850c ZPO + Unterhalt bei volljährigen Kindern

  • Ich habe folgendes Problem:
    Der Schuldner möchte zwei unterhaltsberechtigte Kinder "angerechnet" bekommen.
    Diese sind jedoch volljährig (unter 25, also kein eigenes Hartz IV), haben jeweils eine abgeschlossene Berufsausbildung, zurzeit kein Einkommen und leben "zu Hause".
    So wirklich finde ich nichts Passendes, meine aber, eine Berücksichtigung ist möglich.

    Habt Ihr Bedenken? Besten Dank!

  • Er muss doch irgendwelche Nachweise erbringen, dass er noch unterhaltsverpflichtet ist. Wurde Hartz IV für die "Kinder" abgewiesen, weil er zu viel Einkommen bezieht? Dann könnte der Schuldner vielleicht einen erhöhten unpfändbaren Betrag erhalten - mit Augen und Hühneraugen Zudrücken.

    Stehen sie auf seinem Einkommensnachweis drauf? Kriegt er Kindergeld? Irgendwas, das ihn als Unterhaltspflichtigen ausweist? Ansonsten würde ich als Gläubiger da heftig widersprechen.

  • Ja, ALG II wurde abgelehnt, da das Einkommen des Schuldners zu hoch ist. Grundsätzlich würden die aber in einer Bedarfsgemeinschaft geführt. Sehe ich zumindets so. :gruebel:

  • Nach Abschluss seiner Ausbildung trifft das volljährige Kind eine umfassende Erwerbsobliegenheit. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für den barunterhaltspflichtigen Elternteil im Verhältnis zum minderjährigen Kind (BHG FamRZ 1985,1245 und FamRZ 1987,930).
    Eine Unterhaltsverpflichtung seitens des Vaters ist daher m.E. zu verneinen.
    Mit der Konsequenz, dass kein Freibetrag in Betracht kommt.

  • Nach Abschluss seiner Ausbildung trifft das volljährige Kind eine umfassende Erwerbsobliegenheit. Für die Nutzung seiner Arbeitskraft gelten ähnliche Maßstäbe wie für den barunterhaltspflichtigen Elternteil im Verhältnis zum minderjährigen Kind (BHG FamRZ 1985,1245 und FamRZ 1987,930).
    Eine Unterhaltsverpflichtung seitens des Vaters ist daher m.E. zu verneinen.
    Mit der Konsequenz, dass kein Freibetrag in Betracht kommt.



    Ich glaube kaum, dass man das hier anwenden kann, weil es sich nicht um eine unterhaltsrechtliche Familienangelegenheit gehen dürfte. Das Insolvenzgericht ist aber kein Familiengericht und kann somit materiell-rechtliche Unterhaltsfragen nicht klären.

    Ich sehe kein Problem darin das Kind zu berückichtigen, wenn es keine Einkünfte hat. Und Obliegenheiten wie der Schuldner hat das Kind nun mal nicht.

  • Dass eine Unterhaltspflicht besteht, ergibt sich - wie oben bereit benannt - aus § 1601 BGB.
    Ein "normaler" Gläubiger wird sich diese Unterhaltspflicht auch entgegenhalten lassen müssen, sofern wegen Kindesunterhalt vollstreckt wird, sind die gegenständlichen Unterhaltspflichen unbeachtlich, da diese dem Kindesunterhalt nachrangig sind.

  • wenn wir eine Bedarfsgemeinschaft haben, dann greift die Entscheidung des OLG F, 24 U 146/07



    Da ging es um Angehörige, für die keine gesetzliche Unterhaltpflicht besteht. Ist also nicht anzuwenden.




    Dies wäre aber mein, "dann erst Recht" Argument.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Maßgebend ist doch, ob der Sch. kraft Gesetztes unterhaltspflichtig ist. Ein Elternteil ist seinem volljährigen Kind gegenüber bis zum Abschluss der ersten Ausbildung unterhaltspflichtig. Dann steht dem Kind noch eine Orientierungsphase zu, in der es sich um eine Arbeit bemühen muss. Die Dauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das steht so sinngemäß im Münch. Komm zum BGB, §§ 1601, 1610. Ich hatte mal einen ähnlichen Fall. Da hab ich dann angeordnet, dass das Kind für die nächsten drei (oder 6?) Monate als unterhaltspflichtig zu berücksichtigen ist, wg. der dem Kind zustehenden Orietierungsphase.

  • wenn wir eine Bedarfsgemeinschaft haben, dann greift die Entscheidung des OLG F, 24 U 146/07



    Da ging es um Angehörige, für die keine gesetzliche Unterhaltpflicht besteht. Ist also nicht anzuwenden.




    Dies wäre aber mein, "dann erst Recht" Argument.



    Sehe ich auch so. Die gesetzliche Unterhaltspflicht besteht ja nach § 1601 BGB sowieso und der Schuldner lebt in Bedarfsgemeinschaft mit den Kindern. Von daher würde ich einen erhöhten Bedarf sehen.

    Und der Schuldner gewährt offensichtlich ja auch Unterhalt, indem er die "Kinder" in seinem Haushalt leben lässt und sie mit beköstigt und ausstattet. Die "Kinder" haben ja nun mal kein eigenes Einkommen.

  • Warum willst Du über § 850f Abs. 1 ZPO gehen, wenn § 850c ABs. 1 Satz 2 ZPO schon die Berücksichtigung zulässt?

    Lies mal den § 850f Abs. 1 ZPO durch:

    ...von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, d und i pfändbaren Teil...

    Wenn also das Kind nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO berücksichtigungsfähig ist, ist für die Anwendung des § 850f Abs. 1 ZPO kein Raum.

    Das mit der Bedarfsgemeinschaft kommt m.E. nur in Betracht, wenn keine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung besteht.

    Man kann auch nicht hingehen und argumentieren, dass eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung nur für die erste Ausbildung besteht, wenn die Arge die Leistung mit Hinweis auf die Bedarfsgemeinschaft ablehnt.

  • Warum willst Du über § 850f Abs. 1 ZPO gehen, wenn § 850c ABs. 1 Satz 2 ZPO schon die Berücksichtigung zulässt?



    :gruebel: Das ist auch wieder wahr. Aber offenbar berücksichtigt der Arbeitgeber das nicht, oder? Das steht natürlich im Sachverhalt nicht wirklich drin, warum und wonach ein Antrag gestellt wurde. :gruebel:

    Was müsste der Schuldner denn veranlassen, wenn der Arbeitgeber die Unterhaltspflichten nicht von sich aus beachtet? Beratungshilfe und ab zum Anwalt?

  • Nein, so wirklicht ist der SV nicht ganz klar.

    Wenn es um den AG des Schuldners geht, dann kann er ihm mitteilen, dass er den Kindern noch aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt zahlt. Wenn er den Ablehnungsbescheid nach SGB II vorlegt, dürfte das nicht so ein großes Problem sein. Der AG könnte auch hierzu eine Klarstellung beantragen. Ebenso der Schuldner, was er hier wohl auch gemacht hat, auch wenn es anders formuliert wurde.

    Es gibt grundsätzlich keine Veranlassung die Berücksichtigung per Beschluss anzuordnen, weil es hierfür keine Vorschrift gibt. Es ergibt sich schon aus dem Gesetz heraus, dass Personen, denen der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt zahlt, zu berücksichtigen ist. Wie gesagt, allenfalls Klarstellung, dass das Kind zu berücksichtigen ist, weil die Voraussetzungen des § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO vorliegen.

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