Am 10. Febr. 2010 fand im JM Stuttgart eine Anhörung zur Besprechung über die Lockerung des Bezirksschutzes im Gerichtsvollzieherwesen statt.
Herr XXXXX eröffnete die Veranstaltung und gab einen Abriss über den Entwurf zur Lockerung des Bezirksschutzes innerhalb des
Amtsgerichts.
Grundlage der heutigen Besprechung sei der Bericht der Arbeitsgruppe der Staatssekretäre vom April 2009 zu den Reformvorschlägen im Gerichtsvollzieherwesen.
Als erstes nahm XXXXX von der DJG zu dem Entwurf Stellung. Die Argumente, die er vorbrachte, wurden mehr oder weniger von allen Interessenvertretern gleichfalls vorgebracht. Im Konsens stößt der Entwurf auf grundsätzliche Ablehnung der Verbände, der
Oberlandesgerichte sowie der Dienstaufsicht.
XXXX führte aus, dass es nach Rücksprache bei den Kollegen keine Zustimmung zu diesem Entwurf gibt. Das Tätigkeitsfeld
des Gerichtsvollziehers ist eine hoheitliche; mit der Lockerung des Bezirksschutzes ist die Neutralität und das unabhängige Handeln des Gerichtsvollziehers gefährdet. Der ausgewählte Gerichtsvollzieher wird bei großen bekannten Inkassounternehmen keine Kostenkorrektur mehr vornehmen. Er führte ferner an:
-Übermäßige Belastung für den Schuldner
-mehrfache Vollstreckungsversuche und Durchsuchungen in den
Räumen des Schuldners
-Koordinierung mehrerer Termine durch den Schuldner zur EV-Abgabe
oder Ratenzahlungen
- Durcheinander bei Abnahme der E.V. durch mehrere Gerichtsvollzieher
- Verpflichtung zur Übernahme
- Aufträge auch außerhalb des eigenen Bezirks
- Verstoß gegen gesetzliches Leitbild der gütlichen Erledigung
- Verstoß gegen das Beamtenrecht dadurch, dass Überlastung erzeugt wird.
-Überlastung führt zu vorzeitiger Erkrankung und Frühpensionierung auf
-Kosten der anderen Gerichtsvollzieher, wenn bei großen Gerichten wie
Mannheim, Stuttgart usw. ein Gerichtsvollzieher z.B. alle Aufträge der
GEZ erhält, ist der Gerichtsvollzieher nach kürzester Zeit überlastet.
- Im Gegenzug führt die Auflösung des Bezirksschutzes bei manchen
Kollegen zu Unterbelastung und somit zu Ertragsschwäche; Folge
daraus sind zuhauf Bürokostenerstattungsanträge bei den OLG’s
-eine gütliche Erledigung mit Ratenzahlungen wird schwieriger, eine
Koordinierung bei mehreren GV‘s unmöglich
- Problematik mit anderen Vollstreckungsorganen (Vollstreckungsgericht,
Vollziehungsbeamte) besteht zwar, verschärft sich dann erheblich.
Auch die Vertreter von Ver.di argumentierten ähnlich.
Auch Kollege XXXX nahm auf die vorgebrachten Argumente ausführlich Bezug. Er betonte, dass der Gerichtsvollzieher nach jetziger
Leseart keine Möglichkeit habe, Aufträge abzulehnen oder weiterzuleiten. Der frei zu wählende Gerichtsvollzieher ist ausschließlich
für die Bearbeitung der Zwangsvollstreckungsaufträge zuständig. Er habe nach jetziger Gesetzeslage keine Möglichkeit, zu delegieren
Die Möglichkeit, dass dem Namen nach bekannte Gerichtsvollzieher überwiegend beauftragt werden und weniger bekannte nicht, ist bei dieser Vorlage vorprogrammiert; es kommt somit zu einer erheblichen Auftragsverlagerung, einhergehend mit einer zu erwartenden Unwirtschaftlichkeit durch zu hohen Zeitaufwand und zu langen Wegstrecken (der GV muss alle Aufträge persönlich erledigen).
Die Vertreter des JM bedankten sich für die sehr sachlich geführte Diskussion und waren doch sehr überrascht, dass von allen Beteiligten außerhalb des JM eine so starke Ablehnung ihres Entwurfes erfolgte. Sie konnten auch in der gesamten Diskussion keine aussagekräftigen Gegenargumente liefern.
Dr. XXXXr versprach, die genannten Argumente in einem noch erheblich zu überarbeiteten Entwurf zu berücksichtigen.
Er mache jedoch sehr deutlich, dass es politisch gewollt ist, den Bezirksschutz auf Amtsgerichtsebene aufzuheben. Daran ließ er keinen Zweifel.
Es würde mich sehr interessieren was man hier im Forum dazu meint. Besonders problematisch ist für mich auch dass - wie im Entwurf - für den GV keine Möglichkeit vorgesehen ist den Auftrag bei Überlastung oder aus wirtschaftlichen Gründen (weite Entfernung des Schuldners) an einen anderen Kollegen abzugeben, der unter Umständen sein Büro näher am Wohnsitz des Schuldners hat. Dies kann dazu führen, dass man wegen eines einzelnen Auftrages bis zu 50- 100 Km und mehr über seine jetzige Bezirksgrenze hinausfahren muss. Viele GV's haben in den letzten Jahrzehnten ihre Büro's in der Nähe des Amtsbezirks eingerichtet wie es von der Justizverwaltung ja auch gefordert war. Viele Schuldner haben kein Fahrzeug und in ländlichen Bezirken ist das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel nicht gut. Gerade bei EV-Terminen hat es sich herausgestellt, dass Schuldner mit weiten Wegen einfach nicht mehr erscheinen und warten dass sie dann später aufgrund des Haftbefehls die EV (irgendwann am Abend) in ihrer Wohnung abgeben können.