Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 sind dahingehend auszulegen, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass u.U. wie denen des Ausgangsverfahrens die Höhe des Insolvenzgelds, das ein Mitgliedstaat einem Grenzgänger gewährt, der in diesem Staat nicht einkommensteuerpflichtig ist und bei dem das Insolvenzgeld nicht der Steuer unterliegt, ermittelt wird, indem von dem für die Berechnung des Insolvenzgelds maßgeblichen Arbeitsentgelt die Lohnsteuer, wie sie in diesem Staat zur Anwendung kommt, mit der Folge abgezogen wird, dass der Grenzgänger im Gegensatz zu Personen, die in dem betreffenden Staat wohnen und arbeiten, kein Insolvenzgeld erhält, das seinem bisherigen Nettoarbeitsentgelt entspricht. Der Umstand, dass dieser Grenzgänger keinen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf den aufgrund dieses Abzugs nicht erhaltenen Teil seines bisherigen Bruttogehalts besitzt, hat insoweit keine Auswirkung.

    EuGH, Urt. v. 2. 3. 2017 - Rs. C-496/15

  • Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung des Insolvenzantrags abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf.

    LG Köln, Urt. v. 31. 1. 2017 - 5 O 425/14

  • Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, Erträge zu versteuern, die er nicht erhalten hat und die auch nicht zur Masse gelangt sind.

    Es liegt nicht in der Rechtsmacht des Insolvenzschuldners, durch Verheimlichen von Einnahmen aus einer freigegebenen Tätigkeit am Insolvenzverwalter vorbei Masseschulden zu begründen. Diese Rechtsmacht steht nach den §§ 80, 81 InsO allein dem Insolvenzverwalter zu.


    FG Köln, Urt. v. 9. 12. 2016 - 7 K 1860/16

  • Auch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer haftungsbeschränkten UG hat der Geschäftsführer der Gesellschaft eine Änderung der Vertretungsverhältnisse oder der Geschäftsanschrift der Gesellschaft zum Handelsregister anzumelden. Unterlässt er die Anmeldung, kann eine Zwangsgeldfestsetzung gerechtfertigt sein.

    OLG Hamm, Beschl. v. 9. 3. 2017 - 27 W 175/16

  • Öffentlich-rechtlicher Natur sind diejenigen Rechtsnormen, welche einen Träger öffentlicher Gewalt gerade als solchen berechtigen oder verpflichten, die also einen öffentlichen Verwaltungsträger zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Befugnissen ausstatten oder besonderen Regeln unterwerfen.

    Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges kann nicht vom Ergebnis einer materiell-rechtlichen Prüfung der Begründetheit des Klagebegehrens abhängen.


    OVG Niedersachsen, Beschl. v. 24. 3. 2017 - 11 OB 78/17

  • BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - IX ZB 80/16

    Das Insolvenzgericht darf Vortrag des Schuldners zu einem Versagungsantrag nicht präkludieren, den dieser nach dem Schlusstermin innerhalb eines ihm gewährten Schriftsatznachlasses gehalten hat.


    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 27. April 2017 - IX ZB 93/16

    Verzichtet ein Grundpfandgläubiger einer im Insolvenzverfahren nicht mehr valutierten Sicherungsgrundschuld nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Zwangsver-steigerungsverfahren nach Zuschlag auf die Zuteilung, kann wegen des dann dem Schuldner zugeteilten Erlösanteils die Nachtragsverteilung angeordnet werden (An-schluss an BGH, WM 1978, 986).

    Gibt der Insolvenzverwalter ein Grundstück frei, folgt daraus nicht die Freigabe etwa bestehender Ansprüche auf Rückgewähr nicht valutierter Grundschulden (Anschluss an BGH, WM 1978, 986).

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  • BGH, Beschluss vom 4. Mai 2017 - IX ZB 102/15

    Ein Insolvenzverwalter ist zu entlassen, wenn nachträglich bekannt wird, dass er im Zuge seiner Bestellung vorsätzlich Umstände verschwiegen hat, die geeignet waren, ernsthafte Zweifel an seiner Unabhängigkeit zu begründen, und eine Bestellung zum Verwalter nicht zuließen.

