Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren/GG

  • Hallo,

    Gegenseite hat Klage über 5000 € eingereicht ohne die angefallene Geschäftsgebühr als Nebenforderung.
    Urteil dann Zahlung 5000€ und Kostenauferlegung.

    So nun kam der Kostenfestsetzungsantrag: 1,3 GG
    1,3 VG
    abzüglich Anrechnung -0,65 GG

    Wir legten dann Beschwerde ein, da die GG nicht im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden kann.
    Das Landgericht hat nun auch die Beschwerde zurückgewiesen. Begründung: Soweit der Beklagte meint, dass eine GG nach 2300 VV im Rahmen der Kostenfestsetzung gar nicht geltend gemacht werden darf, ist dies nicht zutreffend. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sie gar nicht entstanden wäre. Ich steh da gerade auf dem Schlauch, denn die Klägerseite hätte doch die GG mit einklagen müssen, dann hätte sie im Kostenfestsetzungsverfahren die 1,3 VG abzüglich Anrechnung beantragen können. Doch so kann sie doch nur die 1,3 VG ohne Anrechnung geltend machen.:gruebel:

  • Die GG ist nicht festsetzungsfähig. Habe ich vorhin noch in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl gelesen, kann die konkrete Fundstelle jetzt aber nicht angeben. Der Rechtspfleger kann nicht beurteilen, ob und in welcher Höhe die GG entstanden und erstattungsfähig ist.
    Mit der konkreten Fundstelle kann sicher Bolleff aushelfen :D

  • Mit der konkreten Fundstelle kann sicher Bolleff aushelfen :D


    Ach, ihr seid doch Knallköppe, ihr! :D

    Na gut, hier ist sie (zur Nichtfestsetzbarkeit der GG): Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, 22. Aufl. 2015, Anh. XIII Rn. 70 mit Verweis auf BGH, JurBüro 2005, 261 = Rpfleger 2005, 279; OLG Koblenz, AnwBl 2005, 435 = FamRZ 2006, 217 = JurBüro 2005, 313; LAG Hamburg, AGS 2006, 449 = RVGreport 2006, 340 m. zust. Anm. Hansens.

    Bezüglich des BGH ab Seite 6 -> « Klick mich »

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  • Dann ist wohl "Schicht im Schacht" und so ein gebührenrechtlicher "Wahnsinn" erwächst in Rechtskraft. Eine Nichtzulassungsbeschwerde bezüglich der Rechtsbeschwerde gibt's nicht.

    Einzige Möglichkeit, das Ding aus der Welt zu schaffen, wäre wohl nur, wenn ein Grundrechtsverstoß vorläge. Bei Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG würde § 321a ZPO greifen, bei anderen Grundrechtsverstößen die Gegenvorstellung, die aber auch innerhalb der 2-wöchigen Frist erhoben werden müßte.

    Du könntest die Gegenvorstellung ggf. mit dem Willkürverbot versuchen zu begründen. Nach st. Rspr. des BVerfG verstoßen gerichtliche Entscheidungen allerdings nicht bereits dann gegen das Willkürverbot, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthält oder von der herrschenden Rechtsprechung abweicht. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt der Norm in krasser Weise missdeutet wird und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 18, 85, 93; 80, 48, 51; 87, 278, 278 f.; 96, 189, 203). Insofern ist ggf. der Inhalt von § 103 Abs. 1 ZPO "in krasser Weise missdeutet" worden, weil es sich bei der außergerichtlicher Geschäftsgebühr gerade nicht um (festsetzbare) Prozeßkosten handelt. Rechtsanwaltsgebühren sind nur insoweit Prozesskosten, als sie eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergüten.

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  • Gegenseite hat Klage über 5000 € eingereicht ohne die angefallene Geschäftsgebühr als Nebenforderung.

