Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Der gemeinsame Vertreter der Schuldverschreibungsgläubiger istkeine Partei kraft Amtes, sondern Vertreter der einzelnenSchuldverschreibungsgläubiger. Auf ihn ist die Regelung des § 116 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 ZPO nicht anwendbar.


    Für die Frage der Bedürftigkeit kommt es ihm Rahmen einerbeantragten Bewilligung von PKH auf die wirtschaftlichen Verhältnisse derGesamtheit der Vertretenen an.


    OLG Dresden, Beschl. v. 22. 4. 2016 - 13 W 69/16

  • Bei dem Umstand, dass ein in Deutschland ansässiges und hiergewerblich tätiges Unternehmen nicht über ein Geschäftskonto verfügt, handeltes sich um ein wesentliches Indiz für eine Kenntnis von einemGläubigerbenachteiligungsvorsatz.


    Der Fortfall der Umstände für den Eintritt derZahlungsunfähigkeit allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis.Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umständedes Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit beiVornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand.


    OLG Hamburg, Urt. v. 27. 5. 2016 - 1 U 281/15

  • Der Insolvenzantrag gegen eine gelöschte Gesellschaft ist nurzulässig, wenn der Antragsteller noch verteilbares Vermögen glaubhaft macht.

    Weiterhin ist ein Rechtsschutzbedürfnis darzulegen, nämlichdass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geeignet ist, den Gläubigern dieDurchsetzung ihrer Rechte zu erleichtern.


    LG Hamburg, Beschl. v. 6. 5. 2016 - 326 T 28/16

  • Der Geltendmachung einer Nachforderung vonGesamtsozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vor der Eröffnung desInsolvenzverfahrens durch Leistungs- bzw. Zahlungsbescheid während desRestschuldbefreiungsverfahrens steht das insolvenzrechtliche Verbot derEinzelzwangsvollstreckung nach § 294 Abs. 1 InsO nicht entgegen. DasVollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO schützt den Schuldner ebenso wenigvor der Titulierung einer Insolvenzforderung wie das Vollstreckungsverbot des §210 InsO.

    LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27. 4. 2016 - L 5 R 2004/14

  • Mit dem Ablauf der Beschwerdefrist gegen die Bestätigung desInsolvenzplans durch das Insolvenzgericht steht fest, dass die SchuldnerinVerbindlichkeiten in dem Umfang nicht mehr zu befriedigen braucht, in dem dieGläubiger aufgrund des Insolvenzplans verzichtet hatten. Mit diesem Zeitpunktist der Gewinn so gut wie sicher eingetreten.

    FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14. 1. 2016 - 10 K 10245/14

  • Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einerdurch Verschmelzung entstandenen neuen Gesellschaft führt nicht zurUnzulässigkeit des Spruchverfahrens wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis.

    Zur Frage des Umfanges des Schätzungsermessens bei Insolvenzder Antragsgegnerin und zur Ermittlung der angemessenen baren Zuzahlung anhandvon Börsenkursen.


    OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 1. 3. 2016 - 21 W 22/13

  • Ergänzt der Schuldner auf gerichtliche Bemängelung nach § 305Abs. 3 InsO seinen Verbraucherinsolvenzantrag bei Verzeichnissen und/oderVermögensübersicht, muss er die Richtigkeit dieser Ergänzungen persönlicherneut gem. § 305 Abs. 1 Nr. 3, 2. HS InsO versichern, ansonsten löst dasGericht zu Recht die Rücknahmefiktion aus. Diese ist mit der sofortigenBeschwerde nicht angreifbar.

    LG Hamburg, Beschl. v. 16. 5. 2016 - 326 T 44/16

  • BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016 - IX ZB 21/15 und IX ZB 83/15 !!

    Ein wirksamer Beschluss der Gläubigerversammlung, einen Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, liegt nur vor, wenn er in einer vom Insolvenzgericht einberufenen und geleiteten Gläubigerversammlung getroffen wurde (§ 76 Abs. 1 InsO) und der Beschlussgegenstand als Tagesordnungspunkt öffentlich bekannt gemacht worden ist (§ 74 Abs. 2 Satz 1 InsO).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016 - IX ZB 17/15

    Der Wert eines mit Grundpfandrechten belasteten, vom Insolvenzverwalter freihändig veräußerten Grundstücks ist der Berechnung seiner Vergütung nicht zugrunde zu legen, wenn weder ein Übererlös noch ein Kostenbeitrag zur Masse fließt.

