Europäischer Vollstreckungstitel bei Versäumnisurteil im schriftl. Verfahren

  • Hallo zusammen!

    Habt ihr Bedenken einen im schriftlichen Vorverfahren gem. 331 III ZPO ergemes Versäumnisurteil aus diesem Jahre, welches nie bestritte und schon rechtskräftig ist als Europäischen Vollstreckungstitel bescheinigen zu lassen?

    Steht dem evtl. entgegen, dass das VU nur im schriftlichen Verfahren ergangen ist?

    Ist es ferner ggf. ein Hinderniss, dass im Titel ein Betrag in einer nichteuropäischen Währung ($) tituliert ist?

    Was meint ihr?

  • Meine Bedenken ergeben sich aus nachfolgendem Punkt c der EuVTVO:

    Kapitel I - Gegenstand, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen (Art. 1 - 4) ***
    Artikel 3
    Vollstreckungstitel, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden
    (1) Diese Verordnung gilt für Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden über unbestrittene Forderungen.

    Eine Forderung gilt als "unbestritten", wenn

    a) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch einen von einem Gericht gebilligten oder vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossenen Vergleich zugestimmt hat oder
    b) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften des Rechts des Ursprungsmitgliedstaats widersprochen hat oder
    c) der Schuldner zu einer Gerichtsverhandlung über die Forderung nicht erschienen oder dabei nicht vertreten worden ist, nachdem er zuvor im gerichtlichen Verfahren der Forderung widersprochen hatte, sofern ein solches Verhalten nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats als stillschweigendes Zugeständnis der Forderung oder des vom Gläubiger behaupteten Sachverhalts anzusehen ist oder"


    Ich weiss nicht ob punkt c auch versäumnisurteile im schriftlichen Verfahren mit einschliesst.

    Was meint ihr?

    Und die währung?

  • Kann jemand diesen Beitrag ggf. in die Rubrik Zivilrecht verschieben?
    Vielleicht ist meine Frage mehr als "technisches" Problem zu sehen?

    Vielen Dank!

    Verschoben nach Auslandssachen.
    li_li (Mod)

  • stimmt, hab ich garnicht gemerkt.

    Vielen Dank dafür.

    Jetzt muss es nur noch jemanden hier geben, der schon einmal so einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines IM SCHRIFTLICHEN VERFAHREN ergangenen Versäumnisurteils auf dem Tisch hat liegen gehabt.

    Wobei ich mir sicher bin, dass auch ein solcher VU auf Antrag als Europäischer Vollstreckungstitel zu bescheinigen ist.

    Seht ihr ein Problem darin, dass der titulierte Betrag auf einer nichteuropäischen Währung basiert?

  • Ist die Schuldnerpartei eine natürliche Person?
    In welchem Land soll die Zwangsvollstreckung stattfinden?
    Wie erfolgte die Zustellung der Klageschrift?
    Wie erfolgte die Zustellung des Versäumnisurteils?

  • Hallo Rolli,

    Danke fuer deine Antwort:

    Schuldnerin ist eine holländische BV!
    Die ZV soll daher in Holland erfolgen!

    Die Zustellung der Klageschrift erfolgte im Rahmen des angeordneten schriftlichen Vorverfahrens.Sie wurde Anfang des Jahres in Holland zugestellt gem. Art 4 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des europ. Parlaments u. D. Rates v 13.11.07.
    Die Frist zur Verteidigungsanzeige ist verstrichen, eine Bestellung erfolgte nie!

    Die Zustellung des Versäumnisurteils ist denke ich so wie due Klage erfolgt!

    Siehst du die Knackpunkte nicht auch bei der Währung?

  • ach ja, vielleicht auch wichtig.

    Es handelt sich um ein Versäumnisurteil eines deutschen Amtsgerichtes also C Aktenzeichen. Die Forderung die geltend gemacht wurde rührt aus einer Insolvenzanfechtung.

  • Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der VO (EG) Nr. 805/2004, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der VO (EG) Nr. 44/2001 und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, Erwägungsgrund 20 VO (EG) Nr. 805/2004, Art. 27 VO (EG) Nr. 805/2004.

    Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen müssen jedoch u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

    1. fällige Geldforderung;

    2. unbestrittene Forderung;

    3. Vollstreckbarkeit der Forderung im Inland;

    4. Einhaltung der Zuständigkeitsregeln;

    5. Einhaltung der verfahrensrechtl. Mindeststandards;

    6. da es sich bei dem inl. Versäumnisurteil um eine Säunisentscheidung handelt:
    ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an Schuldnerpartei oder Vertreter i. S. d. Art. 13, 14 oder 15 VO (EG) Nr. 805/2004);

    7. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung,

    8. ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die
    Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und über die Rechtsfolgen des Nichtbestreitens.

    9. sofern und soweit es sich bei der Schuldnerpartei um eine natürliche Person handelt und ein Verbraucher ist:
    Wohnsitz der Schuldnerpartei im Inland.

    Sofern und soweit das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht nach Art. 13, 14 oder 15 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt sein sollte, ist u. U. eine Heilung nach Art. 18 VO (EG) Nr. 805/2004 möglich, sofern und soweit das inl. Versäumnisurteil der Schuldnerpartei nach Art. 13 oder 14 VO (EG) Nr. 805/2004 zugestellt worden ist, die Schuldnerpartei keinen Rechtsbehelf eingelegt hat und das inl. Versäumnisurteil rechtskräftig ist.

    Ob letztlich die Voraussetzungen für die Bestätigung des inl. Versäumnisurteils als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen vorliegen, entscheidet insoweit das inländische Gericht.

    Die verbraucherschützenden Vorschriften der VO (EG) Nr. 805/2004 sind im vorl. Fall nicht zu berücksichtigen, da die Schuldnerpartei keine natürliche Person ist.
    Der ausländische Sitz der Schuldnerpartei steht daher der Bestätigung des inl. Versäumnisurteils als Europäischer Vollstreckungstitel nicht entgegen.

    2.
    Dem niederländischen Vollstreckungsorgan sind von der Gläubigerpartei folgende Vollstreckungsunterlagen vorzulegen:

    (vollstr.) Ausfertigung des Versäumnisurteils des inl. Gerichts mit Zustellungsbescheinigung und ggfs. Rechtskraftbescheinigung,
    Ausfertigung der Bestätigung des inl. Gerichts,
    ggfs. Übersetzung der Eintragungen in der Bestätigung in niederländischer Sprache.

    In der Regel ist jedoch die Beifügung einer Übersetzung nicht erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
    Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.

    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
    wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/zv/1/index.php

    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    5 Mal editiert, zuletzt von rolli (28. März 2018 um 23:48)

  • Die Ausfertigung der Bestätigung ist der Schuldnerpartei spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung zuzustellen,
    § 1080 I S. 2 ZPO.

    Die VO (EG) Nr. 805/2004 verlangt dagegen nicht die Zustellung der Ausfertigung der Bestätigung an die Schuldnerpartei.

    Der deutsche Gesetzgeber verlangt nur die Zustellung der Bestätigung des Europäischen Vollstreckungstitels für inländische Titel, vergl. Wortlaut des § 1080 I S. 2 ZPO.

    Das inl. Gericht sollte daher nach Bestätigung der inl. Entscheidung als Europ. Vollstreckungstitel bei der Gläubigerpartei nachfragen, ob die Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei von Amts wegen erfolgen soll (im Regelfall bereits vor der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung) oder erst mit Beginn der Zwangsvollstreckung.
    Im letzteren Falle hätte die Zustellung im Parteibetrieb durch die Gläubigerpartei zu erfolgen.
    Um den Überraschungseffekt der Zwangsvollstreckung zu gewährleisten, könnte aus Sicht der Gläubigerpartei eine gleichzeitige Zustellung mit Beginn der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung sinnvoll sein.

  • danke dir sehr rolle.

    da in der Verordnung als Voraussetzung "fällige Geldforderung" genannt ist ohne jedoch eine oder bestimmte Währungen auszuschließen, denke ich, dass es insoweit keine Probleme geben wird, auch hinsichtlich des schritftlichen VU, denke ich dass es auch keine Probleme geben wird, den rest soll das Gericht entscheiden.

    ich probiers mal. Danke dir sehr

  • 1.
    Das inl. Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren ist vom Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. l805/2004 nicht ausgenommen.
    Dieses kann daher insoweit als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden.

    2.
    In Hinblick auf Art. 4 Zi. 2 VO (EG) Nr. 805/2004 gibt es hinsichtlich der Währung kein Problem;
    im EU-einheitlichen Formblatt (Anhang I VO (EG) Nr. 805/2004) ist insoweit vom inländischen Gericht in Ziffer 5.1 die Währung (Dollar) unter "andere Währung" anzugeben.

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