Zustellung von notariellen Urkunden ins Ausland

  • Hallo,
    folgender Fall:
    Notar hat sein Amtssitz in Solingen und hat eine Grundschuldbestellungsurkunde für ein Grundstück in Wuppertal aufgenommen.
    Nun will eine Bank aus Wuppertal, dass ich die Urkunde nach Großbritannien schicke....Welches Gericht ist nun für die Übersendung zuständig? Mein Kollege meinte Sitz des Notars? Richtig?

  • Ja.
    Die Zustellung erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007, vergl. Länderteil der ZRHO.
    Nach dem Länderteil der ZRHO ist die unmittelbare Zustellung in England, Wales und Nordirland unzulässig.
    Nur in Schottland und Gibraltar kann die Zutellung insoweit direkt von der Gläubigerpartei veranlaßt werden (direkte Beauftragung des englischen Zustellungsbeamten durch die Gläubigerpartei).

    Sofern die Gläubigerpartei die Zustellung durch das Amtsgericht begehrt bzw. nur die Amtszustellung zulässig ist (England, Wales, Nordirland), gilt folgendes:

    Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich gem. §§ 1069 ZPO, 36 II ZRHO (Amtsgericht am Sitz des Notars).

    Die Zustellung erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007, vergl. Länderteil der ZRHO.

    Die Zustellung kann erfolgen durch:
    a) unmittelbare Postzustellung mit EgR - international - gem. §§ 183 I, 1068 I, 1069 I Zi. 1 ZPO, Art. 14 VO (EG) Nr. 1393/2007
    oder
    b) Zustellungsantrag des inl. Gerichts an die zuständige britische Empfangsstelle gem. §§ 183 I, 1069 I ZPO, Art. 4 VO (EG) Nr. 1393/2007.

    Die Beifügung der Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten ist entbehrlich, da in dem Verfahren in der Regel keine weiteren Zustellungen erforderlich sind.

    Die Beifügung eines Belehrungsvordrucks (Vordruck ZRH 6) zum Zustellungsantrag ist nicht mehr erforderlich, da die VO (EG) Nr. 1393/2007 nur noch eine Belehrung durch die ausl. Empfangsstelle vorsieht, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007);
    der Vordruck ZRH 6 ist daher mit Inkrafttreten der vorgenannten VO insoweit ersatzlos weggefallen.

    Nur im Fall der unmittelbaren Postzustellung mit Einschreiben gegen Rückschein - international - ist weiterhin eine Belehrung durch das inl. Gericht erforderlich;
    in diesem Fall ist der EU-einheitliche Belehrungsvordruck (Formblatt in Anhang II der Verordnung ("Belehrung des Empfängers über sein Annahmeverweigerungsrecht")) beizufügen, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007, § 48 II ZRHO beizufügen.

    Für den Zustellungsantrag ist das EU-einheitliche Formblatt (Formblatt in Anhang I der Verordnung ("Antrag auf Zustellung von Schriftstücken")) zu verwenden;
    im Zustellungantrag ist u. a. anzugeben:
    Zustellungsart (in der Regel ist Ziffer 5.1 anzukreuzen (gemäß den niederländischen Rechtsvorschriften),
    Art des zuzustellenden Schriftstücks: ("außergerichtlich") ist in Ziffer 6.1.2 anzukreuzen;
    Originalsprache der Schriftstücke: ("DE" ist in Ziffer 6.3.1 fett zu markieren),
    ggfs. Übersetzung: (betr. Sprache, z. B. "EN" ist in 6.3.2 fett zu markieren)
    Anzahl der Anlagen (Zi. 6.4 des Formblatts),
    Rücksendung des Zweitstücks der zuzustellenden Schriftstücke zusammen mit der Zustellungsbescheinigung: (in der Regel "Nein" in Ziffer 7.2 ankreuzen).

