Gemeinschaftsverhältnis beim Vorkaufsrecht

  • Ich habe mir dazu weitere Gedanken gemacht.
    Es sollen ja zwei Vorkaufsrechte bestellt werden und nicht nur ein Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte.
    Als Kollisionsklausel ist § 428 BGB vereinbart.

    Nach § 428 BGB kann der Schuldner nach seinem Belieben an einen Berechtigten leisten. Ist mit der Bestimmung (§ 428 BGB) dann nicht eine ordnungsgemäße Kollisionsvereinbarung gegeben, weil im Endeffekt der Eigentümer entscheiden kann, wer zum Zuge kommt?

  • Zu meinem Vorbeitrag:
    Der BGH hat § 428 BGB bei einem Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte ausgeschlossen, da dies der gesetzlichen Norm des § 472 BGB widerspreche. Dieser Fall liegt bei mehreren Vorkaufsrechten evident nicht vor, da hier § 472 BGB nicht automatisch zur Anwendung kommt (vgl. bereits OLG München)

    Scheitert § 428 BGB bei mehreren gleichrangigen Vorkaufsrechten tatsächlich und warum? Ich stehe vollkommen auf dem Schlauch, finde auch in der Kommentierung und Rechtsprechung nichts hierzu.

    Aus OLG München und OLG Hamm kann ich Hinweise entnehmen, was mögliche zulässige Regelungen zur Vermeidung von Kollisionen sein könnten
    (OLG München vgl. Rn 28: Prioritätsprinzip, Beschränkung auf Teilflächen oder Quoten, gemeinschaftliche Berechtigung am Ganzen;
    OLG Hamm: Prioritätsprinzip, Berechtigung auf Übertragung des Grundstücks zu anteiligen Miteigentumsquoten). Diese könnte ich ja zumindest dem Notar vorschlagen, wenn ich eine Zwischenverfügung aufsetzt, in der ich aber auch begründen muss, warum § 428 BGB nicht geht :gruebel:
    Zu den Gestaltungsmöglichkeiten könnte sich etwas aus dem Würzburger Notarhandbuch, 5. Auflage 2018, Teil 2 Kap. 8 Rz. 33 ergeben. Darauf habe ich jedoch keinen Zugriff. Kann jemand hierbei helfen?

  • Das OLG München geht in Rz. 28 des Beschlusses vom 15.3.2016, 34 Wx 3/16,
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-05288?hl=true
    davon aus, dass eine gemeinschaftliche Berechtigung Konfliktpotenzial birgt. Es führt aus: „Auch auf § 472 BGB kann für Zwecke der ergänzenden Auslegung nicht zurückgegriffen werden. Zum einen ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet. Zum anderen fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Parteien dem durch Vorkaufsrecht gesicherten Eigentumsverschaffungsanspruch einen Inhalt entsprechend der für gemeinschaftlich Berechtigte geltenden Norm gewollt hätten. Eine gemeinschaftliche Berechtigung an einem Grundstück als Folge einer Ausübung des Vorkaufsrechts durch alle Berechtigten birgt Konfliktpotenzial. Eine Behandlung der eigenständigen, je auf das Ganze gerichteten Vorkaufsrechte nach den für ein einheitliches Vorkaufsrecht geltenden Regeln kann deshalb nicht – ohne entsprechende Anhaltspunkte im Tatsächlichen – als das „hilfsweise“ Gewollte angesehen werden“.

    Dieses Konfliktpotenzial wird aber nicht dadurch beseitigt, dass nun die gemeinschaftliche Berechtigung in Form der Gesamtberechtigung nach § 428 BGB gewählt wird.

    Der BGH geht in Rz. 20 des Beschlusses vom 13.10.2016, V ZB 98/15, davon aus, dass bei einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB das Prioritätsprinzip gerade nicht gelte. Auch erweise sich das Prioritätsprinzip, etwa bei einem Zugang der Ausübungserklärungen am selben Tage mit gleicher Post, häufig als nicht durchführbar.

