Ehevertrag durch Betreuten

  • Sachverhalt:
    Ehemann und Ehefrau sind seit den 50er Jahren verheiratet (alte Bundesländer). Durch Ehe- und Erbvertrag haben sie unmittelbar nach Eheschließung Gütergemeinschaft mit Verwaltung des Gesamtguts durch den Ehemann vereinbart und sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.

    Der Ehemann ist geschäftsunfähig. Es wurde Betreuung angeordnet (Umfang: so ziemlich alles was geht). Betreuerin ist eine Tochter. Der Ehemann lebt nicht im Heim, die Beteiligten sind vermögend.

    Die Ehefrau war nach Einrichtung der Betreuung auf der Bank, legte den Ehe- und Erbvertrag vor, und verlangte Auszahlung ihrer Rente, die auf ein "gemeinsames" Konto gazahlt wurde. Die Bank nahm das zum Anlaß, ihre Kontenvollmachten zu widerrufen und auch die Konten, die bisher nur auf den Namen der Ehefrau liefen, auf "Eheleute" umzuschreiben (wegen der Gütergemeinschaft). Unter Hinweis auf § 1422 BGB verweigert die Bank nunmehr der Ehefrau jeglichen Zugriff und verweist sie auf §§ 1426, 1430 BGB. Die Vorschrift des § 1429 BGB hält die Bank nicht für einschlägig, da die Ehefrau - wie der Bank bekannt ist - von ihren (ebenfalls vermögenden) Kindern unterstützt wird.

    Die Frage ist nun, ob die Ehefrau und die Tochter als Betreuerin (mit Genehmigung des Gerichts) den Ehevertrag aufheben, für die Zukunft Zugewinngemeinschaft vereinbaren und das Gesamtgut (je hälftig) auseinandersetzen können.

    Ich habe Bedenken wegen der Genehmigungsfähigkeit. Werden diese geteilt?

    EDIT: Genaugenommen ist es § 1411 Abs. 2 Satz 2 BGB. Ich meine, das würde sogar für die Änderung der Verwaltungsbefugnis gelten.

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  • Das ist ja eine heiße Kartoffel. Wenn ich den von Dir bereits genannten § 1411 Abs. 2 Satz 1 HS 2, Satz 2 HS 2 BGB richtig verstehe, bleiben der Dame nur zwei Möglichkeiten, um sich aus der Abhängigkeit der sich jetzt zu ihrem Nachteil auswirkenden Gütergemeinschaft befreien:

    a) Die Ehescheidung (obwohl sie sich von ihrem Mann nicht trennen will)
    b) Abschluss des genannten Aufhebungsvertrags, und hoffen auf Einsicht durch das BVerfG, wenn im Rahmen des Instanzenzuges gegen die Verweigerung der Genehmigung entweder Vorlage nach Art. 100 GG oder nach Instanzenzug eine Verfassungsbeschwerde erfolgt. Heftig.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensweise der Bank natürlich völlig abwegig ist. Dies beginnt schon mit der "Streichung" der Bankvollmacht der Ehefrau, denn weshalb sollte ein alleinverwaltender Ehegatte nicht dem anderen Ehegatten Vollmacht erteilen können? Auch die "zwangsweise" Umschreibung der Konten der Ehefrau auf die Eheleute entbehrt einer rechtlichen Legitimation, weil in der Einrichtung dieser Konten natürlich - auch ohne die förmliche Vereinbarung von Vorbehaltsgut - die Zustimmung des verwaltenden Ehegatten lag, wonach der nicht verwaltende Ehegatte fortan alleine über die betreffenden Gelder verfügen kann. Und § 1426 BGB kann schon von vorneherein nicht einschlägig sein, weil er nur die in den §§ 1423 und 1424 BGB genannten Geschäfte betrifft, die im vorliegenden Fall aber überhaupt nicht in Frage stehen.

    Der erste Schritt ist also, die Bank durch Klageandrohung dazu zu bewegen, die besagten Maßnahmen rückgängig zu machen.

    Als Dauerlösung dürfte der in § 1447 (Nrn. 1, 4) BGB vorgesehene Weg zur Verfügung stehen, da es hier nicht um die Aufhebung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag, sondern im familiengerichtlichen Verfahren geht (die Terminologie "Klage" wurde versehentlich beibehalten).

  • ...

    Als Dauerlösung dürfte der in § 1447 (Nrn. 1, 4) BGB vorgesehene Weg zur Verfügung stehen, da es hier nicht um die Aufhebung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag, sondern im familiengerichtlichen Verfahren geht (die Terminologie "Klage" wurde versehentlich beibehalten).

    Danke, dann bedarf es des BVerfG nicht, weil der Gesetzgeber mitgedacht hat.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Als Dauerlösung dürfte der in § 1447 (Nrn. 1, 4) BGB vorgesehene Weg zur Verfügung stehen, da es hier nicht um die Aufhebung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag, sondern im familiengerichtlichen Verfahren geht (die Terminologie "Klage" wurde versehentlich beibehalten).


    Wobei dann § 1411 Abs. 2 Satz 2 BGB natürlich ziemlich zweckfrei ist, da er es dem Betreuer - auch mit gerichtlicher Genehmigung - unmöglich macht, die Regelung, die gerichtlich erzwungen werden kann, ehevertraglich herzustellen. Aber nun denn.

    Das mit der Bank kann man ggf. auch anders sehen - die Bank stellt sich jedenfalls auf den Standpunkt, dass der Umstand, dass die Bank nie vom Ehevertrag erfahren hat (und - Anruf von heute früh - eines der Konten der Ehefrau nachweisbar zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, an dem der Ehemann nach einem Arbeitsunfall vor vielen Jahren bewußtlos in der Unfallklinik lag) dagegen spricht, dass es sich um Vorbehaltsgut handelt.

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  • Vorbehaltsgut im Rechtssinne kann es schon deshalb nicht sein, weil es hierzu einer ehevertraglichen Vereinbarung bedurft hätte. Aus diesem Grund hatte ich auch auf die Vollmachtsschiene verwiesen.

    § 1411 Abs. 2 S. 2 BGB sagt ganz allgemein, dass ein Betreuer eine vereinbarte Gütergemeinschaft im Zusammenwirken mit dem anderen Ehegatten - gleich aus welchen Gründen - nicht ehevertraglich aufheben kann, während § 1447 BGB einen außerehevertraglichen Weg eröffnet, wenn die dort genannten besonderen Gründe vorliegen. Einen Widerspruch zwischen beiden Normen vermag ich daher nicht zu erkennen.

    Ob § 1411 Abs. 2 S. 2 BGB den Weg eröffnet, den bestehenden Ehevertrag mittels Begründung von Vorbehaltsgut zu ändern (also die Gütergemeinschaft nicht insgesamt ehevertraglich aufzuheben), kann im vorliegenden Fall wohl dahinstehen, weil § 1447 BGB zu einer wünschenswerten Gesamtlösung für das gesamte Gesamtgut führt und dieser Weg daher der vorzugswürdigere ist.

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