Unvollständige Verwertung!

  • Hallo! Ich suche gerade eine Lösung für die weitere Verfahrensweise in folgendem Fall:

    Der TH reicht den Schlussbericht ein und bittet um Bestimmung des ST. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Schuldnerin gegen einen (nicht besonders vermögenden) Drittschuldner einen titulierten Anspruch (iHv ca. 10.000,-- EUR) hat. Zur Rückführung war zwischen Schuldner und Drittschuldner eine geringe monatliche Ratenzahlung (80,-- EUR) vereinbart. Sonstiges Vermögen hat die Schuldnerin i.ü. nicht.

    Bislang sind etwa 800,-- EUR aus der Ratenvereinbarung zur Masse geflossen; der TH möchte das Verfahren nun abschließen, da seines Erachtens keine (aktiven)Verwertungshandlungen mehr zu erfolgen haben und das Verfahren schließlich nicht noch 10 Jahre laufen kann.

    Wegen § 196 InsO kann man das Verfahren aber jetzt doch nicht beenden, oder? Habe noch an eine vorbehaltene Nachtragsverteilung gedacht, aber die Zahlungen laufen ja länger als die WVP.

    Ist das Verfahren also noch 10 Jahre fortzuführen und dann im Schlusstermin direkt die RSB zu erteilen? :gruebel:

  • Einige meiner Kollegen und ich hatten auch bereits ähnlich gelagerte Fälle.

    Wir lösen das Problem in den meisten Fällen so, dass der Verwalter angehalten wird, die Forderung gegen den Drittschuldner zu verkaufen und den Erlös zur Masse zu ziehen. Das bringt dann zwar nicht den vollen Wert der Forderung ein, aber macht das Verfahren abschlussreif. Man weiß ja sowieso nicht, ob der Drittschuldner in 10 Jahren noch zahlungsfähig ist.

    Dem Verwalter wird in diesen Fällen mitgeteilt, dass ein Verfahrensabschluss unter den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

    Rein theoretisch müsste das Verfahren solange fortgeführt werden, bis auch die Forderungsverwertung durch Ratenzahlung abgeschlossen ist. Das ist unpraktikabel und nach meiner Ansicht eine Verfahrensverzögerung.
    Auch eine vorbehaltende Nachtragsverteilung ist meines Erachtens nach nicht möglich, da § 203 für diesen Fall eben gerade nicht vorsieht. Der Vermögenswert ist ja bereits bekannt.

    Bisher hat es soweit ich weiß auch immer geklappt und wir konnten unsere Verfahren abschließen.

    LG Maria

  • Ich komme auch nur auf folgende Lösungsansätze:

    1. Forderung verkaufen, wie von Maria vorgeschlagen.

    2. Vergleich mit Debi, dass er einen Einmalbetrag zahlt, der dem entspricht, was bei eigenem InsVerfahren über 6 Jahre rauskommen würde. (Geht natürlich nur, wenn er das Geld für den Vergleich irgendwo herkriegt.)

    3. InsVerf laufen lassen, bis Debi abbezahlt hat oder pleite ist; ggf. 6 Jahre nach Eröffnung vorzeitige RSB (vgl. Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl., § 287 Rz. 49 f.)

    4. InsVerf. abschließen und Forderungseinzug einer Nachtragsverteilung vorbehalten. Dass die Forderung bereits bekannt ist, dürfte der Nachtragsverteilung bzw. deren Vorbehalt nicht entgegenstehen (vgl. Uhlenbruck, § 203 Rz. 5).


  • InsVerf. abschließen und Forderungseinzug einer Nachtragsverteilung vorbehalten. Dass die Forderung bereits bekannt ist, dürfte der Nachtragsverteilung bzw. deren Vorbehalt nicht entgegenstehen (vgl. Uhlenbruck, § 203 Rz. 5).




    Danke für die Antworten! :)

    Die Lösung zu Ziffer 1 finde ich eigentlich am besten.
    Vielleicht ist es ja möglich, dass ein Gläubiger sich die Forderung unter Anrechnung auf seine angemeldete Forderung übertragen lässt.

    Ziffer 4 halte ich eigentlich nicht wirklich für geeignet; nach Beendigung der WVP wird der Schuldnerin doch die RSB erteilt, die TH-Eigenschaft endet und aus den Schulden werden unvollkommene Verbindlichkeiten.
    Darf der TH da wirklich noch Raten einziehen und verteilen, obwohl die Schuldnerin von ihren Restschulden befreit ist. Steht das Geld dann nicht der Schuldnerin zu? :gruebel:

    Hoffe also mal, der TH findet einen Abnehmer für die Forderung, sonst läuft das Verfahren hier wirklich noch 10 Jahre. :eek:

  • Vielleicht ist es ja möglich, dass ein Gläubiger sich die Forderung unter Anrechnung auf seine angemeldete Forderung übertragen lässt.



