Hinterlegung wegen unklarer Gläubigerrangfolge

  • Ein Arbeitgeber (Drittschuldner) zahlt aufgrund meherer Pfändungen und einer Abtretung gegen seine Mitarbeiterin (Schuldnerin) den pfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens an die Hinterlegungsstelle des zuständigen Amtsgerichts, da der Arbeitgeber offensichtlich die Tilgungsreihenfolge der verschiedenen Gläubiger nicht mehr überblickt.

    Meine konkrete Frage ist nun, wie wird üblicherweise bei einem solchen Fall die Rangfolge der verschiedenen Gläubiger geklärt ?

    Liegen der Hinterlegungsstelle die Pfändungsverfügungen der einzelnen Gläubiger vor ?

    Nach Möglichkeit sollte der Klageweg nicht beschritten werden.

  • Normalerweise tritt bei einer Hinterlegung wegen mehrerer Pfändungen das Verteilungsverfahren in Kraft, § 872 ZPO.

    Hieran nimmt aber die Abtretung nicht teil, so dass auch im Verteilungsverfahren wohl nichts ausgeschüttet wird, bis die Forderung, welche durch die Abtretung gesichert ist, gedeckt ist.

    Bezüglich Umfang und Rang der Abtretung kann nur das Prozessgericht eine Feststellung treffen.

  • Der Grund für das oben gesagte ist, dass bei Hinterlegungen aufgrund des Zusammentreffens von Pfändungen und Abtretungen der Hinterlegungsrund die §§ 372 ff BGB sind.

    [FONT=&quot]Dies hat zur Folge, dass zwischen den Empfangsberechtigten kein Rangverhältnis besteht. Die Herausgabe kann nur nach Antrag und Freigabeerklärungen angeordnet werden. Ist dies nicht möglich, weil sich die Empfangsberechtigten nicht einigen, muss auf Freigabe geklagt werden. In dieser Freigabeklage kann dann der Anspruch mit dem Rang begründet werden.[/FONT]

  • Genau, Musielak, online Kommentar 2011 zu § 853 ZPO sagt dazu:

    "Sind hinsichtlich derselben Forderung Abtretung und Pfändung erfolgt, kann der Drittschuldner nicht nach § 853, sondern nur nach § 372 BGB hinterlegen. Der Zessionar muss sein besseres Recht nach § 771 geltend machen, der Pfändungsgläubiger nach § 812 BGB. Wurde die Forderung teilweise abgetreten, insow. nach § 372 BGB hinterlegt und teilweise gepfändet, gilt § 853 nur für den Restbetrag. Beruft sich der Drittschuldner auf seine Hinterlegungsbefugnis, kann er nur zur Zahlung oder Hinterlegung verurteilt werden, es sei denn, der Kläger weist das Einverständnis der übrigen Gläubiger mit einer Zahlung an ihn nach. Der Drittschuldner muss nicht hinterlegen, wenn kein Überweisungsgläubiger Hinterlegung verlangt (http://beck-online.beck.de/Default.aspx?t…100&g=ZPO&p=853Abs. 2). Er kann – nach Überweisung (§ 835) – an die Gläubiger ihrem Rang entsprechend (§§ 804 Abs. 3, 829 Abs. 3) zahlen, s. § 835 Rn. 16. Sein Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Überweisungsbeschlusses und auf den durch die Pfändung bestimmten Rang wird nach hM entspr. § 836 Abs. 2 auch gegenüber Pfändungsgläubigern geschützt (s. dort Rn. 4), aber nur so lange, wie noch keine Hinterlegungsverpflichtung besteht."

  • Ich häng mich hier mal ran:

    Hab nun auch einen Antrag auf Hinterlegung wegen mehrer Pfändungen, deren Wirksamkeit sich (angeblich) nicht durch den Drittschuldner beurteilen lässt, sprich § 853 ZPO.

    Beim HL-Antrag hat er aber nicht die Empfangsberechtigten (Gläubiger mit Name/Firma, Anschrift) angegeben, sondern lediglich "siehe Anlage". Die Anlage besteht aus einer Erklärung, in der der Drittschuldner aufführt, von wem alles ein PfÜb vorliegt und was jeweils gepfändet wurde (nebst Kopie des PfÜb).

    Ist das ausreichend oder kann ich auf die vollständigen Angaben der Gläubiger im Antrag selbst bestehen? Finde weder im HintG, noch in unserer Ausführungsordnung was dazu. Da steht lediglich "Soweit möglich", sind die Empfangsberechtigten mit Namen/Firma, Anschrift und Bankverbindung zu bezeichnen. Aber unter Bezugnahme auf eine Anlage?? Bei der auch noch die Adressen und ggf. Vertretungsbefugten fehlen?? :confused:

  • Müsste die Anzeige nicht unter Vorlage aller Pfändungen erfolgen?

    Was ist denn mit Anzeige gemeint?

    Der Drittschuldner hat mir 4 Gläubiger benannt und jeweils die Kopie des PfÜb und des Zustellnachweises ran gehangen. Ich geh mal davon aus, dass das alle sind.

  • Er meint die Anzeige der Hinterlegung an das Vollstreckungsgericht gemäß § 853 ZPO.

    Du bist ja (nur) die Hinterlegungsstelle. Da es für die Hinterlegung keinen Vordruckzwang gibt, reicht m.E. die Bezugnahme auf eine Anlage aus. Gerade wenn es mehrere Empfangsberechtigte mit Prozeßbevollmächtigtem und Az. und pipapo gibt, reichen die üblichen Vordrucke meist gar nicht aus.

  • Müsste die Anzeige nicht unter Vorlage aller Pfändungen erfolgen?

    Was ist denn mit Anzeige gemeint?

