Teilungsversteigerung und Zubehör - hier Brandversicherungssumme

  • Ich bitte um Hilfe, weil ich eine Entscheidung nicht verstehe. Vielleicht habe ich ja nur ein dickes Brett vor dem Kopf, dafür brauche ich Euch:

    LG Hechingen, B.v. 09.09.2013, 3 T 76/13 - Rpfleger 2014, Heft 1, S. 38.

    Sachverhalt:
    Teilungsversteigerung eines Grundstücks. Es besteht auch ein Erstattungsanspruch aus einer Feuer- und Elementarversicherung.

    LG Hechingen meint:
    Die Versteigerung erstreckt sich nicht auf die Forderung aus der Versicherung.

    Zur Begründung argumentiert es:
    1) Bei der Teilungsversteigerung wird das Grundstück nur insoweit von der Beschlagnahme ergriffen, als dies für die Durchführung des Verfahrens erforderlich ist - BGH, V ZB 92/09, Rn. 13.
    2) Zweck der TV ist es, einen unteilbaren durch einen teilbaren Gegenstand zu ersetzen, d.h. einen verteilungsfähigen Erlös in Geld zu verschaffen.
    3) Die Beschlagnahme umfasst daher bei der TV insbesondere nicht diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt (Hintzen, ZVG, 13. Aufl., § 180 Rn. 68), sodass eine Erstreckung der Beschlagnahme auf die Versicherungsleistung nach §§ 20 Abs. 2 ZVG, 1127, 1128 BGB nicht erfolgt ist.

    Meine Zweifel:
    Zu 3) Ich hab die Hintzen-Fundstelle nachgelesen. Dort steht der obige Satz wirklich: "Anders als in der Forderungsversteigerung umfasst die Beschlagnahme nicht diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt (Hypothekenhaftungsverband, insbesondere Zubehör). Eine Beschlagnahme nach den §§ 1121, 1122 BGB findet nicht statt. ... " Es folgen Ausführungen darüber, warum es in der TV keines Veräußerungsverbots bedarf.
    In der nachfolgenden Rn. 69 heißt es dann aber: "Wie in der Forderungsversteigerung erstreckt sich der Zuschlag in der Teilungsversteigerung auf alle diejenigen Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam ist. Auf Zubehörgegenstände erstreckt sich der Zuschlag auch dann, wenn diese einem Dritten gehören, § 55. ..."
    Ich habe stundenlang gegrübelt, wie die Aussagen zusammenpassen. Ich kann es mir nur so erklären, dass in Rn. 68 die Beschlagnahmewirkung nach § 23 ZVG gemeint ist, aber gerade nicht die nach § 20 ZVG, die den Umfang der Versteigerung nach § 55 ZVG bestimmt.
    Liege ich hier richtig, oder kann mir bitte jemand erklären, was Hintzen sich hier gedacht hat?

    Zu 1) Weder BGH V ZB 92/09 noch die Entscheidung, auf die dort der BGH verweist (nämlich BGH v. 29.11.1951 - IV ZR 40/50, LSK 1951,847182), treffen eine Aussage zu Zubehör in der Teilungsversteigerung. Dort geht es jeweils um die Verfügungsbefugnis (§ 23 ZVG gilt nicht), nicht aber um den Umfang der Beschlagnahme (§ 20 ZVG) hinsichtlich der mitbeschlagnahmten Gegenstände.

    Zu 2) Bliebe also allenfalls die Möglichkeit, dass es bei der Teilungsversteigerung einer Mitversteigerung der Brand- und Elementarversicherungsforderung nicht bedarf, weil es sich insoweit um eine Geldforderung und also um einen teilbaren Anspruch handelt.
    ich halte es gleichwohl für weit hergeholt, hier einen von der Beschlagnahme nach § 20 mitumfassten Gegenstand ohne eine Freigabe desselben oder ohne einen Antrag auf abgesonderte Verwertung nach § 65 ZVG einfach so aus dem Verfahren herauszunehmen.
    Würdet Ihr ohne Antrag eine Geldforderung von der Teilungsversteigerung ausnehmen, weil insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt?

