Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eines Auszugs aus der Insolvenztabelle steht während der Wohlverhaltensphase trotz des sich aus § 294 Abs. 1 InsO ergebenden Vollstreckungsverbots ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers nicht entgegen.

    LG Bückeburg, Beschl. v. 25.01.2012 - 4 T 116/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Der Anspruch der Staatskasse auf monatliche Ratenzahlung nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO dar.

    2. Die Prozesskostenhilfebewilligung kann nicht deswegen aufgehoben werden, weil der Insolvenzschuldner die Raten nach Insolvenzeröffnung nicht mehr zahlt.

    LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 13.06.2012 - 10 Ta 95/12
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung ist mit der Verletzungshandlung entstanden und damit Insolvenzforderung bei nachfolgender Insolvenz des Tätes, unabhängig davon, inwieweit er der Höhe nach schon beziffert werden kann. Er ist auch nicht "befristet" wegen eines gegen den Täter durchgeführten Strafverfahrens oder sonst von diesem abhängig.

    OLG Koblenz, Urt. v. 03.02.2012 - 10 U 742/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Der Insolvenzschuldner kann einen Krankengeldanspruch nach Insolvenzeröffnung nur in Höhe des unpfändbaren Betrages prozessual geltend machen. Hinsichtlich des den unpfändbaren Betrag übersteigenden Betrages ist er nicht prozessführungsbefugt.

    SG Osnabrück, Beschl. v. 26.04.2012 - S 13 KR 55/12 ER
    (eigener Leitsatz)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Gebühren und Auslagen für den Zeitraum nach Unterbrechung des Rechtsstreits durch Insolvenzeröffnung sind nicht erstattungsfähig, da die Fortsetzung des Rechtsstreits zum gleichen Rechtszug wie das bisherige Verfahren gehört. Die Kosten können daher nicht gegen den Insolvenzverwalter, der den Rechtsstreit fortsetzt, festgesetzt werden.

    OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.05.2012 - 9 W 293/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ein anhängiger Rechtsstreit zwischen einem Gesellschaftsgläubiger und einem Kommanditisten wegen ausstehender Einlagen (§ 171 Abs. 1 HGB) wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 AnfG analog unterbrochen.

    OLG Dresden, Beschl. v. 23.04.2012 – 8 U 78/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass das Recht auf die Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms erschöpft ist, wenn der Inhaber des Urheberrechts, der dem möglicherweise auch gebührenfreien Herunterladen dieser Kopie aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt hat, gegen Zahlung eines Entgelts, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, auch ein Recht, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen, eingeräumt hat.


    2. Die Art. 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24 sind dahin auszulegen, dass sich der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie berufen können und somit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie anzusehen sind, die vom Vervielfältigungsrecht nach dieser Vorschrift Gebrauch machen dürfen, wenn der Weiterverkauf dieser Lizenz mit dem Weiterverkauf einer von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist und die Lizenz dem Ersterwerber ursprünglich vom Rechtsinhaber ohne zeitliche Begrenzung und gegen Zahlung eines Entgelts überlassen wurde, das es diesem ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen.

    EuGH, Urt. v. 3. 7. 2012 - Rs. C-128/11

  • 1. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens denjenigen gegenüber, die gemäß § 43 InsO (§ 68 KO a.F.) neben dem Insolvenzschuldner für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, keine Umwandlung des Befreiungsanspruchs des Insolvenzschuldners in einen Zahlungsanspruch erfolgt.

    2. Es ist ebenso höchstrichterlich geklärt, dass dies auch die Fälle erfasst, in denen der Insolvenzschuldner einem Insolvenzgläubiger persönlich (hier: aus einem Darlehensvertrag) und der zur Freistellung verpflichtete Dritte dem Insolvenzgläubiger lediglich aus einer zur Sicherung bestellten Grundschuld dinglich haften.

    KG, Beschl. v. 20. 8. 2012 - 22 W 37/12

  • 1.
    Die Zuständigkeit zur Änderung des nach § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnenden "Insolvenzgeschäftsjahres" liegt alleine beim Insolvenzverwalter .
    2.
    Diese Änderung stellt keine Satzungsänderung dar, setzt für ihre Wirksamkeit aber die Anmeldung durch den Insolvenzverwalter zum Handelsregister der Gesellschaft und die dortige Eintragung der Änderung in das Handelsregisterblatt der Gesellschaft voraus.
    3.
    Ohne diese Eintragung kommt die gerichtliche Bestellung eines Abschlussprüfers auf Antrag des Insolvenzverwalters für das bisherige sich aus der Satzung ergebende Geschäftsjahr der Gesellschaft nicht in Frage.

    OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 21. 5. 2012 - 20 W 65/12

  • Auch wenn eine Zwangssicherungshypothek aufgrund eines Titels eingetragen werden soll, den ein Anwalt in der Eigenschaft als <<Insolvenzverwalter>> und mit dem entsprechenden Zusatz im Rubrum des Titels erwirkt hat, hat die Eintragung ohne den Zusatz "als <<Insolvenzverwalter>>" zu erfolgen.

    OLG München, Beschl. v. 18. 6. 2012 - 34 Wx 90/12

  • 1. Den Insolvenzverwalter>> trifft als letzten Betreiber einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage die Nachsorgepflicht zur ordnungsgemäßen Beseitigung von Abfällen gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG dann, wenn er die Anlage des Gemeinschuldners nach Insolvenzeröffnung kraft eigenen Rechts und im eigenen Namen fortbetrieben hat; die dadurch begründete persönliche Pflicht des Insolvenzverwalters ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit zu erfüllen.

    2. Die grundsätzlich anerkannte Möglichkeit des Insolvenzverwalters, einzelne Gegenstände aus dem Insolvenzbeschlag freizugeben, bleibt ordnungsrechtlich ohne Wirkung, wenn die entsprechende Ordnungspflicht - wie die immissionsschutzrechtliche Nachsorgepflicht gemäß § 5 Abs. 3 BImSchG - nicht an das Eigentum an der Anlage oder dem Betriebsgrundstück, sondern an den Betrieb der Anlage und die Sachherrschaft des Betreibers in Bezug auf diese anknüpft.

    3. Ein nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit etwa bestehendes insolvenzrechtliches Vollstreckungsverbot gemäß §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO berührt nicht die Befugnis der Behörde auf der Primärebene, den polizeipflichtigen <<Insolvenzverwalter>> zur Erfüllung seiner immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten durch Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Vielmehr bewirkt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit lediglich, dass die Kosten einer etwaigen Ersatzvornahme nur im Rahmen der vorhandenen Masse und nach Maßgabe der insolvenzrechtlich vorgeschriebenen Rangordnung zu befriedigen sind (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 22.10.1998 - 7 C 38.97 - BVerwGE 107, 299).

    VGH Mannheim, Beschl. v. 17. 4. 2012 - 10 S 3127/11

  • Wird der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene prozessuale Kostenerstattungsanspruch wie auch die Hauptforderung, aus deren gerichtlicher Geltendmachung dieser herrührt, im Insolvenzverfahren nicht gemäß §§ 174 ff. InsO zur Tabelle angemeldet, so erstreckt sich die dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung auch auf dessen Kostenerstattungsverpflichtung. Dies gilt auch dann, wenn die Kostengrundentscheidung erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung ergangen ist.

    OLG Nürnberg, Beschl. v. 21. 6. 2012 - 12 W 1132/12

  • Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung, bemisst sich - ausgehend vom Nennwert der Forderung - nach den voraussichtlichen Vollstreckungsaussichten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung.

    OLG Hamm, Beschl. v. 12. 4. 2012 - 6 W 11/12

  • Begehrt ein Insolvenzverwalter>> unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz vom Finanzamt Auskunft über Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuervorgänge des Insolvenzschuldners und macht insoweit geltend, er benötige die begehrten Auskünfte zur Aufarbeitung der wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse und zur Prüfung, welche ggf. anfechtbaren Zahlungen der Insolvenzschuldner geleistet habe, so ist für ein diesbezügliches Klagebegehren der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

    VG Trier, Beschl. v. 26. 6. 2012 - 5 K 504/12.TR

  • 1. Die Vorschrift des § 321a der Zivilprozessordnung über die Abhilfe bei Versagung des rechtlichen Gehörs ist im Verfahren zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 4 Insolvenzordnung einschlägig.

    2. Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs gehört in Fällen, in denen das Gericht nach einem zuvor erteilten Hinweis später die Möglichkeit weiterer Antragstellung bzw. weiteren Vortrags einzuräumen beabsichtigt, dass ein derartiger Hinweis vor der anstehenden Entscheidung in der in Aussicht gestellten Art und Weise erfolgt (hier: Mitteilung des Schlusstermins durch gesondertes Schreiben an einen Gläubiger).

