Neuer § 1836 e BGB

  • Natürlich ist de jure die Verjährung nicht von Amts wegen zu berücksichtigen.
    Aber:
    Wenn die Vergütung zu Recht aus der Landeskasse gezahlt wurde, weil der Betreute mittellos war und ich nunmehr aufgrund veränderter Vermögenverhältnisse den Rückgriff geltend mache ( 100% aller Rückgriffe mit Ausnahme der Erben haben hier diesen Hintergrund) muss ich den Betreuer auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede hinweisen und ich muss ihn in Haftung nehmen, wenn er die Einrede unterlässt, da der Betreute eine Forderung begleicht, die er nicht begleichen muss.

    Daher werde ich in dieser Konstellation keinen Rückgriff mehr nehmen und somit de facto die Verjährung von Amts wegen berücksichtigen.

  • Natürlich ist de jure die Verjährung nicht von Amts wegen zu berücksichtigen.
    Aber:
    Wenn die Vergütung zu Recht aus der Landeskasse gezahlt wurde, weil der Betreute mittellos war und ich nunmehr aufgrund veränderter Vermögenverhältnisse den Rückgriff geltend mache ( 100% aller Rückgriffe mit Ausnahme der Erben haben hier diesen Hintergrund) muss ich den Betreuer auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede hinweisen und ich muss ihn in Haftung nehmen, wenn er die Einrede unterlässt, da der Betreute eine Forderung begleicht, die er nicht begleichen muss.
    (...)



    :zustimm:, sag ich ja!

  • Das ist doch hier die Frage: Wo steht denn dieses "muss"?

    Wer auf die Beratungspflicht des § 1837 Abs. 1 Satz 1 BGB verweist, verkennt, dass der Gesetzgeber doch die 10-Jahresfrist hat wegfallen lassen, weil er eben auch noch aus Altansprüchen Honig saugen will. Überlegt mal: ohne Wegfall dieser Regelung wären die Vergütungen aus 1999 nicht mehr rückholbar.

    Auch war diese Regelung systemfremd. Sie war lex specialis zum Verjährungsrecht und passte streng genommen nicht zum Verjährungsrecht. Auch finde ich persönlich es komisch, dass ein Betreuer nach 15 Monaten Tiefschlaf in die Röhre schaute (§ 2 VBVG), sein von der Staatskasse befriedigter, übergegangener Anspruch aber mit einer Verfallfrist von 10 Jahren ausgestattet war.

    Warum kommt eigentlich keiner auf den Gedanken, statt der dreijährigen Verjährung die Verfallregelung des § 2 VBVG bei § 1836e BGB reinzudenken? Hat denn der übergegangene Anspruch so eine fundamentale Charakteränderung erfahren?

  • Dass der Gesetzgeber auch die Altansprüche noch geltend machen will, kann ich nicht erkennen.
    Wenn ich die Übergangsvorschriften richtig verstehe ( ich gebe zu, dass ich mir da absolut nicht sicher bin, dass ich sie richtig verstehe ), dann sind die Ansprüche aus 1999 am 31.12.2009 24.00 Uhr erloschen.
    Da sie am 01.01.2010 nicht mehr bestanden, kann ich sie auf gar keinen Fall mehr einfordern.
    Hinsichtlich der Verjährungsdauer ist auch der Palandt 69. Auflage der Auffassung, dass die Verjährung sich nach § 195 BGB, also drei Jahre, richtet. Diese Meinung teile ich.
    Ich habe gerade heute zwei Anhörungen zu beabsichtigten Rückforderungen rausgeschickt, in denen ich angekündigt habe, Rückgriff wegen Vergütungen aus dem 2000 zu nehmen ( da endet die Verjährung m.E. am 31.12.2012 ) und nicht wegen der in 1999 gezahlten Vergütungen.

