Akteneinsicht

  • Moin!
    Der Sohn (Beschäftigter eines Amtsgerichts) des ehemaligen Betreuers und Sohn der Betroffenen beantragt "in Auftrag und mit Vollmacht" seines Vaters Akteneinsicht (Übersendung der Akte an seine Dienststelle) bzgl. seiner verstorbenen Großmutter. Es wird vorgetragen, dass Vater Miterbe geworden ist. Mehr nicht. Reicht auch keine Vollmacht ein o. ä. ein.
    Wie verhalte ich mich jetzt?? Finde die ganze Sache ein bisschen merkwürdig. Das Verfahren ist bei uns seit 1997 weggelegt, da die Betreuung aufgehoben worden ist.
    Danke für schlaue Ideen!

  • Ich sag zu meiner Geschäftsstelle: Da entscheidet mal schön selbst drüber. Akten würde ich prinzipiell nicht rausrücke. Entweder Einsicht auf der G-Stelle oder Kopien. Bei anderen Gerichten oder Behörden drücke ich schon mal ein Auge zu, denn was weg ist ist weg.

  • Das Bundesverfassungsgericht hat 1975 zu Pflegschaftsakten entschieden, daß die Akteneinsicht wegen der darin enthaltenen persönlichen Daten Dritten nur dann gestattet ist, wenn ein berechtigtes Interesse nachgewiesen ist und der Pflegling nicht widerspricht. Die Entscheidung dürfte uneingeschränkt auch auf Betreuungsverfahren anzuwenden sein.
    Eine gute Zusammenfassung zu dem Thema findet sich in dem Aufsatz von Pardey, NJW 1989, S. 1647.

    Sorry, aber wie man etwas verlinkt ist mir als Laie ein Rätsel.

    M.E. reicht damit eine Vollmacht des Sohnes des ehemaligen Betreuers damit nicht aus, er ist als Dritter anzusehen.
    Im übrigen ist das berechtigte Interesse nachzuweisen und nicht nur glaubhaft zu machen, was dem ehemaligen Betreuer schwerfallen dürfte, da er ja noch im Besitz seiner eigenen Unterlagen sein sollte.
    Die Entscheidung obliegt dem Behördenleiter, wie der alte Mann schon festgestellt hat.

  • Der Sohn des Erben der Betreuten ist sicherlich nicht "Dritter", der Sohn des Betreuers aber auf jeden Fall.



    Vielleicht hab ich den Sachverhalt falsch dargestellt: "Großmutter" war Betroffene, deren Sohn war Betreuer und dessen Sohn will jetzt Aktenübersendung an "sein" Gericht, da sein Vater und ehemaliger Betreuer Erbe nach seiner (des Betreuers) verstorbenen Mutter geworden ist. Hm... Ja, so isses.
    Aber ich kann doch die Akte nicht einfach versenden?

  • Natürlich kannst du das, wenn die Vollmacht des Erben an seinen Sohn vorliegt..
    Kannst Sie zur Einsicht über die Geschäftsstelle des anderen Gerichts (rechtshilfegericht) versenden. Kostet den Einsehenden 12€ Versednungspauschale.
    Aber nur bei laufenden (offenen) Verfahren entscheidet der Rpfl. drüber; bei abgeschlossenen ,wegelegten Verfahren machts der Richter!

  • Kleiner Nachsatz:
    Die Entscheidung des BVerfG bezog auch Behörden und sonstige öffentliche Stellen mit ein. Diesen steht in der Regel überhaupt kein Akteneinsichtsrecht zu, was in der Regel zu Unverständnis bei Sozialämtern u.ä. führt. Bei konsequenter Auslegung haben auch Nachlaßgerichte kein Akteneinsichtsrecht, was bei uns zu hellen Begeisterungsstürmen geführt hat.
    Fazit:
    Nur der Betreute hat ein Akteneinsichtsrecht, auch wenn die Akte schon weggelegt sein sollte; der Betreuer nur während des laufenden Verfahrens.

  • Kleiner Nachsatz:
    ...
    Fazit:
    Nur der Betreute hat ein Akteneinsichtsrecht, auch wenn die Akte schon weggelegt sein sollte; der Betreuer nur während des laufenden Verfahrens.



