Eigentümerwohnungsrecht mit Streupflicht für Berechtigten?

  • Eingetragen werden soll für beide Eigentümer gem. § 428 BGB ein Wohnungsrecht (§ 1093) am gesamten Wohngebäude
    (Schutzwürdiges Interesse muss noch dargelegt werden - oder ist dies nicht mehr nötig? Schöner/Stöber, 14.Aufl. RN 1200 verlangt das noch)

    :gruebel:Problem: Als Inhalt ist u.a. vereinbart, dass der Berechtigte "auch die dem Eigentümer obliegenden Kehr- u. Streupflichten wahrzunehmen u. auf Verlangen des Eigentümers einem Unternehmer in der Weise zu übertragen hat, dass der Grundstückseigentümer nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften von der Streupflicht befreit wird, soweit diese das vorsehen."
    Meiner Meinung nach kann dass kein dinglichter Inhalt sein - oder fällt das unter die Unterhaltungspflicht der zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Anlage (=Gebäude) - sh. Schöner/Stöber 14.Aufll, RN 1256?

    Wer kann helfen?

  • Ein Wohnungsrecht kann sich auch auf das gesamte Gebäude beziehen (LG Freiburg, BWNotZ 1974, 85; OLG Zweibrücken, FGPrax 1998, 84 = Rpfleger 1998, 282 = BayObLGZ 1999, 248/250 = NJW-RR 1999, 1691 = Rpfleger 1999, 525; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage 2008 RN 1258 m.w.N. in Fußn. 83).

    Bei der Streupflicht des Dienstbarkeitsberechtigten, die zum Inhalt der Dienstbarkeit gemacht werden soll, müsste aber mE zunächst festgestellt werden, worauf sie sich beziehen soll.

    Die Streupflicht ist Teil der Verkehrssicherungspflicht, die wiederum unter den Begriff der Unterhaltungspflicht aus § 1021 BGB fällt (Münch in juris-pk, BGB 5. Auflage 2012, § 1021 RN 13 m.w.N. in Fußn. 12). Als Teil der Unterhaltungspflicht kann die Verkehrssicherungspflicht zwar (Neben-) Inhalt einer Dienstbarkeit sein, wenn sie eine Maßnahme der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit einer Anlage (hier: Weg) darstellt (BayObLGZ 1990, 8 = NJW-RR 1990, 600; Amann, DNotZ 1989, 531 ff und Anm. zu BGH, DNotI-Report 2/2005, 13 (= DNotZ 2005, 617) in DNotZ 2005, 621 ff, 623/624).

    Auch sind Vereinbarungen über die Unterhaltungspflicht nach § 1021 BGB auch bei einem Wohnungsrecht möglich (OLG Hamm, Beschluss vom 14.12.1995, 15 W 424/95 = MittRhNotK 1996, 225 = OLGR Hamm 1996, 121; zitiert bei juris-pk/Münch § 1021 BGB RN 17 Fußn. 17). Dazu gehören auch Vereinbarungen, die abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 1020 Satz 2 BGB die Unterhaltungsverpflichtung entweder ganz dem Eigentümer des belasteten Grundstücks (§ 1021 Absatz 1 Satz 1 BGB) oder aber (wie vorliegend) -bei dem Recht auf Mitbenutzung der betreffenden Flächen durch den Eigentümer des belasteten Grundstücks- dem Dienstbarkeitsberechtigten auferlegen (Palandt/Bassenge, BGB, 71. Auflage 2012, § 1021 RN 3; Volmer, MittBayNot 2000, 387/388; je mit weit. Nachw.). Das Mitbenutzungsrecht des Eigentümers für die auf dem Grundstück befindlichen Wege ergibt sich vorliegend daraus, dass der Wohnungsberechtigte hieran ebenfalls nur ein Mitbenutzungsrecht hat (§ 1093 Absatz 3 BGB).

    Ich vermute aber, dass sich die Streupflicht nicht auf die auf dem Grundstück befindlichen Wege beschränken soll. In diesem Fall kann sie nur schuldrechtlich vereinbart werden.

    Das OLG Köln führt dazu im Beschluss vom 18.05.1990, Rpfleger 1990, 409 = MittRheinNotK 1990, 219 (dort: Dienstbarkeit zur Gartennutzung) aus:

    „Im Streitfall ist zunächst zweifelhaft, ob der Dienstbarkeitsberechtigte gemäß § 2 Abs. 1 des Notarvertrages die Verkehrssicherung nur in bezug auf die Gartennutzung, also hinsichtlich der von der Gartennutzung ausgehenden Gefahren, übernommen hat oder ob die Parteien darüber hinaus dem Dienstbarkeitsberechtigten die Verkehrssicherungspflicht in bezug auf das Grundstück im allgemeinen übertragen wollten, so daß der Verkehrssicherungspflichtige nicht nur für die von der Gartennutzung ausgehenden Gefahren verantwortlich ist, sondern z.B. auch Reinigungs- und Streupflicht für die Wege entlang der Grundstücksgrenze übernehmen sollte, die mit der Gartennutzung als solcher nichts zu tun haben. Wenn die Vereinbarung der Parteien so zu verstehen ist, daß die Verkehrssicherungspflicht unabhängig von der Gartennutzung allgemein für das Grundstück übernommen wurde, handelt es sich nicht mehr um eine nähere Ausgestaltung der Unterhaltspflicht in bezug auf die Dienstbarkeit, sondern um eine darüber hinaus übernommene Pflicht zu positivem Tun. Die Übernahme solcher – sich nicht unmittelbar aus der Ausübung der Dienstbarkeit ergebender – Pflichten ist nicht eintragungsfähig (BayOblG DNotZ 1988, 569; Soergel/Stürner, a.a.O., § 1018 Rdn. 5 m.w.N.; Amann, DNotZ 1989, 531 (544, 548). Eine über eine Ausübungsregelung hinausgehende freie vertragliche Ausgestaltung ist weder bei der Grunddienstbarkeit noch bei der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit möglich, da dies dem gesetzlich vorgesehenen Typenzwang der dinglichen Rechte widerspricht (vgl. BayObLGZ 1980, 176 (178); Amann, DNotZ 1989, 531 (535). ….“

    p.s. Seit der Entscheidung des BGH zum Eigentümernießbrauch (B. v. 14.07.2011, V ZB 271/10 wird auch eine
    Eigentümerdienstbarkeit ohne Darlegung des berechtigten Interesses für zulässig erachtet (OLG München, B. v. 30.09.2011, 34 Wx 328/11);

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    4 Mal editiert, zuletzt von Prinz (30. April 2012 um 07:37) aus folgendem Grund: Fundstelle im Palandt ergänzt

  • Leider verspätet, aber doch ganz herzlichen Dank an Prinz für die sehr ausführliche Antwort und die hilfreichen Fundstellen.
    Das hat mir sehr geholfen!

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