern allerdings vorzuwerfen, dass sie unmäßig mit ihren Vergütungen sind/waren und daher völlig zurecht ein bisschen gestutzt werden, leuchtet mir allerdings schon dem Grunde nach nicht ganz ein. Ein paar Vergleiche:

    1. Wenn ich einen überhöhten/unbegründeten Anspruch einklage, gibt mir das Zivilgericht eins auf den Deckel und weist meine Klage ab. Gibt es mir - vielleicht objektiv falsch - recht, ist das dann meine Schuld oder die des Gerichts?

    2. Wenn die Steuergesetzgebung bzw. -rechtsprechung mir Möglichkeiten eröffnet, Steuern zu sparen, verhalte ich mich dann unmoralisch, wenn ich von diesen Möglichkeiten (ggf. guten Gewissens) Gebrauch mache, oder das FA, das dies mitmacht (oder der Steuergesetzgeber, oder die Rspr.)? Schließlich ist der Staat ja bekanntermaßen knapp bei Kasse.

    3. Verhält sich ein Arbeitnehmer unmoralisch, wenn er auf arbeitsvertraglich oder tariflich gewährte Rechte nicht verzichtet, obwohl es vielleicht seinem Arbeitgeber gerade nicht so gut geht?

  • Zitat von chick
    Zitat von Mosser

    Solche Argumente bringen mich eher dazu, auch noch auf die Seite der stringenten Anwender der neuen Rechtsprechung zu ziehen.



    Lese ich da heraus, dass
    a) eine gewisse Sensibilität beim Thema "wieviel ist meine Arbeit wert" besteht? Willkommen im Club!
    b) der längere Hebel womöglich Emotionen in seine Rechtsprechung einfließen läßt?



    zu a) ich bin ja auf Eurer Seite, jedenfalls teilweise ( siehe Vorpostings). Sage ja auch nix gegen die Kritik am BGH. Aber dem Rpfl. eins dafür auszuwischen, wenn er sich an der Rechtsprechung des BGH hält ?

    zu b) habe mich nur gerächt :teufel: . Emotionen fliessen aber selbstverständlich nicht ein. Gegen so etwas bin ich immun. Das perlt an mir ab :aetsch:

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  • Ich habe weitere 3 Anträge erhalten, somit jetzt 5 von 3 verschiedenen IVerw. Die IVerw. halten sich bisher in meinem Referat an die BGH-Rechtssprechung.

    Meine Kollegin hat einen Antrag von einem 4. IVerw. erhalten, jedoch mit solchen Zuschlägen, dass nahezu auf den EURO die alte Vergütung erreicht ist. Sache wird entschieden, IVerw. legt Beschwerde ein, dann wird das LG die Sache klären.

    Die derzeitige Sachlage macht wirklich keinen Spass mehr.

  • Empfehle den Beitrag von Prof. Keller in der NZI 9/2006 im Editorial:

    Prof. Keller kann man ja nun nicht gerade nachsagen, dass er hohen Vergütungen das Wort redet. Aber seine im Ergebnis vernichtende Kritik an der BGH-Entscheidung sollte sollte denen zu denken geben, die nunmehr dem BGH "blind" folgen wollen

  • :zustimm:

    Zitat von Pleitegeier

    Empfehle den Beitrag von Prof. Keller in der NZI 9/2006 im Editorial



    ... seines Zeichens gelernter Rechtspfleger und schon aus diesem Grund höchst kompetent, vertrauenswürdig und zitierfähig!:D

  • Tja, in der elektronischen Version der NZI ist das (jedenfalls für mich) nicht zu finden. Schade, hätte das doch gerne mal gelesen. Ist das noch irgendwo anders veröffentlicht oder bin ich zu blöd, den Beitrag unter Beck-online zu finden ?

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  • Zitat von Mosser

    Tja, in der elektronischen Version der NZI ist das (jedenfalls für mich) nicht zu finden. Schade, hätte das doch gerne mal gelesen. Ist das noch irgendwo anders veröffentlicht oder bin ich zu blöd, den Beitrag unter Beck-online zu finden ?



    kurze PN mit der Faxnummer. Sowas leite ich gerne weiter.:)

  • Vgl. nunmehr auch die Abhandlung von Andres in Rpfleger 2006, 517 (Ablehnung der BGH-Rechtsprechung).

    Die BGH-Entscheidung vom 13.7.2006 findet sich im gleichen Heft auf S. 559.

  • Nach Auskunft eines gut informierten Insolvenzverwalters bei uns soll die InsVV umgehend durch Rechtsverordnung des BMJ geändert werden und die alte Rechtslage vor den BGH-Entscheidungen wieder hergestellt werden.

