Zustellung des Vollstreckungstitels an einen 'toten' Eigentümer

  • Ich habe folgenden Antrag auf Vollstreckungsversteigerung vorliegen:
    Eigentümer: GmbH Holländischen Rechts
    Gläubiger: Deutsches Kreditinstitut, Forderung ca. 450.000 € + d. Zinsen
    Abt. 2: Zwangsverwaltung seit 98 für WEG wegen rückständiger Wohngelder aufgrund eines LG-Urteils, das den damaligen Anwälten zugestellt wurde.
    Wert der Wohnung (vor Gutachten) ca. 250.000 €

    So ist die Lage und mir wird eine vollstreckbare Ausfertigung der GS-Bestellung aus 93 vorgelegt, die 2005 in Holland öffentlich durch den Gerichtsvollzieher (o.ä.) zugestellt wurde. Die Fa. selbst wurde 2001 im Register gelöscht (in der L-Sache ist seit 2002 ein Zustellungsvertreter bestellt). Die Zustellung wird durch den Gerichtsvollzieher in einer zweiseitigen Urkunde bewirkt, in der er ausführlich bescheibt, wer, was, warum und mit welchen beabsichtigten Folgen die Zustellung erfolgt (sehr interessant zu lesen, übrigens). Er fügt bei einen Ausriss einer Lokalzeitung vom selben Tage, in der der wesentliche Inhalt der o.g. Urkunde erwähnt wird.
    Holland ist, auch wenn sie selten an Europameisterschaften im Fußball teilnehmen, unstrittig EU-Land, also kann ich mir nicht vorstellen, dass eine öffentliche Zustellung hier nicht anerkannt werden kann - da suche ich noch, vielleicht hat jemand einen Tipp parat; das ist aber nicht mein primäres Problem. Ich gehe also davon aus, dass die ZU in Ordnung, die Urkunde mithin zur Vollstreckung geeignet ist - wat nu?
    Ich kann den Anordnungsbeschluss nach Deutschem Recht nicht öffentlich zustellen, weil die B.V. gelöscht ist. Nach unserem Recht (durchgepaukt und auch schlüssig) ist die Löschung jedoch dann unbeachtlich, wenn noch Vermögenswerte bestehen, die es zu versilbern gilt, um Forderungen zu begleichen. Dann ist ein (Nachtrags-)Liquidator zu bestellen, der sich kümmert. Das geht hier aber nicht, denke ich, weil es sich nicht um eine inländischem Recht unterliegende juristische Person handelt. Bliebe noch die Bestellung eines Abwesenheitspflegers oder eines Notgeschäftsführers: Hierzu habe ich folgende Quellen gefunden: Zuständigkeitsergänzungsgesetz vom 7.8.52 (BGBl. I, S. 407), hier § 10 bzw. 15, sowie den Artikel von Beitzke (Festschrift für Ballerstedt, 1975, S. 185ff.). Aber jetzt bin ich auch nicht schlauer: Das ZustErgG gilt eigentlich nur für die Gebiete im Osten des ehem. Reiches, bezieht sich weniger auf die im Westen besetzten Gebiete (allenfalls die Grenzen von 1937), aber danach wäre es so herrlich einfach... Beitzke wiederum verdammt die Anwendung des Vehikels 'Abwesenheitspfleger' für juristische Personen und möchte die wohl am liebsten gleich mit Sitz und Vorstand/Geschäftsführer wieder auferstehen lassen...
    Was wohl überhaupt nicht geht ist die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO, die Partei ist ja nicht nicht prozessfähig - über die Brücke möchte ich nur ungern gehen und dann auf der Grundlage einen Zuschlagsbeschluss verkünden.
    Könnt Ihr mein Problem verstehen?

  • Das Problem habe ich verstanden.
    Meiner Antwort vorausschicken möchte ich
    a) dass ich mich nicht so tief in die Materie eingelesen habe und
    b) meine Versicherung über 300.000 EUR geht.

