Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • AG Duisburg: Beschluss vom 18.08.2011 - 62 IK 235/04

    Erteilt der Schuldner die vom Insolvenzgericht nach § 296 Abs. 2 Satz 2, § 300 Abs. 2 InsO angeforderte schriftliche Auskunft über die Erfüllung seiner Obliegenheiten innerhalb der gesetzten Frist nicht dem Gericht, sondern dem Treuhänder, so ist eine Versagung der Restschuldbefreiung nicht verhältnismäßig, wenn die Auskunft dem Zweck der gerichtlichen Auskunftsanforderung sachlich vollständig gerecht wird und die Arbeit des Gerichts nicht behindert.

  • 1. Nach § 35 INSO § 35 Absatz II 2 InsO obliegt es dem Schuldner, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre, er ist nicht verpflichtet, pfändungsfreie Beträge an die Masse abzuführen. Daraus folgend ergibt sich auch keine Pflicht des Schuldners, betriebswirtschaftliche Auswertungen oder sonstige Unterlagen über sein Einkommen dem Insolvenzverwalter vorzulegen.

    2. Steuerrückstände aus einer freigegebenen selbstständigen Tätigkeit gehören zu den Neuverbindlichkeiten, die von dem Insolvenzverfahren unberührt bleiben. Sie haben von daher auch keinen Einfluss auf die Befriedigung der Insolvenzgläubiger und stellen damit keinen Versagungsgrund i.S. des § 290 InsO § 290 Absatz I Nr. § 290 Nummer 4 InsO dar

    LG Göttingen, Beschl. v. 8. 8. 2011, AZ: 10 T 53/11

  • 1. Ein gerichtlicher Antrag nach §§ EGGVG § 23 ff. EGGVG im Vorauswahl-Listenverfahren zum Insolvenzverwalter kann so ausgelegt werden, dass der Ast., obwohl das Land als Ag. bezeichnet wird, seinen Antrag gegen den die Liste führenden Insolvenzrichter richten will.

    2. Der Insolvenzrichter ist nicht verpflichtet, eine auf die Typizität einzelner Insolvenzverfahren (Kleinverfahren/Großverfahren, etc.) beruhende, getrennte Liste zu führen; er kann die Eignung der Bewerber nach generellen Maßstäben prüfen.

    3. Für die notwendige Feststellung des Anforderungsprofiles des Insolvenzrichters zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes der persönlichen und fachlichen Eignung ist keine bestimmte Form vorgesehen. Der Verweis auf eine Kommentierung ist statthaft. Es ist Aufgabe des Bewerbers, seine Eignung aus sich heraus so darzustellen, dass dem Insolvenzrichter genügend detaillierte und verifizierbare Merkmale zur Verfügung gestellt werden.

    4. Eine Bewerbung kann abgelehnt werden, wenn nicht ausreichende Angaben zur Ausstattung des Büros und zur Ausbildung, Verfügbarkeit und fachlichen Kompetenz der Mitarbeiter gemacht werden.

    5. Verweist der Bewerber auf eine frühere Beschäftigung bei einer Insolvenzverwalterkanzlei, kann der Insolvenzrichter diese Möglichkeit zur Verifizierung von Bewerberangaben durch dortige Nachfrage nutzen.

    OLG Hamburg, Beschl. v. 3. 8. 2011 − 2 VA 9/11

  • 1. In entsprechender Anwendung von § ARBGG § 78 a ArbGG ist auf Gegenvorstellung die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn durch die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind. Das ist der Fall, wenn einer Partei der gesetzliche Richter entzogen wurde, weil die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist.

    2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § ARBGG § 11 a ARBGG § 11A Absatz I 1 ArbGG kann nur zu Gunsten von natürlichen Personen erfolgen.

    3. Nach § ZPO § 116 S. 1 Nr. ZPO § 116 Nummer 2 ZPO erhalten juristische Personen Prozesskostenhilfe nur, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Ein derartiges allgemeines Interesse besteht nicht lediglich deswegen, weil ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zur Sicherung eines nachfolgenden Insolvenzverfahrens erforderlich ist.

    4. Rechtsmittelkosten im Prozesskostenhilfeverfahren sind dann außerhalb des Insolvenzverfahrens liegende Verbindlichkeiten, wenn der Insolvenzverwalter nicht Bet. am Prozesskostenhilfeverfahren war und die Rechtsmittel nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingelegt wurden. Es kommt nicht darauf an, ob das Prozesskostenhilfeverfahren bereits vor der Insolvenzeröffnung eingeleitet wurde.