    Das EU-einheitliche Formblatt wird dabei mit Hilfe des Gerichtsatlas für Zivilsachen in die englische Sprache übersetzt:
    http://ec.europa.eu/justice_home/j…forms_uk_de.htm

    Nach dem Länderteil der ZRHO kann der Zustellungsantrag in deutscher Sprache ausgefüllt werden;
    eine Übersetzung der Eintragungen im Zustellungsantrag in die englische Sprache ist daher nicht erforderlich.
    Zweckmäßigerweise wird bei dem Zustellungsantrag das EU-einheitliche Formblatt in englischer Sprache benutzt (s. Europäischer Gerichtsatlas für Zivilsachen).

    Die VO (EG) Nr. 1393/2007 verlangt nicht zwingend die Beifügung von Übersetzungen;
    der Zustellungsempfänger hat jedoch u. U. ein Annahmeverweigerungsrecht aufgrund der verwendeten Sprache.

    Vor Ausführung der Zustellung ist daher bei der Gläubigerpartei nachzufragen, ob erwartet werden kann, dass die Schuldnerpartei die deutsche Sprache versteht und ob aus Kostengründen auf die Beifügung von Übersetzungen verzichtet wird - ggfs. mit dem Risiko der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache.

    Im Falle der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache entscheidet der zuständige Sachbearbeiter (Richter) über das Annahmeverweigerungsrecht der Schuldnerpartei.

  • Hallo!

    Ich hänge mich hier mal dran.
    Ich habe eine notarielle Urkunde (vollstreckbare Ausfertigung) über eine Grundschuldbestellung. Das Grundstück liegt in meinem Bezirk der Notar jedoch nicht.
    Zugestellt werden soll nach Österreich. Kleine Besonderheit bei mir noch: Sowohl die Bank, die nun aus der Grundschuld vollstrecken will, als eben auch der Schuldner wohnen in Österreich.

    Dem oben geschriebenen folgend wäre dann erstmal gem. §§ 1069 ZPO, 36 II ZRHO das Amtsgericht am Sitz des Notars zuständig oder?

    Ändert sich daran etwas wenn die Beteiligten wie oben beschrieben alle in Österreich wohnen und evtl. auch bei einem österreichischen Gericht zustellen lassen könnten?
    Ich möchte die Akte ungern an das Gericht in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat abgeben obwohl dieses doch nicht zuständig ist :)

    "If you want to know what a man's like, take a good look at how he treats his inferiors, not his equals."
    - Sirius Black / J. K. Rowling -

  • 1.
    Das Amtsgericht am Sitz der Gläubigerpartei oder am Sitz des Notars ist für die Zustellung zuständig.
    Die Gläubigerpartei hat insoweit das Wahlrecht.

    2.
    Die Gläubigerpartei kann die notarielle Urkunde nicht unmittelbar durch den österreichischen Gerichtsvollzieher in Österreich zustellen lassen;
    nach dem Länderteil der ZRHO (Rechtshilfeordnung für Zivilsachen) ist eine unmittelbare Parteizustellung in Österreich unzulässig.

    3.
    Da es sich um eine deutsche Urkunde handelt, wird ein österreichisches Gericht die Urkunde nicht zustellen, auch wenn alle Verfahrensbeteiligten ihren Sitz/Wohnsitz in Österreich haben.
    In einem derartigen Fall würde die Zustellung von Amtsgericht am Sitz des beurkundenden Notars veranlasst.

  • Mir liegt nun ein sehr ähnlicher Antrag vor.
    Nach unserem GVP ist für die ausgehenden Ersuchen die SE und nur für die eingehenden der RPfl zuständig.

    M. E. dürfte es keinen Unterschied machen, ob nun ein gerichtliches Schriftstück zugestellt wird oder eine notarielle Urkunde, sodass ich mich erstmal nicht für zuständig erachte :).

    Oder kennt ihr noch eine mir nicht bekannte Vorschrift, die in diesem Fall die zwingende Zuständigkeit des Rechtspflegers regelt?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!