  • @ Gänseblümchen:

    1. Wie gesagt, du solltest dich bei der Beurteilung von Pflichtwidrigkeiten des Betreuers - und eine solche kann man im Fall der unterlassenen Verjährungseinrede nun mal nicht wegdiskutieren - nicht als Hüter der Landeskasse aufführen.
    Im übrigen hat niemand behauptet, dass die Wege des Gesetzgebers immer verständlich, einleuchtend und nachvollziehbar sein müssen.:D

    2. Wie owl1




  • Das ist derzeit auch mein Problem.

    Vor Anordnung eines Regresses ist auch der Betroffene selbst (schriftlich) anzuhören, damit er die Möglichkeit hat, sich zum evtl. Zugriff auf sein Vermögen zu äußern.

    Ferner müsste bzw. könnte man dem nicht anhörbaren Betroffenen einen Verfahrenspfleger bestellen, der den Einwand der Verjährung dann geltend machen kann.

    Aus diesen Gründen erfolgt bei uns derzeit keine Änderung hinsichtlich des Regresses mit Ausnahme, dass dieser nicht mehr auf die letzten 10 Jahre beschränkt wird.

  • (...)
    Vor Anordnung eines Regresses ist auch der Betroffene selbst (schriftlich) anzuhören, damit er die Möglichkeit hat, sich zum evtl. Zugriff auf sein Vermögen zu äußern.

    Ferner müsste bzw. könnte man dem nicht anhörbaren Betroffenen einen Verfahrenspfleger bestellen, der den Einwand der Verjährung dann geltend machen kann.

    Aus diesen Gründen erfolgt bei uns derzeit keine Änderung hinsichtlich des Regresses mit Ausnahme, dass dieser nicht mehr auf die letzten 10 Jahre beschränkt wird.

    Wozu denn ein Verfahrenspfleger?

    Wenn der Betreuer die Vermögenssorge hat, ist er gesetzlicher Vertreter und kann - bzw. muss - die Verjährungseinrede (pflichtgemäß) erheben. Etwas anderes könnte ein Verfahrenspfleger auch nicht tun. Was würdest Du denn machen, wenn er von der Verjährungseinrede absieht, z. B. weil er von ihrer Existenz nichts weiß?! Im Gegensatz zum Betreuer kannst du ihm gem. § 1837 BGB keine Gebote erteilen. Würdest Du den Betreuten dann sehenden Auges die - völlig legitime (Sorry, Gänseblümchen!) - Beseitigung des Regressanspruchs sausen lassen?:eek:

  • Da gibt es nichts zu entschuldigen :D. Die Einrede aus § 214 BGB ist legitim.

    Hier wird aber so getan, als sei jeder Betreuer ein beschränkter Klotkopf. Dabei schielt doch jeder noch so Beschränkte auf den Kalender und bringt die Einrede der Verjährung quasi automatisch vor, auch wenn sie noch gar nicht eingetreten ist. Prinzip Maschinengewehr. Irgendwann lande ich einen Treffer.
    Und da soll ich nachhelfen? Ich soll auf der einen Seite anhören zum Rückforderungsbegehren, auf der anderen Seite allerdings mit der Verjährung winken? Sorry, ich mach mich doch nciht lächerlich.

  • Da gibt es nichts zu entschuldigen :D. Die Einrede aus § 214 BGB ist legitim.

    ... Ich soll auf der einen Seite anhören zum Rückforderungsbegehren, auf der anderen Seite allerdings mit der Verjährung winken? Sorry, ich mach mich doch nciht lächerlich.



    Das sehe ich auch so.

    Kann aber dennoch zu dämlichen Situationen führen: ich höre Betroffenen und Betreuer an und bekomme erwartungsgemäß keine Antwort. Ich nehme Regress, der Beschluss wird rechtskräftig. Die Zeit geht ins Land, die nächste Rechnungslegung steht ins Haus. Und was sehe ich in der Abrechnung: die Zahlung auf "meinen" Regress. Und nun schreibe ich pflichtbewußt den Betreuer an und weise auf die nicht ordnungegemäße Vermögensverwaltung hin, da die Einrede der Verjährung nicht erhoben wurde?!

