Pfändung § 850d ZPO


  • Nein, ich bin jetzt dafür, dass alle Kinder in der selben Altersklasse den selben Betrag erhalten sollen. Also ist von der Höhe der titulierten Forderung auch davon auszugehen dass die übrigen Kinder den gleichen Anspruch geltend machen könnten und somit sollen sie dann auch diesen erhalten bei der Berechnung der pfändbaren Beträge. Diese Entscheidung obliegt dann wohl uns als Vollstreckungsgericht...


    Vergleichszahlen liessen sich z.B. aus dem Mindestunterhaltsrecht und/oder aus der D-Dorfer Tabelle ableiten.

  • Ich stimme zunächst aus dem Bauch heraus Tommy zu, mangels konkreter Anhaltspunkte (die Unterhaltshöhe der naturalunterhaltbeziehenden oder sonst vorhandenen Kinder (mit unbekannter Unterhaltshöhe) betreffend) die sich aus dem SGB-XII ergebenden Beträge anzusetzen und eine Korrektur ggf. im Abänderungsverfahren vorzunehmen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Um dies noch durch Rechtsprechung zu belegen, sei auf den Beschluss des BGH vom 12.12.2003 Az: IXa ZB 225/03 verwiesen. Anstelle BSHG ist nunmehr das SGB XII maßgebend.

    Aus dem dortigen Leitsatz: "Was dem Schuldner für sich und weitere Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat, als Freibetrag verbleiben muß, bestimmt sich ausschließlich nach den Abschnitten 2 und 4 des Bundessozialhilfegesetzes" (BGH, a.a.O.).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)


  • Vergleichszahlen liessen sich z.B. aus dem Mindestunterhaltsrecht und/oder aus der D-Dorfer Tabelle ableiten.



    Ich möchte dringend davor warnen, Vergleichswerte aus einer weiteren Rechtsmaterie einzubeziehen. Vollstreckungsrecht und zwei Sorten Sozialhilferecht reichen schon aus.

    Ein PÜB muss erlassen werden können, ohne dass der Gläubiger Informationen über die Lebenssituation weiterer Beteiligter beibringen muss. Alter der nichtehelichen Kinder und Einkommenshöhe kann beispielsweise die Ehefrau nur über eine Auskunftsklage oder die EV in Erfahrung bringen.

    Wenn man als Messgröße im Beschluss zunächst nur die Beträge aus §850c, Abs 2 nimmt, kommt man zu ganz vernünftigen Werten. Für bis zu 5 Unterhaltspflichten habe ich folgende Werte errechnet:

    Zahl 850c, Abs 2 unpfändbar pro Kopf
    1 370,76 € 370,76 € 370,76 €
    2 206,56 € 577,32 € 288,66 €
    3 206,56 € 783,88 € 261,29 €
    4 206,56 € 990,44 € 247,61 €
    5 206,56 € 1.197,00 € 239,40 €

    Gläubiger und Schuldner können ihre Einwände erheben und dann kann versucht werden, nach Anhörung eine Einzelfallgerechtigkeit herzustellen.

  • Um dies noch durch Rechtsprechung zu belegen, sei auf den Beschluss des BGH vom 12.12.2003 Az: IXa ZB 225/03 verwiesen. Anstelle BSHG ist nunmehr das SGB XII maßgebend.

    Aus dem dortigen Leitsatz: "Was dem Schuldner für sich und weitere Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat, als Freibetrag verbleiben muß, bestimmt sich ausschließlich nach den Abschnitten 2 und 4 des Bundessozialhilfegesetzes" (BGH, a.a.O.).


    Das wäre mir zu dünn (nicht die Begründung, aber der Betrag, der für die Kinder verbleibt: 60 bzw. 80 % (ab 14 J.) der Regelleistung von derzeit 347 €).

  • @ Tommy

    Da ging es aber um § 850f ABs. 1 ZPO.

    Im § 850d Abs. 1 ZPO steht aber:

    Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf...

  • Wenn man die Begründung weiter liest kommt: "Die Bestimmung des § 850f Abs. 1 ZPO steht im Zusammenhang mit der des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO und geht der Regelung in § 850d Abs. 1 Satz 3 ZPO vor..."
    Somit ist diese Entscheidung auch unmittelbar für § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO anwendbar ("Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf", a.a.O.)

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)


  • Also deine Tabelle hab ich noch nicht verinnerlichen können. Klärst mal nen müden Kollegen auf?



  • Aha, sind wir wieder bei dem alten Thema mit den immer noch unterschiedlichen Meinungen:D

  • Hallo Atlan!

    Musst Du natürlich den TExt des 850c dazunehmen, den ich sinngemäß wie folgt zuspitze: der unpfändbare Betrag des Arbeitseinkommens erhöht sich um 370,76 € für die erste und um 206,56 € für jede weitere Unterhaltspflicht.

    Anhand dieser Beträge habe ich errechnet, was denn dann pro Kopf unpfändbar wäre und bin zu den Ergebnissen der letzten Spalte gekommen.