    Der Drittschuldner hat mir 4 Gläubiger benannt und jeweils die Kopie des PfÜb und des Zustellnachweises ran gehangen. Ich geh mal davon aus, dass das alle sind.

    Stöber, Rdn. 789:

    "....und die ihm zugestellten Beschlüsse auszuhändigen."

    Deswegen gehe ich davon aus, dass die (zugestellen) Originale vorzulegen sind.

  • Ich hab den Stöber als Hinterlegungsstelle leider nicht zur Hand. Deshalb meine Frage: Geht es in der Rnd. 789 um das Vollstreckungsgericht oder die Hinterlegungsstelle??

  • Ich hab den Stöber als Hinterlegungsstelle leider nicht zur Hand. Deshalb meine Frage: Geht es in der Rnd. 789 um das Vollstreckungsgericht oder die Hinterlegungsstelle??

    Der Drittschuldner ist bei Hinterlegung verpflichtet, dem Amtsgericht, dessen Beschluss ihm zuerst zugestellt wurde, die Sachlange anzuzeigen und die ihm zugestellen Beschlüsse auszuhändigen (§ 853 ZPO).

    So ähnlich steht es auch im § 853 ZPO (s. a. Zöller, Rn. 4 zu § 853 ZPO).

    Somit ist für mich klar, dass die Beschlüsse nicht in Kopie vorzulegen sind.

  • Ich hab den Stöber als Hinterlegungsstelle leider nicht zur Hand. Deshalb meine Frage: Geht es in der Rnd. 789 um das Vollstreckungsgericht oder die Hinterlegungsstelle??

    Genau das hab ich mich auch schon öfter gefragt.
    Ich gehe aber davon aus, dass die Anzeige nach § 853 ZPO an das Vollstreckungsgericht zu richten ist und nicht an die Hinterlegungsstelle, da es ja primär um eine Vollstreckungsvorschrift geht.
    Man findet dazu aber leider nichts Konkretes.

  • Wenn ich das machen würde, würde ich einen Hinterlegungsantrag an das Hinterlegungsgericht stellen.

    Warum soll ich den Antrag bei dem Vollstreckungsgericht stellen, das den Antrag dann an das Hinterlegungsgericht weiterleitet.

    Stöber, Rdn. 788:

    Die Hinterlegung erfolgt bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts (§ 1 HinterlO). ... keine örtliche Zuständigkeit geregelt.... Hinterlegung bei dem Amtsgericht, dessen Beschluss zuerst zugestellt wurde, oder bei der Hinterlegungsstelle des Leisungsorts (...) liegt jedoch nahe.

  • Ich versteh den § 853 ZPO so, dass die Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle erfolgt und die Anzeige nach § 853 an das Vollstreckungsgericht (das den ersten PfüB erlassen hat).

    So hätte ich das jetzt auch verstanden. Und da in unserer Ausführungs-VO zum HintG nur steht, dass der Hinterleger, die Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen, angeben muss - geh ich davon aus, dass ich keine Original-PfÜb'se brauch. Die müssten dann eher dem Vollstreckungsgericht vorgelegt werden.

  • Ich versteh den § 853 ZPO so, dass die Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle erfolgt und die Anzeige nach § 853 an das Vollstreckungsgericht (das den ersten PfüB erlassen hat).

    So hätte ich das jetzt auch verstanden. Und da in unserer Ausführungs-VO zum HintG nur steht, dass der Hinterleger, die Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen, angeben muss - geh ich davon aus, dass ich keine Original-PfÜb'se brauch. Die müssten dann eher dem Vollstreckungsgericht vorgelegt werden.

    Was soll denn das Vollstreckungsgericht damit?

    Ich gebe immer die Originale mit, egal ob ich nach § 839 ZPO oder § 372 BGB hinterlege. Hinterlegung nach § 853 ZPO mache ich grundsätzlich nicht.

  • Ich versteh den § 853 ZPO so, dass die Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle erfolgt und die Anzeige nach § 853 an das Vollstreckungsgericht (das den ersten PfüB erlassen hat).

    So hätte ich das jetzt auch verstanden. Und da in unserer Ausführungs-VO zum HintG nur steht, dass der Hinterleger, die Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen, angeben muss - geh ich davon aus, dass ich keine Original-PfÜb'se brauch. Die müssten dann eher dem Vollstreckungsgericht vorgelegt werden.

    Was soll denn das Vollstreckungsgericht damit?

    Ich gebe immer die Originale mit, egal ob ich nach § 839 ZPO oder § 372 BGB hinterlege. Hinterlegung nach § 853 ZPO mache ich grundsätzlich nicht.

    Was soll die Hinterlegungsstelle damit? :)
    Im § 853 ZPO steht doch, dass die Anzeige und die Beschlüsse an das AG zu richten sind, dessen Beschluss zuerst zugestellt wurde. Hier wird eine örtliche Zuständigkeit für das Verteilungsverfahren geschaffen, nicht aber für das Hinterlegungsverfahren. Da die Hinterlegung auch bei einem anderen AG möglich ist, kann das doch nur bedeuten, dass die Beschlüsse nicht an die Hinterlegungsstelle zu schicken sind.

  • Was zu tun ist steht doch genau im Gesetz.
    Es gibt kein Ermessen und es gibt keine Alternativen:


    Verfahren 1 Hinterlegung
    Verfahren 2 Anzeige der Hinterlegung unter Aushändigung der zugestellten Beschlüsse.

    Verfahren 1: Hinterlegungsstelle, Amtsgericht beliebig
    (s. Zöller § 854 Rn 4, Hinterlegung am Leistungsort wird nur angeraten)
    Verfahren 2 Vollstreckungsgericht, ggf. Verteilungsverfahren (von Amts wegen)

    (hierbei wären die der zugestellten Beschlüsse hilfreich)

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