Wie weit reicht die Geständnisfiktion im Kostenfestsetzungsverfahren?

  • Hallo,

    mich würde Folgendes interessieren:

    Wie weit reicht die - laut BGH ja auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltende - Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO?


    "(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht."

    Beispiel:
    RA1 macht für seine Partei zu hohe Fahrtkosten zum Termin geltend (Ort x ist von Ort y nur 50km statt 70km entfernt) und dem Vortrag wird nicht widersprochen.

    Bei der Entfernung handelt es sich ja um eine "Tatsache" i.S.d. § 138 Abs. 3 ZPO, sodass das Gericht 70km zu Grunde legen müsste.

    Gerade bei nicht von RAen vertretenen Parteien hätte die konsequente Anwendung von § 138 Abs. 3 ZPO weitreichende Folgen, da - wenn es sich nicht um Rechtsfragen handelt, die nicht von § 138 Abs. 3 ZPO abgedeckt sind - fast immer antragsgemäß festzusetzen wäre (betrifft z.B. Kopierkosten, Kosten des UBV, Inkassokosten des Mahnverfahrens, etc.)

    Bin auf Meinungen gespannt ;)

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich glaube, das Thema war hier schon mal Gegenstand einer Diskussion.

    Auf jeden Fall gilt bei mir selbstredend die Maxime: Es sind nur tatsächlich angefallene Kosten zu berücksichtigen, so dass spätestens da die Geständnisfiktion bei mir an ihre Grenzen stößt. Ich halte rein gar nichts davon, ohne Prüfung der Gegebenheiten einfach irgend etwas Beantragtes festzusetzen, nur weil die Gegenseite nicht bestritten hat. Natürlich haben wir uns mit dem Beantragten auseinanderzusetzen, zu prüfen und nicht entstandene/erstattungsfähige Kosten zu monieren bzw. abzusetzen. Anderenfalls würde das gesamte KFV ad absurdum geführt werden. Mir ist bekannt, dass es Gerichte gibt, die in der Tat festsetzen, was im Antrag steht, wenn sich die Gegenseite nicht rührt. In meinen Augen ist das völlig sinnfrei und dürfte in keinem RM-Verfahren zu halten sein.

    Das KFV hat als Annexverfahren zur Hauptsache die Aufgabe, die KGE betragsmäßig auszufüllen mit den Beträgen, die tatsächlich angefallen/entstanden und erstattungsfähig sind, jedoch nicht mit irgendwelchen Abzocke- oder Fantasiebeträgen. Wäre dem nicht so, sähe ich keinen Sinn im gesamten KFV und den Begriff Erstattungsfähigkeit könnte man getrost streichen. Dass das - insbesondere bei hohen Streitwerten - fatale Auswirkungen hätte für die zahlungspflichtige Seite, liegt auf der Hand. Einfach ausgedrückt: Was erstattungsfähig und festsetzbar ist, entscheidet das Gericht und nicht der Antragsteller. Anderenfalls wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet! § 138 III ZPO ist kein Eingangstor für ungerechtfertigte Bereicherungen.

  • Ich würde hier auch in jedem Fall zwischenverfügen.

    Die Geständnisfunktion greift nach meinem Verständnis nur, wenn bestimmte Dinge behauptet werden, die für die Erstattungsfähigkeit der Kosten von Bedeutung sind. Tatsachen (Entstehung der Gebühren, Streitwert, Entstehung von Fahrtkosten etc.) prüft das Gericht von Amts wegen.

    Beispiele:

    Der RA macht 70 km statt der eigentlichen 50 km geltend und begründet dies mit einer Umleitung. Bzgl. der Begründung "Umleitung" kann die Gegenseite Einwendungen vorbringen. Ansonsten gilt diese als zugestanden.

    RA trägt vor dass die Reisekosten erstattungsfähig sind, weil zur Bearbeitung der Rechtsmaterie Spezialkenntnisse erforderlich sind über die ein ortsansässiger Rechtsanwalt nicht verfügt. Nach der allg. herrschenden Meinung sind die Reisekosten dann erstattungsfähig. Dass Spezialkenntnisse tatsächlch erforderlich waren, müsste die Gegenseite bestreiten.

    Für mich stellt sich hier eigentlich nur eine Frage:

    Muss ich die Gegenseite noch einmal anhören, wenn ich zwischenverfüge und entsprechende Tatsachen vorgetragen werden, obwohl sich die Gegenseite schon nicht zum eigentlichen KFA geäußert hat?

    2 Mal editiert, zuletzt von Doppelte Halbtagskraft (13. August 2012 um 15:22)

  • Ich höre auch in solchen Fällen noch einmal (kurz) an, um den Fall "hätte ich das gewusst, dann ..." zu vermeiden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!