Berücksichtigung des Mehrbedafs gemäß § 30 SGB XII Abs. 3 Nr. 1

  • Hallo liebe Teilnehmer,

    Ich bin als Rechtsfachwirtin in einer Bautzner Anwaltskanzlei tätig.

    Ich möchte mich gerne an den Diskussionen zwischen den einzelnen Teilnehmern beteiligen und würde mich sehr freuen, wenn Ihr mir Eure Meinung zu nachfolgendem Sachverhalt mitteilen könnten.

    In einem Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren gibt es unterschiedliche Auffassungen zur Berechnung der von den Antragstellern einzusetzenden Einkommen.

    Die Mutter von zwei minderjährigen Kindern beauftragte die Kanzlei, die zwischenzeitlich aufgelaufenen und in einem Beschluß des zuständigen Amtsgerichts titulierten Unterhaltsrückstände vollstrecken zu lassen und bat, für die beabsichtigten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Prozeßkostenhilfe zu beantragen.

    Vorab hatten wir zunächst geprüft, ob überhaupt nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Mutter und der beiden minderjährigen Kinder der Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe besteht.

    In die Berechnung des einzusetzenden Einkommens hatten wir, da die minderjährigen Kinder unter 16 Jahre alt und noch schulpflichtig sind, wodurch monatlich relativ hohe Kosten, insbesondere durch Betreuungskosten für die Unterbringung in den Kindertageseinrichtungen, Fahrtkosten für den Schulweg, anfallen, den Mehrbedarf gemäß § 30 SGB XII Abs. 3 Nr. 1 in Höhe von € 95,76 mit einbezogen.

    Dieser Betrag ist, obwohl unsere Berechnung dem Prozeßkostenhilfebewilligungsantrag beigefügt worden ist, von der zuständigen Rechtspflegerin unbegründet nicht berücksichtigt worden.

    Da dieser Betrag das „Zünglein“ an der Waage, ob PKH bewilligt werden kann oder nicht, ist, würde mich Eure Meinung interessieren.

    Kann der Mehrbetrag gemäß § 30 SGB XII Abs. 3 Nr. 1 überhaupt in die Berechnung des einzusetzenden Einkommens mit einbezogen werden und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?


    LG Petra

  • monatlich relativ hohe Kosten, insbesondere durch Betreuungskosten für die Unterbringung in den Kindertageseinrichtungen, Fahrtkosten für den Schulweg, anfallen

    Warum muss es denn eine Pauschale sein, wenn auch der Einzelnachweis möglich ist?

  • Ich sehe in § 115 ZPO keine grundsätzliche Möglichkeit für eine Berücksichtigung dieses Mehrbetrages.
    Ich würde an Eurer Stelle auch der von Alfred vertretenen Meinung folgen:
    Wenn ihr die Betreuungskosten, Kindertageseinrichtungskosten und sonstigen Kosten im Monat der Antragstellung nachweises könnt, dann würde ich diese Beträge ohne weiteres berücksichtigen.
    In diesem Sinne, warum streiten, wenn es auch friedlich geht. ;)

  • Allgemeine Lebensunterhaltungskosten wie z.B. Kindergartenbeiträge, Essensgeld, Kosten für Musikschule u.ä. stellen keine besondere Belastung im Sinne von § 115 I S. 2 Nr. 4 ZPO dar, und sind mit den entsprechenden Selbstbehalten abgegolten. (OLG Naumburg, Beschl. 22.12.1999, FamRZ 2000, 1093; OLG Stuttgart, Beschl. 04.02.2004, FamRZ 2004, 1129, 26.10.2005, FamRZ 2006, 1282 f.; OLG Bamberg, Beschl. 08.09.1987, JurBüro 1988, 95)


    Der Mehrbedarf bei Alleinerziehung ist m.E zu berücksichtigen und zwar in der Höhe, in der er im Rahmen des SGB gewährt wird. Klick mich

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Allgemeine Lebensunterhaltungskosten wie z.B. Kindergartenbeiträge, Essensgeld, Kosten für Musikschule u.ä. stellen keine besondere Belastung im Sinne von § 115 I S. 2 Nr. 4 ZPO dar, und sind mit den entsprechenden Selbstbehalten abgegolten. (OLG Naumburg, Beschl. 22.12.1999, FamRZ 2000, 1093; OLG Stuttgart, Beschl. 04.02.2004, FamRZ 2004, 1129, 26.10.2005, FamRZ 2006, 1282 f.; OLG Bamberg, Beschl. 08.09.1987, JurBüro 1988, 95)


    wird in unserem Gerichtsbezirk natürlich ignoriert...wird alles fein säuberlich abgezogen. Erst der Freibetrag für´s Kind, dann der Freibetrag für die Ehefrau, die nicht arbeitet, dann der KiGa inklusive Essensgeld. Wundert nicht, dass im Normalfall keine Ratenzahlung angeordnet wird.
    Ich sollte unseren Rechtspflegern den Internetzugang sponsern, amortisiert sich schon bei der ersten PKH-Sache...
    Frage: warum schlafen die bei uns so? Gibt´s es (sorry, das soll nicht gemein sein) keine Fortbildungen für Rechtspfleger, wo man sowas mal hören kann?


  • Frage: warum schlafen die bei uns so? Gibt´s es (sorry, das soll nicht gemein sein) keine Fortbildungen für Rechtspfleger, wo man sowas mal hören kann?



    Wahrscheinlich liegt es daran, dass viele Rechtspfleger selten PKH gewähren (müssen). Die allermeisten PKH-Anträge landen bei den Richtern und die haben meist besseres zu tun, als sich in PKH weiterzubilden. (O-Ton)


  • Frage: warum schlafen die bei uns so? Gibt´s es (sorry, das soll nicht gemein sein) keine Fortbildungen für Rechtspfleger, wo man sowas mal hören kann?



    Wahrscheinlich liegt es daran, dass viele Rechtspfleger selten PKH gewähren (müssen). Die allermeisten PKH-Anträge landen bei den Richtern und die haben meist besseres zu tun, als sich in PKH weiterzubilden. (O-Ton)

    Das würde sich schlagartig ändern, wenn die Besoldung (sprich: Bezahlung) der Richter sich ebenfalls an einer gesonderten Tabelle orientieren würde. Habe gerade gestern eine PKH-Abrechnung unterschrieben und mir bluten die Augen. Unser programm wirft die Regelvergütung immer gleich mit aus. In dieser Sache ist der Unterschied zwischen meiner Vergütung und der vergütung des Kollegen auf der GGs mal schlappe 4.000,00 € Euronen..

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