Notvorstand für Stiftung?

  • Man lernt doch nie aus! Jetzt bin ich ja doch schon einige Jährchen im Registergericht, aber sowas hatte ich noch nicht:

    Es wird die Bestellung eines Notvorstandes für eine "Familienspendenstiftung" unter Hinweis auf §§ 29, 86 BGB beantragt. Die Stiftung ist im GB als Eigentümerin eingetragen und nun soll das Grundstück verkauft werden. Angeblich liegen bei der zuständigen Verwaltungsbehörde (Bezirksregierung) keinerlei Unterlagen mehr vor und folglich sind weder der aktuelle/letzte Vorstand noch der Wortlaut der Satzung bekannt. Den Antrag stellt der Kaufinteressent.

    Bin für alle Hinweise und Ideen dankbar!

  • Hab mir die Sache nochmal genauer angesehen und habe nun drei konkrete Fragen an alle Fachleute hier im Forum:

    1. Ist der Kaufinteressent als "Beteiligter" i. S. d. § 29 BGB anzusehen?

    2. Ist die Tatsache, dass hier offensichtlich einer das Grundstück kaufen will ein "dringender Fall"?

    3. Wenn ich das alles bejahe, wie stell ich fest, dass die Stiftung tatsächlich keinen Vorstand mehr hat?

    :gruebel:

  • Ich sehe hier weder einen Beteiligten noch einen dringenden Fall.

    Bamberger/Roth: Antragsberechtigter Beteiligter ist jeder, dessen Rechte oder Pflichten durch die Bestellung unmittelbar beeinflußt werden.

    MüKo: Ein dringender Fallliegt vor, wenn die Bestellung des Notvorstands notwendiges Mittel zur Abwehr von Schäden für den Verein oder andere Beteiligte ist.

    Ein Interessent hat keine Rechtsposition, die unmittelbar beinflusst wird.



  • Ohne das jetzt genau geprüft zu haben, würde ich sagen, dass es schon an Frage 2 scheitert, spätestens aber an Frage 3. Da wir als Gericht nicht die aktenführende Behörde von Stiftungen sind, bleiben ja nur die Auskünfte der Bezirksregierung und die waren ja wohl eindeutig. Obwohl ich sagen muss, dass auch die Aufbewahrungsfristen haben müssen und es mir etwas seltsam vorkommt, dass die Bezirksregierung so gar keine Unterlagen mehr finden kann... :confused:
    Würde sich das Problem des Kaufinteressenten denn nicht einfacher durch ein Aufgebotsverfahren regeln lassen? :gruebel:

    Manche Menschen hat der liebe Gott kurz vor Feierabend gemacht.

    (Bernd Stromberg)

  • Falls Du beim Aufgebotsverfahren auf "Ausschließung des unbekannten Eigentümers" spekulierst, hätte ich hier arge Bedenken, da dieser gerade nicht unbekannt, sondern nur aktuell ohne gesetzliche Vertretung ist. Eine Löschung ist ja offenbar bis heute nicht erfolgt, so dass von 'unbekannt' nicht gesprochen werden kann.

    Im Übrigen schließe ich mich § 21 BGB an (weshalb habe ich eigentlich keinen Bamberger/Roth??).

  • Zitat von 13

    Falls Du beim Aufgebotsverfahren auf "Ausschließung des unbekannten Eigentümers" spekulierst, hätte ich hier arge Bedenken, da dieser gerade nicht unbekannt, sondern nur aktuell ohne gesetzliche Vertretung ist.



    Wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, scheint die Stiftung nicht nur ohne Vertreter zu sein, sondern gar nicht (mehr) zu existieren. Denke daher immer noch an Aufgebot.

    Manche Menschen hat der liebe Gott kurz vor Feierabend gemacht.

    (Bernd Stromberg)

  • Die Stiftung kann ja nicht so mir nix dir nix verschwinden. Solange sie nicht "offiziell" gelöscht ist, kann man wohl nicht davon sprechen, dass sie nicht mehr existent ist. Die fehlende Vertretungsmöglichkeit ändert daran nichts.
    Ich meine schon, dass für die Abwicklung der Stiftung gesorgt werden muss, zumal Grundbesitz vorhanden ist. Allerdings wäre vorab aufzuklären, weshalb bei der Bezirksregierung nicht ein Nachweis vorhanden sein soll. Das stimmt mich recht nachdenklich...:gruebel:

  • Vielen Dank für eure Hilfe!

    Ich hab die Bestellung des Notvorstandes abgelehnt. Kein Beteiligter, kein dringender Fall - da sind wir wohl alle einer Meinung.

    Keine Ahnung, was die jetzt wegen dem Grundstück weiter unternehmen. Grundsätzlich kann ja eine Stiftung auch aufgehoben werden, §§ 87, 88 BGB. Dafür ist wieder die Bezirksregierung zuständig - die ja angeblich rein gar keine Unterlagen mehr hat. Komisch, wenn die doch die Stiftung einst anerkannt haben...
    :keinkom:

  • So, jetzt muss ich doch nochmal zu diesem Thema posten.

    Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass es sich um eine historische Familienstiftung handelt, die bereits im 15. Jahrundert gegründet wurde und wahrscheinlich schon vor Inkrafttreten des BGB als rechtsfähig anzusehen war. Verständlich, dass die Bezirksregierung da nichts findet. Diese hat übrigens eine Anerkennung der Stiftung zwischenzeitlich abgelehnt, weil wohl Familienstiftungen generell kaum anerkannt werden (ist wohl strittig).

    Der Notar hat den Kaufvertrag beurkundet und dabei ist der "Familienälteste" aufgetreten, der angeblich derzeit Vorstand sei. Dies kann er natürlich nicht nachweisen und schon gar nicht in der Form des § 29 GBO. Der Notar will weiterhin, dass ich einen Notvorstand bestelle. Seh ich weiterhin nicht ein - zumal ja offensichtlich ein Vorstand da ist, der sich aber nur nicht legitimieren kann!

    Ist ja eigentlich alles nicht mehr mein Problem, sondern das des GBA. Jetzt will ich mich aber doch nochmal schlau machen und eure Meinungen - speziell wohl jetzt die der Grundbuchleute - hören. Wie könnte denn der Nachweis der Vertretungsmacht gegenüber dem GBA geführt werden?

  • Laut Schöner/Stöber Grundbuchrecht Rn. 3655 erfolgt der Vertretungsnachweis durch Vertretungsbescheinigung der Aufsichtsbehörde, auf deren Erteilung grundsätzlich (soweit nicht landesrechtlich anders geregelt) ein Rechtsanspruch besteht.

    In der Fußnote steht noch was von Staudinger/Rawert Rdn 80 Vorbem zu §§ 80 ff BGB.

    Die Beibringung des Nachweises ist sicher nicht Problem des Grundbuchamts. Wenn die Beteiligten den Nachweis nicht führen können, werden die Anträge in letzter Konsequenz zurückgewiesen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es handelt sich hier doch aber um eine "alte" Stiftung, die mit den §§ 80 BGB gar nichts zu tun hat. Die Aufsichtsbehörde hat ja die Anerkennung nach § 80 BGB abgelehnt (kann sie auch, wie ich meine) und ist insofern wohl als nicht zuständig anzusehen, was den Vertretungsnachweis betrifft.

    Frage also: was könnten die sonst als geeigneten Nachweis bringen?

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