Änderungsvollmacht für Notariatsangestellte

  • So kurz vor dem Wochenende möchte ich noch ein Problem loswerden:
    Es wurde ein Kaufvertrag betr. Veräußerung eines Hausgrundstücks abgeschlossen einschließlich Auflassung und Belastungsvollmacht für den Erwerber. Im Kaufvertrag heißt es wörtlich unter der Überschrift § 9 Vollzug: Die Beteiligten bevollmächtigen weiterhin die Angestellten an der Notarstelle -die die Amtsinhaberin ihrerseits zu bezeichnen bevollmächtigt wird - je einzeln und befreit von § 181 BGB, alles zur Durchführung, Ergänzung oder Änderung dieses Vertrages zu erklären, zu bewilligen und zu beantragen, auch was zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich ist. Den Beteiligten fiel nachträglich auf, dass zu dem Objekt auch noch in zwei weiteren Blättern eingetragene Miteigentumsanteile der Veräußerer an Verkehrsflächen gehören. Eine Notariatsangestellte hat aufgrund der obigen Vollmacht dann in einer Änderungsurkunde eine Ergänzung des Kaufvertrages einschließlich Auflassung sowie der Ergänzung der Belastungsvollmacht erklärt. Die Finanzierungsgrundschuld wurde durch den Erwerber auch auf den Miteigentumsanteilen aufgrund der Vollmachten bestellt Den Eintragungsantrag habe ich mit Hinweis auf OLG München in DNotZ 2013, 139 ff beanstandet und die Genehmigung des Veräußerers gefordert. Der Notar ist der Meinung, es handele sich nicht um eine Vollzugsvollmacht, sondern eine generelle Änderungsvollmacht und verweist auf eine Kommentierung in Basty, Bauträgervertrag. Ich habe jetzt noch die Entscheidung des OLG Sachsen-Anhalt -11 Wx 13/02 - über juris gefunden und möchte bei meiner Meinung bleiben. Was meint Ihr??

  • Sehe ich auch so.

    Die einer Notariatsangestellten im Kaufvertrag erteilte Vollzugsvollmacht bezieht sich auf das dort genannte Objekt, ermächtigt mithin die Vollmachtnehmerin nicht dazu, ohne Mitwirkung des Vollmachtgebers den Gegenstand der ihr erteilten Vollmacht festzustellen. Siehe

    -BGH, Urteil vom 17. 5. 2002 - V ZR 149/01 = DNotZ 2002, 866/867: „Die in der Urkunde vom 29. 3. 1994 erteilte Vollmacht berechtigte M. nur zur Vertretung des Klägers, soweit Hindernisse formeller Art, die dem Vollzug des Kaufvertrages entgegenstanden, beseitigt werden sollten, nicht aber zur Änderung einer Hauptleistungspflicht aus dem Kaufvertrag.“;

    -oder OLG Celle, B. v. 03.11.2009, 4 W 163/09; BeckRS 2009 86280): „Denn die Vollmacht bezieht sich nur auf die verfahrensrechtliche Durchführung einer den Vertragsparteien vorbehaltenen Änderung des Vertrages. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vollmacht auch die Änderung des Vertrages selbst umfassen sollte“

    Auch eine Vollmacht, die im Außenverhältnis zu unbeschränkten Handlungen ermächtigt, bezieht sich lediglich auf die Erwerbsmodalitäten und kann nicht den Vollmachtsgegenstand erweitern, s.

    -SchlHOLG, Rpfleger 1996, 402/403 = BeckRS 1996, 04003: „Dafür, dass die Bevollmächtigten berechtigt sein sollten, die im einzelnen angeführten Befugnisse auch hinsichtlich sonstiger Vermögensgegenstände der Verkäuferin auszuüben und die Käufer insoweit zu verpflichten, besteht keinerlei Anhalt. Im vorletzten Satz des § 6 ist für die Befugnisse der Bevollmächtigten sogar ausdrücklich auf den Erwerb des "Kaufgegenstandes" unter Berücksichtigung des Vertrags Bezug genommen worden. Die Anordnung im nächsten (letzten) Satz, dass diese Beschränkung im Außenverhältnis nicht gelte, bezieht sich als nächstliegende Bedeutung nur auf die Erwerbsmodalitäten, nicht jedoch auf den Begriff des Kaufgegenstands selbst.

    In die gleiche Richtung gehen die von Dir zitierten Entscheidungen des

    -OLG Naumburg vom 22.07.2003, 11 Wx 13/02 = BeckRS 2003 30323938: „Die dem Notariatsangestellten in § 6 des Vertrages vom 13. Dezember 1991 erteilte Vollmacht ist nach ihrem Wortlaut umfassend und berechtigt zu Vertragsänderungen und hierauf beruhenden Grundbucherklärungen. Einschränkungen erfährt sie allerdings durch ihren, § 6 überschreibenden Zweck, nämlich die Abwicklung des Vertrages. Die Abwicklung des Geschäfts ist auf die Übertragung des Kaufgegenstandes und den beabsichtigten Leistungsaustausch und nicht auf gänzliche, einer Neuvornahme gleich kommende Modifizierungen gerichtet.“

    -und des OLG München, 34. Zivilsenat, Beschluss vom 18.10.2012, 34 Wx 358/12:
    „Die Bevollmächtigten sollen rechtlich in der Lage sein, zu dem Vertrag "weitere" Erklärungen abzugeben, wobei das Wort "weitere" auf das konkrete Geschäft als Rahmen Bezug nimmt. ….. Nur in diesem Rahmen ist die Vollmacht - zweifelsfrei - unbeschränkt gegenüber Grundbuchamt, Behörden oder Dritten..“

    Davon abgesehen müsste eine solche Vollmacht zum einen den Bestimmheitsanforderungen entsprechen und zum anderen für den Vollmachtgeber zumutbar sein (§ 308 Nr. 4 BGB; vgl. die zahlreichen Nachweise in der Abhandlung von Böttcher, ZNotP 8/2007, 298 ff, 302, Fußn. 41).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • s. a. OLG Naumburg 12. Zivilsenat, Beschluss vom 01.03.2018, 12 Wx 49/17:
    http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal…true#focuspoint

    Sind Notariatsmitarbeiter im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag zur Abgabe von Erklärungen, Bewilligungen und Anträgen zur Ergänzung oder Änderung des Vertrages, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen zweckdienlich sind, bevollmächtigt, ermächtigt dies jene nicht, den Vertragsgegenstand insofern zu berichtigen, als nun ein Flurstück auch als Kaufgegenstand bezeichnet wird, das gar nicht Gegenstand des Kaufvertrages war.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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