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  • BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - IX ZR 285/16

    Tauscht der zahlungsunfähige Schuldner mit einem Gläubiger in bargeschäftsähnlicher Weise Leistungen aus, kann allein aus dem Wissen des Gläubigers um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht auf sein Wissen von einer Gläubigerbenachteiligung geschlossen werden; ein solcher Schluss setzt das Wissen des Gläubigers voraus, dass die Belieferung des Schuldners mit gleichwertigen Waren für die übrigen Gläubiger nicht von Nutzen ist, weil der Schuldner fortlaufend unrentabel arbeitet und weitere Verluste erwirtschaftet.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Eine durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers erlangte Zahlung kann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn eine Schuldnerhandlung oder eine dieser gleichstehende Unterlassung zum Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme beigetragen hat. Dazu genügt das bloße Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebes (hier: eines Apothekers) nicht, weil es nicht gezielt im Hinblick auf die Vollstreckungsmaßnahme erfolgt und allein darin nicht der Wille des Schuldners zum Ausdruck kommt, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 1. 12. 2016 - I-12 U 5/16

  • Die Tatsache, dass in der AO eine ausdrückliche Regelung über die Gewährung von Akteneinsicht in Verwaltungsvorgänge aus abgeschlossenen oder laufenden Besteuerungsverfahren nicht enthalten ist, steht der Anwendung des § 3 IZG SH und einem sich aus ihm ergebenden Anspruch des Insolvenzverwalters auf Informationszugang nicht entgegen.

    VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 3. 5. 2017 - 8 A 74/15

  • Es gibt keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber einem sonstigen Dritten. In beiden Fällen hat der Gläubiger keinen Anspruch auf Begleichung seiner Verbindlichkeit durch diesen Personenkreis.

    Im Übrigen kann auch aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 21.6.2012, Az. IX ZR 59/11, ZInsO 2012, 1425, in welcher festgestellt wird, dass keine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, wenn der Geschäftsführer einer GmbH eine Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners aus eigenen Mitteln begleicht, der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine solche eben gerade gegeben ist, wenn der Geschäftsführer einer GmbH private Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin mit Mitteln aus dem GmbH-Vermögen begleicht.


    LG Aachen, Urt. v. 30. 1. 2017 - 5 S 24/16

  • Zum Schutz der Interessen der Insolvenzgläubiger ist § 287 Abs. 2 InsO dahin gehend auszulegen, dass jedenfalls dann, wenn in einer Abfindungsvereinbarung ausdrücklich auch eine Regelung zur Fälligkeit des Anspruchs getroffen wird, nicht auf die Fälligkeit, sondern auf die Entstehung des Anspruchs abzustellen ist.

    LG Hagen, Urt. v. 15. 12. 2016 - 10 O 263/16

  • Die Regelung über die Bewilligung von Stundung in §§ 4a ff. InsO sind nicht abschließend. Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 4 InsO i.V.m. § 114 ZPO kommt in Betracht.

    Für die Eröffnung und Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens ist ein Antrag auf Prozesskostenhilfe ohne weitere Sachprüfung zurückzuweisen (AG Hildesheim ZInsO 2004, 1154; LG Kassel ZInsO 2014, 1623; LG Coburg NZI 2016, 1001 [LG Coburg 19.10.2016 - 41 T 109/16]).

    Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren kann nicht bewilligt werden (a.A. LG Göttingen ZInsO 2000, 619).

    Auch die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten kommt nicht in Betracht.


    AG Göttingen, Beschl. v. 9. 5. 2017 - 74 IN 79/17

  • Der Zusatz in einem Insolvenzantrag "Ich bin nicht bereit, die Kosten des Verfahrens zu tragen" kann nur dahingehend verstanden werden, dass keine Bereitschaft bestünde, einen Kostenvorschuss für die Eröffnung des Verfahrens nach § 26 Abs. 1 InsO zu zahlen. Die gesetzlich bestimmte Zweitschuldnerhaftung nach § 23 Abs. 1 GKG kann mit dieser Erklärung nicht abbedungen werden.

