Weihnachten und Strafaufschub § 456 ?

  • Hallo !

    Ein Vu der zu 1 Jahr und 10 Monaten FS verurteilt wurde, bittet um Strafaufschub bis Ende Dezember, damit er Weihnachten noch mit der Familie verbringen kann... VU ist seit 1 Woche geladen, ZU liegt hier vor.

    M.E. reicht das anstehende Weihnachtsfest als alleiniger Grund nicht für einen Strafaufschub aus - oder ? Auch im Hinblick darauf, daß VU die Ladung am 25.10.2006 erhalten hat und Weihnachten erst in 7 Wochen ist.

    Hat jemand das etwas zu ? Ggf. eine Entscheidung kann in den Kommentaren (ggf. weil die zu alt sind) nichts gescheites finden...

    LG Stefan

  • Habe weder eine Etscheidung noch ne Fundstelle ausm Kommentar bieten, aber meine Meinung.

    Und nach der ist das anstehende Weihnachtsfest kein Grund für einen Aufschub gem § 456 StPO. Denn die Tatsache, Weihnachten ohne Familie zu feiern stellt in meinen Augen keinen erheblichen, außerhalb des Strafzwecks liegenden Nachteil für den VU oder seine Familie dar. Bei einer FS von über einem Jahr ist es nunmal nicht zu vermeiden ggfs. auch Weihnachten in der JVA zu verbringen. Hier in Hessen gibt es regelmäßig einen Erlass zum sog. "Weihnachtsfrieden", d.h. in der Zeit vom 01.12. bis zum 15.01. sollen keine Ladungen erfolgen. Alleine die Existenz dieses Erlasses deutet daraufhin, dass für eine Entscheidung nach § 456 kein Raum ist (denn dann wäre der Erlass ja überflüssig). Wem im Oktober bereits die Ladung zugestellt wird, der muss halt brummen...

  • Gemäß § 456 ist doch ausschlaggebend, dass dem VU oder seine Familie durch den Strafvollzug Nachteile entstehen müssten, die ausser Verhältnis stehen. Das ist hier nicht der Fall. Da hat der VU halt Pech gehab, dass demnächst Weihnachten ist und der Ladungstermin noch kurz davor ist. Wenn er sonst keine Gründe vorträgt, ist mE kein Raum für Strafaufschub.

  • :zustimm: .
    Dieser Erlass gilt nur für die Ldungen u die Weihnachtszeit. Da er schon geladen ist, gibts keinen Aufschub. Er muss einsitzen.
    Es ist auch keine besondere Härte oder ein Nachteil für Ihn oder seine Familie, die/der einen Auschub rechtfertigen würde.

  • Meiner Meinung nach auch kein ausreichender Grund für § 456 StPO! Hätte er sich überlegen sollen, bevor er straffällig geworden ist! Sollte man ihm sagen, dass bei 1J. 10 Mon. definitiv ein weiteres Weihnachtsfest flöten geht? *upss*
    Im übrigen gibt es in Berlin Weihnachten immer Gänsebraten in der JVA. So what...

    P.S.: Glück hätte er nur gehabt, wenn seine Stellungsfrist in Berlin in die Zeit ab 15.12. gefallen wäre. Dann gäbe es "Aufschub" bis 5.1. kraft Weisung der Senatsverwaltung f. Justiz.

  • Der Nächste kommt dann mit dem 1.9. (bald Weihnachten), der Übernexte mit dem 1.7. (Urlaub) und bals gehts das ganze Jahr nicht mehr. Gut, 23.12. muss nicht sein, aber ansonsten hat er halt Pech gehabt.

  • Im vorliegenden Fall wird`s wohl darauf hinauslaufen: Ablehnung Strafaufschub - RM - Gericht hält Ablehnung - weitere Beschwerde - LG lehnt ebenfalls ab. Das dauert mindestens bis Ende des Jahres. De facto Strafaufschub bekommen.
    Fazit: Knackis Wille geschehe.

  • Ist in Bayern in Ziffer 3b) ErgStVollStrO geregelt, dass nur bei Erzwingungs- oder Ordnungshaften oder bei Ersatzfreiheitsstrafen in der Weihnachtszeit keine Vollstreckung erfolgen soll.

    Ablahnung des Strafaufschubs hinausgaben, kurze Frist und dann gleich haftbefehl hinterherschieben, damit kein faktischer Strafaufschub durch beschwerde etc. entsteht.

  • Im vorliegenden Fall wird`s wohl darauf hinauslaufen: Ablehnung Strafaufschub - RM - Gericht hält Ablehnung - weitere Beschwerde - LG lehnt ebenfalls ab. Das dauert mindestens bis Ende des Jahres. De facto Strafaufschub bekommen.
    Fazit: Knackis Wille geschehe.