  • Mit einer Freigabe ohne Antrag wäre ich sehr zurückhaltend, weil es ja letztlich nicht das Versteigerungsgericht ist, was über die Frage Sein oder Nichtsein (Zubehör) entscheidet.

    Hintzen habe ich leider nicht, deshalb kann ich weder nachlesen noch orakeln, was er gemeint hat.
    Im Stöber ist es anders erklärt, aber vielleicht dasselbe gemeint:
    In Anm. 1.2 zu § 20 ZVG sagt er, dass dieser "nur mit Einschränkung für die Teilungsversteigerung" gilt.
    In Anm. 6.6 zu § 180 ZVG führt er aus, dass die Beschlagnahmewirkung zwar nicht ausdrücklich eingeschränkt ist wie in § 173, 176, ZVG, die Beschlagnahme gäbe aber dem Antragsteller kein Recht auf abgesonderte Befriedigung und bewirke auch keine Beschlagnahme nach §§ 1121, 1122 BGB. Denn zur Verfügung über mithaftende Gegenstände waren schon vor der Beschlagnahme nur alle Miteigentümer gemeinschaftlich befugt. Das überzeugt mich allerdings auch nur für Erben.

    Bei Teilungsversteigerungsverfahren unter Bruchteilseigentümern habe ich bisher immer angeregt, vorsorglich evtl. Zubehör von der Versteigerung auszunehmen und außerhalb des Verfahrens zu regeln, weil ja da auch oft andere Rechtsbeziehungen bestanden, wenn z.B. nur einer den Gewerbebetrieb allein geführt hat.

    Eine Brandversicherungssumme steht ja auch allen Eigentümern gemeinschaftlich zu und kann nicht von einem allein eingezogen werden - also besteht kein Sicherungsbedürfnis. Die evtl. Beschlagnahme nach § 20 gilt sowieso nicht mehr, wenn Wiederherstellung erfolgt ist und die könnte ja ein Miteigentümer vorbezahlt haben. Es ist also nötig klarzustellen, dass die VSumme nicht mit versteigert wird. Ob man dann von den Beteiligten eine Freigabe verlangt oder von Amts wegen klarstellt, dass die Forderung nicht mit versteigert wird, ist letztlich Glaubensfrage.

  • Ich kann Deinen Worten nun nicht entnehmen, ob Du die Brandversicherungssumme im Hypothekenhaftungsverband auch bei der Teilungsversteigerung als mitzuversteigern im Sinne des § 55 ZVG ansiehst. Genau das ist aber meine erste Frage gewesen.

    Übrigens hab ich nun doch eine einschlägige BGH-Entscheidung gefunden:

    BGH: Beschluss vom 20.11.1951 - V BLw 34/50, BeckRS 1951, 31196847 (insoweit nicht abgedruckt in NJW 1952, 1111)
    Dort heißt es:


    "Die Teilungsversteigerung umfasst aber auch die Versicherungsansprüche (und hat sie daher auch im vorliegenden Fall mit dem Augenblick der Anordnung der Teilungsversteigerung erfaßt; § 1127 BGB und § § 20 Abs. 2, 55 Abs. 1, 180 ZVG), und mit dem Zuschlag geht daher der Anspruch auf Zahlung einer Brandentschädigung auf den Erwerber über (§ 90 Abs. 2 ZVG); dabei ist eine Hinterlegung der Versicherungssumme ohne Einfluss (RGZ 74, 108)."

