Wartefrist bei privater Pflegeversicherung und vorzeitiger Versicherungsfall

  • Eine Kollegin aus der Betreuungsabteilung bat mich, diese versicherungsrechtliche Frage hier einzustellen.

    Ein Betreuer möchte gern ein private Pflegetagegeldversicherung kündigen, weil er meint, diese würde nichts mehr bringen. Die Kollegin sieht das anders, ist aber unsicher, ob sie richtig liegt.

    Die Betreute hatte als Gesunde eine Zusatzversicherung zur gesetzlichen Pflegeversicherung abgeschlossen, die bei Eintritt von Pflegebedürftigkeit - je nach Pflegestufe - ein bestimmtes Tagegeld zahlen würde. Die Versicherung sieht aber - wie wohl üblich - eine Wartefrist von mehreren Jahren vor.

    Nun ist die Betreute erkrankt und pflegebedürftig, die Wartefrist läuft aber erst in rund 1 1/2 Jahren ab.

    Der Betreuer meint nun, die Versicherung wird (nach Ablauf der Wartefrist) nicht leisten, da der Versicherungsfall ja vor Ablauf der Wartefrist eingetreten ist. Daher will er die Versicherung unbedingt kündigen.
    Meine Kollegin meint, die Versicherung muss grundsätzlich leisten. Die Wartefrist hat hier nur zur Folge, dass sie für die Zeit bis Ablauf der Frist leistungsbefreit ist aber nicht für die Zeit danach. Sie will daher auf jeden Fall die Kündigung verhindern bzw. dem Mann dies ausreden.

    (Aus den Versicherungsbedingungen, die die Kollegin und ich eben schon rauf und runter studiert haben, ist die Antwort leider nicht wirklich zu erkennen. :()

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ulf, stell doch mal das Verquaste mit der Wartefrist hier wörtlich ein.

    Ich habe bei Wartefristen immer den Verdacht, dass erst nach deren Ablauf neu eintretende Krankheitsbilder oder Krankheitsfälle bzw. Pflegefälle den Zahlfall auslösen, nicht aber zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene.
    Im übrigen halte ich die Kündigung dieses Vertrages für genehmigungsfrei.

  • Also, nach den uns vorliegenden Unterlagen (Versicherungsschein und Versicherungsbedingungen) scheint es noch kpmplizierter, als ich gestern noch annahm. Dem Vers.schein sind u.a. folgende Angaben zu entnehmen:

    Tarif: PT ab 01.12.2007

    Tagessatz: xx €; monatl. Beitrag: yy €.

    Bemerkungen:
    Kleine Anwartschaftsvers. (AWV)
    Die AWV endet am 30.11.2012. Anschließend lebt der volle Vers.schutz in der Pflegetagegeldvers. auf, wenn sie nicht von Ihnen gekündigt wird. Der Beitrag für den vollen Vers.schutz beträgt dann zz € (aktueller Stand), kann sich jedoch im Rahmen von Beitragsanpassungen bis zum Aufleben des vollen Ver.schutzes noch ändern.

    --------------------
    Aus den Bedingungen zur AWV (nur Auszüge):

    Mit der AWV erwirbt d. Vers.nehmer das Recht, nach Ablauf d. vereinb. Dauer ohne erneute Gesundheitsprüfung vollen Vers.schutz nach den bisher in Anwartschaft stehenden Tarif zu erhalten.

    Ein Anspruch auf Vers.leistung besteht für die Dauer der AWV - auch für bereits eingetretene Vers.fälle - nicht.

    Bei einer befristeten ANW endet diese mit Ablauf der vereinbarten Dauer. Der volle Ver.schutz lebt im unmittelbaren Anschluss an das Ende der Anw. auf.

    Nach Aufleben des vollen Vers.schutzes besteht ein Leistungsanspruch im tariflichen Umfang auch für Vers.fälle, die während der Dauer der AWV eingetreten sind, jedoch nur für den Teil, der in die Zeit nach Aufleben des vollen Vers.schutzes fällt.

    Im Hinblick auf Wartezeiten, sonstige tarifliche Fristen, Selbstbehalte u. Leistungshöchstsätze wird die AWV der Vers. mit vollem Vers.schutz gleichgestellt.


    Aus den allgemeinen Vers.bedingungen zur Pflegezusatzvers. (nur Auszüge):

    Der Vers.schutz beginnt mit dem im Vers.schein genannten Zeitpunkt. Für Vers.fälle, die vor Versicherungsbeginn eingetreten sind, wird nicht geleistet. Nach Abschluss des Vers.vertrages eingetretene Vers.fälle sind nur für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Vers.beginn oder in die Wartezeit fällt.

    Die Wartezeit beträgt 3 Jahre und beginnt mit dem Vers.beginn.

    --------------------
    Zum Sachverhalt ist noch zu ergänzen, dass die Pflegebedürftigkeit seit Nov. 2010 besteht. Damit ist der Vers.fall also während der AWV und innerhalb der 3-jährigen Wartezeit eingetreten.

    Nachdem ich das nun alles abgetippt habe, scheint mir schon klar, dass die Vers. leisten muss. Oder?