    Wieso? :gruebel: M.W. hat ein Gesuch um Strafaufschub und der der anschl. RM-Weg keine aufschiebende Wirkung ... so what? Ablehnung Strafaufschub + Erlass HB bei Nichtgestellung --> des Rpfl. Wille geschehe... :D

  • hier in Niedersachsen gibt es auch so einen Erlaß, daß Ladungen für und in der Zeit vom 04.12. bis 04.01. nicht erfolgen sollen und HBs auf das nötigste Maß beschränkt werden. Dies gilt für EHaft / OHaft / ErsatzFS und FS bis zu 6 Monaten.
    Ich halte mich an diesen aber nicht wirklich, da ich ja wegen Weihnachten auch nicht frei bekomme und ich bin kein Straftäter ! Also Ladungen werden auch am 23.12. zugestellt (für 20 Tage EFS) und HBs werden bei einigen dann auch erlassen (bei mir bei FS immer und bei EFS je nach Aktenlage) E und OHaft werden weiter so wie im Rest des Jahres auch behandelt.

    Zu dem Erlaß sei gesagt, daß ein Vu der bereits sitzt ja gern früher entlassen werden kann und die restlichen Tage quasi "erlassen" werden, aber die weiteren, die einfach die Geldstrafe nicht zahlen pp. sollen nur weil Weihnachten keinen Vorteil haben. Aber das ist lediglich meine Meinung, die ich hier aber umsetze !

  • #Olli-Da: Ich jedenfalls mach keine "dicken Arme" in solchen Fällen, aus leidvollen Erfahrungen. Wer weiß schon welchen Tag der Richter bei der Entscheidung erwischt. Neulich mir erst passiert: Strafaufschub durch Richter bewilligt (ohne die StA vorab zu informieren), VB war schon draußen.
    Klar hemmen solche Anträge die Vollstreckung nicht, ich setze mich aber doch nicht selbst unter Druck: wenn er (noch) nicht sitzt, eilt`s auch nicht.

  • ich setze mich aber doch nicht selbst unter Druck: wenn er (noch) nicht sitzt, eilt`s auch nicht.



    hmm, und was ist mit § 2 StrVollstrO : gerade bei Freiheitsstrafen nehme ich die "nachdrückliche Vollstreckung" relativ ernst.

    Wenn ich einen Strafaufschubsantrag ablehne wird weiter vollstreckt, egal ob VU dagegen vorgeht.

  • hmm, und was ist mit § 2 StrVollstrO : gerade bei Freiheitsstrafen nehme ich die "nachdrückliche Vollstreckung" relativ ernst.

    Wenn ich einen Strafaufschubsantrag ablehne wird weiter vollstreckt, egal ob VU dagegen vorgeht.


    :daumenrau
    :zustimm:

  • #Vollstrecker: den Richter interessiert die StVolltrO wenig, er ist nicht an sie gebunden. Ich würde auch gern mit "Nachdruck und Beschleunigung" vollstrecken. Die Erfahrung zeigt aber nun mal, daß Ablehnungsentscheidungen weitere Anträge bis hin zum Gnadengesuch nach sich ziehen; und das bedeutet erst richtig Mehrarbeit. Nö muß unter den gegebenen Umständen wirklich nicht sein.

  • den Richter interessiert die StVolltrO wenig, er ist nicht an sie gebunden.



    Mich als Vollstreckungsbehörde interessiert sie aber. Wenn das Gericht meine Entscheidung aufhebt, oder Gnadenmassnahmen ergriffen werden, muss ich mit den Konsequenzen eben leben. Große Mehrarbeit sehe ich da nicht. VU wird entlassen, verbüßte Haft wird angerechnet.

    Wenn Deine Erfahrungen zeigen, dass das Gericht ablehnende Strafaufschubsentscheidungen ständig ablehnt, kann ich es natürlich verstehen, dass man dann vorsichtig wird.
    Meine eigenen Erfahrungen zeigen aber, dass das Gericht fast nie eine abweichende Entscheidung trifft. Gerade wenn der VU zwischenzeitlich in Haft ist, ist die Begründung des Strafaufschubsantrages in aller Regel weggefallen.

    Noch zu dem Argument der Mehrarbeit (welches m.E. hinter einer konsequenten Rechtsanwendung zurückstehen sollte) :

    Wenn sich rumspricht, dass Anträge auf Strafaufschub in aller Regel zu einer Verzögerung der Vollstreckung führen (wie in Deinem Beispiel dargestellt), ist erst recht Mehrarbeit zu befürchten, weil dann die Verurteilten dann mit entsprechenden Anträgen um sich schmeissen werden.