    Das halte ich nun wieder nicht für möglich: Wenn ich die Möglichkeit zur Mehrung der Aktivmasse dadurch ersetze, dass ich die Passivmasse verringere, bevorzuge ich einen Gläubiger (- der übliche unzulässige Fall, dass nach InsEröffnung ein paar Kleingläubiger ankommen und anbieten, als Ausgleich für ihre Insolvenzforderung Inventargegenstände zu akzeptieren). Sowas dürfte wegen Insolvenzzweckwidrigkeit im Zweifel sogar nichtig sein. Wenn, dann müsste ein Gläubiger, der die Forderung übernimmt, sie offiziell kaufen.

    Zitat von TERRA §

    Ziffer 4 halte ich eigentlich nicht wirklich für geeignet; nach Beendigung der WVP wird der Schuldnerin doch die RSB erteilt, die TH-Eigenschaft endet und aus den Schulden werden unvollkommene Verbindlichkeiten.
    Darf der TH da wirklich noch Raten einziehen und verteilen, obwohl die Schuldnerin von ihren Restschulden befreit ist. Steht das Geld dann nicht der Schuldnerin zu? :gruebel:



    Wenn Nachtragsverteilung angeordnet ist, kann das diesbezüglich zur Verteilung stehende Vermögen nicht an den Schuldner fallen. Die Wirkung der RSB auf die Insolvenzforderungen ist natürlich eine dogmatische Herausforderung. Naturalobligation heißt jedoch nur, dass die Gläubiger wegen der Forderungen nicht mehr gegen den Schuldner vorgehen können; wenn sie gleichwohl etwas bekommen, dürfen sie das behalten. Und die Nachtragsverteilung stellt m.E. einen hinreichenden Rechtsgrund für den IV/TH dar, trotz der Umwandlung der Forderungen in Naturalobligationen noch befreiend an die Gläubiger zu leisten.

    Wenn wir diesen Klimmzug nicht machen, bleibt als Alternative nur, dass trotz Ablauf der 6-Jahresfrist die RSB jedenfalls bis zum Ende des Insolvenzverfahrens aufgeschoben werden müsste und zum einen erscheint mir eine dahingehende Auslegung der maßgeblichen Vorschriften fernliegender als obige Variante, zum anderen wäre das für den Schuldner unbillig (evtl. sogar verfassungswidrig wg. Art. 3 GG), der ja für die Verfahrensdauer im Zweifel nichts kann. Zu bedenken ist insbesondere, dass auch ohne Miniraten-Debi ein Verfahren gern mal über 6 Jahre dauern kann, ohne dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung besteht.


  • Wenn wir diesen Klimmzug nicht machen, bleibt als Alternative nur, dass trotz Ablauf der 6-Jahresfrist die RSB jedenfalls bis zum Ende des Insolvenzverfahrens aufgeschoben werden müsste und zum einen erscheint mir eine dahingehende Auslegung der maßgeblichen Vorschriften fernliegender als obige Variante, zum anderen wäre das für den Schuldner unbillig (evtl. sogar verfassungswidrig wg. Art. 3 GG), der ja für die Verfahrensdauer im Zweifel nichts kann. Zu bedenken ist insbesondere, dass auch ohne Miniraten-Debi ein Verfahren gern mal über 6 Jahre dauern kann, ohne dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung besteht.



    Sehe ich anders. Dem Schuldner kann, obwohl das I -Verfahren noch nicht abgeschlossen ist die RSB erteilt werden. Der Zeitpunkt über die Entscheidung der RSB ist geknüpft an die Dauer der Abtretungserklärung, also wenn es nicht gerade ein Altverfahren ist, die 6 Jahre nach IE.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Sehe ich anders. Dem Schuldner kann, obwohl das I -Verfahren noch nicht abgeschlossen ist die RSB erteilt werden.




    Gibt es dafür eine Fundstelle? :gruebel:
    Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine RSB-Erteilung erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, bzw. im Schlusstermin in Betracht kommt, d.h. wenn i.d.R. alles verwertet wurde.

    Bezogen auf meinen Fall würde ich daher davon ausgehen, dass erst nach Abschluss des Rateneinzuges (also ggf. in zehn Jahren) die Erteilung der RSB für die Schuldnerin in Betracht kommt.

    @ chick: Stimmt, die Übernahme der Forderung durch einen Gläubiger würde diesen natürlich bevorzugen. :oops:
    Bin nur darauf gekommen, weil für den Schlusstermin regelmäßig als Tagesordnungspunkt " Beschlussfassung über die nicht verwertbaren Gegenstände" angeführt wird.
    Das HRP führt hierzu aus, dass unter diesem Punkt im ST die GV etwa die Freigabe der nicht-verwertbaren Gegenstände beschließen könnte, bzw. dass diese Gegenstände einem Gläubiger unter Anrechnung auf seine Forderung überlassen werden.
    Der Unterschied wäre natürlich in diesem Fall, dass die Gläubigerversammlung dem zustimmt und der TH dies icht eigenmächtig beschließt.