    Unklar ist mir aber, ab wann die Leistungspflicht eintritt? Direkt mit dem Aufleben der Vollversicherung am 01.12.2012? Oder beginnt dann erst mal die 3-Jahresfrist erneut? :gruebel:

    Ulf

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  • Also ich verstehe es so, dass ab dem 1.12.2012 grundsätzlich gezahlt werden muss. Die Wartefrist von 3 Jahren ist dann auch rum. Da die jetzige Anwartschaft der Vollversicherung hinsichtlich der Wartefrist gleichgestellt wird, beginnt diese meines Erachtens dann auch nicht neu, sondern ist schon abgelaufen (obwohl diese Regelung dann andererseits keinen wirklichen Sinn macht, da die Anwartschaftszeit ja anscheinend (immer?) über 3 Jahre, also länger als die Wartezeit, dauert und eine Leistung ja ohnehin erst ab Vollversicherung erfolgt...) :gruebel:

  • Die AWV läuft nicht unbedingt immer länger. Es gibt wohl auch denkbare Varianten, bei denen eine AWV nur über einen relativ kurzen Zeitraum läuft. Außerdem kann eine AWV wohl nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt abgeschlossen werden. Im Regelfall muss direkt die Vollvers. abgeschlossen werden.

    Ulf

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  • Ach so, na hat die Regelung natürlich schon ihren Sinn. Also würde ich - wie gesagt - meinen, dass eine Zahlung für die ab dem 01.12.2012 bestehende Pflegebedürftigkeit erfolgen muss.

  • Danke für Deine Einschätzung! :)

    Meine Kollegin ist auch dieser Ansicht. Ich hingegen bin noch nicht ganz von dieser Ansicht überzeugt.

    Wenn natürlich die Versicherung ab dem 01.12.2012 zahlen müsste, würde sich die Beibehaltung und Weiterzahlung auf alle Fälle rechnen. Würde dann aber noch 3 weitere Jahre abzuwarten sein, wäre es vielleicht schon fraglich, ob sich das rechnet, da die Betreute schon über 75 ist und der ab 01.12.2012 zu zahlende volle Beitrag auch nicht ohne ist.

    Ulf

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  • Meiner Ansicht nach ist halt der Satz

    "Im Hinblick auf Wartezeiten, sonstige tarifliche Fristen, Selbstbehalte u. Leistungshöchstsätze wird die AWV der Vers. mit vollem Vers.schutz gleichgestellt."

    maßgeblich. Das heißt, die Wartezeit von 3 Jahren beginnt und läuft während der AWV und es wird dem Lauf einer Wartezeit in der Vollversicherung gleichgestellt - gilt also voll... Aber man kann´s natürlich auch anders lesen :confused:

  • Ahh, Moment, ich denke, Du liegst im Ergebnis richtig. Aber ich würde es anders begründen:

    Lt. Bedingungen beginnt die Wartefrist mit Vers.beginn und der Vers.beginn ist laut Vers.schein ja der 01.12.2007. Wenn für die Vollversicherung ein anderer Beginn maßgeblich sein sollte, müsste sich dies wohl aus dem Schein ergeben aber zur Vollversicherung ist kein anderer Beginn angegeben. Es wird da nur von einem "Aufleben" zum Ende der AWV - also zum 01.12.2012 - gesprochen. Aufleben heißt aber ja wohl, dass sie auch vorher schon vorhanden war.
    Demnach hat die Pflegeversicherung am 01.12.2007 begonnen und die 3-Jahresfrist ist dann beim Aufleben der Vollvers. bereits abgelaufen.

    Ulf

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  • Der entscheidende Teil der AGB lautet:
    Ein Anspruch auf Vers.leistung besteht für die Dauer der AWV - auch für bereits eingetretene Vers.fälle - nicht.

    ......

    Der volle Ver.schutz lebt im unmittelbaren Anschluss an das Ende der Anw. auf.

    Nach Aufleben des vollen Vers.schutzes besteht ein Leistungsanspruch im tariflichen Umfang auch für Vers.fälle, die während der Dauer der AWV eingetreten sind, jedoch nur für den Teil, der in die Zeit nach Aufleben des vollen Vers.schutzes fällt.


    Damit sind Pflegebedürftigkeiten, die während der Anwartschaftszeit eingetreten sind, nach Umwandlung der Anwartschaft in eine "Vollversicherung" auch versichert, nicht aber Pflegebedürftigkeiten, die schon vor Vertragsabschluss vorhanden waren.

    Die Betreute ist nach #1 erst während der Anwartschaft pflegebedürftig geworden. Da würde ich es auch vorziehen, nicht zu kündigen.

    Falls aber wegen dieser demnächst fällig werdenden Leistungen andere Leistungen, z. B. nach SGB XII, zu kürzen sind, sehe ich in der Beibehaltung keinen sittlichen Nährwert, zumal sie monatliche Prämien erfordert.


  • Falls aber wegen dieser demnächst fällig werdenden Leistungen andere Leistungen, z. B. nach SGB XII, zu kürzen sind, sehe ich in der Beibehaltung keinen sittlichen Nährwert, zumal sie monatliche Prämien erfordert.


    Guter Hinweis! Den werde ich auch an die Kollegin weiter geben. Wie die Vermögenslage ist, weiß ich gar nicht.

    Ulf

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  • Mir wurde von der Kollegin noch aufgetragen, Euch ihren Dank auszusprechen, was ich hiermit gern tue! :daumenrau

    Es ist inzwischen tatsächlich gelungen, den Betreuer zur Beibehaltung der Versicherung zu bewegen.
    Nachtragen soll ich dazu noch, dass Ansprüche nach SGB nicht im Raum stehen.

    Ulf

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