    ... (prozessuale Brinborium gelöscht)


    Also mal ganz zurück auf Start:
    a) richtig, die GG hätte nicht festgesetzt werden dürfen
    b) aber wem geschieht dadurch ein Unrecht? Du schrebst doch selbst, dass die Geschäftsgebühr angefallen ist.

    Also haben sich hier zwei Fehler ausnahmsweise mal ausgeglichen: Es war ein Fehler der Gegenseite, die GG nicht einzuklagen und es war ein Fehler der Justiz, sie gleichwohl festzusetzen. Und - oh Wunder der Vorweihnachtszeit - es kommt das richtige Ergebnis heraus. Derjenige, der zu zahlen hat, muss zahlen und das auch noch in zutreffender Höhe.

    Und deswegen könnt ihr Euch sowohl den § 321a ZPO wie auch eine Verfassungsbeschwerde sparen. Beides dient - in der hier vorluegenden Knstellation - im Kern dazu, materielles nicht hinnehmbares Unrecht zu korrigieren und verwendet dazu den Verstoß gegen formelles Recht als Hebel um zum materiell richtigen Ergebnis zu kommen. Hier ist das materiell richtige Ergebnis aber bereits eingetreten. Eine Korrektur würde daher zwar das formelle Unrecht beseitigen, den materiellen Ergebnisgehalt aber nur verschlechtern. Möglicherweise war das der - nicht geschriebene, aber wahre - Grund dafür, dass das LG die Beschwerde zurückgewiesen hat.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Kann natürlich sein, aber im konkreten Fall war sie angefallen und das Urteil lautete gegen die Beklagten, so habe ich die Ausgangsschilderung jedenfalls verstanden. Liegt also nicht ganz fern, dass sie auch geschuldet war.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Und - oh Wunder der Vorweihnachtszeit - es kommt das richtige Ergebnis heraus. Derjenige, der zu zahlen hat, muss zahlen und das auch noch in zutreffender Höhe.

    Könnte es nicht sogar sein, dass die Beklagten die GG gar nicht schulden?

    Das war auch mein Gedanke, als ich AndreasH zuerst las. Wieso bist Du Dir da so sicher, AndreasH?

    Es könnten ja durchaus Gründe gegeben haben, wieso der RA diese Kosten nicht eingeklagt hat bzw. der Gegner sie trotz Unterliegens im Rechtsstreit nicht zu tragen hat. Beispiel aus der Praxis (was mir übrigens schon öfters über den Weg gelaufen ist): Es ist unstreitig eine GG entstanden, sie ist aber nicht als Verzugsschaden vom Gegner zu erstatten. Die RA-Kosten sind vor Eintritt des Verzuges entstanden und können daher keinen Verzugsschaden begründen (z. B.: Mahnung des RA führte überhaupt erst zum Verzug des Gegners).

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  • Liegt also nicht ganz fern, dass sie auch geschuldet war.


    M. E. (s. Vorbeitrag) liegt es nicht fern(er), als wenn gar keine materielle Erstattungspflicht bestand.

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  • Siehe oben. Ich streite ja nicht ab, dass es auch anders denkbar ist, s.o.

    Wenn ich mir allerdings über 90% der bei mir eingehenden Klagen ansehe, dann scheint das eine eher gering einzustufende Minderheitsmeinung in der Anwaltschaft zu sein (ich sage damit ausdrücklich nicht, dass jeder Anwalt damit auch recht hat, u.a. wegen der von Bolleff genannten Fallvariation).:D

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich möchte noch mal nachlegen, um den vielleicht etwas flapsigen Gedankengang oben gerade zu ziehen.

