Bedarfsgemeinschaft / nachträgliche Bewilligung / Erhöhungstatbestand?

  • Da ich Beratungshilfe noch nicht so lange bearbeite, habe ich mal eine kleine Frage. Ein Rechtsanwalt beantragt nachträglich die Bewilligung der Beratungshilfe (Angelegenheit ist die Einlegung und Begründung eines Bescheids wg. ALG II) für die Bedarfsgemeinschaft (3 Personen) und hat in seiner Gebührenabrechnung auch die Erhöhung (3 Auftraggeber) geltend gemacht. Ich würde das jetzt so bewilligen und im Beschluss stehen dann für diese eine Angelegenheit alle 3 Mitglieder (Ast, Ehefrau und mj. Kind) als Berechtigte drin - ist das ok so???? Vielen lieben Dank schonmal .....:)

  • Da ich Beratungshilfe noch nicht so lange bearbeite,

    erstaunt mich wenig, ich hab in der Anwärterzeit damit auch nicht viel zu tun gehabt... Genug, um nen Einblick zu kriegen, aber insgesamt zu wenig...

    Zitat

    habe ich mal eine kleine Frage. Ein Rechtsanwalt beantragt nachträglich die Bewilligung der Beratungshilfe (Angelegenheit ist die Einlegung und Begründung eines Bescheids wg. ALG II) für die Bedarfsgemeinschaft (3 Personen) und hat in seiner Gebührenabrechnung auch die Erhöhung (3 Auftraggeber) geltend gemacht. Ich würde das jetzt so bewilligen und im Beschluss stehen dann für diese eine Angelegenheit alle 3 Mitglieder (Ast, Ehefrau und mj. Kind) als Berechtigte drin - ist das ok so???? Vielen lieben Dank schonmal .....:)

    Sofern alle 3 Auftraggeber den Antrag auf Beratungshilfe gestellt haben oder dir anderweitig nachgewiesen ist, dass der RA im Namen von allen dreien handelt (handeln musste), okay. Gerade bei Bedarfsgemeinschaften habe ich damit aber immer ein großes Problem, alldieweil es in manchen Fällen auch so gelagert ist, dass der Einspruch eines einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft Auswirkungen auf die komplette Bedarfsgemeinschaft hat. Insbesondere würde ich wahrscheinlich für das Kind keine Erhöhungsgebühr geben.

  • Gerade bei Bedarfsgemeinschaften habe ich damit aber immer ein großes Problem, alldieweil es in manchen Fällen auch so gelagert ist, dass der Einspruch eines einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft Auswirkungen auf die komplette Bedarfsgemeinschaft hat. Insbesondere würde ich wahrscheinlich für das Kind keine Erhöhungsgebühr geben.


    Der Widerspruch muss zwingend von jedem W-führer erhoben werden; die Eltern handeln dabei nicht nur für sich, sondern auch als gestezliche Vertreter des Kindes. Nochmals: die Bedarfsgemeinschaft ist keine Gemeinschaft oder Gesellschaft im BGB-Sinne
    [FONT=&quot]BSG, Urteil vom 7. [/FONT][FONT=&quot]11. 2006 - B 7b AS 8/ 06 R[/FONT] : [FONT=&quot]
    "Materiellrechtliche Grundlage für die Auslegung des Prozessrechts ist, dass das SGB II keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft als solcher, die keine juristische Person darstellt, kennt, sondern dass - außer bei ausdrücklichem gesetzlichen Ausschluss - Anspruchsinhaber jeweils alle einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, selbst wenn dies in den Bescheiden der Beklagten und - soweit ersichtlich - anderer Arbeitsgemeinschaften (§ 44b SGB II) sowie der Leistungsträger iS des § 6 Abs 1 SGB II nicht deutlich zum Ausdruck kommt [/FONT]...
    [FONT=&quot]Aus der Bedarfsgemeinschaft kann auch ansonsten keine Gesamtgläubigerschaft (§ 428 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) oder eine gesetzliche Verfahrens- und Prozessstandschaft jedes Mitglieds für die Ansprüche der anderen Mitglieder abgeleitet werden. Auch dies würde dem Einzelanspruchscharakter widersprechen; insbesondere wäre die Regelung über die Vertretungsvermutung in § 38 SGB II dann überflüssig.[/FONT]..."