  • Hallo Atlan!

    Musst Du natürlich den TExt des 850c dazunehmen, den ich sinngemäß wie folgt zuspitze: der unpfändbare Betrag des Arbeitseinkommens erhöht sich um 370,76 € für die erste und um 206,56 € für jede weitere Unterhaltspflicht.

    Anhand dieser Beträge habe ich errechnet, was denn dann pro Kopf unpfändbar wäre und bin zu den Ergebnissen der letzten Spalte gekommen.



    Damit hast Du aber nicht die von Erzett gewollte Dynamisierung in # 38 drin weil sich die unpfändbaren Grundbeträge nicht einkommensabhängig erhöhen (was Erzett aber vermutlich gewollt hat).

  • Die Dynamisierung habe ich der Forderung nach präzisen Beträgen geopfert. Die Zwischenwerte bringen im Ergebnis auch nur wenig. Auch ist mir nichts besseres eingefallen, um die Einkommen unter 990 und über xxxx mit in einen Beschluss packen zu können.

    Gut, dass Du auf den Unterschied zwischen 850f und 850d hingewiesen hast. Ich befürchte ansonsten, dass Entscheidungskriterien des 850f vorweggenommen werden. PÜB ohne vorherige Anhörige des Schuldners und Datenerhebung nach 850f schließen einander aus!


  • Gut, dass Du auf den Unterschied zwischen 850f und 850d hingewiesen hast. Ich befürchte ansonsten, dass Entscheidungskriterien des 850f vorweggenommen werden. PÜB ohne vorherige Anhörige des Schuldners und Datenerhebung nach 850f schließen einander aus!

    Das sieht die herrschende Meinung aber genau anders.

    Es ist in Rechtsprechung und Literatur vollkommen unstreitig, dass den tatsächlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der sozialhilferechtlichen Bestimmungen des SGB Rechnung getragen werden muss. Dass dies nur nachträglich der Fall sein kann (und man deshalb zunächst einen groben Anhalt braucht) wird dabei in Kauf genommen. Also bitte nicht die persönliche Minder-Meinung als einzig zutreffende Weisheit hinstellen.

    Hier nur mal auf die Schnelle, was man bei jur*s als Fussnote zu folgender Aussage in einem Beschluss des LG Aschaffenburg (v. 16.04.2007, 4 T 191/06) findet: "Dieser notwendige Unterhalt (Schuldner und Unterhaltsberechtigte) orientiert sich nach den Regelsätzen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt" :
    LG Meiningen 4. Beschluss v. 18.07.2007 4 T 185/07; BGHZ156, 30 (34); BGH, FamRZ 2004, 620 (621); OLG Stuttgart, NZ 2002, 52 (53); LG Köln, FamRZ 2005, 50 (51); LG Koblenz, NJOZ 2004, 3134 (3135); jeweils noch mit Verweis auf das BSHG; LG Berlin, RPfleger 2006, 664; LG Memmingen, FamRZ 2006, 806; LG Mönchengladbach, RPfleger 2006, 270 (271); LG Mönchengladbach, RPfleger 2006, 28; LG Münster, FamRZ 2006, 497; LG Münster, RPfleger 2005, 550; LG Nürnberg-Fürth, FamRZ 2006, 436; LG Kassel, JurBüro 2005, 379f.; LG Stuttgart, FamRZ 2005,1103 (1104); LG Saarbrücken, Beschlufi.vom 27. April 2005 - 5 T 106/05 - zitiert nach juris; AG Göttingen, Beschluss vom 27.07.2006 - 74 IK 108/05 -, BeckRs 2006, 09247; Große-Boymann, FPR 2006,101 (102); Behr, RPfleger 2005, 498 (499); Neugebauer, MDR 2005, 911 (912); Schürmann, FamRZ 2004, 623; Stöber, in: Zöller, ZPO, 26. Auflage, 2007, § 850 d, Rn. 7; Becker, in: Musielak, ZPO-5. Auflage, 2007, § 850d, Rn. 5.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • @ Moosi

    Wenn man das dann so wollte, dann wäre es doch einfacher und für alle verständlicher den unpfändbaren Teil des Einkommens betragsgenau festzusetzen.

  • Das sieht die herrschende Meinung aber genau anders.

    Tommy, bitte bei der Beschlussfassung für den 850d bleiben. Sowohl im ersten Beitrag als auch in der Folge ging es um nichts anderes. In all den Jahrzehnten habe ich bisher nur Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse beantragt und erhalten, in denen nach Kopfzahl gequotelt wurde. Noch nie habe ich vor Beschlussfassung die Aufforderung erhalten, Alter und Bedarf der weiteren Unterhaltsberechtigten zu benennen.

    Den tatsächlichen Gegebenheiten wurde immer nur Rechnung getragen, wenn ein Antrag nach 850f oder 850g vorlag.