  • Also ich habe auch stets zügig und nachdrücklich vollstreckt. Tu das bei den Kieddies jetzt auch noch. Habe von anderen BL gehört, fdass dort über die W-Zeit keine Haft-/ VB rausgelassen werden ( laut Anweisung). Dort war es deren Art der W-Amnestie ( Rhleinland-Pflz). Bei uns ( BaWü ) galt das nicht. Ich habe stets geladen und Haft/VB gemacht. Nur ab einem gewissen Zeitraum ( ab 15-20.Dez.) habe ich immer erst auf nach Weihnachten geladen und bei VB ( bei Vollstreckungshaftbefehlen sagt man ja gar nichts dazu/ wird es ausgeschrieben) gebeten, diese Vorführung erst nach den Weihnachtstagen zu tätigen.

  • Da sieht man et wieder, wie unterschiedlich jearbeitet wird! Ick kann Dir aus meiner Praxis sagen, dat et nich mehr Anträge jibbt! Und dat, obwohl wir den Strafaufschub "relativ" locker sehen. Klar muss et nen triftijen Grund jeben. Aber man muss nur mal erwägen, wie dann der Rechtsweg wäre. Der VU stellt dann ein Gnadengesuch, gem. § 5 GnO Berlin tritt Hemmung ein, man hat Schreibkram ohne Ende und schlussendlich hat der VU seinen Aufschub bekommen, auch wenn dat Gnadenjesuch abjelehnt wurde. Also is man da wat jroßzügiger! Im übrigen is mein Arbeitsmotto: Früher oder später kriegen wir alle... naja... fast alle!

    P.S.: Dat heisst jetzt nich, dat ick nich zügig vollstrecke! Ick wäge nur Kosten/Nutzen ab! Im übrigen is dat mit dem Gummi§ 2 StVollstrO so eine Sache!!! Ick könnte Dir da Sachen von unserer GenStA oder den Gerichten erzählen...


  • P.S.: Dat heisst jetzt nich, dat ick nich zügig vollstrecke! Ick wäge nur Kosten/Nutzen ab! Im übrigen is dat mit dem Gummi§ 2 StVollstrO so eine Sache!!! Ick könnte Dir da Sachen von unserer GenStA oder den Gerichten erzählen...



    Dass die GenStA und die Gerichte die nachdrückliche Vollstreckung nicht besonders ernst nehmen, mag ja sein.
    Aber das Argument, dass man sich immer am schlechtesten Beispiel orientiert passt mir irgendwie ebensowenig wie die vermeindliche Mehrarbeit. Die ich, wie gesagt, eh nicht sehe. Mehrkosten sehe ich ebensowenig, aber vielleicht bin ich da betriebsblind ?!

    Bei uns hemmt ein Gnadenantrag aber auch nicht grundsätzlich die Vollstreckung. Dies nur dann, wenn der Dezernent es anordnet. Das passiert aber natürlich auch nur dann, wenn er dem Antrag eh entsprechen will.

    Das wir (fast) alle eh irgendwann bekommen, ist auch wahr. Aber nicht der VU sucht sich einen "Wunschtermin" aus, sondern die Vollstreckungsbehörde.

  • :zustimm: Meine Zeit bei der StA ist zwar schon wieder ein Weilchen her, aber bei uns wurde auch mit viel Nachdruck vollstreckt. Für Strafaufschub musste der VU schon fast mit dem Kopp unterm Arm vorbeikommen. Rechtsmittel sind dazu da, dass sie eingelegt werden und wenn einer meinte, er müsste, dann bitte. Aber von vorneherein zu sagen, ich werd eh aufgehoben, da macht man sich´s ein bisschen leicht ;)

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: ich bin durchaus bekannt dafür, Vollstreckungsverfahren in der Regel auch gegen Widerstände durchzuziehen. Die größten Knüppel, die einem hierbei allerdings zwischen die Beine geschmissen werden, kommen von oben. Wenn ich allein an die Ausuferungen denke, die die diesjährige Weihnachtsamnestie bei uns in BW vorgebracht hat, wird mir übel. Je nach Konstellation fallen hier komplette (Kurz-)Strafen unter den Tisch.
    In Bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafe gibt es in BW seit nunmehr fast zehn Jahren einen Erlaß, wonach die Vollstreckungsbehörde bei Vollzug einer solchen zunächst nur die Hälfte vollstrecken darf; die zweite Hälfte wird de facto auf 1 Jahr zur Bewährung ausgesetzt. Heißt in der Praxis: die meisten werden eh wieder straffällig, das ganze muß widerrufen werden, die ganze Sache geht wieder von vorne los.
    Bei mir hat sich immer mehr der Eindruck verfestigt, daß die Vollziehung von Freiheitsentzhug politisch gar nicht mehr in dem Maße gewollt ist, auch wenn nach außen stets was anderes behauptet wird.

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