  • Es stellt sich natürlich die Frage, was nun mit dem fehlerhaften Antrag des Rechtsanwalts passieren soll, weil er sich ja selbst besch***



    :gruebel: Steh ich auf dem Schlauch?
    Der Antrag ist doch nicht fehlerhaft (so habe ich #1 gelesen), oder?

    Wenn er also für 3 Beteiligte beantragt hat, bekommt er auch die entsprechende Erhöhung.
    Falls das nicht gemacht hat, bekommt er nur, was er beantragt hat!

  • Gerade bei Bedarfsgemeinschaften habe ich damit aber immer ein großes Problem, alldieweil es in manchen Fällen auch so gelagert ist, dass der Einspruch eines einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft Auswirkungen auf die komplette Bedarfsgemeinschaft hat. Insbesondere würde ich wahrscheinlich für das Kind keine Erhöhungsgebühr geben.


    Der Widerspruch muss zwingend von jedem W-führer erhoben werden; die Eltern handeln dabei nicht nur für sich, sondern auch als gestezliche Vertreter des Kindes. Nochmals: die Bedarfsgemeinschaft ist keine Gemeinschaft oder Gesellschaft im BGB-Sinne
    [FONT=&quot]BSG, Urteil vom 7. [/FONT][FONT=&quot]11. 2006 - B 7b AS 8/ 06 R[/FONT] : [FONT=&quot]
    "Materiellrechtliche Grundlage für die Auslegung des Prozessrechts ist, dass das SGB II keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft als solcher, die keine juristische Person darstellt, kennt, sondern dass - außer bei ausdrücklichem gesetzlichen Ausschluss - Anspruchsinhaber jeweils alle einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, selbst wenn dies in den Bescheiden der Beklagten und - soweit ersichtlich - anderer Arbeitsgemeinschaften (§ 44b SGB II) sowie der Leistungsträger iS des § 6 Abs 1 SGB II nicht deutlich zum Ausdruck kommt [/FONT]...
    [FONT=&quot]Aus der Bedarfsgemeinschaft kann auch ansonsten keine Gesamtgläubigerschaft (§ 428 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) oder eine gesetzliche Verfahrens- und Prozessstandschaft jedes Mitglieds für die Ansprüche der anderen Mitglieder abgeleitet werden. Auch dies würde dem Einzelanspruchscharakter widersprechen; insbesondere wäre die Regelung über die Vertretungsvermutung in § 38 SGB II dann überflüssig.[/FONT]..."

    Wie gut, dass ich hier die Vergütung nicht festsetze, sondern "nur" BerH bewillige... sofern die Voraussetzungen vorliegen für alle, für die beantragt ist... Sonst hätt ich noch mehr Schelte von "meinen" Anwälten bekommen als ich sie eh schon kriege!

    Danke für die Aufklärung, b-g-f :)

  • Zur Ehöhung gibt es eine neue Entscheidung des AG Kiel in juris ( vom 06.11.2009).
    Die tendieren gegen eine Anwendung des Erhöhungstatbestandes in der BerH allgemein!!!

  • Aus den Gründen:

    "Mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BGBl. 2004 I, 718) hat der Gesetzgeber unter anderem die Vorbem. 2.5 VV RVG neu geschaffen; sie lautet: „.Im Rahmen der Beratungshilfe entstehen Gebühren ausschließlich nach diesem Abschnitt.“ Danach ist ein Rückgriff auf Nr. 1008 VV RVG nicht möglich. Der abschließende Charakter des Abschnitts 5 in Teil 2 VV RVG wird vor allem durch die Regelung der Einigungs- und Erledigungsgebühr in Nr. 2508 VV RVG bestätigt. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr ist in diesem Abschnitt hinsichtlich der Entstehensvoraussetzungen und hinsichtlich der Gebührenhöhe vollständig geregelt. Wäre ein Rückgriff auf Teil 1 VV RVG für die Gebühren im Beratungshilfemandat statthaft und Abschnitt 5 Teil 2 VV RVG nicht abschließend, wäre insbesondere die Verweisung in Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 2508 auf die Anmerkungen zu Nr. 1000 und 1002 VV RVG überflüssig. Hätten nämlich die Anmerkungen zu Nr. 1000 und 1002 VV RVG unmittelbar angewendet werden können, hätte es der Verweisung in Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 2508 VV RVG nicht bedurft."