    In meinem Verfahren ist nach Aufhebung der Betreuung die Betroffene irgendwann ja verstorben. Und wenn der (Mit-)Erbe tatsächlich ein rechtliches Interesse hat muss er mir den Erbschein als Nachweis vorlegen? Sorry, stell mich vermutlich sehr doof an, aber ich weiß echt nicht, was geht...

  • Ich muß mein Posting wohl etwas ergänzen. Selbst der Erbschein als Nachweis reicht nicht aus, um eine generelle Akteneinsicht zu gewähren. Insofern hat auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der Betreuten Vorrang.
    Möglich ist lediglich, dem Erben Auszüge der Akte vorzulegen, bspw. das Vermögensverzeichnis.
    Zunächst muß aber das berechtigte Interesse an der - auch nur teilweisen - Akteneinsicht dargelegt werden, vorher geht überhaupt nichts.

  • EditDenke auch das du dich ein bißchen im Kreis drehst:
    Erbe ist Rechtsnachfolger der Betroffenen. Somit hat er (bzw. sein Bevollmächtigter) ein Akteneinsichtsrecht.
    Ob du nen Erbschein als Nachweis der Erbenstellung verlangst ist dir überlassen. Also Entscheide dich einfach irgendwie! :)
    Wenn deine Entscheidung dem Erben nicht passen sollte, kann er sich ja dagegen Beschweren

    Edit: Da es sich hier um ein FGG Verfahren handelt, ist meines Erachtens § 299 ZPO nicht anwendbar. Hier gilt § 34 FGG

  • Jetzt, wenn ich den Sachverhalt sehe, kann wohl Einsicht gewährt werden, natürlich nach § 34 FGG. Vielleicht hilft das weiter:

    BWNotZ 1993, 173-175 (red. Leitsatz und Gründe)

    Einsichtsrecht der gesetzlichen Erben in die den Erblasser betreffenden Pflegschaftsakten


    Orientierungssatz




    1. Die gesetzlichen Erben können beim Tod des Erblassers ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die den Erblasser betreffenden Pflegschaftsakten des Vormundschaftsgerichts haben, wenn die Akteneinsicht zur sachgerechten Wahrnehmung ihrer Interessen im Nachlaßverfahren begehrt wird.

    2. Dem berechtigten Interesse der gesetzlichen Erben an der Akteneinsicht steht der postmortale Persönlichkeitsschutz des Erblassers nicht entgegen.

    3. Das Akteneinsichtsrecht kann nur dann auf einzelne Aktenteile beschränkt werden, wenn ein erhöhtes, das berechtigte Interesse auf Einsicht überwiegendes Geheimhaltungsinteresse bestünde





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  • §34 FGG regelt nicht die fkt. Zuständigkeit, wer für die Gewährung der Akteneinsicht zuständig ist. Hierfür gilt §299 ZPO.
    Die Verweisungsvorschrift im FGG ist mir gerade entfallen.
    Ist die Akte weggelegt, ist der Behördenleiter (bei uns nennt sich das manchmal Gruppenleiter) zuständig, wie bereits der alte Mann zutreffend gepostet hat.

  • Aus gegebenem Anlass muss ich den Thread noch mal hochholen:

    Betreuter ist verstorben, Erbschein liegt vor. Der Erbe will nun die Akte einsehen, Geschäftsstelle fragt mich. Ich habe bei dem Erben keine Bedenken. Er tritt an die Stelle des Betreuten.

    Als ich das später mit meinem Kollegen besprochen habe, meinte der, ich sei nicht zuständig, Akteneinsicht ist Richtersache. Im Keidel finde ich nichts. Ich habe nur in der Kommentierung zu § 34 FGG gefunden, dass § 299 ZPO nicht anzuwenden ist, es ist keine Angelegenheit der Justizverwaltung sondern die Entscheidung wird in richterlicher Unabhängigkeit getroffen. Spricht für Richter.

    Am Rande: Der Erbe möchte die ganze Akte haben, aus welchen Gründen auch immer. Um die Kosten der Kopien zu sparen, wollte er die Akte fotografieren...... Habe ich abgelehnt.

  • Der Erbe hat ein Einsichtsrecht in die gesamten Betreuungsakten.