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  • BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - IX ZR 114/15

    a) Hat das Insolvenzgericht im Schutzschirmverfahren nach § 270b Abs. 3 InsO allgemein angeordnet, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet, hat dieser kein Wahlrecht. Die Begründung von Masseverbindlichkeiten richtet sich dann nach den gesetzlichen Vorschriften, die für den starken vorläufigen Insolvenzverwalter gelten.

    b) Nimmt der allgemein nach § 270b Abs. 3 InsO ermächtigte Schuldner die Arbeitsleistung seiner Arbeitnehmer aus schon bestehenden Arbeitsverhältnissen in Anspruch, begründet er wegen des Bruttolohnanspruchs des Arbeitnehmers Masseverbindlichkeiten; Masseverbindlichkeiten sind auch die Ansprüche auf Zahlung der Arbeitnehmeranteile für die Sozialversicherung.

    c) Auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den nach § 270b Abs. 3 InsO allgemein ermächtigten Schuldner findet § 55 Abs. 3 InsO entsprechende Anwendung.

    d) Eine Umqualifizierung der nach § 55 Abs. 2 InsO als Masseverbindlichkeit geltenden Forderungen in Insolvenzforderungen nach § 55 Abs. 3 InsO setzt voraus, dass der Schuldner die Forderungen noch nicht erfüllt hat.

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  • BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - IX ZR 23/15

    Kündigt der Schuldner dem Gläubiger einer in den Vormonaten deutlich angewachsenen fälligen Forderung an, im Falle des Zuflusses neuer Mittel die Verbindlichkeit nur durch eine Einmalzahlung und zwanzig folgende Monatsraten begleichen zu können, offenbart er dem Gläubiger seine Zahlungsunfähigkeit.

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  • BGH, Urteil vom 05.04.2016 - VI ZR 283/15

    Gestraffter Inhalt:
    Eine analoge Anwendung des § 208 BGB auf die Restschuldbefreiung kommt nicht in Betracht.

    Folge: Meldet ein Opfer (bzw. zunächst dessen Eltern) die Schadensersatzansprüche wegen der sexuellen Straftaten nicht zur Insolvenztabelle an, verliert es bei erteilter Restschuldbefreiung für den Täter den Anspruch, auch wenn es gemäß § 208 BGB noch rechtzeitig hätte Klage erheben können.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Beauftragt der Insolvenzverwalter einen Anwalt der eigenen Kanzlei mit der Führung eines Anfechtungsprozesses vor einem auswärtigen Gericht, sind die Reisekosten des beauftragten Anwalts dann erstattungsfähig, wenn eine Vielzahl von Anfechtungsprozessen an unterschiedlichen Gerichtsorten zu führen ist; dann kann dem Insolvenzverwalter nicht zugemutet werden, an jedem der Gerichtsorte einen neuen Anwalt zu mandatieren und zu instruieren (Ergänzung zu BGH, Beschl. v. 08.03.2012 - IX ZB 174/10).

    OLG München, Beschl. v. 10.12.2015 - 11 W 2293/15

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Anfechtbare Rechtshandlung i.S.v. § 96 Abs. 1 InsO ist dieHerstellung der Verrechnungslage, die die Beklagte als spätereInsolvenzgläubigerin nach materiellem Recht zur Verrechnung mit ihrerGegenforderung berechtigte.

    Der maßgebliche Zeitpunkt bemisst sich nach § 140 Abs. 1 InsO.Mit der Schließung des Girokontos durch die Bank entsteht ein Anspruch derKontoinhaberin auf Auszahlung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Guthabens.


    OLG Düsseldorf, Urt. v. 12. 11. 2015 - I-12 U 58/14

  • Zur Beschwer eines Insolvenzverwalters bei einer Verurteilungzur Auskunft nach § 167 Abs. 2 InsO.

    Der Berufungskläger hat die Umstände, aus denen sich ein dieBerufungssumme übersteigender Wert der Beschwer ergibt, substanziiert unddetailliert darzulegen sowie glaubhaft zu machen, § 511 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 294ZPO. Kommt der Berufungsführer dieser Obliegenheit nicht nach, schätzt dasBerufungsgericht die Beschwer aufgrund eigener Lebenserfahrung und Sachkenntnisgem. §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen.

    Das Interesse des Beklagten, die von der Klägerin letztlichangestrebte Leistung nicht erbringen zu müssen, wird durch die Verurteilung zurAuskunft nicht berührt, da diese für den Grund des Hauptanspruchs keineRechtskraft schafft.