    BAG, Beschl. v. 3. 8. 2011 − BAG Aktenzeichen 3 AZB 8/11 (LAG Düsseldorf)

  • Erhebt der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Klage, die einen massezugehörigen Gegenstand betrifft, so wird der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder kraft Gesetzes „Partei kraft Amtes“. Dies gilt selbst dann, wenn der Verwalter keine Kenntnis von der Klageerhebung hat. Zu seinem Schutz ist die Klageerhebung schwebend unwirksam.

    LG Mainz, Urt. v. 4. 7. 2011 − 5 O 379/08

  • Nach einem rechtskräftigen Versäumnisurteil auf Schadensersatz fehlt es einer Klage auf Feststellung, dieser Anspruch sei aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung begründet, am Feststellungsinteresse. Anders als ein Vollstreckungsbescheid darf ein Versäumnisurteil erst nach der von § ZPO § 331 ZPO § 331 Absatz I ZPO geforderten Schlüssigkeitsprüfung ergehen. Im Rahmen von § ZPO § 850 f ZPO § 850F Absatz II ZPO kann der Rechtspfleger in diesem Fall den Klagevortrag heranziehen, um die Frage zu beantworten, ob eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vorliegt. Für die Herausnahme einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung aus der Restschuldbefreiung nach § INSO § 302 Nr. INSO § 302 Nummer 1 InsO setzt die Feststellungsklage nach § INSO § 184 INSO § 184 Absatz I InsO voraus, dass der Schuldner einer nach § INSO § 174 INSO § 174 Absatz II InsO angemeldeten Forderung widersprochen hat.

    OLG Naumburg, Urt. v. 30. 6. 2011 − 1 U 7/11

  • Im Fall der Sicherungsabtretung einer Lohnforderung wegen rückständigen Unterhalts kann nach Eröffnung des Ver­braucher­insolvenzverfahrens die Einzelzwangsvollstreckung in den nach § ZPO § 850 d ZPO erweitert pfändbaren Bereich nicht mehr betrieben werden. Es handelt sich vielmehr um eine Insolvenzforderung, für die § INSO § 114 INSO § 114 Absatz I InsO gilt.

    LAG Hamm, Urt. v. 9. 6. 2011 − 16 Sa 686/10

  • 1. In der widerspruchslosen Hinnahme von Abbuchungen im Lastschriftverfahren liegt jedenfalls dann keine noch vor Erhalt der jeweiligen Saldomitteilung durch die Bank liegende Genehmigung, wenn sich wiederholende Abbuchungen sowohl nach Zeitraum als auch nach Höhe stark differieren.

    2. Handlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters, dem ein allgemeines Verfügungsverbot nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 InsO beigegeben ist, sind insoweit der Anfechtung entzogen, als die anzufechtende Rechtshandlung Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 2 InsO begründet. Dies gilt jedoch nicht für die Befriedigung solcher Forderungen, die bereits vor der Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots durch den Schuldner als einfache Insolvenzforderungen begründet worden sind. Sind damit einfache Insolvenzforderungen befriedigt worden, so kann der Insolvenzverwalter dies nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechten.

    OLG Koblenz, Urt. v. 18. 4. 2011 - 12 U 1195/09

  • Die bei einer Restschuldversicherung verwandte Klausel "Im Falle der Kündigung sowie der vorzeitigen Erfüllung der kreditvertraglichen Zahlungsverpflichtung wird der … nicht verbrauchte Einmalbeitrag dem versicherten Kreditkonto gutgeschrieben" begründet auch im Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers keinen Anspruch auf Rückzahlung des unverbrauchten Einmalbetrags

    LG Göttingen, Urt. v. 18. 8. 2011 - 8 S 2/11

  • 1. Ein Eröffnungsantrag ist zuzulassen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin gegeben ist.

    2. Grds. steht ein Zeitraum von 3 Wochen zur Verfügung, innerhalb dessen fällige Verbindlichkeiten im Wesentlichen beglichen werden müssen, soll noch von einer bloßen Zahlungsstockung gesprochen werden können.

    AG Mönchengladbach, Beschl. v. 11. 8. 2011 - 45 IN 130/10

  • Für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags (des Schuldners) ist es erforderlich, aber auch genügend, dass er Tatsachen mitteilt, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes erkennen lassen. Bessert der Antragsteller auch nach einem konkreten Hinweis auf diesbezügliche Mängel durch das Gericht nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, dann ist sein Eröffnungsantrag als unzulässig zu verwerfen, ohne dass zuvor von Amts wegen Ermittlungen angestellt werden müssen. Für den Antrag des Erben auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens gilt nichts anderes.