    Das Prioritätsprinzip wäre jedoch eine der Möglichkeiten, das Konfliktpotenzial zu beseitigen.

    Reischl geht im BeckOK BGB, Stand: 01.05.2021, § 1094 RN 15 davon aus, dass bei den zulässigen Ausübungsregeln entweder der Grundsatz der zeitlichen Priorität festgelegt wird (Zitat Promberger MittBayNot 1974, 146; Holderbaum JZ 1965, 712) oder eine personenmäßige Prioritätsregelung getroffen wird (Zitat AG Gmünden MittBayNot 1974, 145; Zimmermann Rpfleger 1980, 326; 1981, 480; Soergel/Stürner Rn. 4; LG Landshut MittBayNot 1979, 69; OLG Hamm OLGZ 1989, 257; Staudinger/Schermaier, 2017, Rn. 12).

    Die weitere Möglichkeit besteht in der Verschaffung ideeller Bruchteile (BGH, Versäumnisurteil und Urteil vom 11.7.2014 – V ZR 18/13 = NJW 2014, 3024, Rz. 22c; OLG Hamm, Beschluss vom 25. August 2016, I-15 W 233/16, Rz. 38)

    Böttcher geht allerdings in seiner Abhandlung „Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Ende 2016“ in der NJW 2017, 859/863 davon aus, dass ranggleiche Eigentumsvormerkungen nach hM zulässig seien und demzufolge auch mehrere Vorkaufsrechte im Gleichrang ohne Einschränkung möglich seien. Endgültiger Eigentümer werde dann derjenige, der zuerst seine Eintragung im Grundbuch erreicht (Prioritätsgrundsatz). Sinnvoller erscheine es allerdings, in solchen Fällen ein Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte nach § 472 BGB zu bestellen

    Wenn die Berechtigung nach § 428 BGB jedoch nicht zum Prioritätsprinzip führt, dann kann sie das Konfliktpotenzial auch nicht lösen. § 428 BGB ermöglicht auch nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts nur zu einem Bruchteil (OLG Stuttgart, NJW-RR 2009, 952/953).

    Das OLG München führt in Rz. 31 aus: „Im Vorkaufsfall würden sich die gleichrangigen Rechte wechselseitig blockieren (§ 1098 II iVm §§ 883, 888 BGB), wenn eine Vereinbarung über die Auflösung des Konflikts fehlt. Ranggleichheit kann aber nicht bestehen, wenn die Ausübung des einen Rechts die gleichzeitige Ausübung des anderen Rechts unmöglich machen würde. Die Begründung mehrerer gleichrangiger Vorkaufsrechte an einem Grundstück ist deshalb grundsätzlich ausgeschlossen“.

    Davon würde ich vorliegend ausgehen wollen, weil eine wirksame Vereinbarung über die Auflösung des Konflikts fehlt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    3 Mal editiert, zuletzt von Prinz (30. Juni 2021 um 19:58) aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • Zu meinem Vorbeitrag:
    Der BGH hat § 428 BGB bei einem Vorkaufsrecht für mehrere Berechtigte ausgeschlossen, da dies der gesetzlichen Norm des § 472 BGB widerspreche. Dieser Fall liegt bei mehreren Vorkaufsrechten evident nicht vor, da hier § 472 BGB nicht automatisch zur Anwendung kommt (vgl. bereits OLG München)

    Der BGH geht in Rz. 20 des Beschlusses vom 13.10.2016, V ZB 98/15, davon aus, dass bei einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB das Prioritätsprinzip gerade nicht gelte. [...]

    Davon würde ich vorliegend ausgehen wollen, weil eine wirksame Vereinbarung über die Auflösung des Konflikts fehlt.

    :daumenrau

    Der BGH stellt in Bezug auf die Gesamtgläubigerschaft nicht nur auf die Unvereinbarkeit von § 472 BGB und § 428 BGB ab.

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