    AG Köln, Beschl. v. 15. 2. 2017 - 72 IN 295/13

  • Eine Billigkeitsmaßnahme unter Beachtung der Regelungen im sog. Sanierungserlass kommt nicht in Betracht.

    Eine Klage gegen eine auf den Sanierungserlass gestützte ablehnende Entscheidung kann selbst dann keinen Erfolg haben, wenn die Verwaltung auch zukünftig Billigkeitsmaßnahmen in Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen gewährt oder Sanierungsgewinne steuerfrei gestellt werden.


    FG Niedersachsen, Beschl. v. 10. 3. 2017 - 14 K 285/16

  • Der Zugang zur entgeltlichen Schuldnerberatung ist nicht bereits dann eröffnet, wenn der Antragsteller die maßgebenden Eignungsvoraussetzungen erfüllt. Erst nach einer Entscheidung des Leistungsträgers kann er beanspruchen, von ihr als Erbringer von Schuldnerberatungsstellen benannt zu werden.

    Es stellt keinen Ermessensfehler dar, wenn der beklagte Leistungsträger in seiner Verfahrensregelung die Erbringung von Schuldnerberatungsleistungen durch Juristen neben der juristischen Ausbildung zusätzlich von mehrjährigen Erfahrungen in der Schuldnerberatung und zudem entweder einer Beratungsausbildung im Umfang von mindestens 100 Stunden oder einer Zusatzqualifikation "Schuldnerberatung" abhängig macht.


    BSG, Urt. v. 10. 8. 2016 - B 14 AS 23/15 R

  • Haben keine Gläubiger Forderungen angemeldet, so kann in Stundungsverfahren die Restschuldbefreiung sofort erteilt werden. Voraussetzung ist nicht, dass die Verfahrenskosten beglichen sind (Fortführung von AG Göttingen ZInsO 2015, 1357 = NZI 2015, 772 = VIA 2015, 71 = ZVI 2015, 268; ZInsO 2016, 242 = ZVI 2016, 117 = RPfleger 2016, 307).

    Diese Rechtsprechung gilt fort (AG Aurich ZInsO 2017, 788 = NZI 2017, 38 mit Anm. Lackmann = VIA 2017 14 mit Anm. Schmerbach) auch nach der Entscheidung des BGH vom 22.9.2016 - IX ZB 29/16 (BGH ZInsO 2016, 2357 mit Anm. Laroche = InsbürO 2017, 68 mit Anm. Henning = NJW 2017, 75 [BGH 22.09.2016 - IX ZB 29/16] mit Anm. Ahrens NJW 2017, 21 = NZI 2016, 1006 [BGH 22.09.2016 - IX ZB 29/16] mit Anm. Schmerbach = VIA 2017, 3 mit Anm. Siebert = ZVI 2017, 71 [AG Köln 29.07.2016 - 206 C 29/16]).


    AG Göttingen, Beschl. v. 5. 5. 2017 - 74 IK 97/16

  • BGH, Beschluss vom 4. Mai 2017 - IX ZB 92/16


    InsO § 287a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
    Der Schuldner kann ohne Einhaltung einer Sperrfrist einen neuen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen, wenn in einem vorausgegangenen Insolvenzverfahren die Kostenstundung wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten aufgehoben und das Insolvenzverfahren sodann mangels Masse eingestellt worden ist.

    InsO §§ 4a, 4c
    Der Schuldner handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er nach Aufhebung der Kostenstundung und Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ohne Einhaltung einer Sperrfrist erneut einen Antrag auf Kostenstundung für ein neues Insolvenzverfahren stellt, auch wenn die Aufhebung der Kostenstundung darauf beruht, dass er seine Mitwirkungspflichten verletzt hat.

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