    LG Stuttgart, Beschl. v. 19. 4. 2011 - 19 T 106/10

  • 1. Wird der zulässige Zweitantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nach nachträglicher Forderungserfüllung aufrecht erhalten, ist das Vorliegen von Insolvenzgründen (hier: durch Gutachten) zu prüfen.

    2. Wird durch Gutachten festgestellt, dass der Schuldner schon bei Antragstellung zahlungsunwillig war und deshalb die durch einen zulässigen Insolvenzantrag begründete Vermutung des Vorliegens von Insolvenzgründen widerlegt, dann sind dem Antragsteller entgegen der Regelung des § 14 Abs. 3 InsO die Kosten aufzuerlegen.

    3. Die Kostenregelung des § 14 Abs. 3 InsO stellt nach Ansicht des Gerichts "einen krassen Verstoß" u.a. gegen das sich aus Art. 3 GG ergebende Willkürverbot dar. Die "völlige Ausschaltung des richterlichen Ermessens" ist sachlich nicht gerechtfertigt und verletzt das "allgemeine Gerechtigkeitsempfinden".

    AG Deggendorf, Vorlagebeschl. v. 3. 8. 2011 - IN 102/11

  • Der "Zeitraum von 2 Jahren vor der Antragstellung" des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO n.F. kann frühestens ab dem 1.1.2011 beginnen. Wegen der bis zum 31.12.2010 eingegangenen Insolvenzanträge kann nicht die Aufrechterhaltung von ab dem 1.1.2011 eingegangenen Insolvenzanträgen, trotz vollständigen Ausgleichs der diesen zugrunde liegenden Forderungen, beantragt werden.

    AG Leipzig, Beschl. v. 24. 6. 2011 - 403 IN 918/11

  • 1. Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zzt. der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Es kommt nicht darauf an, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden war, sondern darauf, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt war.

    2. Soweit die Nachtragsverteilung vorbehalten wurde, enden die Befugnisse des Insolvenzverwalters nicht mit der Nachtragsverteilung. Auch die Prozessführungsbefugnis bleibt zum Zwecke der Nachtragsverteilung erhalten.

    FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. 12. 2010 - 10 K 15202/09

  • 1. Auch im Fall der Nichteröffnung ist das Insolvenzgericht sachlich für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zuständig.

    2. Die Entscheidungskompetenz betreffend die Höhe der Vergütung gebührt dem Insolvenzgericht.

    LG Koblenz, Beschl. v. 5. 7. 2011 - 2 T 342/11

  • AG Flensburg vom 26.07.2011, 56 IN 201/11

    Die dreijährige Sperrfrist (analog IX ZA 45/09) gilt bei einem weiteren Eigenantrag auch dann, wenn dem Schuldner im Erstverfahren die Stundung der Verfahrenskosten wegen mangelnder Kooperation gem. § 4a Nr. 1 2. HS InsO aufgehoben und das Erstverfahren dann gem. § 207 InsO eingestellt worden ist.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1.
    Klagt ein Unterhaltsgläubiger, der über einen vollstreckbaren Unterhaltstitel verfügt, gegen den Unterhaltsschuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auf Feststellung des Bestehens eines Anspruches aus unerlaubter Handlung wegen Nichtzahlung des Unterhalts, fehlt es, wenn der Unterhaltsschuldner diesem Anspruch widersprochen hat, nicht an einem rechtlichen Interesse an der Feststellung (Anschluss an BGH Urt. v. 02.12.2010 - IX ZR 41/10, ZInsO 2011, 39 ).
    2.
    Für das Verfahren eines Unterhaltsgläubigers auf Feststellung, dass ihm der titulierte Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner auch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 170 StGB zusteht, ist kraft Sachzusammenhangs mit dem Unterhaltsanspruch das Familiengericht sachlich zuständig.

    KG, Beschl. v. 30. 8. 2011 - 18 WF 93/11

  • 1.
    Die Freigabe eines zur Masse gehörenden bzw. künftig in diese fallenden Vermögensgegenstands (hier: eines Bauvorhabens) und dessen Überführung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners setzt eine Willenserklärung des Insolvenzverwalters voraus, aus welcher sich unmissverständlich dessen Wille zu einem dauernden Verzicht auf die Massezugehörigkeit ergibt
    2.
    Maßgebend ist nicht allein der schriftliche Inhalt einer Erklärung, sondern der tatsächliche Wille des Erklärenden, sofern er für den Empfänger erkennbar ist.

    FG Köln, Urt. v. 21. 4. 2011 - 6 K 1598/07

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