Aufteilung einer bestehenden WEG

  • Mal angenommen besteht ein Doppelhaus aus Gebäude A (auf dem Grundstück A) und Gebäude B (auf dem Grundstück B), die sich eine gemeinsame Mauer teilen und eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bilden. Es gibt in jedem der Gebäude 3 Wohneinheiten, wobei die Eigentümer aufgrund der Teilungserklärung einen Miteigentumsanteil an allen Immobilien entsprechend der Wohnfläche der konkreten Wohnung haben. Bei der WEG beträgt das Stimmverhältnis 53 % (Geb. A) zu 47 % (Geb. B).

    Darüber hinaus hat Herrn E., dem ursprünglich alle Immobilien gehörten und der jetzt nach Veräußerung an Dritter noch Miteigentumsanteil von ca. 15 % (verbunden mit Nutzungsecht an einer Wohnung im Geb. A) hat, Sondernutzungsrecht zum Spitzboden im Obergeschoss der beiden Gebäude und Garten auf Teilen der beiden Grundstücke. Nach der Teilungserklärung sind diese SNR dem Herrn E. „positiv zugeordnet“, die anderen Miteigentümer sind von der Nutzung von Spitzboden und Garten ausgeschlossen und die SNR erlischt erst durch Veräußerung des letzten Miteigentumsanteils von Herrn E. Herr E. wohnt nicht seiner Wohnung, vermietet diese auch nicht und macht von diesen SNR in keiner Weise Gebrauch.

    Die Bewohner des Geb. B möchten sich nun von der gemeinsamen WEG trennen, so dass für jedes der beiden Gebäude eine eigenen WEG zustande kommt. Herr E. und möglicherweise auch die anderen Bewohner der Geb. A sind dagegen.

    1) Wie geht man richtig vor, damit die Bewohner des Geb. B ihr Ziel erreichen, nämlich die Schaffung einer eigenen WEG mit gemeinsamem Miteigentum an Geb. B und Grst. B? Welche Rechtsbehelfe können diese Bewohner gegen einen Beschluss einlegen, der der WEG-Aufteilung nicht einstimmig zustimmt?

    2) Hat Herr E. das Recht, eine finanzielle Entschädigung für den Verzicht auf die SNR (Spitzboden und Garten) im Zuge der Teilung der WEG zu verlangen?

  • Mal angenommen besteht ein Doppelhaus aus Gebäude A (auf dem Grundstück A) und Gebäude B (auf dem Grundstück B), die sich eine gemeinsame Mauer teilen und eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bilden. ...

    Nach § 1 Absatz 4 WEG kann Wohnungseigentum nur an einem Grundstück im Rechtssinn begründet werden. Abgesehen von der nachgenannten Ausnahme ist es daher nicht möglich, dass die Gebäude A und B auf verschiedenen Grundstücken (A und B) stehen und es eine einzige Wohnungseigentümergemeinschaft gibt. Eine Ausnahme bildete die Begründung von Wohnungseigentum vor dem 1.10.1973.

    Wie hier ausgeführt

    tom
    28. April 2023 um 13:51

    ist es zu einer gesetzlichen Vereinigung der Grundstücke gekommen, wenn das Wohnungseigentum an mehreren Grundstücken vor dem 1.10.1973 begründet worden war. Das Gesetz vom 30.07.1973 (BGBl I 910)

    https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl173s0910.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl173s0910.pdf%27%5D__1686649242974

    wurde am 02.08.1973 verkündet, so dass die betreffende Übergangsregelung in Art. 3 Absatz 1 des Gesetzes nach Art.3 § 5 am ersten Tag des zweiten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats, also am 1.10.1973, in Kraft getreten ist.

    Die Übergangsregelung in Art. 3 § 1 des Gesetzes vom 30.07.1973 lautet:

    „(1) Ist vor Inkrafttreten dieses Gesetzes Wohnungs- und Teileigentum in der Weise begründet worden, dass Sondereigentum mit gleich großen Miteigentumsanteilen an mehreren Grundstücken verbunden wurde, gelten die Grundstücke als bei der Anlegung des Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuchs zu einem Grundstück vereinigt.

    (2) Ist das Sondereigentum mit unterschiedlich großen Miteigentumsanteilen an mehreren Grundstücken verbunden worden, gelten die Eigentumsrechte bei der Anlegung des Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuchs als rechtswirksam entstanden, soweit nicht andere, die rechtswirksame Begründung ausschließende Mängel vorliegen.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für Ihre Erklärung!