    3. Zu den Anforderungen an die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, wenn der Schuldner auf Frage nach "Forderungen aus Versicherungsverträgen" eine bestehende Versicherung und deren Rückkaufswert nicht angibt, weil er die Versicherung für "insolvenzfest" hält.

    AG Frankfurt/O., Beschl. v. 10.04.2012 - Az. 3 IN 709/07

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Die Unterlassung eines Antrags im Verbraucherinsolvenzverfahren auf Fortsetzung im Regelinsolvenzverfahren trotz Hinweises des Insolvenzgerichts auf die Unzulässigkeit der gewählten Verfahrensart begründet keine Sperrfrist für einen neuen Antrag im Regelinsolvenzverfahren.

    LG Bonn, Beschl. v. 06.08.2012 - 6 T 133/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Im Falle der Massearmut (§ 207 Abs. 1 InsO) kann der Insolvenzverwalter - anders als bei Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) - für ein von ihm betriebenes Klageverfahren grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe mehr beanspruchen. Denn ein massearmes Insolvenzverfahren ist alsbald einzustellen, so dass die Führung eines Rechtsstreits nicht (mehr) zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehört.

    2. Die Forderung, die der Insolvenzverwalter durch den Rechtsstreit durchsetzen möchte, ist bei der Feststellung der Massearmut grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Ansprüche, die mit zweifelhaftem Ergebnis nur im Prozesswege durchzusetzen sind, müssen bei der Ermittlung der Insolvenzmasse außer Betracht bleiben, da ein realer Gegenwert noch nicht vorhanden ist. Im Übrigen wäre die Forderung allenfalls mit dem mutmaßlichen Realisationswert anzusetzen, weil dies der tatsächlich nur zu erwartende Massezuwachs ist. Dabei ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten und dementsprechend sind die Prozessaussichten, die Werthaltigkeit und das Kostenrisiko abzuwägen.

    OLG Celle, Beschl. v. 29.06.2012 - Az. 9 W 86/12
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ist der Träger einer Einrichtung, in der Kinder/Jugendliche betreut werden, sowohl zahlungsunfähig als auch stark überschuldet und hat er überdies finanzielle Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Einrichtung entstanden sind, in erheblichem Umfang nicht erfüllt, ist in aller Regel eine Gefährdung des Wohls der Kinder/Jugendlichen in der Einrichtung anzunehmen. Dies kann den Widerruf der Betriebserlaubnis nach § 45 Abs. 2 S. 5 SGB VIII a.F. (§ 45 Abs. 7 S. 1 SGB VIII n.F.) rechtfertigen.

    OVG Lüneburg 4. Senat, Beschluss vom 18.06.2012, 4 LA 27/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Bei dem niederländischen Verfahren mit der Landesbezeichnung "faillissement" handelt es sich um ein Insolvenzverfahren nach der Definition des Art. 2 a EUInsVO in Verbindung mit der Anlage zu EUInsVO.

    2. Nach § 240 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 352 InsO wird ein Rechtsstreit im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen, wenn das Verfahren die Insolvenzmasse betrifft, auch wenn es sich um ein ausländisches Insolvenzverfahren handelt.

    3. Die Entscheidungszuständigkeit des Eröffnungsgerichts ist vom Prozessgericht nicht mehr zu prüfen.

    4. Die Unterbrechungswirkung kann durch Zwischenurteil festgestellt werden.

    OLG Frankfurt, Urt. v. 28.08.2012 - 5 U 150/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Die einem Arbeitnehmer bereits vor der Insolvenzeröffnung erteilte Prämienzusage (hier: Retention Bonus) begründet keine Masseverbindlichkeit, sondern führt zu einer Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die daraus resultierende Forderung auflösend oder aufschiebend bedingt war.

    2. Bei einer Prämienzusage für das bloße Verbleiben im Betrieb ohne Ausübung eines Kündigungsrechts bis zu bestimmten Stichtagen (Retention Bonus) handelt es sich um eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO. Der Verzicht auf das Kündigungsrecht stellt weder eine werthaltige noch eine angemessene Gegenleistung zur zugesagten Prämie dar.

    LAG München, Urt. v. 06.06.2012 - 10 Sa 1150/11
    (eigene Leitsätze)

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