Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Art. EWG_VO_1346_2000 Artikel 3 EuInsVO findet auch auf Nachlassinsolvenzverfahren Anwendung.

    2. Für die Feststellung der internationalen Zuständigkeit i. S. des Art. EWG_VO_1346_2000 Artikel 3 EWG_VO_1346_2000 Artikel 3 Absatz I EuInsVO ist bei Selbstständigen auf den Ort der beruflichen Tätigkeit abzustellen. Dies ist tatsächlich der Ort, wo sie ihre wirtschaftlichen Interessen verwalten, zu dem sie die engsten Beziehungen unterhalten, wo der Schwerpunkt des Vermögens belegen und der für Dritte am besten erkennbar ist.

    AG Köln, Beschluss vom 12. 11. 2010 - 71 IN 343/10

  • 1. Bestimmungen der Insolvenzordnung über die Erteilung von Auskünften (§§ INSO § 97, INSO § 101 InsO) sind ebensowenig wie § BGB § 242 BGB keine „Regelungen in anderen Rechtsvorschriften” i. S. von § IFG § 1 IFG § 1 Absatz III IFG, die dem Informationsfreiheitsgesetz vorgehen.

    2. Der Ausschluss des Anspruchs auf Informationszugang gem. § IFG § 3 Nr. 1 lit. g IFG setzt nachteilige Auswirkungen auf ein laufendes Gerichtsverfahren voraus. Die Erstreckung der Vorschrift in entsprechender Anwendung auf das bevorstehende Gerichtsverfahren scheidet aus.

    BVerwG, Beschluss vom 9. 11. 2010 - 7 B 43/10 (OVG Koblenz)

  • a) Zur Frage der konkludenten Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift (im Anschluss an das Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
    b) Jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr kann die Tatsache, dass ein Kontoinhaber nicht eingelöste Lastschriften durch konkrete, nachträgliche Überweisungen ausgleicht, im Einzelfall für eine konkludente Genehmigung zuvor gebuchter Lastschriften sprechen, durch deren Widerruf er sich auf leichterem Weg hätte Liquidität verschaffen können.

    BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09 -

  • 1. Gegenüber einem institutionellen Gläubiger deutet die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, die typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit ausgeglichen werden, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind, auf die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hin.

    2. Setzt der Schuldner sein über Jahre hinweg geübtes Zahlungsverhalten fort, muss die Zahlungsempfängerin anhand der ihr bekannten Umstände nicht davon ausgehen, dass dem Schuldner nunmehr die Zahlungsunfähigkeit droht.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 5. 2010 - I-12 U 44/06

  • 1. Durch § 78 Abs. 1 InsO wird es dem Insolvenzgericht ermöglicht, das gemeinsame Interesse der Gläubiger gegenüber der jeweiligen Mehrheit in der Gläubigerversammlung zu wahren. Damit wird jedoch dem Insolvenzgericht nicht die Aufgabe übertragen, im Interesse des Insolvenzverwalters dessen eventuelle Inanspruchnahme auf Schadensersatz durch die Gläubiger zu verhindern.

    2. Die gemäß § 160 InsO von dem Insolvenzverwalter für die Veräußerung des Unternehmens der Schuldners einzuholende Zustimmung der Gläubigerversammlung ist im Außenverhältnis für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Übernehmer nicht erforderlich. Dies gilt sowohl für das Verpflichtungs- als auch für das Verfügungsgeschäft.

    LG Saarbrücken, Urt. v. 26. 11. 2010 - 5 T 621/09

  • Vereinbart die kreditgebende Bank in dem Darlehensvertrag mit der kreditnehmenden OHG, dass sie die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung unbeschränkt in Anspruch nehmen werde, so haften die Gesellschafter persönlich nur insoweit, als - unter Anrechnung der von der Gesellschaft erbrachten Leistungen, nicht aber unter Anrechnung der von einzelnen Gesellschaftern erbrachten Leistungen - die Verbindlichkeiten noch valutieren.

    KG, Urt. v. 22. 12. 2010 - 26 U 232/09

  • Auch ruhende Arbeitsverhältnisse können, bei Vorliegen der allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen, gekündigt werden. Das gilt insbesondere für betriebsbedingte Kündigungen. Der Arbeitnehmer im ruhenden Arbeitsverhältnis kann - ohne besondere gesetzliche oder tarifvertragliche Anordnung - nicht allein um des Ruhens seines Arbeitsverhältnisses willen besser geschützt sein als der "aktive" Arbeitnehmer. Dies gilt auch im Fall des § 33 Abs. 2 TVöD.

    BAG, Urt. v. 9. 9. 2010 - 2 AZR 493/09

  • 1. Hängt die Frage, ob der Arbeitgeber eine Änderungskündigung oder eine Beendigungskündigung aussprechen kann, allein davon ab, ob der Arbeitnehmer einem Betriebsübergang widerspricht oder nicht, so genügt der Arbeitgeber seiner nach § 102 BetrVG bestehenden Unterrichtungspflicht, wenn er dem Betriebsrat mitteilt, er wolle im Fall des Widerspruchs eine Beendigungskündigung und anderenfalls eine Änderungskündigung aussprechen.

    2. Es handelt sich bei einer solchen Lage nicht um eine unzulässige "Anhörung auf Vorrat".

    BAG, Urt. v. 22. 4. 2010 - 2 AZR 991/08

  • 1. Der Arbeitgeber kann sich bei der Erfüllung seiner Verpflichtung aus einer Versorgungszusage einer Unterstützungskasse als einer selbständigen Versorgungseinrichtung bedienen. Dies schließt jedoch eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht aus, insbesondere wenn die Unterstützungskasse vermögenslos ist (in Anknüpfung an BAGE 54, 176 = NZA 1989, 22; BAGE 104, 205 = NZA 2004, 321).

