§ 4 FamFG Abgabe an das zuständige Gericht

  • Guten Tag (auch wenn erst Mittwoch ist)...

    eine Frage: ich habe einen Fall, bei dem die Eltern eines Minderjährigen zwar die elterliche Sorge noch haben, jedoch ist für das Aufenthaltsbestimmungsrecht ein Pfleger bestellt worden. So hatte es damals das zuständige Familiengericht veranlasst. Nun ist das Kind in unseren Bezirk gezogen und gem. § 152 FamFG liegt die Zuständigkeit ja nun bei unserem Familiengericht.
    Bis dahin alles i.O.
    Nun hat uns die "damals zuständige "Rechtspflegerin angeschrieben, sie möchte das Verfahren an uns abgeben und es soll ein neuer Pfleger in unserem Bezirk bestimmt werden.

    Nun meine Frage: Wie läuft das ganze verfahrenstechnisch ab? Kann ich die Akte wieder zurückschicken und verlangen, dass das "alte" Familiengericht erstmal die alte Pflegschaft aufhebt und in unserem Bezirk einen neuen Pfleger bestimmt,

    oder

    muss ich den ganzen Arbeitsaufwand bewältigen. Gibts da irgendwelche Vorschriften, an die ich mich hängen kann?
    Wie handhabt ihr das ?

  • Nach § 2 Abs. 2 FamFG bleibt die Zuständigkeit des abgebewilligen Gerichts erhalten.

    Ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 4 FamFG vorliegt, sei dahingestellt (ich sehe den grundsätzlich bei Verlegung des Aufenthaltsortes des Mündels nicht), jedenfalls muss auch Übernahmebereitschaft bestehen. Die erkläre ich nur dann, wenn die Akte in sich abgeschlossen ist.

    Allerdings kann das abgebende Gericht schlecht einen Pfleger aus deinem Bezirk aussuchen; von der Bestellung eines neuen Pflegers aus deinem Bezirk würde ich es nicht abhängig machen.

    Weiter sollte dein Richter eingebunden sein, siehe OLG München, ZS Augsburg, Beschluss vom 16.12.2005, 30 WF 374/05 – Rpfl. 5/2006:
    1. Die Auswahl des Pflegers für einen bestimmten Bereich der elterlichen Sorge (hier: Aufenthaltsbestimmungsrecht) nach §§ 1697, 1996 BGB ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 RPflG ausschließlich dem Richter vorbehalten.
    2. Eine Zuweisung nach § 7 RPflG setzt einen formellen, den Verfahrensbeteiligten bekannt zu machenden Beschluss voraus.

    Versuche doch mal diesen Trick und du bist (vorläufig) fein raus.


  • Weiter sollte dein Richter eingebunden sein, siehe OLG München, ZS Augsburg, Beschluss vom 16.12.2005, 30 WF 374/05 – Rpfl. 5/2006:
    1. Die Auswahl des Pflegers für einen bestimmten Bereich der elterlichen Sorge (hier: Aufenthaltsbestimmungsrecht) nach §§ 1697, 1996 BGB ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 RPflG ausschließlich dem Richter vorbehalten.
    2. Eine Zuweisung nach § 7 RPflG setzt einen formellen, den Verfahrensbeteiligten bekannt zu machenden Beschluss voraus.

    Versuche doch mal diesen Trick und du bist (vorläufig) fein raus.

    Sind die o.g. Vorschriften nicht aufgehoben? M.E. dürfte die Entscheidung keine Anwendung mehr finden.
    Bei uns wird es normalerweise so gehandhabt, dass wir das Verfahren nur übernehmen, wenn keine offenen Anträge, z. B. Anregung eines Pflegerwechsels, mehr vorliegen. Der dauerhafte Wechsel des Aufenthalts des Kindes in unseren Bezirk würde uns als wichtiger Grund reichen.
    Wenn also der bisherige Pfleger noch nicht beantragt hat, entlassen zu werden und einen neuen Pfleger zu bestellen, würde ich das Verfahren übernehmen und abwarten, ob ein solcher Antrag überhaupt gestellt wird. Bei einem offenen Antrag würde ich die Akte zunächst zurück schicken.

