Verfügung der befreiten Vorerbin

  • Hallo Leute,
    das leidige Problem entgeltliche Vfg. durch den befreiten Vorerben.
    Die unter Betreuung stehende befreite Vorerbin hat entgeltlich über ein Grundstück durch den Betreuer verfügt. Vormundschaftsgericht hat genehmigt. Begründung für die Höhe des Kaufpreises liegt vor und ist schlüssig.
    Leider habe ich mich trotzdem zur Anhörung der Nacherben entschlossen.
    Ein Nacherbe moniert die Höhe des Kaufpreises und widerspricht der Umschreibung. 1 Ersatznacherbe konnte noch nicht ermittelt werden. Der andere Ersatznacherbe anwortet nicht.
    Meine Frage::gruebel:
    Kann ich nun noch einfach die Umschreibung unter Löschung des Nacherbenvermerks vollziehen? Muss ich evtl. den widersprechenden Nacherben vorher auf seine Rechte hinweisen?
    Im Voraus vielen Dank und ein schönes Wochenende.

  • Die Ersatznacherben wären ohnehin nicht anzuhören gewesen, weil sie auch bei nicht befreiter Vorerbschaft nichts zu sagen hätten (Zustimmung der Nacherben würde genügen).

    Die Anhörung der Nacherben war völlig in Ordnung (und erforderlich), weil die Löschung des Nacherben-vermerks aufgrund Unrichtigkeitsnachweis in Frage steht (Demharter § 51 RdNr.37 m.w.N.).Allerdings hat die Anhörung natürlich nicht zur Folge, dass die Löschung nicht erfolgen kann, wenn ein oder mehrere Nacherben der Löschung widersprechen und das GBA gleichwohl von der vollen Entgeltlichkeit der Verfügung des befreiten Vorerben überzeugt ist.

    Außerdem:

    Die Auflassung an den Erwerber kann natürlich in jedem Fall eingetragen werden, weil der Nacherbe hiervon bei eingetragenem Nacherbenvermerk nicht beeinträchtigt werden kann. Problematisch ist somit alleine die Löschung des Nacherbenvermerks, nicht die Eintragung der Auflassung.

    Ergebnis:

    Die Auflassung ist einzutragen und der Nacherbenvermerk zu löschen, da dem Grundbuchverfahren ein Vorbescheid fremd ist (Demharter § 18 RdNr.1 und § 71 RdNr.18 -jeweils m.w.N.-). Der betreffende Nacherbe mag dann seine Rechte dadurch wahren, dass er im Wege der Beschwerde gegen die Löschung des Nacherbenvermerks (ggf. mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs) vorgeht.

    Die Vollzugsmitteilung an die Nacherben würde ich mit einem Schreiben verbinden, in welchem die Zulässigkeit der Löschung trotz des erhobenen (aber unbegründeten) Widerspruchs eines der Nacherben fundiert erläutert wird.

  • Danke für die schnelle Anwort.
    Das Problem der Ersatznacherben stellt sich, da der eine Nacherbe verstorben ist. Ein Erbnachweis nach diesem liegt aber nicht vor. Nachlassakten sind hier nicht vorhanden.
    Daher: Amtsermittlung der Ersatznacherben nach dem verstorbenen Vorerben und dann Anhörung?

  • Ich stimme juris2112 im Ergebnis zu.

    Aber welchen Sinn hat dann konkret die verlangte Anhörung der Nacherben?? Die Beschwerde gegen die Löschung des Vermerks kann der Nacherbe auch einlegen, wenn er zuvor nicht gehört wurde und durch die Eintragungsmitteilung nunmehr Kenntnis erlangt.

    Wenn ich also eh sicher bin, dass eine entgeltliche Verfügung vorliegt und ich löschen werde, was bringt mir und vor allem dem Nacherben dann die Anhörung?! M.E. nichts!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat Tarzan:

    Das Problem der Ersatznacherben stellt sich, da der eine Vorerbe verstorben ist.

    Das dürfte wohl Nacherbe heißen?

