§ 765a ZPO in der Insolvenz ?

  • Hallo Kollegen !

    Mein Problem:
    Verbraucherinsolvenzverfahren ist beendet, WVP läuft. Es kommt eine Zahlung aus Einkommensteuererstattung ( die der Masse zusteht ), so dass wohl gemäß § 203 InsO die Nachtragsverteilung anzuordnen wäre.

    Schuldner beantragt, ihm wegen Kosten aufgrund eines Todesfalls in der Familie das Geld zu belassen.
    In der Einzelzwangsvollstreckung fiele mir sofort § 765a ZPO ein. Die Norm wird aber in § 36 InsO nicht erwähnt. Findet sie deshalb in der Insolvenz keine Anwendung ? Wenn doch, wer muss entscheiden ?

    Vielen Dank im Voraus für jede Hilfe...;)

  • Ich denke mal § 765a ZPO als große Auffangnorm findet auch in der InsO Anwendung, einfach nur über die Generalverweisung § 4 InsO und entscheiden sollte auch das Insolvenzgericht.

    Ist natürlich etwas vom Ergebnis her betrachtet: für wirklich unhaltbare Maßnahmen, bzw. Folgen muss irgendein Korrektiv möglich sein. Und entscheiden sollte der, der am Nächsten dran ist.

  • Liebe Kollegin,
    liebe Kollegen,
    ich meine auch, die Generalklausel 765 a ZPO kann auch in der InsO mal greifen, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, wennauch strittig wg. der Besonderheiten dieses Verfahrens.
    Aber hast Du auch an die Entscheidung des BGH gedacht?
    Wir handhaben den in der WVP zur Auszahlung stehenden, jedoch in derZeit des Insolvenzverfahrens "produzierten" Anspruch so....
    Nachtragsverteilung anordnen...
    .....
    ...
    Nach Aufhebung des Verfahrens ist nachträglich ein der Insolvenzmasse zustehender Anspruch bekannt geworden, nämlich eine Erstattungsforderung des Schuldners gegenüber dem Finanzamt aus der Einkommens/Umsatzsteuerveranlagung für in Höhe von € (siehe Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2006, IX ZB 239/04).
    Die Anordnung der Nachtragsverteilung hat daher gem. § 203 Abs. 1 InsO von Amts wegen zu erfolgen.
    Was meinst Du, was meint Ihr dazu?
    Nette Grüße aus dem freundlichen Norden
    Kasi
    :wechlach:

  • Das mit der Steuererstattung ist ohnehin meiner Meinung nach ein Unding. Besonders bei Einkommensteuern stehen der Erstattung Aufwendungen des Schuldners gegenüber, die je nach Steuersatz das drei- oder sogar vierfache des Erstattungsbetrages ausmachen. Meist handelt es sich hierbei um berufsbedingte Aufwendungen, die ggfs. nach § 850f Abs. 1 Buchstabe b) ZPO brücksichtigungsfähig sein könnten.

    Der unwissende Schuldner stellt keinen Antrag auf Steuerfreibetrag (was zumindest die unpfändbaren Mehrbeträge des Schuldners erhöhen würde) und noch seltener einen Antrag auf Erhöhung des unpfändbaren Betrages. So kommt es dann zu relativ hohen Steuererstattungen, die zur Masse kommen. Kundigen Schuldnern passiert das seltener.

    Also wird der nicht so kundige Schuldner mehr zur Kasse gebeten als der, der sich besser auskennt. Irgendwie finde ich das unbefriedigend. Aber ich weiß, dass das kein Grund für die Belassung der Steuererstattung sein kann.....

  • Normalerweise ziehen unsere TH die Erstattung zur Masse und im ersten Jahr WVP wird die mitverteilt. Zumindest hat das bislang immer so geklappt, keine Beschwerden oder abweichende Anträge.

    Natürlich ist die Nachtragsverteilung der vorgesehene Weg, aber mit gesonderter Vergütung für den TH schmälert das wieder die Masse.

    Ich zermartere mir gerade das Hirn, aber die letzte Nachtragsverteilung war eine "echte", zu verwertendes Grundstück, das der Schuldner "vergessen" hatte. Über Einkommenssteuererstattung habe ich ziemlich sicher noch keine Nachtragsverteilung angeordnet.

  • @ Harry: wir haben das auch immer so durchgehen lassen (TH verteilt mit). Das Problem ist, denke ich, daß a) der Schuldner sich natürlich auf die Entscheidung des BGH berufen könnte (und stell Dir mal vor, es ist bereits verteilt und er wirft dann ein, die Erstattung gehöre nicht zur Masse in der WHV) und b) daß Finanzamt mit dem Anspruch aufrechnen kann. Zu einer pragmatisch und gleichzeitig rechtlich einwandfreien Lösung sind wir noch nicht gekommen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Nun, wenn das FA aufrechnet, dann gibt es keine Erstattung.
    Das FA hat ja auch die entpsrechende BGH Rechtsprechung zu beachten, wenn es befreiend leisten will. Unser FA schickt immer einen Bescheid mit Aufschlüsselung und Zuteilung der Erstattung an Masse und Schuldner (Anteile eröffnetes Verfahren / WVP). Mir sind damit bislang keine Probleme unter die Hand gekommen. Daher schwenke ich mal (vorerst weiterhin) die Fahne der Pragmatik.

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