Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1.
    Ob die Verwendung "gezillmerter" Lebensversicherungsverträge, bei denen die Vertragskosten in den ersten Versicherungsjahren in voller Höhe zum Abzug kommen, bei der Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung unzulässig ist, bleibt unentschieden.
    2.
    Selbst wenn man eine Unwirksamkeit dieses Versorgungsweges annehmen sollte, folgt daraus kein Anspruch auf - vollständige oder teilweise - Nachzahlung der umgewandelten Entgeltanteile (entgegen LAG München v. 15.3.2006 - 4 Sa 1152/06).
    3.
    Bei einem Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 17 Abs. 3 BetrAVG kommt vorrangig eine Anpassung der Versorgungsleistungen in Betracht. Bei Fortbestehen des Versicherungsvertrages kann sich ein Schaden erst bei Eintritt des Versicherungsfalles realisieren und ist erst dann zu beziffern.

    LAG Niedersachsen, Urt. v. 5. 5. 2009 - 11 Sa 107/08

  • 1.
    Entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu § 295 InsO (BGH, ZInsO 2008, 920) kann nach Stellung eines Versagungsantrages ein Schuldner einen Verstoß gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht mehr heilen (z.B. durch Auskehr einer vereinnahmten Einkommensteuererstattung an den Insolvenzverwalter).
    2.
    Bei der Prüfung der groben Fahrlässigkeit i.S.d. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist ein strenger Maßstab anzulegen. Ein Schuldner ist verpflichtet, sich über die Grundlagen des Insolvenzverfahrens zu informieren. Ein etwaiges Fehlverhalten Dritter, die er um Auskunft fragt, muss er sich zurechnen lassen. Für den Schuldner besteht die Verpflichtung zur Nachfrage bei dem fachkundigen Insolvenzverwalter/Treuhänder.

    AG Göttingen, Beschl. v. 16. 6. 2009 - 74 IN 231/06

  • LG Bremen vom 27.08.2009 2 S 374/08

    1. Darlehensvertrag und Restschuldversicherung können verbundene Geschäfte sein, wenn und soweit das Darlehen teilweise der Finanzierung der Restschuldversicherungsprämie dient.

    2. In der Insolvenz des Verbrauchers findet nach Widerruf der verbundenen Geschäfte eine Saldierung des Anspruchs auf Rückgewähr der geleisteten Versicherungsprämie mit dem Gegenanspruch der Bank auf Rückzahlung des ausgezahlten Darlehens nicht statt.

    3. Ein Anspruch auf Rückgewähr der geleisteten Restschuldversicherungsprämie nach Widerruf der verbundenen Geschäfte besteht nur in Höhe des auf die Zeit nach Zugang der Widerrufserklärung entfallenden Teils der Prämien.

  • LG Bonn vom 16.09.2009 Aktenzeichen 30 T 366/09

    1. Die Insolvenzgesellschaft ist nach § 155 Abs. 1 InsO weiterhin zur handelsrechtlichen Rechnungslegung verpflichtet, so dass ihre weiterhin im Amt befindlichen gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluss für diese nach § 325 HGB offenzulegen haben.

    2. Die Insolvenzgesellschaft kann aufgrund des Insolvenzbeschlags durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §§ 35, 80 InsO auf Rücklagen zur Aufbringung der Rechnungs- und Offenlegungskosten aus Rechtsgründen nicht mehr zugreifen, so dass sie an der Unterlassung der Offenlegung nach § 325 HGB kein Verschulden trifft.

    3. Die noch im Amt befindlichen Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der Insolvenzgesellschaft sind nicht verpflichtet, die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 325 HGB aus ihrem Privatvermögen zu finanzieren.

    4. Die Tatbestandswirkung der Androhungsverfügung, gegen die ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig eingelegt worden ist, erstreckt sich nicht auf das Verschulden hinsichtlich der Unterlassung der Offenlegung nach § 325 HGB.

  • Dazu aber auch:
    OLG Schleswig, Urt. v. 25.06.2009, 5 U 3/09
    1. Es bleibt dahingestellt, ob ein Darlehensvertrag und ein durch diesen finanzierter Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte i. S. des § 358 Abs. 1 BGB darstellen.
    2. Der Darlehensschuldner bzw. der Insolvenzverwalter über sein Vermögen kann bei einem Widerruf des Kreditvertrags nicht den Versicherungsbeitrag vom Kreditgeber zurückerstattet verlangen, da es durch den gesetzlichen Eintritt des Darlehensgebers in die Rechte und Pflichten des Unternehmers zu einer Konsumtion kommt (§ 358 Abs. 4 Satz 3 BGB).
    (Leits. n. amtl.)
    Mitte 2006 schloss der Insolvenzschuldner mit der bekl. Bank einen Kreditvertrag sowie mit der C-Versicherung einen Versicherungsvertrag für Ratenkredite in Form einer Kreditlebensversicherung mit Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung. Die für die Versicherung zu entrichtende Einmalprämie wurde durch die Bekl. mitkreditiert. Beide Verträge enthielten jeweils gesonderte Widerrufsbelehrungen. Im März 2008 erklärte der Kl. gegenüber der Bekl. den Widerruf des Kreditvertrags und forderte diese – ohne Erfolg – zur Rückerstattung der Einmalprämie auf. Das OLG hat –anders als die Vorinstanz - einen Rückerstattungsanspruch verneint: Die einander gegenläufigen Rückabwicklungsansprüche des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer auf Rückzahlung der Darlehensvaluta sowie des Darlehensnehmers gegen den Unternehmer (Versicherung) auf Rückerstattung der an letzteren geflossenen Leistung fielen in der Person des Darlehensgebers mit der Folge zusammen, dass es im Zeitpunkt des Widerrufs zu einem Forderungsverbrauch komme.

