aufl. bedingte Nacherbfolge

  • Wir haben ein notarielles Testament mit folgender Bestimmung:

    meine Ehefrau ist befreite Vorerbin; Nacherbin ist unsere Tochter.
    Dem Vorerben ist es gestattet, durch not. beurk. Verfg.v.T. w.eine anderweitige Bestimmung hinsichtlich der Person des NE zu treffen; in diesem Fall ist er alleiniger Vollerbe.
    Die Anordnung der Vor und NE folge ist an diese aufl. Bedingung geknüpft.
    Es wird klargestellt, dass bereits der Zeitpunkt der Errichtung der abändernden Verfügung den Bedingungseintritt darstellt. Ob diese abändernde Verfügung zum Zeitpunkt des Todes des Erbl noch unwiderrufen ist ist ohne Belang.

    Hier ist ein Grundbuch zu berichtigen, in welchem beide Eheleute in nieder- ländischer Gütergemeinschaft eingetragen sind.
    Frage ist: ist ein Erbschein erforderlich, der sich über die Vor und Nacherbschaft verhält?
    Weitere Frage : was ist im Hinblick auf den Güterstand zu beachten, sofern die Ehefrau als Vorerbin einzutragen ist.

  • Nur eine kurze Nachfrage: Es handelt sich um ein Einzeltestament, kein gemeinschaftliches, oder?
    Kollidiert die aufl. Bedingung nicht mit § 2065 BGB? Der Erblasser kann doch einem Dritten nicht die Bestimmung des (Nach-)Erben überlassen? Als Grundbuchamt würde ich in diesem Fall einen Erbschein verlangen.

    Einmal editiert, zuletzt von Mata (28. Oktober 2009 um 18:43)

  • Danke dem Kümmerer zu #4;
    zur Rechtswahl ist ausgeführt:Für die Erbfolge wähle ich gem Art 1 des Ges. v. 04.09.1996 i.V. m Art 5 des Übereinkommens über das auf die Erbfolge anwendbare Recht vom 01.08.1989 für meinen gesamten NL deutsches Recht.

  • Art.25 Abs.1 EGBGB verweist zunächst auf das niederländische Recht. Nach niederländischem Recht ist die Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts nach den in # 7 genannten Normen zulässig. Sie wird vom deutschen Recht im Rahmen der Rückverweisung anerkannt (Art.4 Abs.1 S.2 EGBGB; Süß/van Maas de Bie, Erbrecht in Europa, 2. Aufl., Niederlande, Rn.57), sodass es im Ergebnis nicht mehr darauf ankommt, ob das deutsche Erbstatut schon deshalb -und wiederum aufgrund Rückverweisung- zur Anwendung gelangt, weil der Erblasser bei seinem Tode seinen gewöhnlichen Aufenthalt schon fünf Jahre lang ununterbrochen im Inland gehabt hatte (Süß/von Maas de Bie a.a.O. Rn.55).

    Ergibt eine Rückverweisung die zweifelsfreie Anwendung des deutschen Erbstatuts, so ist das Grundbuchamt nach einer Entscheidung des LG München I (Rpfleger 2007, 316) alleine deswegen nicht berechtigt, zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein zu verlangen. Dies gilt nach der genannten Entscheidung sogar für den -hier nicht vorliegenden- Fall, dass im Wege der Auslegung eine auf den inländischen unbeweglichen Nachlass beschränkte stillschweigende Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts i.S. des Art.25 Abs.2 EGBGB anzunehmen ist, weil der ausländische Erblasser in seinem im Inland errichteten notariellen Testament erbrechtliche Begrifflichkeiten (wie z.B. Vorerbe, Nacherbe oder Testamentsvollstreckung) verwendet, die seinem Heimatrecht fremd sind.