    2. Auch wenn Versorgungsempfänger und ihre Hinterbliebenen Ansprüche aufgrund der Versorgungszusage gegen den Träger der Insolvenzsicherung (Pensionssicherungsverein) haben, schließt dies Ansprüche gegen den Arbeitgeber bzw. das Trägerunternehmen nicht aus. Die vertraglichen Verpflichtungen zur Übernahme der Betriebsrenten für ausgeschiedene Mitarbeiter werden durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) nicht beschnitten.

    3. § 613a BGB betrifft nur die Rechte und Pflichten bei einem Betriebsübergang und bezieht sich nur auf laufende Arbeitsverhältnisse. Ansprüche von Versorgungszusagen für ausgeschiedene Mitarbeiter sind nicht berührt.

    OLG Koblenz, Beschl. v. 23. 9. 2010 - 2 U 1379/09

  • 1. Die Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB stellt eine Verurteilung im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar.

    2. Wegen § 51 Abs. 2 BZRG ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn die Verwarnung mit Strafvorbehalt nach dem Schlusstermin, aber vor der Entscheidung durch das Gericht nach § 12 Abs. 2 S. 2 BZRG aus dem Register entfernt wird.

    LG Offenburg, Beschluss vom 14.02.2011 - 4 T 33/11

  • 1. Der Insolvenzverwalter muss organisatorische Vorkehrungen treffen, dass ihn auch solche Post erreicht, die in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch an den Gemeinschuldner adressiert worden ist.

    2. Eine Abmahnung genügt den Anforderungen des § 12 Abs. 1 S. 1 UWG auch dann, wenn sie in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar statt an den Insolvenzverwalter an den Gemeinschuldner adressiert worden ist, sich aber aus der Abmahnung selbst ergibt, dass nur er Insolvenzverwalter gemeint sein kann, etwa weil eindeutig ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangener Rechtsverstoß gerügt wird.

    3. Die Umstellung einer zunächst gegen den Gemeinschuldner erhobenen Klage auf den Insolvenzverwalter ist gemäß § 263 ZPO als sachdienliche Klageänderung zulässig.

    4. Erkennt der Insolvenzverwalter nach der Klageänderung den geltend gemachten Anspruch sofort an, greift die Kostenregelung des § 93 ZPO dann nicht, wenn er Anlass zur irrtümlichen Erhebung der Klage gegen den Gemeinschuldner gegeben hatte. Dies ist der Fall, wenn dem Kläger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbekannt geblieben ist, weil der Insolvenzverwalter im Impressum einer Internetseite des Gemeinschuldners den gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 TMG erforderliche Hinweis auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht angebracht hat.

    LG Erfurt, Urteil vom 11.02.2011 - 9 O 1275/10

  • Der Antrag auf Minderheitenschutz ist nur dann zulässig, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass er durch den Plan schlechter gestellt wird. Es ist dabei Aufgabe des Gläubigers, die Schlechterstellung des Plans exakt und substantiiert darzulegen. Anträge, die auf bloßen Vermutungen beruhen, sind deshalb unzulässig. (Leitsatz der Redaktion)

    LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 04.02.2011 - 11 T 10430/10

  • 1. Wenn im Hinblick auf § 302 InsO die Feststellung begehrt wird, dass eine bereits titulierte Unterhaltsforderung auch aufgrund unerlaubter Handlungen des Schuldners besteht, sind für die Feststellungsklage nach § 184 Abs. 2 InsO erstinstanzlich nicht die Familiengerichte sondern die Zivilkammern der Landgerichte bzw. die Zivilabteilungen der Amtsgerichte sachlich zuständig.

    2. Der Streitwert der Feststellungsklage ist nach dem vollen Wert der festzustellenden Forderung zu bestimmen.

    OLG Rostock, Beschluss vom 14.01.2011 - 10 WF 4/11

  • Ein Insolvenzverwalter verletzt die ihm obliegenden Pflichten, wenn er es unterlässt, die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Einspruchsentscheidungen des Finanzamts ordnungsgemäß unter Heranziehung aller verfügbaren Informationen und Unterlagen und unter Berücksichtigung der aktuellen Steuerrechtsprechung zu prüfen und dann eine Klage beim FG einzureichen.

    LG Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2011 - 7 O 193/09

  • 1. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem Antrag, des Schuldners auf Restschuldbefreiung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichtigen einen erneuten Antrag auf Restschuldbefreiung stellt. Nach einer weiteren Entscheidung gilt die dreijährige Sperrfrist, die ab Erlass der Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu laufen beginnt, auch dann, wenn der Schuldner es im Eröffnungsverfahren versäumt hat, auf einen Hinweis des Gerichts rechtzeitig einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Eine dreijährige Sperre für die Erteilung der Restschuldbefreiung greift nach weiteren Entscheidungen auch dann ein, wenn der Schuldner in einem vorausgehenden Insolvenzantragsverfahren zweifelsfrei einen Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 InsO verwirklicht hat, so dass ihm keine Verfahrenskostenstundung gewährt werden konnte.

    2. Diese Grundsätze sind auch auf den Fall der Nichtzahlung der Mindestvergütung an den Treuhänder anwendbar.

    AG Lübeck, Beschluss vom 14.12.2010 - IK 479/10

  • BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - IX ZR 213/09 -



    Pfändet ein Gläubiger den Kassenbestand des Schuldners oder wendet der Schuldner eine sonst unvermeidliche Kassenpfändung durch Zahlung an den anwesenden Vollziehungsbeamten ab, liegt eine Rechtshandlung des Schuldners vor, wenn er zuvor die Kasse in Erwartung des Vollstreckungsversuchs gezielt aufgefüllt hat, um eine Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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