    Werde nun also den TH anschreiben mit der Bitte die Masse vollständig zu verwerten, ggf. kann die Schuldnerin ja den Betrag aus der Masse freikaufen (zur Vermeidung der ansonsten überlangen Verfahrensdauer).
    Das hatte ich bislang öfters bei PKW der Schuldner.

    Gäbe es dagegen Bedenken? :gruebel:

  • Dies ergibt sich m.E. zwanglos aus § 300, I InsO, weil dort der Termin zur Anhörung zur RSB fixiert ist. Hierzu vielleicht MüKo § 300 RdNr. 12.

    Es ist natürlich zuzugeben, dass ein solcher Fall etwas exotisch ist und man bei der Änderung zum 1.12.01 keine Divergenzprüfung dahingehend durchgeführt hat, dass eine Änderung von 5/7 Jahre nach Verfahrensaufhebung zu 6 Jahre ab IE Unklarheiten produziert, die in den hiervon betroffenen § nicht oder nur unzureichend ausgeräumt werden. Mit der Änderung zum 1.12.01 sollte ja gerade eine Straffung des Verfahrens und Motivation des Schuldners erreicht werden, welche ansonsten ins Leere laufen würde.

    Die Erteilung der RSB hier würde jedoch nicht bedeuten, dass damit das I-Verfahren beendet ist, insoweit ergäbe sich eine Situation, wie bereits aus KO oder GesO - Zeiten bekannt.

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  • Sehe ich anders. Dem Schuldner kann, obwohl das I -Verfahren noch nicht abgeschlossen ist die RSB erteilt werden. Der Zeitpunkt über die Entscheidung der RSB ist geknüpft an die Dauer der Abtretungserklärung, also wenn es nicht gerade ein Altverfahren ist, die 6 Jahre nach IE.



    Ganz meine Meinung. Mit Darstellung der Alternative in meinem obigen posting sollte aufgezeigt werden, dass die andere vorzugswürdig ist.

    Zitat von Terra §

    Gibt es dafür eine Fundstelle? :gruebel:

    Ja: Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl., § 287 Rz. 49 f. (s.o. posting #3)

    Zitat von Terrra §

    @ chick: Stimmt, die Übernahme der Forderung durch einen Gläubiger würde diesen natürlich bevorzugen. :oops:
    Bin nur darauf gekommen, weil für den Schlusstermin regelmäßig als Tagesordnungspunkt " Beschlussfassung über die nicht verwertbaren Gegenstände" angeführt wird.
    Das HRP führt hierzu aus, dass unter diesem Punkt im ST die GV etwa die Freigabe der nicht-verwertbaren Gegenstände beschließen könnte, bzw. dass diese Gegenstände einem Gläubiger unter Anrechnung auf seine Forderung überlassen werden.
    Der Unterschied wäre natürlich in diesem Fall, dass die Gläubigerversammlung dem zustimmt und der TH dies icht eigenmächtig beschließt.

    Werde nun also den TH anschreiben mit der Bitte die Masse vollständig zu verwerten, ggf. kann die Schuldnerin ja den Betrag aus der Masse freikaufen (zur Vermeidung der ansonsten überlangen Verfahrensdauer).
    Das hatte ich bislang öfters bei PKW der Schuldner.

    Gäbe es dagegen Bedenken? :gruebel:



    Das Problem ist hier m.E., dass der Gegenstand - Forderung - durchaus verwertbar ist, nur die Verwertung eben zu lange dauern würde. Daher halte ich die Freigabe oder Übertragung an einen Gläubiger ohne Gegenleistung für problematisch. Zustimmung durch die Gläubigerversammlung gibt auch keinen Freibrief, denn nach m.E. zutreffender Ansicht schließt auch eine mit Zustimmung der Gläubigerversammlung vorgenommene Handlung die Haftung des IV/TH nicht aus, und im übrigen kann die Gläubigerversammlung die Nichtigkeit einer insolvenzzweckwidrigen Handlung nicht heilen. "Gefahr" für das Gericht i.ü., dass ein nach § 78 Antragsberechtigter nicht einverstanden ist; dann ist der schwarze Peter beim Gericht.:eek:

    Die Alternative, das Verfahren über einen Insolvenzplan abzuschließen, der die Behandlung des nur langfristig verwertbaren Gegenstands rechtswirksam regelt, dürfte i.d.R. zu aufwendig sein.

    Eine Idee wäre natürlich noch, das angesprochene "Freikaufen" durch den Schuldner, im IK-Verfahren über § 314 InsO sogar mehr oder weniger erzwungen. Es wäre allerdings eine ziemliche Schweinerei, einem Schuldner § 314 aufzudrücken, wenn man weiß, dass er keine Mittel zur Ablösung hat - also fairerweise nur auf freiwilliger Basis.

  • Die Alternative, das Verfahren über einen Insolvenzplan abzuschließen, der die Behandlung des nur langfristig verwertbaren Gegenstands rechtswirksam regelt, dürfte i.d.R. zu aufwendig sein.



    Geht nicht:eek: , Planverfahren ist im IK -Verfahren (da oben vom TH die Rede ist) nicht möglich

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