Voreintragung Erben bei Anerbenrecht und beendeter Gütergemeinschaft

  • Hallo,
    habe folgenden Fall: Ehegatten A geb. 1919 und B geb.1930 sind im GB zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft eingetragen. Außerdem handelt es sich um einen Erbhof.
    A ist 1965 gestorben. Es gab einen Ehe und Erbvertrag darin steht: Lehnt auf den Tod des einen Ehegatten der Überlebende die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so ist er unbeschränkt zum Alleinerben eingesetzt.
    Es gab eine Eröffnungsniederschrift in der festgehalten wird : In besonderer Urkunde habe ich heute die Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit (meinen Kindern) abgelehnt. Somit ist A nunmehr Alleinerbin geworden. "Da außer dem in der Höferolle (..)eingetragenen Anerbengut kein nennenswerter Nachlaß meines Ehemannes vorhanden ist, ist die Einsetzung als Alleinerbin dahin zu verstehen, dass ich auch Anerbin des vorgenannten Anerbenguts bin."

    Eine Grundbuchberichtigung ist nicht erfolgt.

    Jetzt verkauft A den Hof an eine Dritte Person.

    Der Notar stellt den Antrag zur Eintragung der Vormerkung. Er beantragt ausdrücklich dass eine Grundbuchberichtigung bzgl. der A nicht erfolgen soll.

    Rein Bauchgefühlsmässig hätte ich gesagt ich muss die Frau voreintragen. Nur hilft das Bauchgefühl argumentativ nicht weiter.. Kann mir jemand weiterhelfen?

  • Wenn Du nicht angibst, in welchem Bundesland sich der Vorgang abspielt, dann lässt sich auch nicht beurteilen, ob Anerbenrechte zum Tragen kommen können oder nicht, s. dazu z. B. die hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1062733
    zitierte Abhandlung von Ruby aus der ZEV 2006, 351 ff oder auch dessen Ausführungen hier:
    http://www.ruby-erbrecht.de/webEdition/we_…_cmd%5B4%5D=201

    Ansonsten kann eine Auflassungsvormerkung ohne Voreintragung der Erbfolge eingetragen werden. Das KG führt dazu im Beschluss vom v. 2. 8. 2011, 1 W 243/11,
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint
    aus: „Nach der Entscheidung des Senats vom 19. 12. 1929 (JFG 7, 328), der die Literatur überwiegend gefolgt ist (Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl., § 40 Rdnr. 17; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 40 Rdnr. 17; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann GrundbuchR, 6. Aufl., § 40 Rdnr. 20; Schöner/Stöber, GrundbuchR, 14. Aufl., Rdnr. 142; a. A. Böttcher, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 40 Rdnr. 26) ist § 40 GBO zwar entsprechend anzuwenden, wenn in Vorbereitung der Übertragung zunächst nur eine Auflassungsvormerkung eingetragen werden soll. Dies ist zu rechtfertigen, weil die Auflassungsvormerkung allein dazu dient, die endgültige Übertragung vorzubereiten und zu sichern, und sie in ihrem rechtlichen Bestand von dem Bestand des gesicherten Übertragungsanspruchs abhängig ist. Ist der gesicherte Anspruch nicht entstanden oder erloschen, gilt dies auch für die Vormerkung (BGHZ 60, 50 = NJW 1973, 323; Demharter, Anhang, § 44 Rdnr. 89); das Grundbuch wäre unrichtig und bei entsprechendem Nachweis zu berichtigen.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für die schnelle Antwort. Es handelt sich um das württembergische Anerbengesetz. Dieses dürfte für die Erbfolge nach A zur Anwendung kommen.

    Die Urkunde ist so gefasst dass insgesamt keine Voreintragung der Ehefrau erfolgen soll, auch nicht beim Eigentumsübergang.

  • Ich gehe mal davon aus, dass sich Deine Aussage, „Jetzt verkauft A den Hof an eine Dritte Person“ auf B bezieht, denn würde A verkaufen, wäre B verstorben und da B im Jahr 1930 und nicht vor dem 1.1.1930 geboren ist, würde württembergisches Anerbenrecht nicht mehr in Betracht kommen (s. Ruby, ZEV 2006, 351/354: Württembergisches Anerbengesetz (7 346 Betriebe): Das Anerbenrecht ist grds. seit 31. 12. 2000 außer Kraft (3. RechtsberG, Anl. 2 zu Art. 1 u. Art. 28, GVBl 1996 S. 29 ff.). Aber: Es gilt noch für Erbfälle nach dem 31. 12. 2000, sofern der Erblasser vor dem 1. 1. 1930 geboren wurde. (Konstitutive) Eintragung in Höferolle des zuständigen Grundbuchamtes erforderlich, Art. 1 Abs. 2 WürttAnerbenG.).

