Unterwerfung gemäß § 800 ZPO durch Nachlasspfleger

  • Eine Kollegin hat folgendes Problem:
    Für die unbekannten Erben des Eigentümers ist ein Nachlasspfleger bestellt. Im Grundbuch ist eine Grundschuld ohne Unterwerfungsklausel für eine Bausparkasse eingetragen. Auf Verlangen der Bausparkasse unterwirft sich jetzt der Nachlasspfleger formgerecht gemäß § 800 ZPO (die Bausparkasse will dann ein Gutachten erstellen); das soll eingetragen werden. Ist hierzu eine nachlassgerichtliche Genehmigung erforderlich oder bestehen vielleicht Bedenken wegen der Vertretungsbefugnis? Ich habe auch nicht konkretes gefunden....

  • Wie lautet denn der Aufgabenkreis ? (s. Schmidt in Erman BGB, Kommentar, 14. Auflage 2014, § 1960 RN 17, 18). Ist der Nachlasspfleger mit der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses betraut ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Der Wirkungskreis des Nachlaßpflegers umfaßt "die Sicherung und Verwaltung des Nachlaßes , ggfs . auch die Verwertung des Nachlaßes sowie die Erbenermittlung" Die belastete Eigentumswohnung befindet sich in einem äußerst verwahrlosten Zustand und soll veräußert werden, weiterer (Bar) Nachlaß ist nicht vrhanden.

  • Der Nachlasspfleger ist nach hM gesetzlicher Vertreter des endgültigen Erben (Erman/Schmidt, BGB, Kommentar, 14. Auflage 2014, § 1960 RN 13 mwN; Fröhler, BWNotZ 1/2011, 2/3 mwN. in Fußn. 23) http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-1-2011.pdf
    Er hat innerhalb seines Aufgabenbereichs grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht (s. Erman/Schmidt, RN 16 unter Zitat BGH 49, 1, 5; NJW 2005, 756, 758; MüKo/Leipold Rn 41; BaRo/Siegmann/Höger Rn 10; HHöHPal/Weidlich Rn 11) und ist im Rahmen seines Aufgabenkreises zur Verfügung über Nachlassgegenstände ermächtigt und kann Verbindlichkeiten eingehen (Erman/Schmidt, RN 20 mwN). Zwar gehört zu seinen Aufgaben nicht die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten; selbst in solchen Fällen ist er jedoch dazu ermächtigt, wenn dies zur Schadensabwendung geboten ist, insbesondere auch zwecks Vermeidung unnötiger Prozesse und Kosten (Erman/Schmidt, RN 23 mwN).

    Wenn die Bausparkasse das Grundpfandrecht im Wege der Zwangsvollstreckung realisieren möchte, müsste sie sich einen Duldungstitel beschaffen (Reischl im jurisPK-BGB ,7. Auflage 2014, Stand 01.10.2014, § 1147 RN 6), wobei sich der Anspruch dazu aus § 1147 BGB ergibt (s. Eickmann im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1147 RN 3 mwN in Fußn. 6).

    Vor der Erhebung der Klage zur Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Hypothek oder Grundschuld muss der Gläubiger den Grundstückseigentümer vergeblich zur Ausstellung einer vollstreckbaren Urkunde (notarielle Unterwerfungserklärung gemäß § 794 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 ZPO) aufgefordert haben. Solange er dies nicht getan hat, gibt der Schuldner keine Veranlassung zu dieser Klage im Sinne von § 93 ZPO (Zitat nach jurispk/Reischl, RN 46 mwN in Fußn. 24).

    Wenn also der Nachlasspfleger dieser Aufforderung nachkommt, gibt er keine Veranlassung zur Klageerhebung und vermeidet damit unnötige Prozesse und Kosten.

    Wie das OLG München im Beschluss vom 7. 1. 2010, 31 Wx 154/09, ausführt, gehört es zu den Pflichten des mit der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses betrauten Nachlasspflegers, den Nachlass zu erhalten und zu verwalten sowie die Vermögensinteressen der künftig festzustellenden Erben wahrzunehmen. Welche Maßnahmen insoweit zweckmäßig sind, entscheidet er nach pflichtgemäßem Ermessen (Zitat von BGHZ 49, 1/5).

    Daher würde ich die Abgabe der Unterwerfungserklärung nach § 800 ZPO dem pflichtgemäßen Ermessen des Nachlasspflegers zuordnen wollen.

    Da die Nachlasspflegschaft ein Sonderfall der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte ist, sind gemäß § 1915 I BGB insbesondere die §§ 1821, 1822 BGB anzuwenden (Erman/Schmidt, RN 14a mwN). Die auf ein Grundpfandrecht bezogene Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO) stellt sich jedoch nicht als Verfügung über ein Grundstück dar (s. Wagenitz im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, 1821 RN 27 mwN in Fußn. 87).

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