Genehmigung Pflichtteilsverzicht

  • Der Betreuer teilt mit, dass die Eltern des Betreuten möchten, dass der Betreute vom Erbe zurücktritt und übermittelt folgendes Schreiben der Eltern:

    "Im gegenseitigen Einvernehmen ist unser Sohn einverstanden, auf das Pflichterbe beim Ableben der Eltern zu verzichten.
    Zum Ausgleich bekommt er von seinen Eltern und Geschwistern materielle und finanzielle Unterstützung sowie Hilfestellung in allen Lebenslagen, soweit es uns möglich ist, seine Lebensqualität etwas zu verbessern.
    Der Verzicht begründet sich damit, dass fremde Personen oder Institutionen auf das Familieneingentum (Erbe) kein Mitspracherecht haben."
    Der Betreute ist insoweit verständig als dass er die Bedeutung des Anliegens seiner Eltern versteht. Er hat wohl 2 Geschwister, zu deren Gunsten er zurücktreten soll, stattdessen kümmern sich die Eltern zu Lebzeiten um ihn.

    Der Betreuer hat keine Einwände gegen den Pflichtteilsverzicht. Er teilt insoweit mit:

    "Der Betreute wird aufgrund seiner Behinderung lebenslang nicht ihne fremde Hilfe leben können und somit auch sein weiteres Leben in einem Heim verbringen müssen.
    Dies würde bedeuten, wenn z.B. der Betreute einen größeren Barbetrag vererbt bekäme, dass dieser an den Sozialhilfeträger abgeführt werden müsste (bei überseigendem Schonvermögen).
    Bei Pflichtteilsverzicht erkenne ich keine Nachteile für den Betreuten.
    Der Betreute kann eindeutig den vorliegenden Sachverhalt erfassen und sich sprachlich dazu eindeutig äußern. Geschäftsfähigkeit liegt vor. Er ist auch bereit die Willenserklärung notariell beurkunden zu lassen.
    Der Betreute ist blind, hat 10 Klassen-Abschluss, hat seinen Facharbeiter als Programmierer gemacht und arbeitete sogar zeitweise in einem Rechenzentrum."

    Was haltet ihr davon? Ich habe ja totale Bauchschmerzen, das zu genehmigen.

    Klar, es würde ihm insoweit kein Nachteil entstehen, als das Erbe zum Großteil vom Sozialhilfeträger vereinnahmt würde. Aber enterben, damit die Staatskasse keinen Zugriff hat?
    Halte das für höchst fragwürdig.

    Irgendwo habe ich mal etwas davon gelesen, dass in ähnlichen Fällen die Eltern auf ein "Behindertentestament" verwiesen wurden.

    Was ist das denn? Habe dazu (inhaltlich) nichts finden können.

    Und wäre das hier angebracht?

    Oder brauche ich mir gar keine Gedanken machen, weil der Betreuer mitteilte, dass Geschäftsfähigkeit vorliegt. Andererseits lese ich aus der Akte, dass bei dem Betreuten ein frühkindlicher Hirnschaden vorliegt.

    Sollte ich erst mal anhören?

    Wäre eigentlich eine Aufgabenkreiserweiterung „Erbangelegenheiten“ erforderlich?

    Ihr seht, ich bin ziemlich unsicher und hoffe, ihr könnt mir mit eurer Erfahrung weiterhelfen.

    LG
    dibalao

  • Ich würde einen Verfahrenspfleger bestellen, mit der Begründung, dass der Betroffene die Tragweite der zu treffenden Entscheidung nicht überblicken kann. Ich könnte mir vorstellen der Verfahrenspfleger wird die Aufgaben der Eltern und der Geschwister zugunsten des Betroffenen genauer definieren, denn mit lebenslanger Fürsorge könnte ja auch sein, dass der Betreute ins Heim kommt und die Geschwister pünktlich die Kostenrechnungen bezahlen (mal krass ausgedrückt).<br />
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    In einem ähnlichen Fall hab ich mal eine Erbausschlagung beurkundet und mich gewundert, weshalb der Sohn das Erbe der Eltern im 6-stelligen Bereich ausschlägt. Seine Schwester war damit Alleinerbin. Im Gesprächsverlauf stellte sich heraus, dass der Ausschlagende Sozialleistungen bezieht, die zurückzugewähren wären, würde er erben. Durch diese Entscheidung ist er zwar auf den guten Willen der Schwester angewiesen, aber wenn Einigkeit besteht, kann man da als Nachlassrechtspfleger gar nichts machen und muss die Ausschlagung entgegennehmen.<br />
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    Ich denke auch im vorliegenden Fall, wird es wohl so ähnlich ablaufen, nur sollten die Verpflichtungen für die Familienangehörigen konkreter ausformuliert sein und weiterhin muss geregelt sein, was im Falle der Nicht-Erfüllung eintritt.<br />
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    Aufgabenkreiserweiterung halte ich für Quatsch, der Erbfall ist ja noch nicht eingetreten. Ich denke der Aufgabenkreis Vermögenssorge deckt diesen Vertrag ab.<br />
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    Schöne Grüße Döner