    Zuständig für die Einsichtsgewährung ist in den ihm übertragenen Angelegenheiten der Rechtspfleger, und zwar auch dann, wenn das Verfahren bereits beendet ist (Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl § 34 RdNr.10 m.w.N.). Da in Betreuungssachen jedoch Richtervorbehalte bestehen und über die Einsicht im Hinblick auf diesbezügliche Vorgänge demzufolge der Richter zu entscheiden hat (KKW/Kahl a.a.O.), wird in praxi oft der Weg beschritten, dass die Akteneinsicht insgesamt vom Richter bewilligt wird.

  • Danke juris, RdNr. 10 habe ich gestern wohl überlesen. Die Praxis in diesen Verfahren, in denen sowohl Richtervorbehalte als Rechtspflegerzuständigkeiten bestehen, die Entscheidung insgesamt dem Richter zu überlassen, entpricht meiner Meinung nach auch § 6 RpflG.

  • "Auch ein Abkömmling des Betroffenen hat grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an einer Einsicht in die Betreuungsakte, wenn diese allein dem Zweck dienen soll, die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht des Betreuers zu überwachen." OLG München, Beschl. 27.07.2007, Rpfleger 2007, 543 ff.

    Aus den Gründen:
    "
    [...]
    Eventuell ihm zustehende Erbansprüche können zu Lebzeiten des Betroffenen und potentiellen Erblasses grundsätzlich kein Akteneinsichtsrecht begründen (Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 34Rn. 17a), ...
    [...]
    Auch die Position als künftiger Alleinerbe auf Grund eines Erbvertrages gibt keinen Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in die Abrechnungen und Vermögensaufstellungen des Betreuers in den Betreuungsakten, ...
    [...]
    Dritte, und zwar auch Abkömmlinge, sind grundsätzlich nicht befugt, Einblick in Vermögensverhältnisse anderer Personen zu nehmen. Soweit ein Antragsteller auf Akteneinsicht den nicht näher begründeten Verdacht äußert, der Betreuer könnte Vermögenswerte der Betroffenen für sich vereinnahmt oder unzulässige Schenkungen an sich selbst vorgenommen haben, geht es ebenfalls nur um mögliche Schadenersatzansprüche der Betroffenen gegen den Betreuer.
    [...]
    ... ist auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass die gerade in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit häufig erforderliche Offenlegung höchstpersönlicher Daten von Verfahrensbeteiligten oft nur dann erreicht werden kann, wenn diese sich auf die grundsätzliche Vertraulichkeit ihrer Angaben verlassen können (Keidel/Kahl Rn. 15c; Knittel Rn. 17).
    [...]
    Der Beteiligten als Pflichtteilsberechtigte ist ein Interesse an Informationen über den Bestand des Nachlasses nach ihrem verstorbenen Vater durchaus zuzugestehen. Hierfür ist aber, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegeben. Es bedarf nicht der mittelbaren Gewinnung von Erkenntnissen auf dem Weg über eine Einsicht in die Betreuungsakte, soweit diese auch ein Nachlassverzeichnis enthält.
    [...]
    Das gilt umso mehr, als die Beteiligte mit der Akteneinsicht zum Zweck des Einblicks in ein dort vorhandenes Nachlassverzeichnis zugleich Informationen erlangen würde, auf die sie keinen Anspruch hätte, wie etwa über die weitere Verwaltung des Nachlasses und des übrigen Vermögens der Betroffenen durch den Betreuer.
    [...]
    Die allgemeine Absicht, bei etwa festgestellten Schädigungen der Betroffenen durch den Betreuer „weitere Schritte im Interesse ihrer Mutter zu veranlassen“, kann nicht zur Einräumung gesetzlich nicht vorgesehener Kontrollrechte führen.
    [...]
    Jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen kann ein solches Informationsinteresse auch nicht mit der Sorge begründet werden, die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs der Beteiligten könne durch Fehlverhalten des Betreuers und eine entsprechende Minderung des Vermögens der Betroffenen möglicherweise beeinträchtigt werden. Abgesehen davon, dass hierfür keine überzeugenden Anhaltspunkte vorgebracht oder anderweitig erkennbar sind, steht hier der Betreuer nicht nur unter der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts nach § 1837 Abs. 2 BGB, sondern es wurde zusätzlich für die Nachlassangelegenheiten nunmehr ein Gegenbetreuer zur Überwachung des Betreuers eingesetzt.
    [...]"

    im übrigen auch hier

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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