    Nach dem maßgeblichen deutschen Erbrecht ergibt sich nach den testamentarischen Bestimmungen folgende Erbfolge:

    Vorerbin ist die Ehefrau. Nacherbfolge ist angeordnet, die mit dem Tod der Vorerbin eintritt. Nacherbin ist die Tochter. Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB ist (im Wege der Auslegung) angeordnet. Die Nacherbfolge ist dadurch auflösend bedingt, dass die Vorerbin nicht anderweitig durch notarielle Verfügung letztwillig verfügt. Die Bedingung tritt bereits mit der Errichtung der betreffenden letztwilligen Verfügung ein. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den Beschränkungen der Vorerbschaft befreit (Auslegung: denn wenn die Vorerbin die Nacherbfolge als solche außer Kraft setzen kann, ist auch anzunehmen, dass sie befreite Vorerbin sein soll).

    Die (schlampig formulierte) Bestimmung, dass die Nacherbfolge nicht eintreten soll, wenn die Vorerbin anderweitig letztwillig verfügt, ist nach absolut hM zulässig (Staudinger/Otte § 2065 Rn.19 ff. m.w.N.). Des weiteren ist es zulässig, die Bedingung bereits mit der Errichtung der betreffenden letztwilligen Verfügung eintreten zu lassen (Staudinger/Otte § 2065 Rn.28). Dennoch verbleiben hier in Bezug auf die letztwillige Verfügung Zweifel, die sich nach meiner Ansicht nur durch einen Erbschein ausräumen lassen:

    a) Die Frage der in den Nacherbenvermerk aufzunehmenden Ersatznacherbfolge ist nicht geklärt (Schlamperei des Notars). Wenn dies das einzige Problem wäre, würde ich allerdings keinen Erbschein verlangen, sondern die Beteiligten zu § 2069 BGB anhören und den Nacherbenvermerk mangels erhobener Einwendungen entsprechend formulieren.

    b) Die Frage der in den Nacherbenvermerk aufzunehmenden Befreiung der Vorerbin ist nicht geklärt (erneute Schlamperei des Notars). Das ist eine Frage der individuellen Testamentsauslegung, die das Grundbuchamt nicht klären kann.

    c) Es ist nicht geklärt, ob es einen Verstoß gegen die Testierfreiheit der Vorerbin darstellt, wenn der Eintritt der Bedingung an die Errichtung einer notariellen Verfügung von Todes wegen geknüpft wird, sodass offen bleibt, ob die Bedingung auch mit der Errichtung einer (nach den gesetzlichen Formvorschriften wirksamen) privatschriftlichen letztwilligen Verfügung eintritt. Diese Frage kann nur im Erbscheinsverfahren geklärt werden, weil die Nacherbfolge im Erbschein dann so oder anders zu formulieren ist (ebenso wie der Nacherbenvermerk).

    Die vorstehenden Fragen spielen allerdings nur dann eine Rolle, wenn im vorliegenden Fall überhaupt ein Nacherbenvermerk einzutragen ist, was bei zum Nachlass gehörenden Gesamthandsanteilen -z.B. bei einen gütergemeinschaftlichen Anteil des Erblassers- zwar überwiegend verneint (zuletzt BGH Rpfleger 2007, 383 m. Anm. Armbruster = FamRZ 2007, 1015 = NJW 2007, 2114 = ZEV 2007, 323 m. Anm. Schaub = FGPrax 2007, 133 = DNotZ 2007, 700), im Wege des „schlafenden“ Nacherbenvermerks -ohne bestehende Verfügungsbeschränkung- aber mit beachtlichen Gründen bejaht wird (Ludwig Rpfleger 1987, 155; Jung Rpfleger 1995, 9; Bestelmeyer Rpfleger 1992, 229, 233 und Rpfleger 2008, 552, 556; Böhringer Rpfleger 2007, 260; Meikel/Böhringer § 51 GBO Rn.63; Bauer/von Oefele/Schaub § 51 Rn.200, 201; Demharter § 51 Rn.4; Schmid BWNotZ 1996, 144; a.A. Köster Rpfleger 1991, 97, 99; offen gelassen von KEHE/Eickmann § 51 Rn.34). Denn wenn ohnehin kein Nacherbenvermerk einzutragen und demzufolge nur die Ehefrau im Wege der Erbfolge als Alleineigentümerin einzutragen wäre, kann es auf seinen zutreffenden Inhalt nicht mehr ankommen. Die zu a) bis c) gestellten Fragen betreffen aber ausschließlich solche inhaltlichen Komponenten.