    Wenn nach dem Inhalt des Nacherbenvermerks (bzw. nach dem Inhalt des dem Nacherbenvermerk zugrunde liegenden Erbscheins oder notariellen Testaments) klar ist, dass an die Stelle des verstorbenen Nacherben Ersatznacherben treten, ist es nicht von Belang, von wem der betreffende Nacherbe beerbt wurde. Anzuhören sind in diesem Fall die an die Stelle des verstorbenen Nacherben getretenen Ersatznacherben, weil diese mittlerweile nicht mehr Ersatznacherben, sondern Nacherben sind.

    Ich stimme auch der Auffassung zu, wonach die (Ersatz)Nacherben zum Zwecke der Anhörung zu ermitteln sind. Denn die Anhörungspflicht ist nicht davon abhängig, ob der Anzuhörende namentlich bekannt ist oder erst "gesucht" werden muss.

    Also:

    Anforderung der Nachlassakte nach dem ursprünglichen Erblasser und der Nachlassakte nach dem verstorbenen Nacherben. Wenn die in der Nachlassakte nach dem ursprünglichen Erblasser nicht namentlich benannten Abkömmlinge zu Ersatznacherben berufen sind (was ich vermute), wird sich wohl aus der Nachlassakte des verstorbenen Nacherben ergeben, um welche Abkömmlinge es sich dabei handelt.

    Ansonsten werden wohl auch entsprechende Ermittlungen beim Wohnsitz-, Geburts- oder Sterbestandesamt des verstorbenen Nacherben weiterhelfen. Das kann per Fax hin und her relativ rasch zu den gewünschten Ergebnissen führen.

  • Ulf:

    Ob die Anhörung "etwas bringt", ist nicht entscheidend. Auch im Erbscheinsverfahren muss ich die enterbten gesetzlichen Erbprätendenten zum Erbscheinsantrag des Testamentserben anhören, selbst wenn eine klare und eindeutige Erbeinsetzung vorliegt.

    Bei all diesen Anhörungen geht es somit lediglich darum, dass die anzuhörenden Beteiligten von der beabsichtigten gerichtlichen Entscheidung (hier die Löschung des Nacherbenvermerks, dort die Erbscheinserteilung) im Rechtssinne betroffen sind. Also sind diese Beteiligten anzuhören, und zwar ganz unabhängig davon, ob irgendwelche Bedenken gegen die avisierte gerichtliche Entscheidung ersichtlich sind oder nicht.

  • Ich stimme juris2112 im Ergebnis zu.

    Aber welchen Sinn hat dann konkret die verlangte Anhörung der Nacherben?? Die Beschwerde gegen die Löschung des Vermerks kann der Nacherbe auch einlegen, wenn er zuvor nicht gehört wurde und durch die Eintragungsmitteilung nunmehr Kenntnis erlangt.

    Wenn ich also eh sicher bin, dass eine entgeltliche Verfügung vorliegt und ich löschen werde, was bringt mir und vor allem dem Nacherben dann die Anhörung?! M.E. nichts!



    Die Anhörung hat schon einen Sinn. es könnte ja sein, dass der nacherbe etwas vorträgt, was meinen bisherigen Glauben an eine entgeltliche Verfügung dermaßen erschüttert, dass ich nicht mehr zu dem Schluss komme, dass sie vorliegt.
    Im geschilderten Fall hat natürlich das Vormundschaftsgericht sicherlich schon hinreichend? geprüft.
    Aber das ist ja nicht immer der Fall.
    Meistens habe ich ja nur den kaufvertrag und darin ist irgendwein kaufpreis angegeben.
    Ich gehe dann ja immer zunächst von der entgeltlichkeit aus, sofern mir nichts bekannt ist, was dagegen spricht.
    Das könnten zum beispiel verwandschaftliche oder sonstige enge Beziehungen zwischen Vorerbe und Käufer sein, die diese Annahme erschüttern.

    Hier könnte also ein Nacherbe, der die Verwandschaft sicher etwas besser kennt als ich, mir so etwas mitteilen, so dass ich womöglich doch ein Gutachten zum Wert verlangen darf und muss.

  • Ja gut juris2112, so ganz vergleichbar sind die Fälle - zumindest seit der indirekten Einführung von Vorbescheiden - aber m.E. nicht.

    Kommt es in einem ES-Verfahren zu Streitigkeiten, so ist das NLG gehalten, einen förmlichen Vorbescheid zu erlassen, der dann vom RM-Gericht überprüft werden kann, bevor die abschließende Entscheidung (Erbschein) ergeht.
    Genau an dieser Möglichkeit fehlt es aber im GB-Verfahren, da - wie Du selbst sagst - ein Vorbescheid im GB-Verfahren nicht vorgesehen ist.

