Wie belehrt Ihr bei bestehen eines Wohnrechts (Allgemeine Frage)

  • Hallo allerseits,

    ich möchte gerne eine allgemeine Frage zu den bei Euch üblichen "Sitten und Gebräuchen" stellen, da dies bei einem Arbeitstreffen von uns (4 ) benachbarten Betreuungsrechtspflegern/innen Thema gewesen ist:

    Ausgangslage: Betroffene/r zieht ins Heim, es besteht ein lebtägliches "blankes" Wohnrecht (kein Nießbrauch).
    Betroffener verfügt über ausreichend liquides Vermögen/Einkommen in ausreichender Höhe um ihm einen Heimaufenthalt für längere Zeit (den mutmaßlichen Rest seines Lebens, sofern man das anhand Alter und Gesundheitszustand nach vernünftigen Erwägungen erwarten kann) zu ermöglichen.

    Wir haben nun festgestellt, dass wir hier höchst unterschiedlich verfahren. Zwei von uns belehren die Betreuer gleich und rein vorsorglich über die Notwendigkeit aus dem Wohnrecht Kapital zu ziehen wenn die Wohnung vermietet oder von den im Haus lebenden Angehörigen genutzt wird.

    Ein Kollege verlangt umgehend Löschung gegen Ablöse. Die 4. von uns wird erst tätig, wenn abzusehen ist, dass das liquide Vermögen des/r Betroffenen demnächst zur Neige geht und das Sozialamt mit ins Boot kommt.

    Uns würde nun interessieren, wie dies die Praxis "draußen" handhabt.

    Vielen Dank für Eure Einschätzungen!

    Mit besten Wünschen zum neuen Jahr!
    Stella

  • Zunächst kommt es darauf an, ob die Überlassung der Ausübung des Wohnungsrechts gestattet ist, weil sich die Frage nach einer Ablösung des Rechts wohl nur im verneinenden Falle stellen kann. Aber auch in diesem Fall würde mich interessieren, wo der Kollege, der "umgehend die Löschung gegen Ablöse verlangt", hierfür die Rechtsgrundlage hernimmt.

  • Erst mal ist es so, dass der Betreuer entscheidet, was er mit dem Wohnrecht vornimmt.
    Das Gericht kann Empfehlungen aussprechen, keine Weisungen. Könnte es anweisen, kann es die Betreuung auch selber führen.

    Eine Vermietung ist im Zweifel nicht möglich § 1092 I, Umkehrschluss aus § 1093 II BGB.
    Ich habe mir einige Entscheidungen notiert:

    Die Geschäftsgrundlage für die Beschränkung auf eine höchstpersönliche Nutzung des Wohnrechts kann je nach den Umständen bei Existenzgefährdung des Berechtigten wegfallen. Die Anpassung kann es dann gebieten, dem Berechtigten bei notwendiger auswärtiger Unterbringung die durch Vermietung oder sonstige Nutzung zu erzielenden Beträge zukommen zu lassen. Die existenzbedrohende Notlage ist ohne Rücksicht auf Sozialhilfeleistungen zu beurteilen.Der in ein Pflegeheim ziehende Wohnungsberechtigte kann ausnahmsweise verlangen, dass die dem Wohnungsrecht unterliegenden leer stehenden Räume an Dritte vermietet werden, wenn dies dem Verpflichteten zumutbar ist.OLG Köln Beschlus vom 06.02.1995 – 2 W 21/95 – (FamRZ 1995, 1408)
    - in den Gründen von OVG NRW Urteil vom 19.09.2000 – 22 A 3473/98 – zitiert (Vorinstanz: VG Köln – 18 K 6755/97 -) -
    Der in ein Pflegeheim ziehende Wohnungsberechtigte kann ausnahmsweise verlangen, dass die dem Wohnungsrecht unterliegenden leer stehenden Räume an Dritte vermietet werden, wenn dies dem Verpflichteten zumutbar ist.OLG Celle Beschlüsse vom 13.07.1998 – 4 W 129/98 – (NJW-RR 1999, 10) und vom 19.07.1998 – 4 W 123/98 – (MDR 1998, 1344)


    Ein in der Person des Berechtigten liegendes Ausübungshindernis führt nicht generell zum Erlöschen des Wohnrechtes, selbst wenn das Hindernis auf Dauer besteht.Kann der Berechtigte sein auf Lebenszeit eingeräumtes Wohnungsrecht wegen eines medizinisch notwendigen Aufenthaltes in einem Pflegeheim nicht ausüben, kommt die Begründung einer Zahlungspflicht des Verpflichteten im Wege der Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nur in Betracht, wenn der Heimaufenthalt auf Dauer erforderlich ist und die Vertragsschließenden nicht mit dem Eintritt des Umstandes gerechnet haben; fehlen diese Voraussetzungen, kann die ergänzende Vertragsauslegung einen Geldanspruch des Berechtigten begründen.BGH Urteil vom 19.01.2007 – V ZR 163/06 -, FamRZ 2007, 632und besonders


    Enthält die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung eines Wohnungsrechts keine Regelung, wie die Wohnung genutzt werden soll, wenn der Wohnungsberechtigte sein Recht wegen Umzugs in ein Pflegeheim nicht mehr ausüben kann, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Eine Verpflichtung des Eigentümers, die Wohnung zu vermieten oder deren Vermietung durch den Wohnungsberechtigten zu gestatten, wird dem hypothetischen Parteiwillen im Zweifel allerdings nicht entsprechen.
    BGH, Versäumnisurteil vom 9.1.2009, V ZR 168/07, Rpfl. 6/2009; FamRZ 2009, 598; http://lexetius.com/2009,229


    Ich weiß somit nicht, wieso ihr euch die geäußerten Gedanken macht.