  • Hego, darauf zielte mein Vorschlag in #44 ab. Der Rechtspfleger errechnet in Anlehnung an die gesetzlichen Beträge aus 850c Abs. 2 einen unpfändbaren Betrag und setzt ihn in seinen Beschluss ein.

    In Anlehnung an den Vorschlag von Erzett aus #15 / #18 könnte der Beschluss in der Konstellation „Ehefrau pfändet bei zwei nichtehelichen Kindern“ folgenden Wortlaut haben:

    Der dem Schuldner verbleibende unpfändbare Betrag errechnet sich wie folgt:
    Für den Schuldner 750 €. Hinzu kommt für 2 vorrangige Personen ein Betrag von je 261,29 €.

  • Zitat

    Noch nie habe ich vor Beschlussfassung die Aufforderung erhalten, Alter und Bedarf der weiteren Unterhaltsberechtigten zu benennen.


    Zukünftig wird aber genau diese Problematik eine Rolle spielen, weil PfÜB-Anträge in denen Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt gemeinsam gepfändet werden sollen, nicht unbedingt ungewöhnlich oder selten sind.

    Wenn man dann einen richtigen Beschluss machen will, sollte man wissen, auf welcher Grundlage wer und wie zu berücksichtigen ist.
    Also nicht die historische Betrachtungsweise ist gefragt, sondern die nach vorne gerichtete ;).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • @ Tommy

    Die Festsetzungen der dann unpfändbaren Beträge erwarte ich mit großem Interesse.

    Die Messer sind schon gewätzt, Papier für die Erinnerung liegt schon im Drucker, die Beschlüsse können also kommen:cool:

    Rein theoretisch müsste man in so einem Fall zwei unterschiedliche Festsetzungen des unpfändbaren Betrages machen (eine für das Kind und eine für den Ehegatten). Aber ich habe meine Zweifel ob das zulässig ist.

    @ Moosi

    Warum denn so kompliziert ausdrücken, wenn es zum gleichen Ergebnis führt wenn der unpfändbare Betrag auf 1.111,29 € festgesetzt wird. Alles andere interessiert den Drittschuldner nicht und würde dieses mehr verwirren als aufklären. Warum der unpfändbare Betrag so festgesetzt wird, kann man dann gesondert begründen oder ergibt sich aus den vorherigen Angaben des Gläubigers.

  • Zitat

    Noch nie habe ich vor Beschlussfassung die Aufforderung erhalten, Alter und Bedarf der weiteren Unterhaltsberechtigten zu benennen.


    Zukünftig wird aber genau diese Problematik eine Rolle spielen, weil PfÜB-Anträge in denen Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt gemeinsam gepfändet werden sollen, nicht unbedingt ungewöhnlich oder selten sind.

    Wenn man dann einen richtigen Beschluss machen will, sollte man wissen, auf welcher Grundlage wer und wie zu berücksichtigen ist.
    Also nicht die historische Betrachtungsweise ist gefragt, sondern die nach vorne gerichtete ;).



    Genau meine Meinung.

    Und zu moosi: "Hego, darauf zielte mein Vorschlag in #44 ab. Der Rechtspfleger errechnet in Anlehnung an die gesetzlichen Beträge aus 850c Abs. 2 einen unpfändbaren Betrag und setzt ihn in seinen Beschluss ein.

    In Anlehnung an den Vorschlag von Erzett aus #15 / #18 könnte der Beschluss in der Konstellation „Ehefrau pfändet bei zwei nichtehelichen Kindern“ folgenden Wortlaut haben:

    Der dem Schuldner verbleibende unpfändbare Betrag errechnet sich wie folgt:
    Für den Schuldner 750 €. Hinzu kommt für 2 vorrangige Personen ein Betrag von je 261,29 €."

    Dann bist du wieder da wo ich (und erzett?) nicht hin wollten: eine undynamische Festlegung des Unterhaltes.

    Jetzt weiß ich auch wieder warum mir 60 bzw. 80 % der RL SozHi/ALGII zu dünn sind: Die ALG-II-Empfänger bekommen für jeden der Bedarfsgemeinschaft einen Anteil der Wohnungskosten dazu. Der Sockelbetrag nach 850d ist aber nur für den Schuldner gerechnet, bei einer großen Familie mit einer entsprechenden großen Wohnung reicht dieser mit den Unterhaltsleistungen nicht aus, um sie zu unterhalten und auch noch den Lebensunterhalt zu bestreiten. Dort fehlt dann der Teil für die Kosten der Heizung und Unterkunft. Und damit sind 261 € ein wenig zu dünn.

  • Aber Du kannst die gewollte (und auch sinnvolle) dynamisierte Festsetzung nicht auf Kosten der Klarheit machen. Denke bitte daran, dass die Anordnung auch von einem Drittschuldner verstanden werden muss (oder zumindest sollte), der relativ unbedarft ist. Meist wird die bestehende Unsicherheit doch durch Rückfragen bei dem Gläubigervertreter auszuräumen versucht.

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