    Einem nicht-gehörten Nacherben wird daher kein verfahrensrechtliches Werkzeug vorenthalten, da mit und ohne Anhörung nur die Beschwerde gegen die Löschung gegeben ist.

    Ulf

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  • Ich würde genau entgegengesetzt argumentieren:

    Gerade weil es im Grundbuchverfahren keinen Vorbescheid gibt, muss ich die Nacherben erst recht anhören, bevor ich durch eine Grundbucheintragung vollendete Tatsachen schaffe. Die Beteiligten sind also im Grundbuchverfahren noch schutzwürdiger als in einem Verfahren, in welchem ein Vorbescheid zulässig ist. Ganz abgesehen davon: Im Nachlassverfahren ist dem Erfordernis der Anhörung ja schon durch die Zustellung des Vorbescheids genügt.

  • Zur Klartellung:

    Es geht mir nur um solche Fälle, in denen ich als GBA absolut zweifelsfrei von einer wirksamen entgeltlichen Vorerbenverfügung ausgehe, in denen also das Vorbringen des Vorerben nachvollziehbar, belegt und somit alles wasserdicht ist.
    Der Nacherbe kann in solchen Fällen also bei Anhörung vorbringen was er will und es würde trotzdem gelöscht werden.

    In solchen Fällen hat der Nacherbe nichts von einer Anhörung, da er an der ausstehenden Gerichtsentscheidung ohnehin nichts wird ändern können und er eben auch nicht die Möglichkeit hat, vor Entscheidung RM einzulegen.

    Ulf

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  • Da sind wir uns natürlich völlig einig.

    Gleichwohl ist die Anhörung erforderlich, weil das Gericht nicht anstelle des Beteiligten beurteilen kann, ob er von der eigenen gerichtlichen Entscheidung betroffen ist oder nicht.

  • Ein weiteres Problem ist die "Amtsermittlung" durch das Grundbuchamt wie vorgeschlagen. Dieses wiederstrebt mit doch sehr. Das Grundbuchamt ist kein Detektivbüro.
    Eine evtl. Lösung für die unbekannten "Ersatznacherben" - nunmehr Nacherben - wäre wohl eine Pflegerbestellung für die unbekannten Nacherben. Aber was soll das bringen? Dem Pfleger würde nach Eintragung nur die Nachricht übersandt.

  • Wenn die Anhörung eine Amtspflicht des GBA ist (und sie ist es), dann gilt hierfür selbstverständlich nicht der Antrags- und Beibringungsgrundsatz, sondern das GBA muss von Amts wegen sicherstellen, dass es seine Amtspflichten erfüllen kann.

    Wenn es sich so verhält, dass es sich bei den Nacherben um Abkömmlinge der befreiten Vorerbin handelt, kann ich mir nicht vorstellen, dass die befreite Vorerbin nicht weiß, wo ihre Enkel stecken. Zumindest dürfte ihr der Aufenthalt ihrer Schwiegertochter bekannt sein, der wiederum der Aufenthalt ihrer Kinder bekannt ist. Auch der zweite Nacherbe (wohl der Bruder des verstorbenen Nacherben) kann insoweit sicher zur Aufklärung beitragen.

  • Da sind wir uns natürlich völlig einig.

    Gleichwohl ist die Anhörung erforderlich, weil das Gericht nicht anstelle des Beteiligten beurteilen kann, ob er von der eigenen gerichtlichen Entscheidung betroffen ist oder nicht.


    Okay, okay! Du hast gewonnen! :aufgeb:

    Ulf

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  • Es ist so schon schlimm genug, eine Niederlage eingestehen zu müssen. (Ist Dir klar, dass ich mich deshalb das ganze Wochenende zum :heul: in ein stilles Kämmerlein verkriechen werde!?)
    Aber dann auch noch zu erwarten, dass ich meine Niederlage erläutere... Nee, nee. :maulhalt:

    Ulf

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  • Auch wieder war!

    (Ich frage mich manchmal, wie kann ein einzelner Mann so viel Weisheit besitzen, wie unser juris2112!?) :)

    Ulf

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