Kündigung des Mietvertrages

  • Hallo,
    der Erblasser war Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Der Grundbesitz ist vermietet. Der Mieter wurde auf Zahlung der rückständigen Mieten vom Nachlasspfleger verklagt und die Kündigung des Mietverhältnisses wurde vom Nachlasspfleger ausgesprochen. Bedarf der Nachlasspfleger für die Kündigung des Mietvertrages einer nachlassgerichtlichen Genehmigung? § 1907 BGB greift hier meiner Meinung nach nicht. Findet § 1812 BGB Anwendung?

  • Siehe hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nachlasspfleger .... Und ich habe inzwischen ein aktuelles Urteil dazu, bin aber gerade nicht im Büro und poste dazu dann später nochmal was.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • In meinem Fall geht es ja um die Kündigung des Mietvertrages mit dem Mieter und nicht wie in dem vorgeschlagenen Traid um den Abschluss des Mietvertrages. Muss die Kündigung nachlassgerichtlich genehmigt werden?

  • Das trifft nur auf die "echte" Pflegschaft bzw. Betreuung zu.

    Die herrschende Meinung vertritt die Auffassung, dass die Verweisungsnorm des § 1915 BGB bei Nachlasspflegschaften insoweit eingeschränkt ist, als dass es sich bei der Anwendnung der dann geltenden Pflegschaftsvorschriften um Normen handelt, die lebende Pfleglinge schützen sollen und bei näherer Betrachtung eine Anwendung dieser Normen für den Fall einer Nachlasspflegschaft am Sinn und Zweck der Norm vorbeigeht.

    Insofern hatte ich auch gedacht, dass mein Verweis in #2 auf den dortigen Thread so verstanden wird, denn im Kern wird das auch für das Problem des Abschlusses eines Mietvertrages so gesehen. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich zuviel Mitdenken und Problembewusstsein vorausgesetzt hatte. Das war ohne weitere Erläuterungen wohl doch irreführend.

    Auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses durch einen Nachlasspfleger (!!!) -und das ist der Unterschied zum Fall des OLG Hamm (!) eben nicht der Genehmigung bedarf, weil es sich um eine Schutzvorschrift für lebende Betreute/Pfleglinge handelt, die bei einer Nachlasspflegschaft unsinnig ist. (Vgl. Schulz/Hamberger, Handbuch Nachlasspflegschaft § 5 Rn 25 ff oder Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft Rn 544 ff).

    Ich mache seit über 15 Jahren Nachlasspflegschaften und habe noch nie eine Mietvertragskündigung (als Nachlasspfleger des Mieters) genehmigen lassen. Das würde ja regelmäßig Wochen dauern, bis die Genehmigung rechtskräftig ist und bis dahin ist mein Sonderkündigungsrecht im Erbfall (binnen 1 Monat auszusprechen) futsch....also Quatsch.

    Ich habe dazu ein recht aktuelles Urteil eines LG (es ging um eine Zivilklage -nicht FamFG-Verfahren- wg. Mietforderung bzw. darum ob wirksam gekündigt war). Das LG hat sich m.E. sehr ausführlich mit der eingeschränkten Verweisung des § 1915 BGB auseinandergesetzt und die Entscheidung begründet. Ich werde mal versuchen, das Urteil in eine Zeitschrift zu bekommen, damit es besser zitiert und gelesen werden kann. Ich kann gerade nicht auf die Urteilskopie zugreifen, werde aber in den nächsten Tagen ggf. aus den Gründen hier nochmals zitieren.

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    3 Mal editiert, zuletzt von TL (23. Mai 2013 um 14:45) aus folgendem Grund: Konkretisiert....

  • Auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses durch einen Nachlasspfleger (!!!) -und das ist der Unterschied zum Fall des OLG Hamm (!) eben nicht der Genehmigung bedarf, weil es sich um eine Schutzvorschrift für lebende Betreute/Pflegline handelt, die bei einer Nachlasspflegschaft unsinnig ist.

    Dann müßte die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter des Erben nach § 564 BGB aber ebenfalls genehmigungsfrei sein? :gruebel: Ist es dagegen nicht, wenn man Blank/Börstinghaus Miete BGB § 564 Rn 27 m.w.N. folgt. Mir leuchet auch nicht recht ein, weshalb der Nachlass durch eine Kündigung hier weniger schützenswert sein soll, als bei einem noch lebenden Pflegling. Bei der Kündigung des Vermieters geht es, anders als bei § 1907 BGB, nur um einen Vermögenswert.

  • Hab mir das jetzt über Mittag nochmal durch den Kopf gehen lassen. Manchmal klären sich die Dinge ja dann und man sieht sie klarer. Aber ich verstehe es immer noch nicht. Da vom Pfleger als Vermieter gekündigt wird, steht nicht der Wohnraum im Vordergrund. Gekündigt wird also ein normales Vertragsverhältnis, aufgrund dessen der Nachlass einen regelmäßigen Zins verlangen könnte. Der Zins wird aber nicht gezahlt, weshalb die Kündigung genehmigungsfähig wäre. Warum ist sie aber nicht genehmigungspflichtig? Und warum ist das jetzt was anderes, nur weil es der Nachlass- und nicht ein anderer Pfleger macht? :confused:

  • Ist der Nachlasspfleger nur Empfänger der Kündigung (egal ob als Vermieter oder Mieter), dann gibt es keine Genehmigungspflicht. Da dürften wir uns einig sein.

    Und jetzt muss ich mich entschuldigen, denn ich bin irgendwie bisher in diesem Thread immer davon ausgegangen, dass der Erblasser nicht Vermieter sondern Mieter ist. So ist es aber laut #1 nicht. 10000x sorry....

    Es kann nur dann zu einer Genehmigungspflicht kommen, wenn der Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben des Erblassers die Kündigung ausspricht und zwar dann, wenn der Erblasser Vermieter war. Dann nämlich wird durch die Kündigung (einer vom Erblasser vermieteten Wohnung) der Nachlass um den Zahlungsanspruch (Mietzins) gebracht und das muss dann auch gerichtlich genehmigt werden. Das ist völlig richtig.

    War der Erblasser jedoch Mieter einer Wohnung und kündigt nun der Nachlasspfleger das Mietverhältnis, dann kommt der Nachlass nur um das Recht, die Wohnung vertragsgemäß nutzen zu dürfen. Das ist natürlich auch ein vermögensrechtlicher Anspruch (geht auf die Eben über), der aber im Gegensatz zu einem Fall mit einem Pfleger/Betreuer, bei dem dann eine neue Wohnung für den Pflegling gesucht werden muss, wesentlich tiefer in die Rechte eines lebenden Pfleglings eingreift. Es könnte ja sein, dass die Pflegschaft nur temporär angeordnet ist und man will damit vermeiden, dass der Pfleger/Betreuer dem Mündel in dieser Zeit einfach so die Wohnung "unter dem Hintern" auflösen kann und Tatsachen schafft, die der Mündel so nicht wollte bzw. ggf. für dessen weiteres Leben nicht sinnvoll sind oder wozu der eigentlich für die Vermögenssorge bestellte Betreuer überhaupt kein Recht hatte (Stichwort: Indirekter Eingriff in das Aufenthaltsbestimmungsrecht).

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  • Die Kündigung der vom Erblasser gemieteten Wohnung durch den für die unbekannten Erben eingesetzten Nachlasspfleger bedarf keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung.

    LG Meiningen, Urt. v. 30.01.2013, 3 S 140/12

    ZEV 9/2013 S.513 ff. mit Anmerkung Dr. Schulz (Vorstand des Bund deutscher Nachlasspfleger / BDN)

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