  • dann würde ich doch vorschlagen, dass man den regress ankündigt im rahmen der anhörung aber gleichzeitig auf die mögliche Einrede der Verjährung hinweist. ist m.E. ein Vorgehen, mit dem man seiner Pflicht nach § 1837 BGB genüge getan hat und gleichzeitig das mögliche für die Landeskasse tut

  • @ mikschu: D'accord!

    @ borrelio: Nein, das ist nur die halbe Wahrheit. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers muss nach dem Wortlaut des Gesetzes erfolgen, wenn sie erforderlich ist. Erforderlich ist sie - ebenfalls nach dem Wortlaut des Gesetzes - wenn du von der vorgeschriebenen Anhörung absiehst, aber eben nur in der Regel. Es wird also ein Spielraum eröffnet für Ausnahmefälle, in denen du trotz unterbliebener Anhörung von der Bestellung absehen kannst. Und wenn du einen Betreuer hast, der die Interessen des anhörungsunfähigen Betreuten ohne jede Interessenkollision wahrnehmen kann, ist das für mich ein Fall, wo die Bestellung eines Verfahrenspflegers in sinnfreie Förmelei münden würde.

  • § 1833 BGB verlangt eine Pflichtverletzung. Vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln sind Voraussetzung (§ 276 BGB).

    Nach Palandt Rd Nr. 1 zu § 202 BGB ist das Verjährungsrecht der Disposition der Parteien (hier des Betreuers) unterworfen.
    Der Betreuer kann, er muss nicht die Einrede erheben. Ob bei der Nichterhebung eine Pflichtverletzung gegeben ist, möchte ich doch bitteschön nachgewiesen haben.

    Auch die andere Frage, wonach ich die Belehrung über die eingetretene Verjährung vornehmen muss, möchte ich gern an Hand von Vorschriften beantwortet sehen (Bitte, wie oben schon erwähnt, führt nicht § 1837 BGB ins Feld).

  • Auch die andere Frage, wonach ich die Belehrung über die eingetretene Verjährung vornehmen muss, möchte ich gern an Hand von Vorschriften beantwortet sehen (Bitte, wie oben schon erwähnt, führt nicht § 1837 BGB ins Feld).




    Das würde mich auch interessieren.

    Selbst wenn ich in der Nichterhebung der Verjährungseinrede eine Pflichtverletzung sehen würde bzw. wöllte, sehe ich jedenfalls keinen Anlass einen Berufsbetreuer auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Bei diesen kann und muss man davon ausgehen, dass diese Option bekannt ist. Anderenfalls sollte sich der Betreuer dahingehend weiterbilden.


  • Dass die mangels Erhebung der Verjährungseinrede eintretende Schädigung des Betreutenvermögens immer eine Pflichtverletzung ist, ergibt sich schon daraus, dass der das Vermögenssorgerecht innehabende Betreuer zur wirtschaftlichen Vermögensverwaltung verpflichtet ist. Es ist schlechterdings kein Fall ersichtlich, dass eine nicht erhobene Verjährungseinrede zum Vorteil des Betreuten gereicht und damit pflichtgemäß wäre.

    Wenn der Betreuer für seinen Schützling einen Antrag auf Steuererstattung stellt, fragst du ja auch nicht, wo konkret steht, dass er dazu verpflichtet ist; das steht nirgendwo und wenn er ihn nicht stellt, kräht kein Hahn danach und die Kohle landet auch beim Fiskus. Das wäre nach deiner Argumentation auch keine Pflichtwidrigkeit.

    Warum diese Verrenkungen? Stell' dir doch einfach vor, es wäre deine eigene Kohle, die auf Grund der Unkenntnis deines Betreuers weg ist.