    Es ist demnach zu prüfen, ob es sich beim gütergemeinschaftlichen Anteil des Erblassers nach niederländischem Recht um einen dem deutschen Rechtsverständnis entsprechenden Gesamthandsanteil handelt. Dies ist jedoch mit der hM zu verneinen (OLG Oldenburg Rpfleger 1991, 412; OLG München Rpfleger 2009, 445 m.w.N), sodass der Weg zur Eintragung eines Nacherbenvermerks grundsätzlich eröffnet ist.

    Fazit: Alleine die Tatsache, dass deutsches Erbrecht nur kraft Rückverweisung zur Anwendung kommt, würde das Verlangen nach einem Erbschein nicht rechtfertigen (LG München I a.a.O.). Es sind jedoch im Hinblick auf den notwenigen Inhalt des Nacherbenvermerks noch Fragen zu klären (Ersatzerbfolge, Befreiung der Vorerbin, Zulässigkeit der Formbestimmung durch den Erblasser im Zusammenhang mit der gesetzten auflösenden Bedingung), die sich ohne weitere Ermittlungen nicht beantworten und demzufolge nur im Erbscheinsverfahren rechtlich beurteilen lassen.

  • Erstmal ein herzliches Danke für die immense Arbeit;
    hinsichtlich der Befreiung der Vorerbin waren der Notar ( und ich) jedoch nicht gar so schlampig, #1 !
    Ich muss morgen noch einiges Nachlesen und komme u. U. noch einmal darauf zurück;
    einen guten Abend,
    Elfi

  • Die Befreiung hatte ich tatsächlich überlesen.

    Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass mich die Sache mit § 2069 BGB nicht gestört hätte, hängt alles an der vom Erblasser angeordneten Notwendigkeit der notariellen Testamentserrichtung für den Eintritt der Bedingung.

    Schöner Fall für eine Beschwerde - oder für einen Erbschein.

  • Als zugegebener Bodenturner der Rechtspflegerzunft habe ich - glücklicherweise innerhalb der Dienstzeit, meine liebe Kollegin!!- noch eine Nachfrage:
    Wenn es so ist, dass nach den in #7 erfolgten Ausführungen der vermerkte Güterstand : "in niederländischer Gütergemeinschaft " keine Gesamthandsgemeinschaft , sondern ein "gebundenes Miteigentum" der besonderen Art darstellt, ist es dann richtig, dass ich mir demzufolge bei der Eigentumsumschreibung auf die Ehefrau hinsichtlich nichtauseinandergesetzter Gütergemeinschaften keine Gedanken machen muss? Auf deutsch: kann ich die Ehefrau als Alleineigentümerin ohne Zusätze eintragen ?
    Weiter habe ich hinsichtlich des Nacherbenvermerkes das Problem, dass ein solcher doch nur einzutragen ist, wenn Nacherbschaft auch besteht.
    In meinem Fall kann die Ehefrau diese Anordnung leicht zu Fall bringen- muss mir allein der Erbschein über den Bestand der Nacherbschaft Auskunft geben oder reicht die Erklärung der Ehefrau,nicht testiert zu haben,aus?

  • Wenn bei einer deutschen Gütergemeinschaft der eine Ehegatte den anderen alleine beerbt (als Voll- oder Vorerbe), trägt man auch nichts über eine beendete nicht auseinandergesetzte Gütergemeinschaft ein, weil sich das Eigentum endgültig (bei Vollerbschaft) oder vorläufig (bei Vorerbschaft) in einer Hand vereinigt.

    Solange der Bedingungseintritt nicht nachgewiesen ist, kannst Du nach meiner Ansicht ohne weiteres vom (Fort)Bestand der Nacherbfolge ausgehen. Die grundsätzliche Frage, ob man einen Erbschein verlangt, ist damit aber nicht geklärt.

  • Da ist meine Kür so richtig danebengegangen- natürlich hast Du Recht!
    Pardon für die saudämliche Frage.

    Wegen des Nacherbenvermerkes wird ermittelt.
    Nochmals Danke.

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