  • Wenn also der bisherige Pfleger noch nicht beantragt hat, entlassen zu werden und einen neuen Pfleger zu bestellen, würde ich das Verfahren übernehmen und abwarten, ob ein solcher Antrag überhaupt gestellt wird. Bei einem offenen Antrag würde ich die Akte zunächst zurück schicken.


    Eine "Zunächst"-Übernahme oder ein "Zunächst"-Zurückschicken dürfte nicht zulässig sein. Entweder ganz oder gar nicht. Denkbar wären allenfalls Anhörungen / Verpflichtungen im Wege der Rechtshilfe.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • @Katharina:
    Da habe ich nicht darauf geachtet, § 1697 BGB existiert nun wirklich nicht mehr.
    Der aus der Entscheidung ersichtliche Grundsatz, dass bei sensiblen Dingen wie die Aufenthaltsbestimmung der Richter den Pfleger auswählt und auswechselt, dürfte aber nach wie vor Bestand haben.
    Die hiesigen Richter vertreten jedenfalls diese Ansicht.

  • Das OLG München hat leider nicht deutlich zwischen der Entziehung der elterlichen Sorge, für die (soweit es nicht die Vermögenssorge betrifft) nach wie vor ein Richtervorbehalt besteht (jetzt § 14 I Nr. 2 RPflG) und der Anordnung der Pflegschaft (Vormundschaft)/Auswahl der Person des Pflegers unterschieden - für letzteres besteht zweifelsfrei kein Richtervorbehalt (es sei denn, es geht um die Anordnung der Pflegschaft/Vormundschaft für ein ausländisches Kind). Da die Richtervorbehalte eng auszulegen sind, kann hier auch nicht mit besonderer Sensiblität argumentiert werden, man braucht schon eine Rechtsgrundlage. Die Entcheidung des OLG München wurde aber m.E. gut nachvollziehbar mit dem Normzweck von § 1697 begründet, denn dessen Sinn bestand (allein) darin, das Familiengericht in den Fällen, in denen es im Entziehungsverfahren Erkenntnisse über infrage kommende Pfleger-(Vormunds-)Personen gewonnen hatte, in die Lage zu versetzen, die Person auch tatsächlich auswählen zu können. Da der Richter für die Entziehungsentscheidung zuständig war, konnte also auch nur er über solche Erkenntnisse verfügen. Ich meine, diese Intension kommt in der Entschiedung des OLG München auch zum Ausdruck, sodass ihr im Ergebnis gefolgt werden kann. Das Ergebnis ist, dass sich an diesem Grundgedanken trotz Streichung von § 1697 BGB nichts geändert hat. Aber, es gibt gleichwohl (nach wie vor) keinen gesetzlichen Richtervorbehalt für die Anordnung der Vormundschaft und die Auswahl der Person. Diese kann also nur durch Vorlage nach § 5 I Nr. 2 RPflG " begründet werden, weil eine getrennte Bearbeitung von Entziehung und Anordnung der Pflegschaft (Vormundschaft) und die Personenauswahl jedenfalls dann nicht sinnvoll ist, wenn der Richter in seinem Verfahren schon entsprechende Erkenntnisse gewonnen hat (s.o.). So übrigens auch Rellermeyer in Arnold/Meyer-Stolte... RPflG, 7. Aufl. § 14 Rdn. 10), der die Richterzuständigkeit ebenfalls allein auf § 6 RPflG stützt.

    Einmal editiert, zuletzt von Holzwürmchen (17. November 2011 um 08:42)

  • Der aus der Entscheidung ersichtliche Grundsatz, dass bei sensiblen Dingen wie die Aufenthaltsbestimmung der Richter den Pfleger auswählt und auswechselt, dürfte aber nach wie vor Bestand haben.
    Die hiesigen Richter vertreten jedenfalls diese Ansicht.

    Unsere Richter (und auch wir Rechtspfleger hier) nicht.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

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