    Und wenn A 1965 verstorben ist, kommen nach der Abhandlung von Ruby die Überleitungsvorschriften der Länder ins BGB, wonach der überlebende Ehegatte „vorläufige Anerbe”, also Vorerbe i. S. des BGB, und der „weitere Anerbe” Nacherbe wird, nicht in Betracht. Denn das hätte vorausgesetzt, dass es bis zum 23.4.1947 (und nicht erst 1965) zur vorläufigen, aber noch nicht zur weiteren Anerbenfolge gekommen wäre.

    Wie Ruby weiter ausführt, können nach Art. 64 Abs. 2 EGBGB die Landesgesetze das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrecht unterliegende Grundstück von Todes wegen zu verfügen, nicht beschränken. Dies gebe dem Erblasser das Recht, das jeweilige Anerbenrecht ganz auszuschließen, so dass gesetzliche Erbfolge nach dem BGB eintritt. Es spreche auch nichts dagegen, dass sich der Erblasser in einem solchen Fall der erbrechtlichen Gestaltungsmittel des BGB bediene.

    Das ist vorliegend der Fall, weil der überlebende Ehegatte in dem Ehe und Erbvertrag zum unbeschränkten Alleinerben eingesetzt wurde. Eine solche Alleinerbeneinsetzung würde ausreichen, um davon ausgehen zu können, dass die Gütergemeinschaft nicht fortgesetzt wurde (s. OLG Frankfurt 20. Zivilsenat, Beschluss vom 21.08.1978, 20 W 508/78).

    Vorliegend ist der überlebende Ehegatte jedoch nur dann zum unbeschränkten Alleinerben eingesetzt, wenn er die Fortsetzung der Gütergemeinschaft abgelehnt hat. Das setzt voraus, dass urkundlich nachgewiesen wird, dass die Ablehnung wirksam geworden ist. Dazu sieht § 1484 BGB eine bestimmte Form (§ 1484 II BGB i. V. mit § 1945 BGB) und eine bestimmte Frist (§ 1484 II BGB i. V. mit § 1944 BGB) vor. Außerdem ist die Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend §§ 1484 II, 1943 BGB nicht mehr möglich, wenn der Ehegatte die fortgesetzte Gütergemeinschaft zuvor angenommen hat, wobei die Annahme auch konkludent -etwa durch die vorbehaltlose Vornahme von Verwaltungshandlungen- erfolgen kann (Zitat nach Hausch im jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, Stand 01.10.2014, § 1484 RN 13; s. a. Kanzleiter im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1484 RN 2). Heinemann führt dazu in Erman BGB, 14. Auflage 2014, § 1484 RN 2 aus: „Danach macht ausdr oder stillschw Annahme eine Ablehnung unmöglich, § 1943.“

    Die Frage, ob bereits eine stillschweigende oder konkludente Annahme erfolgt ist, die das Recht zur Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft ausschließen würde, setzt mE Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht voraus. In solchen Fällen kann ein Erbschein verlangt werden (s. OLG Hamm, Beschluss vom 21. 9. 2000, 15 W 272/00 mwN). Das OLG Frankfurt/Main führt im Beschluss vom 17.01.2013, 20 W 413/12, aus: „Liegt eine in öffentlicher Urkunde errichtete Verfügung von Todes wegen in Gestalt eines Testamentes oder Erbvertrages vor, so kann das Grundbuchamt einen Erbschein nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung des Erbrechts begründete konkrete Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den tatsächlichen Willen des Erblassers oder sonstige tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können, weil das Grundbuchamt zu solchen Ermittlungen im Unterschied zum Nachlassgericht nicht befugt ist (vgl. BayObLG Rpfleger 2000, 266; OLG Köln Rpfleger 2000, 157; Demharter, GBO, a. a. O., § 35 Rn. 39; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 78; Meikel/Roth, Grundbuchrecht, 10. Aufl., § 35 Rn. 110; Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, 3. Aufl., § 35 Rn. 138).“

    Da es sich auch nicht um den Nachweis des Nichteintritts einer auflösenden Bedingung handelt, bei dem die Abgabe einer notariell-beurkundeten eidesstattlichen Versicherung in Betracht käme (s. dazu OLG Frankfurt/Main, aaO, mwN), würde ich vorliegend einen Erbschein verlangen.

    Weder zur Eintragung der AV, noch zur Eigentumsumschreibung bedarf es allerdings der Voreintragung der Erbfolge (§ 40 GBO; s. oben)

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