    Zur Sache selbst: Ich würde den Anordnungsbeschluss öffentlich zustellen gem. § 185 Abs. 2 ZPO und danach einen Zustellungsvertreter gem. § 6 ZVG bestellen.
    Mag zwar arg pragmatisch sein, aber einen Notgeschäftsführer nach niederländischem Recht? Wäre mir viel zu kompliziert. Vor allem wenn man den Aufwand mit dem Nutzen ins Verhältnis setzt. Das Grundstück ist nach Sachverhalt weit über den Verkehrswert belastet, so dass der gesamte Erlös unzweifelhaft an die Gläubigerbank fließen würde und dort - so nehme ich an - die Restforderung nicht übersteigt. Was kann passieren? Was könnte ein Notgeschäftsführer denn tun? Nichts ...
    :cool:

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ja, das sehe ich auch so - aber die 'tote' B.V. hat noch andere Objekte, denen es ähnlich geht - aber muss es denn ein Not-GF nach niederl. Recht sein? Die Vermögensgegenstände liegen doch hier... Ich habe auch schon an ein Insolvenzverfahren gedacht, das geht nach Art. 102 § 1 EGInsO auch - aber da will die Bank wahrscheinlich nicht so gerne ran, weil die dann die Kosten des Verwalters auch noch übernehmen müssten (sie kämen aber schneller in die Verwertung).
    Pragmatismus sollte eigentlich erst dann ins Spiel kommen, wenn man sich der Folgen bewusst ist - und da sehe ich noch das eine oder andere Risiko.
    Ich kann natürlich einfach ablehnen und die Sache dann zum LG schicken - dauert nur ein Jahr länger dann...

  • Genau den Vorschlag mit der InsO wollte ich nach Lesen des 1. Postings machen, ist jetzt auch so hochgekommen. Ich meine, das wird auch für die Bank der einfachere und schnellere Weg sein. Alles andere ist mit Auslandsberührung und ausländischem Recht, das wird komplizierter und auf jeden Fall länger.
    Abgesehen davon geht eine Verwertung freier Hand mit InsO auch schneller, vielleicht hat ja die Bank schon jemand Interessierten. Wäre eine Anregung wert, oder?

  • Zitat von holger

    Könnt Ihr mein Problem verstehen?


    Ja, aber nicht lösen!
    Ich würde jedenfalls nicht pragmatisch an die Sache rangehen und lieber im niederländischen Gesellschaftsrecht stöbern. M.W. bestimmt sich die Parteifähigkeit von Gesellschaften, die keinen Sitz im Inland haben, nach dem ausländischen Recht. Somit wäre m.E. zu prüfen, wer nach niederländischem Recht die aufgelöste Gesellschaft vertritt oder deren Rechtsnachfolger ist, oder wie sie gegebenenfalls wieder auferstehen kann.
    Ferner muß natürlich die Zustellung des Titels geprüft werden. Kann ich leider auch nichts zu sagen. Ganz pragmatisch würde ich mit den entsprechenden niederländischen Stellen telefonieren und mir die entsprechenden Gesetzesvorschriften geben lassen. In der Regel können die ja ganz gut deutsch oder kennen einen, der das kann.:D

  • So, für die Akten jetzt meine Lösung:
    Das niederländische BGB (Burgerlijk Wetboek) sieht im 2. Buch(Gesellschaftsrecht) für die AG und (GmbH) b.v. vor, dass diese von der registerführenden Stelle (= Industrie- und Handelskammer (IHK)) unter bestimmten Umständen aufgelöst und im Register gelöscht werden können (Art. 19a Abs. 1). Damit wird dann Kraft Gesetzes die IHK zum Liquidator, die dann einen gesonderten Liquidator bestellen kann, wenn tunlich. Damit ist für mich klar, dass die öffentliche Zustellung nichtig war und der Titel erneut an die zuständige IHK zuzustellen ist. (Prickelnd an dieser Sache ist noch, dass es nicht auszuschließen ist, dass nach Zuschlag und Verteilung ein Übererlös verbleibt, der dann tatsächlich für die Gläubiger der Schuldnerin zur Verfügung stünde.) Für mich ist es gut, dass ich dann auch jemanden hätte, an den ich meinen Anordnungsbeschluss loswerden könnte, also alles paletti...
    Die Gläubigerin hat mir schon signalisiert, den Weg mitzugehen - schaun mer mal.

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