    Also kein Rückgriff auf VV 1008 und auch keine analoge Anwendung mangels planwidriger Regelungslücke.

    Interessant ist auch der Absatz:

    "Der Einwand, Nr. 1008 VV RVG sei anwendbar, weil die Vorschrift nicht die Entstehung einer Gebühr, sondern nur deren Höhe (nämlich: Erhöhung, Zuschlag) regele, und deshalb der Ausschluss von Vorbem. 2.5 VV RVG nicht greife, überzeugt das Gericht nicht. Denn eine Gebühr entsteht nicht als solche, sondern stets in einer bestimmten Höhe. Die Besonderheit des Abschnitts über die Gebühren im Beratungshilfemandat liegt zudem nicht in besonderen Voraussetzungen des Entstehens dieser Gebühren, sondern in der besonderen Höhe der Gebühren – jeweils verglichen mit den entsprechenden Gebühren im „Nicht-Beratungshilfemandat“. Der Abschnitt 5 des Teil 2 VV RVG regelt demnach gerade die Höhe der Gebühren im Beratungshilfemandat abschließend."

    Weiter wird darauf hingewiesen, dass es gleichwohl Auslagen nach 7002 und 7008 gibt, weil der (abgeschlossene) BerH-Abschnitt sich nur auf Gebühren bezieht (und Kosten ja bekanntlich aus Gebühren und Auslagen bestehen).

  • :2danke
    in der Konsequenz gibt das AG als dreimal BerH?
    und hättest Du vielleicht das Az?
    jaja, rauchen kann ich dann selber:))




    Oder es meint dern anderen Fall, den ich schon lange vertrete ( und welcher in der Tat die Mindermeinung darstellt): keine Erhöhung in der BerH, da es auf den Umfang nicht ankommt.

    Einmal editiert, zuletzt von Diabolo (16. Dezember 2009 um 15:04)

  • Ob das Gericht in der Konsequenz dreimal BerH gibt, kann ich nicht rauslesen.. ich vermute aber eher, dass es einmal für alle drei BerH gibt und einmal die 99,96 € abgerechnet werden können.

    Hätte dir auch gleich die Daten geben können, sorry ;) Da sieht man mal wie schnell man auf das "Nicht mehr als was beantragt wurde" eingeschossen ist... ;)

  • Ob das Gericht in der Konsequenz dreimal BerH gibt, kann ich nicht rauslesen.. ich vermute aber eher, dass es einmal für alle drei BerH gibt und einmal die 99,96 € abgerechnet werden können.


    Ich bin mir nicht sicher, aber das geht mE nicht. Wenn 1008 nicht anwendbar ist, müsste jeder Mdt separat abgerechnet werden; egal ob in der BerH oder "Normal".
    Irgendwie hab ich grad nen Knoten im Kopf :confused:Wie rechne ich ab, wenn ich zwei vertrete; der eine bekommt BerH und der andere nicht?

  • Irgendwie hab ich grad nen Knoten im Kopf :confused:Wie rechne ich ab, wenn ich zwei vertrete; der eine bekommt BerH und der andere nicht?



    Wie würdest Du denn ein Wahlmandat in dem Fall abrechnen?


    genau die Frage kann ich grad nicht beantworten. Bin ich doof oder habe ich nur n Knoten im Kopf oder beides?:))

  • M. E. gibt es zwei Möglichkeiten:

    1) Die Mandanten haften kopfteilig. Bei einer Rechnung (Wahlmandat) von, sagen wir mal, 300 Euro, würde ich dann vom Selbstzahler 150 Euro, vom BerH-Mandanten nichts (oder die obligatorischen 10 Euro) fordern.

    2) Beide Mandanten haften gesamtschuldnerisch. Dann würde ich dem Selbstzahler 200,04 Euro (300 Euro abzüglich der aus der Landeskasse erstatteten 99,96 Euro) in Rechnung stellen (ggf. auch noch die 10 Euro in Abzug bringen).

    Bei Lösung 2) ergibt sich dann aber noch das Problem eines evtl. Erstattungsanspruchs des Selbstzahlers gem. § 426 BGB, ist aber nicht Deines.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

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