  • Wäre ja mal gut zu wissen, auf was genau der Betroffene verzichtet. Hast Du einen entsprechenden Vertrag, in dem sich die Beteiligten verpflichten im Gegenzug auf den Verzicht die lebenslange Unterstützung in welcher Form auch immer (sollte schon irgendwie genauer benannt sein) zu leisten?

  • Das "Schreiben" ist formunwirksam, daher kann derzeit keine Genehmigung im Raum stehen. Aber auch wenn es der Form entsprechen würde, wäre es nicht genehmigungsfähig, da alles nur vage Versprechungen und keine nachprüfbaren Verpflichtungen der Eltern und Geschwister enthalten sind.
    Ich würde ebenfalls auf ein Behindertentestament verweisen.

  • @ Döner:
    Also mein Betreuter wohnt bereits im Heim, konkretere Vereinbarungen als oben beschrieben sind noch nicht getroffen.
    Und den Verfahrenspfleger könnte ich schon im jetzigen Verfahrensstadium bestellen, um gemeinsam mit dem Sohn einen Vertrag aufzusetzen, um allen und allem gerecht zu werden?


    @ Cappuccino:
    Konkretere Angaben habe ich nicht.

    @ Uschi:
    Kannst du mir etwas zum Inhalt eines Behindertentestaments schreiben?

    Vielen Dank + LG
    dibalao

  • Hatten hier schon einige Diskussionen, versuche es bitte mit der Suchfunktion, es steht schon viel im forum. Wenns allgemein sein soll, ich hatte seinerzeit wikipedia benutzt, um im groben einen Einblick zu bekommen. ISt dort recht gut zusammengefasst und beschrieben.

  • Also wir wissen doch, das Rechtsgeschäft darf für den Betreuten nicht nachteilig sein, sonst kann keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erteilt werden. Die Gegenleistung halte ich für relativ schwammig formuliert. Welchen Vorteil hätte denn der Betreute wenn er auf seinen Erbteil verzichtet? Ich hatte Dein Eingangspost so verstanden, dass Dir bereits ein konkreter Genehmigungsantrag vorliegt. Ist der Betreuer "nur" ehrenamtlich ohne juritische Kenntnisse würde ich die Akte dem Richter vorlegen mit der Bitte um Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwecks Prüfung zum Abschluss eines Erbteilverzichtsvertrages. Dieser könnte dann aktiv an der Ausgestaltung des Vertrages zugunsten des Betroffenen mitwirken.

    Wegen dem Behindertentestament musst Du Dich mal belesen, da hab ich auch keine Ahnung. :(


  • @ Uschi:
    Kannst du mir etwas zum Inhalt eines Behindertentestaments schreiben?


    Betreuter wird Miterbe nach beiden Eltern, jeweils Vor- und Nacherbfolge und Testamentsvollstreckung. Aufgabe des TV ist die ausschließliche Verwendung des dem Behinderten Zugeflossenen für zusätzliche Vergünstigungen z.B. Urlaub, Hobby etc. Muss unbedingt von einem kompetenen Notar aufgesetzt werden, der damit Erfahrung hat. Meist wissen die Behinderteneinrichtungen, wer darauf vor Ort spezialisiert ist.

    Im Ergebnis eigentlich genau, was die Eltern jetzt wollen, nur ohne Verzicht des Betreuten. Daher kann beim Eintritt des Erbfalls noch geprüft werden, ob es für den Betreuten vorteilhaft ist oder nicht (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung etc.)

  • Wenn der Betreute geschäftsfähig ist, kann er selbst verzichten und es hat niemanden zu interessieren, weshalb und und zu welchen Bedingungen.

    Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass man als Rechtspfleger beim Familiengericht oder beim Vormundschafts-/Betreuungsgericht über die Grundzüge eines Behindertentestaments und die hiermit in Zusammenhang bestehenden Probleme schon Bescheid wissen sollte.

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