Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Die im Anschluss eines Verbraucherinsolvenzverfahrens demSchuldner erteilte Restschuldbefreiung schließt ein rechtliches Interesse vonGläubigern an der Einsicht in die Verfahrensakten nicht aus, auch wenn derenForderungen möglicherweise von der Restschuldbefreiung erfasst sein könnten unddie Forderungen von ihnen im Insolvenzverfahren selbst nicht angemeldet wordensind.

    KG, Beschl. v. 12. 4. 2016 - 1 VA 14/15

  • Die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG durch Abzug auf die Kapitalerträge der Insolvenzmasse erhobene Einkommen-oder Körperschaftsteuer (Kapitalertragsteuer) ist ebenso wie der darauf entfallende Solidaritätszuschlag auch im Insolvenzverfahren vermögensmäßig als Abzug von Gesellschaftskapital anzusehen und wegen der steuerlichen Anrechnung auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter wie eine Entnahme zu behandeln. Die Gesellschafter sind deshalb - unabhängig vom Inhalt des Gesellschaftsvertrages - zur Erstattung der Zinsabschläge in die Masse verpflichtet.

    BGH, Urteil vom 5. April 2016 - II ZR 62/15

  • BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13

    a) Bei der Beurteilung der Frage, ob gegen die Schuldnerin eine deren Insolvenzreife mit begründende Forderung bestanden hat, erstreckt sich die Rechtskraftwirkung einer späteren Feststellung dieser Forderung zur Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 3 InsO nicht auf den Geschäftsführer der Schuldnerin; dessen Verhalten im Anmeldeverfahren kann aber eine im Rahmen der Tatsachenfeststellung (§ 286 Abs. 1 ZPO) zu berücksichtigende Indizwirkung haben.

    b) Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiventausch vor, soweit infolge der Zahlung die Gesellschaftssicherheit frei wird und der Verwertung zugunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht; bei einem solchen Aktiventausch entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung (An-schluss an BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 26).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Verjährungsbeginn bei vorsätzlichem Bankrott – Feststellung der Restschuldbefreiung

    §§ 283 Nummer 1, 78 a S. 1 StGB

    Vorsätzlicher Bankrott durch Verheimlichen von Bestandteilen des Vermögens im Sinne von §§ 283 Absatz I Nummer 1 StGB ist im Fall der Insolvenz einer natürlichen Person bei fortdauerndem Verheimlichen bis zur Restschuldbefreiung erst dann beendet, wenn diese erteilt wird.


    BGH, Beschluss vom 14.3.2016 – 1 StR 337/15

    (die an die Finanzbehörden verkauften Daten auf Steuer-CDs werden eben doch verwendet ...)

  • BGH, Beschluss vom 14. April 2016 - IX ZR 161/15

    Der Insolvenzverwalter einer GmbH ist deren Geschäftsführer gegenüber nicht ver-pflichtet, eine zu dessen Gunsten abgeschlossene Haftpflichtversicherung aufrecht-zuerhalten, um ihn aus einer Inanspruchnahme wegen verbotener Zahlungen freizu-stellen.

    Ergänzung des Einsenders:
    Unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Wahrung der Gläubigerinteressen mag es geboten sein, eine zugunsten des Geschäftsführers einer insolventen GmbH abge-schlossene Haftpflichtversicherung aufrechtzuerhalten, sofern Haftungsansprüche gegen den Geschäftsführer mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nicht durchsetzbar sind.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der im Insolenzverfahren bestellteSachverständige ist zu einer umfassenden Einsicht in die über denInsolvenzschuldner geführten Strafakten berechtigt, wenn sich daraus Hinweisedazu ergeben können, ob mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen denInsolvenzschuldner zu rechnen und mit welcher Wahrscheinlichkeit von einerDurchsetzung behaupteter Ansprüche Dritter auszugehen ist.Weil der gerichtlich bestellteSachverständige im Insolvenzverfahren gem. § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB zurVerschwiegenheit verpflichtet ist, gilt dies auch für aus Gründen desPersönlichkeitsschutzes ansonsten bestellten Sachverständigen Dritten nichtzugänglichen Aktenbestandteilen.

    OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.3. 2016 - 1 Ws 56/16

  • Tritt die Schuldnerin inbestehende Mietverträge ein und wertet diese dadurch zu einer Masseforderungfür die Vermieterin auf, so liegt in der daraus folgenden Verkürzung der Aktivaeine zur Gläubigerbenachteiligung führende anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin.

    OLG München, Endurt. v. 23. 10.2015 - 5 U 4375/13

  • Eigentumsrechten stehengleich einerseits grundstücksgleiche Rechte, andererseits Mitberechtigungen desSchuldners. Eine Beteiligung an einer Grundeigentum besitzenden GbR steht indiesem Zusammenhang einem Recht am Grundstück gleich. Soweit die Beteiligungmit vermögensrechtlichen Befugnissen des Schuldners verbunden ist, geht dasRecht zu ihrer Ausübung, unabhängig von der rechtlichen Eigenständigkeit derGbR auf den Insolvenzverwalter über.