    Wenn die WEG nach dem 01.10.1973 gegründet wurde, wie lässt sich die gegebene Situation lösen? Sind die einzelnen Beschlüsse der bestehenden WEG oder die Teilungserklärung selbst als Gründungsurkunde von vornherein ungültig? Gerade in der Teilungserklärung ist festgelegt, dass beispielsweise der Bewohner einer Wohnung im Gebäude A einen Miteigentumsanteil X an den Gebäuden A und B und den Grundstücken A und B sowie das Sondernutzungsrecht an seiner Wohnung hat. Ich verstehe, dass es richtig sein sollte, dass dieser Bewohner nur ein Miteigentumsrecht an Gebäude A und Grundstück A mit Sondernutzungsrecht an seiner Wohnung hat. Doch wie lässt sich das erreichen, wenn eine Einigung mit den anderen Miteigentümern nicht möglich ist? Wäre eine Klage auf Aufhebung des Miteigentums der richtige Weg?

  • Wenn nach dem 1.10.1973 gegen die Bestimmung des § 1 Absatz4 WEG verstoßen wurde, dann hat dies die inhaltliche Unzulässigkeit der vorgenommenen Eintragungen zur Folge (Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 28.04.2023, Sonderbereich WEG RN 26). Wird Sondereigentum mit Miteigentumsanteilen an mehreren Grundstücken verbunden, entsteht kein Wohnungseigentum. Insoweit kommt auch kein Gutglaubensschutz nach § 892 BGB in Betracht, da dieser sich nicht auf unzulässige Grundbucheintragungen erstreckt (Armbrüster im Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 15. Auflage 2023, § 3 RN 13 (so schon in der Kommentierung von Armbrüster, Becker, Klein, Merle, Pick, Bärmann zum WEG 11.Auflage von 2010:

    https://beckassets.blob.core.windows.net/product/readingsample/31867/baermann-wohnungseigentumsgesetz-weg-9783406605765.pdf

    Ferner etwa: M. Müller im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.06.2023, § 1 WEG RN 388, § 2 RN 182 (..„die beabsichtigte Aufteilung in Wohnungseigentum bleibt ohne Wirkung. Eine Heilung durch gutgläubigen Erwerb scheidet aus, weil es sich um eine unzulässige Grundbucheintragung handelt“).

    Dabei wird davon ausgegangen, dass bei der Begründung von Wohnungseigentum an mehreren Grundbuchgrundstücken Miteigentumsanteile an mehreren Grundstücken mit dem betreffenden Sondereigentum verbunden werden (siehe den im Beschluss des OLG München vom. 20.09.2011, 34 Wx 373/11

    OLG München, Beschluss vom 20.09.2011 - 34 Wx 373/11
    Sofortige Zurückweisung eines Eintragungsantrags statt fristsetzender Zwischenverfügung bei fehlenden rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung…
    openjur.de

    oder:

    Zurückweisung statt Zwischenverfügung; nicht behebbares Eintragungshindernis (fehlende Grundstücksvereinigung, fehlende Abschreibung eines Grundstücksteils) - DNotI

    genannten Beschluss des BayObLG (2.ZS) vom 20.07.1970 - BReg. 2 Z 21/70 = BayObLGZ 1970, 163 = DNotZ 1970, 602 = JurBüro70, 877.

    Ist eine Eintragung inhaltlich unzulässig, dann ist sie nach § 53 Absatz 1 Satz 2 der Grundbuchordnung von Amts wegen zu löschen.

    Vorliegend wird also das an zwei Grundstücken im Rechtssinn gebildete Wohnungseigentum als inhaltlich unzulässig von Amts wegen zu löschen sein.

    Und wenn es keine auf das einzelne Grundstück bezogenen Stimmrechte gibt, dann werden auch die etwa gefassten Beschlüsse nichtig sein. Das zu beantworten ist aber Frage der Rechtsberatung, die hier im Rechtspflegerforum nicht stattfindet; siehe

    Soll das Wohnungseigentum an den Grundstücken neu begründet werden, sind die hier

    tom
    28. April 2023 um 13:51

    genannten Voraussetzung zu beachten.

    Wie eine solche Neubegründung vorgenommen werden kann, hat Rapp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 1 WEG RN 25a (noch zum WEG a.F. in Bezug auf die Grundstücksteilung) beschrieben („Es handelt sich um einen Auseinandersetzungsvertrag zwischen den Miteigentümern nach Bruchteilen, wobei zur Herstellung der neuen Eigentumsverhältnisse Auflassungen gemäß §§ 873, 925 BGB zu erklären und in das Grundbuch einzutragen sind“).

    Zu beachten ist allerdings, dass es sich tatsächlich um mehrere Grundstücke im Rechtssinn handeln muss, also von Grundstücken, die im Bestandsverzeichnis unter jeweils einer eigenen lfd. Nr. gebucht sind. Das ist dann nicht der Fall, wenn das Grundstück aus verselbstständigten Katasterparzellen besteht. In einem solchen Fall liegt ein einziges Grundstück im Rechtssinne vor (Bärmann/Armbrüster, § 3 WEG RN 15 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!