    Bei 80-90% der Klagen an denen etwas dran ist (von den anderen will ich hier nicht reden, denn wir gehen im Thread ja von einer erfolgreichen Klage aus; der Prozentsatz bezieht sich natürlich nur auf die mir bekannten Verfahren und mag daher eine atypische Stichprobe sein) wird der Rechtsanwalt erst tätig, wenn die Gegenseite tatsächlich bereits im Verzug ist. Offenbar geht der Normaldeutsche eben doch erst dann zum Anwalt, wenn er meint, er kommt ohne ncht mehr weiter. Und viele institutionelle Gläubiger schalten vielleicht noch unberechtigt ein Inkassobüro dazwischen, aber wenn die Sache an den Anwalt weitergereicht wird, dann ist der Verzug auch dann schon lange vorher herbeigeführt. Nach der reinen Lehre des § 286 BGB wären daher die Kosten der Geschäftsgebühr in diesen Fällen zu ersetzen. Dass die Geschäftsgebühr gleichwohl nicht in jedem dieser Fälle abgeurteilt wird, liegt dann daran, dass die erneute anwaltliche Mahnung als Verstoss gegen den Grundsatz der Kostensparsamkeit eingestuft wird, weil die Gegenseite eben schon deutlich signalisiert hatte, dass sie keinesfalls zahlen will.

    Die Stichprobe sieht in Kapitalanlagesachen zugegebenermaßen ganz anders aus. Dort scheint es üblich zu sein, unberechtigt eine Geschäftsgebühr einzuklagen. Aber viele der Kapitalanlagesachen sind ja auch in der Hauptsache erfolglos.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Na jedenfalls kann das Gericht nicht einfach in der Kostenfestsetzung nachholen, was der Kläger im Hauptverfahren versäumt hat. Das ist auch nicht etwa das "richtige" Ergebnis. Auch wenn Du Dir das noch so schönreden magst. ;)

    Wenn ich das nämlich weiterdenk, dann gibt es künftig nur noch KFA mit GG, weil man es ja schließlich mal versuchen kann. Eine Unsitte, die schon bei anderen Kostenpositionen kaum auszurotten ist. :(

  • Bitte trenne: Ich habe nirgendwo geschrieben, dass die Festsetzung der GG richtig war. Vielmehr habe ich diese ausdrücklich als Fehler bezeichnet. Ich habe nur angegeben, dass sowohl ein Antrag nach § 321a ZPO als auch eine Verfassungsbeschwerde gegen diese fehlerhafte Festsetzung m.E. keinen Erfolg haben werden. Das ist etwas völlig anderes.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Es ist interessant, AndreasH, welche Erfahrungen Du als Richter machst (in 80-90% der Fälle das Vorliegen eines materiell-rechtlichen Erstattungsanspruches). Ich habe in der Praxis hier häufiger (als andersrum) den Fall, daß kein Verzug vorliegt, weil die meisten Mandanten rechtliche Laien sind und auch gar nicht wissen, daß und wie sie den Verzug herbeizuführen haben. Das fängt nämlich schon mit der (den Verzug gerade nicht begründenden) einseitigen Leistungsbestimmung an ("Zahlen Sie bis spätestens zum ...") und endet bei einer fehlenden Mahnung (eben weil sie meinen, sie hätten dem Gegner "doch ein konkretes Datum" genannt usw.).

    Wie dem auch sei: Ich wollte mit meinem "Widerwort" nur darauf hinweisen, daß so glasklar, wie die Sache von Dir im ersten Beitrag dargestellt wurde, sie sich m. E. nicht so darstellt. Mir ist jetzt aber klar, daß da vielleicht auch die unterschiedlich gemachten Erfahrungen aus der Praxis eine Rolle spielen. Ich stimme Dir zu, daß im späteren Ergebnis es keinen Unterschied macht, sollte eine Anspruchsgrundlage für die Erstattung gegeben sein. Denn andernfalls wäre die Gegenseite bei Aufhebung des KfB nun ggf. gezwungen, ein gesondertes Klageverfahren zu führen.

    Ich hatte nur aufgrund des Sachverhaltes (Nichteinklagen der GG) es für näher gehalten, zu unterstellen, daß neben den formellen auch materiell-rechtliche Gründe für eine Fehlen der Erstattungsfähigkeit vorliegen und wollte insoweit nur eine Argumentationshilfe für diesen Fall bieten. ;)

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