  • Die beiden Absätze von Hinzen finde ich auch verwirrend. Aber die Kommentierungen sind sich die Kommentierungen einig, dass die Beschlagnahme eingeschränkt ist. Die Beschlagnahme greift nur soweit, wie es für das Verfahren erforderlich ist. Stöber verweist auf eine BGH Entscheidung aus dem Jahre 1952. Ich war jetzt noch nicht in der Bibliothek. Für Juris ist sie zu alt. Palandt formuliert es in 1127 so: 1127 erstreckt die Hypothekenforderung mittels dinglicher Surrogation auf die Versicherungsforderung. Da die Beschlagnahme sich nicht auf diese dinglichen Forderungen aus dem Hypothekenpfandverband bezieht, kann sich die Beschlagnahme auch nicht auf das dingliche Surrogat erstrecken. Die Folge ist, dass in der Teilungsversteigerung die Versicherungsforderung nicht zu berücksichtigen und das Haus in dem beschädigten Zustand zu bewerten ist.
    Die Frage ist, muss ich mich als Vollstreckungsgericht um solche Dinge kümmern. Nein. Bei der Versicherungsforderung ist das ja in der Regel einfach. Sie wird entweder dem Hypothekengläubiger oder dem Eigentümer ausgezahlt. Die zweite Rdnr. bei Hinzen könnte so gemeint sein, dass auch Zubehör versteigert wird, weil wir das nicht prüfen. Der 55 ZVG gilt trotzdem. Zuckst im Vorfeld der Berechtigte für die Zubehörstücke nicht, werden sie trotzdem mit versteigert.
    Ich hole mir mal die Entscheidung. Vielleicht hellt das die Lage mal auf.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


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  • Die Frage ist, muss ich mich als Vollstreckungsgericht um solche Dinge kümmern. Nein.

    Doch. Bei LG Hechingen ging es um die Frage, ob die Versicherungsforderung als Teil des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts anzusehen ist. Hunderttausend Euro hin oder her - das kümmert mich schon energisch und ggf. sonst meine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.

  • Vielen Dank, liebe Annett. Die von Stöber gemeinte BGH-Entscheidung müsste diese hier sein: BGH: Urteil vom 29.11.1951 - IV ZR 40/50, BGHZ 4, 84, HIER im vollen Wortlaut zu finden. Leider enthält diese Entscheidung keine Aussage darüber, ob eine dem Hypothekenhaftungsverband unterfallende Forderung auch in der Teilungsversteigerung mitversteigert wird oder nicht.

  • Ausgegebenem Anlass möchte ich das Thema (ob auch in der TLV eine eventuelle Versicherungsforderung Gegenstand der ZV ist) nochmals aufgreifen.

    Die Ansicht des LG Hechingen erscheint auf den ersten Blick ganz bestechend. Da die TLV nur die Umsetzung eines real nicht teilbaren Grundstücks in eine real leicht teilbare Geldsumme bezweckt, könnte man vordergründig die Meinung teilen, dass der Verfahrenszweck die Beschlagnahme und damit die Mitversteigerung der Versicherungsforderung nicht erfordert.

    Allerdings Bedenken:

    Ohne im Versicherungsrecht bewandert zu sein, glaube ich mich erinnern zu können, dass viele Gebäudeversicherungsverträge vorsehen, dass die Versicherungssume nur oder überwiegend nur für die Wiederherstellung des Gebäudes gezahlt wird. Die Schadenssumme ist also "zweckgebunden". M.a.W.: die Versicherungssumme steht den Eigentümer nicht so ohne weiteres als Teilungsmasse zur Verfügung, zumal ja auch noch die Pfandrechte der dinglichen Gläubiger zu berücksichtigen sind.

    Auch die §§ 99, 95 VVG sprechen dafür, dass der Ersteher in die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsrechtsverhältnis eintritt.

    Daraus schließe ich, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Anspruch auf Zahlung der Brandversicherungssumme an das Grundstückseigentum gekoppelt ist.

  • Man denke auch an den Fall, dass in der Versteigerung ein Grundpfandrecht bestehen bleibt.
    Hier kann die Versicherungsforderung - selbst wenn sie schon hinterlegt oder z.B. an einen Zwangsverwalter ausgezahlt ist - nicht mal eben unter den Miteigentümern auseinandergesetzt werden. Die Forderung ist schließlich das Surrogat für den zerstörten Teil der Immobilie und gehört also zum Hypothekenhaftungsverband. Nähme man das LG Hechingen ernst, würde dieses Geld der Grundpfandgläubigerin schlicht entzogen. Das kann nicht richtig sein.

    Ich bleibe daher an der Seite von BGH vom 20.11.1951 - V BLw 34/50 und folge nicht dem LG Hechingen vom 09.09.2013, 3 T 76/13.

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