  • interessante Frage.

    Ich gehe davon aus, dass die Frage betr. Vermietung oder sonstiger Überlassung der Räume und Geltendmachung einer Ausgleichsforderung nur verfolgt wird wenn die Überlassung der Ausübung des Wohnrechts an Dritte gestattet war. Das ist oftmals nämlich gar nicht der Fall.
    Wenn dies aber zutrifft, dann wäre bspw. bei Vermietung darauf zu achten, dass die Mieteinnahmen nicht an den Eigentümer sondern an den/ die Betroffene gehen.

    Auf die Löschung des Wohnrechts drängte ich nur dann, wenn die Heimkosten nicht mehr aus dem Betreutenvermögen abgedeckt werden können.

    uups, andere waren schneller

  • Ich denke mal, der erste Ansatz ist: Was will der Betreute! Ich hatte einige Fälle, bei denen eindeutig keine Aufgabe gewünscht wurde. Wenn ausreichend Vermögen vorhanden ist, muss dieser Wunsch akzeptiert werden (gleiches gilt für Mietwohnungen). Wenn Betreuter Aufgabe wünscht oder keine Angaben mehr machen kann, stellt sich erst die Frage, ob man dafür was "rausholen" kann. Das hat ja Cromwell schon geschrieben.

  • folgender Fall:
    Die Betroffene hat ein Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB.
    Sie musste vor 1 Jahr ins Krankenhaus und danach ins Pflegeheim.
    Es ist aber nicht auszuschliessen, dass sie irgendwann wieder nach Hause kann, so gesehen kommt eine Aufhebung des Wohnungsrrecht nicht in Betracht.
    Nun aber stellt sich die Frage hinsichtlich der laufenden Kosten (Strom, Wasser, Heizöl ...). Hierzu enthält der Vertrag (den ich der Grundakte entnommen habe) , dass die Verbrauchskosten hälftig zu teilen sind zwischen Überlasser und Übernehmer mit dem Zusatz:
    Diese Teilung soll unabhängig von der im Hause lebenden Personenzahl erfolgen.

    Meine Frage:
    Muss sich die Betroffene an den Verbrauchskosten weiterhin beteiligen auch wenn sie derzeit keine Kosten wie Strom, Wasser, Heizöl zu Hause verursacht ?
    Die Betreuerin teilt die Kosten weiter seit 1 Jahr hälftig auf weil es der Wunsch der Betroffenen sei. Ssollte ich die Betroffene insoweit vielleicht zur Rechnungslegung persönlich anhören um diese Frage zu klären ?

  • Das sehe ich auch so, allerdings muss ein Punkt thematisiert werden:
    Die Geschäftsgrundlage ist teilweise weggefallen. Die vertragliche Regelung über die verbrauchsabhängigen Kosten sollte der Vereinfachung dienen unter der unausgesprochenen Bedingung, dass das Wohnrecht ausgenutzt wird. Das ist nicht mehr der Fall, zumindest für unabsehbare Zeit nicht. Die von der Betroffenen produzierten Verbräuche sind auf ein Minimum zurückgefahren.
    Die Betroffene kann deshalb nach § 313 BGB eine Anpassung des Vertrages verlangen.

    Verbrauchsabhängige Kosten kann die Betroffene nur noch zum geringeren Teil produzieren. Auf sie entfallen natürlich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Wohnung weiterhin die Kosten für Strom, Heizöl und Wasser und Wartungsarbeiten. Bei Instandsetzungskosten dürfte das nicht der Fall sein (§§ 1093I2, 1041 II BGB).Schließlich kann die Betroffene nicht die Heizung abstellen und bei Frost frieren die Rohre zu und platzen.
    Über diesen Rahmen hinausgehende Verbräuche bestimmt der Eigentümer durch sein u. U. übertriebenes Verbrauchsverhalten, es kann nicht sein, dass das klaglos in Form einer Kostenbeteiligung hingenommen werden muss.

  • Naja, Wegfall der Geschäftsgrundlage ist so eine Sache. Insbesondere in einem Fall, in dem von vornherein in Kauf genommen wurde, dass eine Partei evtl. (erhebliche) Mehrkosten übernimmt. Prozess könnte in die Hose gehen!

  • Die Erfolgsaussichten schätze ich nicht so pessimistisch ein wie Uschi. Aber was sollen wir uns hier kloppen, wo andere das Urteil fällen.

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