    :gesaender ;)

  • Das hätte ich als Insolvenzverwalter auch allen erzählt...;)

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  • Die "Änderung" der ist in der Tat nicht nur ein Gerücht, sondern wird sogar vom Beck-Verlag in beck-online 08/2006 verbreitet:

    Nachdem sich der Pulverdampf der Kritik zum Beschluss des BGH vom 13.07.2006 (IX ZB 104/05, NZI 2006, 515, Anmerkung in FD-InsR 2006, 189682) etwas gelegt hat, scheinen sich erfreuliche Entwicklungen in zweifacher Hinsicht anzudeuten.
    Zum einen gibt es Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber tätig und § 11 Abs. 1 InsVV im Sinne der bis zu diesem Zeitpunkt gepflegten Auslegung geändert und klargestellt wird. Diese Änderung – so begrüßenswert sie wäre - wird den als vorläufige Insolvenzverwalter Tätigen allerdings erst für die Zeit nach einer Gesetzesänderung helfen.
    Zum anderen wird auch darüber diskutiert, ob den als vorläufige Insolvenzverwalter Tätigen für die Zeit bis zur Bekanntgabe der geänderten Rechtsprechung des BGH Ende Juli 2006 Vertrauensschutz gewährt werden muss. Immerhin haben sie ihre Tätigkeit im Vertrauen auf eine angemessene Vergütung nach der bis zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Rechtsprechung des BGH entfaltet. Dass dem BGH ein solcher Vertrauensschutz nicht fremd ist, beweist sein Beschluss vom 16.06.2005 (IX ZB 264/03, NZI 2005, 627). In dieser Entscheidung hatte er einem sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter, der vor Bekanntwerden des Urteils des Senats vom 18.07.2002 (IX ZR 195/01, NZI 2002, 543) zur Unzulässigkeit einer pauschalen Ermächtigung für den Schuldner zu handeln bestellt wurde, Vertrauensschutz dahingehend gewährt, dass dieser auf die Wirksamkeit seiner pauschalen und umfassenden Ermächtigung, die damals allgemein üblich und verbreitet war, vertrauen durfte. Da der BGH in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 tätigkeitsbezogen argumentiert, dürfte ein Verweis auf den Beschluss vom 16.06.2005 eine tragfähige Grundlage für die Beibehaltung der bisherigen Berechnungspraxis bieten.
    Rechtsanwalt Thomas Kind,
    Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

  • Und schon gibt es die erste offene Rebellion gegen die BGH-Wende-Entscheidung:

    AG Göttingen, Beschluss vom 28.09.2006 - 74 IN 43/06;

    Leitsatz:
    1. Aus- und Absonderungsrechte sind weiterhin in die Berechnungsgrundlage für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters einzubeziehen, wenn er eine nennenswerte Tätigkeit entfaltet hat (im Anschluss an BGH 14.12.2000 BGHZ 146, 165 = ZInsO 2001, 165 mit zustimmender Anmerkung Haarmeyer ZInsO 2001, 215 = ZIP 2001, 296 = EWiR 2001, 281 = NZI 2001, 191 = NJW 2001, 1496).
    2. Es kommt nicht darauf an, ob die Tätigkeit einen erheblichen Umfang hatte (BGH 14.12.2005 (IX ZB 268/05 =ZInsO 2006, 143 und IX ZB 256/04 = ZIP 2006, 621) oder ob die Gegenstände nicht schuldnerfremd bzw. wertausschöpfend belastet sind (BGH 13.07.2006 (ZInsO 2006, 811 = NZI 2006, 515 = ZIP 2006, 1403). Diese Rechtsprechung widerspricht § 11 I Satz 2 InsVV in der Fassung vom 04.10.2004.
    Leitsätze des Gerichtes:
    1.
    Aus- und Absonderungsrechte sind weiterhin in die Berechnungsgrundlage für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters einzubeziehen, wenn er eine nennenswerte Tätigkeit entfaltet hat (im Anschluss an BGH 14.12.2000 BGHZ 146, 165 = ZInsO 2001, 165 mit zustimmender Anmerkung Haarmeyer ZInsO 2001, 215 = ZIP 2001, 296 = EWiR 2001, 281 = NZI 2001, 191 = NJW 2001, 1496).
    2.
    Es kommt nicht darauf an, ob die Tätigkeit einen erheblichen Umfang hatte (BGH 14.12.2005 (IX ZB 268/05 =ZInsO 2006, 143 und IX ZB 256/04 = ZIP 2006, 621) oder ob die Gegenstände nicht schuldnerfremd bzw. wertausschöpfend belastet sind (BGH 13.07.2006 (ZInsO 2006, 811 = NZI 2006, 515 = ZIP 2006, 1403). Diese Rechtsprechung widerspricht § 11 I Satz 2 InsVV in der Fassung vom 04.10.2004.
    AG Göttingen 28.09.2006


    veröffentlich unter beck-online.



  • Was ist daran eine Rebellion ??? Entschieden hat Schmerbach. Es werden eh nur die üblichen Verdächtigen zitiert ( Haarmeyer, Haarmeyer und nochmals Haarmeyer, zweimal ein anderer und ansonsten -das ist die Krönung- nennt sich Schmerbach selbst noch als Nachweis). Wahrscheinlich weist in der nächsten ZinsO Herr Haarmeyer wiederum auf die bahnbrechende Entscheidung des AG Göttingen hin und dann weist das AG Göttingen wiederum auf die die ZinsO u.s.w.. ;)

    Ich sehe da noch keine Rebellion. Und es gibt ja auch Amtsgerichtsentscheidungen, die die Entscheidung des BGH bestätigen.

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