    OLG Saarbrücken, Urt. v. 10. 3. 2016 - 4 U 130/14

  • Das Tatbestandsmerkmal "Person, die … über den Gebrauchdes Motorfahrzeugs bestimmt", erfasst Rechtssubjekte, die über den Einsatzeines Fahrzeugs entscheiden. Maßgeblich hierfür ist ein auf den Einsatz desFahrzeugs gerichteter Wille und daneben die Rechtsmacht, den fraglichen Einsatzveranlassen zu können.

    Für den "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalterfolgt aus dem Zweck der vorläufigen Insolvenzverwaltung lediglich, dass er"den Erhalt von Unternehmen und die Chancen auf Sanierung zuunterstützen" und insoweit die Unternehmensfortführung zu"ermöglichen" hat. Er darf im Rahmen der ihm eingeräumten Befugnisseein Unternehmen des Schuldners daher auch ohne Zustimmung des Insolvenzgerichtsfortführen "lassen", ist aber rechtlich nicht in der Lage, denSchuldner gegen dessen Willen zu Handlungen anzuhalten.


    OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11. 2. 2016 - OVG 1 B 25.14

  • Hat der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers aufArbeitsentgelt innerhalb der "kritischen" letzten 3 Monate desArbeitsverhältnisses (s. § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III) erfüllt (§ 362 Abs. 1BGB), besteht kein Anspruch auf Insolvenzgeld.

    Die befreiende Zahlung und damit die Erfüllungswirkung fälltnicht schon dadurch weg, dass sich der Arbeitnehmer einem Rückgewähranspruchzur Masse nach § 143 Abs. 1 InsO ausgesetzt sieht, weil der Insolvenzverwalterdie zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in der "kritischen Zeit"erfolgte Zahlung als inkongruente Befriedigungshandlung nach Maßgabe der §§129, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgreich angefochten hat.

    An dem Postulat einer tatsächlichen Rückgewähr des durch dieanfechtbare Leistung Erlangten mit der Folge des insolvenzgeldrechtlichrelevanten Wiederauflebens des ursprünglichen Anspruchs auf Arbeitsentgelt (§144 Abs. 1 InsO) ist auch dann festzuhalten, wenn ein solcherinsolvenzrechtlicher Rückforderungsanspruch durch einen gerichtlichen Vergleichtituliert worden ist und vollstreckt werden kann, aber bislang keinetatsächliche Rückzahlung erfolgt ist.


    LSG NRW, Urt. v. 25. 2. 2016 - L 9 AL 70/14

  • Im darstellenden Teil eines Insolvenzplans sind alle diejenigenAngaben unerlässlich, welche die Gläubiger für ein sachgerechtes Urteil überden Insolvenzplan, gemessen an ihren eigenen Interessen, benötigen.

    Der Schuldner ist verpflichtet, in einem Insolvenzplan Auskunftüber alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriffist weit auszulegen und umfasst alle rechtlichen, wirtschaftlichen undtatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren in irgendeiner Weise vonBedeutung sein können. Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht davon abhängig,dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner mussvielmehr diejenigen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage,offenlegen, die offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung seinkönnen und nicht klar zutage liegen.

    Es ist Sache der Gläubiger, die Frage der Zustimmung zum Planin Kenntnis aller Möglichkeiten, die dem Schuldner zu Gebote stehen, zuentscheiden, und nicht Sache des Schuldners, den GläubigernHandlungsmöglichkeiten zu verschweigen, weil er sie für nicht realistisch odernicht zumutbar hält. Ein redlicher Schuldner kann ohne Bedenken in den Plan dieDarstellung der Möglichkeit, selbstständig tätig zu werden, aufnehmen, undzugleich darstellen, dass und warum er diese Möglichkeit nicht wahrnehmen will.

    Die Vorschrift des § 231 InsO ist in der Situation derPlanvorprüfung dahin zu verstehen, dass der Plan zurückzuweisen ist, wenn dieAnnahme des Plans unlauter herbeigeführt werden soll. Unlauter ist jedes gegenTreu und Glauben verstoßende Verhalten, wobei das Gesetz die Begünstigung einesBeteiligten als Beispielsfall nennt. Das Verheimlichen von Vermögenswerten istnach - soweit ersichtlich - einhelliger Rechtsauffassung unlauter.


    LG Wuppertal, Beschl. v. 15. 9. 2015 - 16 T 324/14

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