    § 1833 BGB definiert überhaupt nicht, was eine Pflichtwidrigkeit ist. Er regelt die Schadenersatzpflicht im Falle vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns. Das besagt überhaupt nichts darüber, dass unterhalb dieser Schwelle keine Pflichtwidrigkeit vorliegen kann; es gibt nicht nur vorsätzliche und fahrlässige Pflichtwidrigkeiten. Außerdem bin ich der Meinung, dass durchaus Fahrlässigkeit vorliegen kann, wenn ein Betreuer, insbesondere ein Berufsbetreuer, sich angesichts einer Rückforderung nicht entsprechend schlau macht. Dann kommen u. U. die Erben und wollen von dir wissen, warum du denn bitteschön den arglosen Betreuer in's Messer hast laufen lassen. Dann kannst du nur noch sagen: "Ich hab's für den Fiskus getan"!

    @ borrelio:
    Du hast, ich wiederhole mich, gegen eine Pflichtwidrigkeit, die du in deinem letzten Beitrag ja selbst nicht mehr so ganz in Abrede stellen magst, gem. § 1837 BGB durch Gebote einzuschreiten. In § 1837 BGB steht definitiv nicht, dass du nur gegen vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtwidrigkeiten einschreiten musst.
    Hier kommt nur das Gebot in Frage: "Erheb' gefälligst die Verjährungseinrede!"

    @ gänseblümchen:
    Eigentlich wie vor, aber du hast dir ja die Erwähnung von § 1837 BGB verbeten! Für mich gilt er dennoch weiter! :teufel:

  • @ borrelio:
    Du hast, ich wiederhole mich, gegen eine Pflichtwidrigkeit, die du in deinem letzten Beitrag ja selbst nicht mehr so ganz in Abrede stellen magst, gem. § 1837 BGB durch Gebote einzuschreiten. In § 1837 BGB steht definitiv nicht, dass du nur gegen vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtwidrigkeiten einschreiten musst.
    Hier kommt nur das Gebot in Frage: "Erheb' gefälligst die Verjährungseinrede!"




    Mit meinem Beitrag wollte ich eigentlich zum Ausdruck bringen, dass ich keine Veranlassung sehe, den Berufsbetreuer jedes Mal auf die Möglichkeit der Einrede der Verjährung hinzuweisen. Dies würde ich maximal einmalig beim ersten Regress aufgrund der jetzt eingetretenen Gesetzesänderung machen.

    Es muss und darf davon ausgegangen werden, dass diese Möglichkeit dem Berufsbetreuer bekannt ist.

    Wenn dies nicht voraussetzen könnte, müsste ich konsequenterweise auch bei jeder Übernahme einer neuen Betreuung den Berufsbetreuer auf die bestehenden Genehmigungstatbestände (§§ 1812, 1821, 1822 BGB) hinweisen. Wenn er sich die Möglichkeit der Verjährungseinrede nicht merken kann, muss ich ja davon ausgehen, dass ihm dies bezüglich der Genehmigungstatbestände auch nicht gelingt. Dann wäre er allerdings meiner Ansicht nach als Berufsbetreuer ungeeignet.

  • [QUOTE=Borrelio;561022(...)
    Mit meinem Beitrag wollte ich eigentlich zum Ausdruck bringen, dass ich keine Veranlassung sehe, den Berufsbetreuer jedes Mal auf die Möglichkeit der Einrede der Verjährung hinzuweisen. Dies würde ich maximal einmalig beim ersten Regress aufgrund der jetzt eingetretenen Gesetzesänderung machen.

    Es muss und darf davon ausgegangen werden, dass diese Möglichkeit dem Berufsbetreuer bekannt ist.
    (...)[/QUOTE]

    Damit kann ich leben. Wenn du mal in #20 nachliest, habe auch ich einen deutlichen Unterschied zwischen Ehrenamtlern + Berufsbetreuern gemacht.




  • Abere andere scheinen keinen Unterschied machen zu wollen (siehe z. B. Beitrag 18). Mein Beitrag ist daher allgemeiner Natur.

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