    LG Berlin, Beschl. v. 24. 3.2016 - 20 T 27/16

  • Weist das Insolvenzgerichtdie Insolvenzgläubigerantragstellerin darauf hin, dass diese einen Antrag aufFortsetzung des beantragten Regelinsolvenzverfahrens in einer anderenVerfahrensart binnen einer bestimmten Frist stellen muss, anderenfalls derAntrag abgewiesen werden wird, muss die Antragstellerin so verfahren.

    Im Beschwerdeverfahren ist der Wechsel der Verfahrensart nicht mehr möglich.

    LG Hamburg, Beschl. v. 12.4. 2016 - 326 T 33/16

  • 1. Es ist notwendig, dass der außergerichtlicheEinigungsversuch nicht einfach stempelhaft als "gescheitert"bescheinigt wird, sondern zuvor wirklich (auch aus Sicht der empfangendenGläubiger) ernsthaft und überwacht versucht wird.

    2. Überlässt der später bescheinigendeRechtsanwalt dem/der Schuldner(in) die Gestaltung und Durchführung desaußergerichtlichen Einigungsversuches selbst, insbesondere Formulierung desAnschreibens, Setzung von Fristen, Weiterleitung von Rückläufern, so läuft diesder gesetzgeberischen Intention und einer Stärkung des außergerichtlichenSchuldenbereinigungsversuches, die u.a. mit dem neugefassten § 305 Abs. 1 Nr. 1InsO verfolgt werden sollte, zuwider.

    3. Rechtsfolge ist bei gerichtlicher Überprüfungdie Unzulässigerklärung des Insolvenzantrages mangels ausreichenderBescheinigung (Anl. 2 gem. VerbrInsFV).


    AG Hamburg, Beschl. v. 7. 4. 2016 - 68c IK 110/16 (rkr.)

  • Eine Abweisung mangels Massegem. § 26 InsO setzt das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes voraus.

    Von Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO ist regelmäßig auszugehen bei Fehlen vonVermögenswerten eines Schuldners mit unbekannten Aufenthalt.In diesem Fall ist auch voneiner mangelnden Kostendeckung auszugehen.

    Die entgegenstehendeRechtsprechung des LG Kassel ist abzulehnen (LG Kassel, Beschluss vom20.11.2015 - 3 T 325/15, ZInsO 2015, 2591 mit abl. Anm. Schmerbach Insbüro2016, 162).

    AG Göttingen, Beschl. v. 12.4. 2016 - 74 IN 164/15

  • Für die Entscheidung über dieKostenerinnerung gegen die Kosten des nachträglichenForderungsprüfungsverfahrens ist der Rechtspfleger funktionell zuständig.

    Der Insolvenzverwalter kann seinWiderspruchsrecht gegen die Mitprüfung nach Ablauf der Anmeldefristangemeldeter Forderungen gem. § 177 Abs. 1 Satz 2 InsO konkludent durchNichtaufnahme der nachgemeldeten Forderung in die Tabelle ausüben. Macht er vondiesem Widerspruchsrecht Gebrauch, ist insoweit zwingend ein nachträglichesForderungsprüfungsverfahren erforderlich.

    AG Norderstedt, Beschl. v. 5. 4. 2016 - 66 IN288/14

  • Voraussetzungfür die Bewilligung von Stundung ist ein zulässiger Restschuldbefreiungsantrag.Daran fehlt es, wenn dem Schuldner innerhalb der letzten 10 Jahre vor AntragstellungRestschuldbefreiung erteilt wurde (§ 287a Abs. 2 Nr. 1 InsO).

    Hat derSchuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung verschwiegen, ist einebewilligte Stundung gem. § 4c Nr. 5 InsO i.V.m. § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO und §4c Nr. 1 InsO aufzuheben.

    Ist derEröffnungsbeschluss noch nicht rechtskräftig, ist er aufzuheben (BGH ZInsO2006, 871 = ZIP 2006, 1651; AG Göttingen ZInsO 2015, 323 und ZInsO 2016, 287 =ZVI 2016, 128) und ein Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrensmangels Masse gem. § 26 InsO abzuweisen.

    AG Göttingen,Beschl. v. 13. 4. 2016 - 74 IN 46/16 (verbunden mit 74 IN 211/15)

  • BGH, Urteil vom 7. April 2016 - IX ZR 145/15


    Ansprüche des Versicherers auf Prämien für einen privaten Krankenversicherungsvertrag aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen.

    Zahlt der Schuldner eine Versicherungsprämie für seinen privaten Krankenversicherungsvertrag in bar aus einem nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO unpfändbaren Geldbetrag, fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Verfahrenskostenstundung in der Wohlverhaltensphase kannaufgehoben werden, wenn der Schuldner sich nicht ausreichend umErwerbstätigkeit bemüht. Diese Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn derSchuldner sich nicht aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemüht.

    Eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, deren Beendigung derSchuldner zudem dem Jobcenter nicht anzeigt, stellt keinen hinreichendenEntschuldigungsgrund für die Einstellung von Bewerbungsbemühungen dar, wenn derSchuldner zuvor trotz seines Alters noch eine Arbeitsstelle innegehabt hatte.


    LG Hamburg, Beschl. v. 26. 2. 2016 - 326 T 61/15

  • Der Insolvenzverwalter trägt die Beweislast für dieUnentgeltlichkeit einer Leistung im Rahmen der Anfechtung nach § 134 Abs. 1InsO.

    Die Unentgeltlichkeit wird hinreichend dargelegt, wenn derInsolvenzverwalter substanziiert vorträgt, dass eine von der Gegenseitebehauptete Gegenleistung für die Insolvenzschuldnerin objektiv keinen Werthatte.

    Ist ihm dahin gehender, näherer Vortrag wegen Fehlens einesschriftlichen Vertrags nicht möglich, obliegt es der Beklagten im Rahmen dersekundären Darlegungslast, die von ihr erbrachten (geldwerten) Gegenleistungenim Einzelnen darzulegen.


    OLG Köln, Beschl. v. 14. 3. 2016 - 2 U 107/15

  • Der Senat hält an seiner Ansicht fest, dass bei der Eintragungeiner Zwangshypothek aufgrund eines Titels, der einen Rechtsanwalt in seinerEigenschaft als Insolvenzverwalter legitimiert, nur dieser ohne den Zusatz"als Insolvenzverwalter (über das Vermögen …)" als Berechtigter imGrundbuch auszuweisen ist (Senat vom 18.6.2012, 34 Wx 90/12, ZInsO 2012, 1622 =FGPrax 2012, 154).

    Ungeachtet dessen kann sich die Beschwerde eines Schuldners,der die Eintragung wegen eines entsprechenden Zusatzes beanstandet, hieraufregelmäßig nicht erfolgreich stützen.


    OLG München, Beschl. v. 2. 2. 2016 - 34 Wx 20/16

  • Die Vorschrift des § 270b InsO (amtliche Überschrift"Vorbereitung einer Sanierung") legt als Ziel und gleichzeitig Rahmeneiner Eigenverwaltung im sog. Schutzschirmverfahren die Vorbereitung einer(Unternehmens-)Sanierung fest. In diesem Rahmen gilt § 55 Abs. 2 InsOentsprechend. Eine Ermächtigung nach § 270b Abs. 3 InsO umfasst damit auch nursolche Verbindlichkeiten, die unter diesen Sanierungszweck fallen.

    Eine Berufung auf eine erteilte Globalermächtigung kommt dannnicht in Betracht, wenn es sich um Verbindlichkeiten handelt, die mit derBetriebsfortführung und Sanierung nichts zu tun haben oder deren Eigenschaftals spätere Masseverbindlichkeit für den Gläubiger wegen anderweitigerwirtschaftlicher Absicherung nicht erforderlich ist und damit einer Sanierungwegen der drohenden Verringerung der Insolvenzmasse entgegensteht.

    etwaiges Vertrauen auf den Fortbestand des Vermögensvorteilsaufseiten des Gläubigers damit nicht bestanden hat, demSozialversicherungsträger ein wirtschaftliches Risiko wegen des Eingreifens derInsolvenzausfallversicherung nicht droht und er die Zahlung lediglich demUmstand der Strafbewehrtheit der Forderung verdankt, ist es demSozialversicherungsträger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die zuvorerlangte Zahlung zu berufen.

    durch § 270b InsO verfolgten Zweck einer Sanierung eine Wertungvorgegeben. Ggf. entstehende Mehrkosten im Rahmen dieses solidarischen Systemssind deshalb kein Argument gegen die Ausschöpfung der systemimmanenten undgewollten Möglichkeiten.


    LG Hamburg, Urt. v. 24. 4. 2015 - 303 O 236/14

  • Verstirbt der Schuldner während des gläubigerseitig beantragtenInsolvenzeröffnungsverfahrens, muss der antragstellende Gläubiger einen Antragauf Umstellung in das Nachlassinsolvenzeröffnungsverfahren stellen und zudessen Zulässigkeit die Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses, sowie dieQualifizierung der Antragsforderung als Nachlassforderung glaubhaft machen unddie zustellfähigen Adressen der Erben benennen.

    LG Hamburg, Beschl. v. 15. 4. 2016 - 326 T 18/16

  • Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht für sich genommender Anordnung der Erzwingungshaft gem. § 96 OWiG gegenüber dem Schuldner nichtentgegen.

    Bestehende Zahlungsunfähigkeit lässt nicht den zwingendenSchluss zu, dass ein Insolvenzschuldner eine Geldbuße imOrdnungswidrigkeitenverfahren nicht leisten kann. Der Begriff derZahlungsunfähigkeit ist im Ordnungswidrigkeitenrecht deutlich enger auszulegen.


    LG Potsdam, Beschl. v. 12. 1. 2016 - 24 Qs 52/15

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