Erbvertrag und Scheidung

  • Erblasser schließt mit seiner Ehefrau, seiner Mutter und seinem Stiefvater einen Erbvertrag in dem nur er letztwillige Verfügungen trifft. Hiernach erben bei kinderloser Ehe (dies war der Fall) seine Ehefrau zu 1/2 Anteil und die damals minderjährige Enkelin des Stiefvaters (also nicht mit dem Erblasser verwandt) je 1/2 Anteil.
    In der Folge hat er dann noch gemeinsam mit seiner Ehefrau zwei weitere Erbverträge gemacht, die er jedoch durch einen dritten Vertrag mit seiner Ehefrau wieder aufgehoben hat.
    Die Ehe des Erblassers wird später geschieden.

    Mein Gedanke jetzt. Die späteren Erbverträge waren nach 2289 BGB hinfällig. Sie wurden ja auch wieder aufgehoben.
    Damit bleibt der erste Erbvertrag maßgeblich. Wie ist nun hier die Erbfolge?

    Ist er durch die Scheidung komplett hinfällig?

    Hiergegen spricht für mich, dass der Erbvertrag nicht nur mit der Ehefrau geschlossen wurde, sondern auch mit weiteren Personen. Bleibt dann die Einsetzung der Enkelin des Stiefvaters zu 1/2 bestehen?
    Wie verhält es sich dann mit der zweiten Hälfte? Fällt die Frau durch die Scheidung weg? Ihr 1/2 Anteil geht an die gesetzlichen Erben des Erblassers.
    Die Ehefrau ist im übrigen vorverstorben. Ersatzerben waren nicht aufgeführt.

  • Die Verfügung zugunsten der Ehefrau ist wegen der rechtskräftigen Scheidung unwirksam, wenn nicht ein anderer Erblasserwille festgestellt werden kann (§§ 2279, 2077 BGB), und wäre im übrigen wegen des kinderlosen Vorversterbens der Ehefrau auch ohne Scheidung gegenstandslos.

    Es ist Auslegungsfrage, ob die Enkelin des Stiefvaters des Erblassers auch für den Fall der Scheidung der Ehe des Erblassers bedacht werden sollte. Wenn Wille des Erblassers nicht feststellbar, gilt § 2279 Abs. 2 BGB: Erbeinsetzung ebenfalls unwirksam.

    Ebenso ist es für den Fall, dass eine Auslegung ergibt, dass die Enkelin des Stiefvaters des Erblassers sehr wohl auch für den Fall der Scheidung der Ehe des Erblassers bedacht werden sollte, wiederum Auslegungssache, ob sie zu 1/2 Anteil neben den ges. Erben des Erblassers geerbt hat, oder ob es Ziel des Erbvertrags war, die entfernteren gesetzlichen Erben auszuschließen, so dass sie Alleinerbin ist.

    Viel Spaß...

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wobei der "Spaß" erst so richtig beginnt, nachdem (erforderlicherweise) die zu beteiligenden gesetzlichen Erbprätendenten ermittelt wurden.

    Könnte demnach auch auf eine Nachlasspflegschaft aufgrund ungewisser Erbfolge hinauslaufen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!