  • OLG Celle vom 17.02.2009
    Aktenzeichen 16 U 78/08

    1. Nach dem 1. Januar 2002 fällig gewordene Werklohnansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Werkverträgen verjähren in der Zweijahresfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. (Art. 229 § 6 Abs. 1 und 3 EGBGB).
    2. Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgelöste Unterbrechung des Zivilprozesses (§ 240 ZPO) hat auf die Verjährung der Klageansprüche keinen Einfluss.
    3. Die durch die Klageerhebung eingetretene Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist kann nach § 204 Abs. 2 BGB enden, wenn der Insolvenzverwalter die rechtshängige Forderung aus der Masse freigibt, der insolvente Kläger oder der absonderungsberechtigte Sicherungszessionar das Verfahren trotz Freigabe nicht fortführen (aufnehmen). In diesem Fall beruht der weitere Stillstand des Zivilprozesses ausschließlich auf deren Untätigsein und nicht mehr auf dem Insolvenzverfahren, weil mit der Freigabe der Grund für die Unterbrechung des Zivilprozesses nach § 240 ZPO weggefallen ist.

  • Zwar keine neue Rechtsprechung, aber ein Hinweis von RiBGH Prof Gehrlein zu § 19 GmbHG n.F.:

    Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die Pflicht, verdeckte Sacheinlagen / Hin- und Herzahlung bei Anmeldung zum Register offen zu legen, auch für Altfälle gilt. Da dies in der Regel nicht geschehen ist, können sich die Gesellschafter nicht darauf berufen, dass die Kapitalaufbringung nach der neuen Vorschrift ordnungsgemäß erfolgt ist.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wird ein Betrieb nach insolvenzbedingtem Wegfall des einzigen Auftraggebers aufgegeben und der für erhaltene Anzahlungen gebildete Bilanzposten aufgelöst, steht der insoweit entstandene Gewinn nicht im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe und ist daher als laufender Gewinn nicht begünstigt zu besteuern.

    FG München, Urteil vom 16. 7. 2008 - 1 K 4388/06 (rkr.)

  • Das Bundesarbeitsgericht hat zur Zwangsvollstreckung von rückständigen Unterhaltsansprüchen in der Verbraucherinsolvenz des Unterhaltsschuldners entschieden.

    BAG - Urt. v. 17.09.2009 - 6 AZR 369/08

  • Hat sich der Vollstreckungsschuldner ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück vorbehalten bzw. ein Wohnungsrecht einräumen lassen und das mit dem Recht schon belastete Grundstück auf Angehörige übertragen bzw. in eine aus Angehörigen bestehende GbR eingebracht, so enthält das Anfechtungsgesetz nach seinem Wortlaut keinen Anfechtungstatbestand, der es ermöglicht, gegenüber dem Schuldner selbst die zu seinen Gunsten erfolgte Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten anzufechten; Voraussetzung einer Anfechtung ist grundsätzlich das Ausscheiden eines Gegenstandes aus dem Vermögen des Schuldners. Der Rückbehalt des Nießbrauchsrechts bzw. des Wohnungsrechts ist gegenüber dem Vollstreckungsschuldner als dem Inhaber der Rechte auch nicht unter Ausweitung der Anfechtungstatbestände des Anfechtungsgesetzes im Wege der Analogie anfechtbar.

    FG München URTEIL vom 27.05.2009 - 4 K 4193/05

  • BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05

    Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung und fließen sie infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu, so kommt die Anfechtung dieser mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter ohne Rücksicht darauf in Betracht, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht (Aufgabe von BGHZ 170, 276).

    OLG Stuttgart


    LG Ellwangen

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 24.09.2009 - IX ZB 288/09, ohne Leitsatz:

    Der Schuldner verstößt gegen seine Erwerbsobliegenheiten, wenn er, bei ansonsten gleichlautendem Arbeitsvertrag, erheblich geringere Nettoeinkünfte erzielt als ein Mitgeschäftsführer.

    Es ist ausreichend, wenn der Gläubiger die Tatsachen, die zu einer Gläubigerbenachteiligung führen vorträgt, eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1.
    Vermögensverfügungen des Geschäftsführers sind gegenüber der Gesellschaft als treuwidrig und damit wirkungslos angesehen, wenn sie geeignet sind, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen, wenn der Gesellschaft durch die Verfügung ihre Produktionsgrundlagen entzogen werden oder wenn ihre Liquidität gefährdet wird, indem ihr das zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigte Vermögen entzogen wird.
    2.
    Bei § 64 Satz 3 GmbHG handelt es sich nicht um eine abschließende Regelung der Existenzvernichtungshaftung; die Vorschrift berührt die bisherige straf- wie zivilgerichtliche Rechtsprechung zur Haftung des Gesellschafters für existenzgefährdende bzw. -vernichtende Eingriffe nicht.

    BGH, Beschl. v. 31. 7. 2009 - 2 StR 95/09

  • Haben die Parteien eines Kaufvertrages einen Rabatt auf den Kaufpreis vereinbart verbunden mit der Abrede, dass der volle Preis durch die finanzierende Bank des Käufers zu vergüten und aus dem Betrag der Rabatt an den Käufer zu vergüten sei, so ist die Auszahlung dieser Rabattvergütung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, da sie die Gewährung einer inkongruenten Deckung beinhaltet.

    OLG Hamburg, Urt. v. 30. 1. 2009 - 3 U 263/07

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