Rückwirkung von "Kontofreigaben"

  • Hallo zusammen,

    ich habe einige Anfängerfragen zum P-Konto (die Fragen wurden bestimmt schon einmal gestellt. Daher bitte ich vorab um Nachsicht - ich habe in anderen Threads so schnell nichts gefunden):

    Wie ist mit der Problematik "Rückwirkung von Kontofreigaben" bei P-Konten umzugehen? Ich habe dazu zwei aktuelle Fragen und eine grundsätzliche Frage:

    1) Ich habe einen Antrag nach § 906 Abs. 2 ZPO auf Festsetzung eines abweichenden Pfändungsfreibetrages wegen Vorliegens einer Quellenpfändung/Doppelpfändung (also Gehaltspfändung und Kontopfändung) auf den jeweils vom Arbeitgeber überwiesenen Betrag.

    Nachgewiesen ist die Doppelpfändung bereits für den Monat vor Antragstellung (März) und auch für diesen Monat ist die "Freigabe" des Betrages, um den das vom Arbeitgeber überwiesene Gehalt den Sockelbetrag übersteigt, beantragt - also rückwirkend.

    Ich stelle jetzt zunächst einstweilen ein.

    Die Wirkung der einstweiligen Einstellung und ggf. später des Beschlusses über die Festsetzung eines erhöhten Pfändungsfreibetrages kann doch aber nur ex nunc (ab Wirksamkeit der einstweiligen Einstellung) erfolgen, nicht mit Rückwirkung, oder habe ich da einen Denkfehler?

    2) Bei einem weiteren Antrag ist zusätzlich zum Antrag nach § 906 Abs. 2 ZPO (analoge Konstellation: Gehaltspfändung und Kontopfändung; Antrag auch für Monat vor Antragstellung) noch ein Antrag nach § 905 S. 1 ZPO bezüglich eines Erhöhungsbetrages im Sinne des § 902 ZPO gestellt. Es wurde auch glaubhaft gemacht, dass eine Bescheinigung nach § 903 nicht erlangt werden kann.

    Ist die Frage der Rückwirkung bezüglich der Festsetzung nach § 905 S. 1 anders zu beurteilen?

    3) Grundsätzlich:
    Gibt es irgendwo im Gesetz eine Grundlage für eine rückwirkende Festsetzung eines abweichenden Pfändungsfreibetrages?

  • m.E. gilt das gleiche wie immer im Vollstreckungsrecht - ich kann entscheiden so lange die Vollstreckungsmaßnahme nicht beendet ist. Also wenn der drittschuldner noch nicht an den Gläubiger abgeführt hat, entscheide ich auch rückwirkend. Dafür stelle ich ja einstweilen ein und höre an

  • Die Wirkung der einstweiligen Einstellung und ggf. später des Beschlusses über die Festsetzung eines erhöhten Pfändungsfreibetrages kann doch aber nur ex nunc (ab Wirksamkeit der einstweiligen Einstellung) erfolgen, nicht mit Rückwirkung, oder habe ich da einen Denkfehler?

    Denklogisch muss die Erhöhung des Freibetrages stets auch die Gutschriften erfassen können, die vor Antragstellung auf dem Konto eingegangen sind. Denn bevor die Beträge auf dem Konto eingegangen sind, besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Freigabe/Erhöhung.

    Streiten kann man daher m.E. nur über die Gutschriften, bzgl. derer das Zahlungsmoratorium des §900 I ZPO bei Antragstellung bereits abgelaufen war, die der Gläubiger mithin schon auskehren könnte.
    M.E. kann aber auch über den Zeitraum des §900 I ZPO hinaus die Freigabe/Erhöhung beschlossen werden. Insoweit würde ich wie auch Queen in #2 sagen, dass das Rechtsschutzbedürfnis erst dann erlischt, wenn der DS tatsächlich ausgekehrt hat.

    Ist die Frage der Rückwirkung bezüglich der Festsetzung nach § 905 S. 1 anders zu beurteilen?

    Da braucht es keine Rückwirkung.
    Die Beträge aus §902 ZPO sind kraft Gesetzes gar nicht erst von Pfändung erfasst. Die Bescheinigung nach §903/905 ZPO sorgt nur dafür, dass der DS nicht mehr schuldbefreiend an den Gläubiger leisten kann (§903 I ZPO).
    Die Bescheinigung kann daher auch nicht zurückwirken. Das Recht aus §903 I ZPO kann denklogisch nur ex nunc erlöschen.

    Grundsätzlich:
    Gibt es irgendwo im Gesetz eine Grundlage für eine rückwirkende Festsetzung eines abweichenden Pfändungsfreibetrages?

    Ausdrücklich ist dazu meines Wissens nichts geregelt.


  • 3) Grundsätzlich:
    Gibt es irgendwo im Gesetz eine Grundlage für eine rückwirkende Festsetzung eines abweichenden Pfändungsfreibetrages?

    Die Frage ist falsch gestellt. Es steht nirgends im Gesetz das ich den Freibetrag nur für die Zukunft ändern darf. Also geht es auch rückwirkend

  • Danke für die Hinweise auf die Rechtsprechung!

    Wenn ich es richtig verstehe, besagt die Argumentation des BGH, dass keine Bereicherungsansprüche des Gläubigers bestehen, wenn zu einem Zeitpunkt vor Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrages weniger an den Gläubiger abgeführt wurde, als hätte abgeführt werden müssen, wenn es den Festsetzungsbeschluss zu diesem früheren Zeitpunkt schon gegeben hätte - obwohl damals schon dieselbe Sachlage bestand, die dem späteren Beschluss zugrunde lag. Insoweit ist der Festsetzungsbeschluss "konstitutiv" für den pfändungsfreien Betrag, es ist kein nachträglicher Feststellungsbeschluss für einen zurückliegenden Zeitraum möglich.

    Lässt sich daraus aber zwingend schließen, dass der Festsetzungsbeschluss in keiner Weise Rückwirkung entfaltet? Was ist in der Konstellation des § 906 Abs. 2 ZPO , wenn aus dem Zeitraum vor einstweiliger Einstellung noch Guthaben auf dem P-Konto ist, das nach den normalen gesetzlichen Bedingungen an den Gläubiger abgeführt werden müsste, nach Maßgabe des nunmehr festgesetzten Pfändungsfreibetrages aber dem Schuldner belassen werden muss?

    Greift insoweit nicht das obige Argument von Queen #2?

    Anschlussfrage wäre dann, ob dies im Beschluss in dieser Weise - klarstellend - ausgesprochen werden kann/sollte, da es hier zu Problemen bei der Durchführung durch den Drittschuldner kommen kann. Also etwa: "Aus dem Zeitraum vor der einstweiligen Einstellung [soweit dafür die dem Beschluss zugrundeliegenden Voraussetzungen nachgewiesen wurden] noch vorhandenes Guthaben ist nach Maßgabe dieses Beschlusses zu behandeln." Wobei außerdem § 899 Abs. 2 i.V.m. § 906 Abs. 4 gilt.

  • Ich gebe in meinem Beschluss doch immer an ab wann der gilt.

    Also wenn ich z.bsp. entscheide der Freibetrag im Februar beträgt x Euro und der Drittschuldner hat für Februar schon abgeführt, kann er oder der gläubiger ja Beschwerde einlegen

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