Auslegung - RM gegen Erbschein?

  • Hallo zusammen,
    ich mache erst seit kurzem Nachlass und bitte um praktische Hinweise für folgendes Problem:
    Es wurde ein Erbschein nach A erlassen. A wird beerbt durch seine Ehefrau, seine Tochter T und den Sohn S (gesetzliche Erbfolge).
    S ist mittlerweile verstorben (zeitlich nach A).
    Daher wurden seine Erbinnen (Tochter Y und Ehefrau P) im Erbscheinsverfahren angehört. Y war einverstanden. P meinte, sie wolle nicht behelligt werden, da sie mit dem Erbe von ihrem Schwiegervater nichts zu tun haben wolle, sie lehne das Erbe nach A ab. Der Erbschein wurde erlassen. P kam ein Schreiben zu, in dem erklärt wurde, dass ihr Mann S das Erbe nicht ausgeschlagen habe, den Erbfall erlebt habe und er daher Erbe geworden sei.

    Nun kommt ein weiteres Schreiben der P: "Mein Mann S war zum Zeitpunkt des Erbscheinsantrages bereits verstorben und konnte das Erbe nicht annehmen bzw. ablehnen. Er hat zu seinen Lebzeiten seiner Mutter klargemacht, dass in keinster Weise an dem Erbe seines Vaters interessiert sei und das Erbe nicht annehmen wird. Nun ist er verstorben und kann das Erbe nicht mehr ablehnen. Ich bitte Sie daher, meinen verstorbenen Mann aus der Erbfolge herauszunehmen."

    Der Erbschein ist natürlich dennoch richtig. Aber mir ist nicht klar, ob ich das Schreiben der P als Rechtsmittel auslegen sollte? Die Alternative wäre ein weiteres Schreiben mit dem Versuch, es zu erklären. Das hat beim ersten Mal ja auch nicht geklappt.
    Vermutlich gibt es nicht nur einen Weg, aber mich würde interessieren, wie ihr das machen würdet? Leider kann ich keinen erfahrenen Kollegen fragen.

  • P kam ein Schreiben zu, in dem erklärt wurde, dass ihr Mann S das Erbe nicht ausgeschlagen habe, den Erbfall erlebt habe und er daher Erbe geworden sei.


    Daraus würde ich schließen, dass die 6-Wochen-Frist für den Sohn abgelaufen war. Welcher Zeitraum lag denn zwischen beiden Sterbefällen?
    Ich würde die P noch einmal anschreiben, erneut auf die bereits für den S abgelaufene Frist hinweisen, erläutern, dass die eigene Erklärung der P in jedem Fall formunwirksam ist und erklären, dass selbst für den Fall einer wirksamen Erklärung der P der Sohn S im Erbschein als Erbe aufzuführen ist, da eine Ausschlagung ja nicht durch alle Erbeserben erklärt wurde.
    Sollte dann erneut "Widerspruch" o.ä. erhoben werden und du das Schreiben als Rechtsmittel auslegen wollen/müssen, kannst du die Sache mit einem Nichtabhilfebeschluss ans OLG senden, da ein RM gegen des Erbschein ja nicht gegeben ist.

  • Entschuldigung, ja die Frist war abgelaufen. A ist im Mai 2014, S im Januar 2016 verstorben.
    Danke für die Antworten. :)

  • Unter diesen Prämissen ist der Erbschein richtig.

    Wer eine im Nachlass befindliche und vom (zweiten) Erblasser bereits angenommene Erbschaft an einem Drittnachlass (des ersten Erblassers) nicht haben möchte, kann nur die Erbschaft nach dem zweiten Erblasser insgesamt annehmen oder ausschlagen.

  • Ich würde die Ehefrau des Sohnes anschreiben und nachfragen, ob ihr Schreiben vom ... als Rechtsmittel gegen den Erbschein ausgelegt werden soll. Falls keine Erklärung folge wird das so ausgelegt, das kein Rechtsmittel eingelegt werden soll und die Akten dann weggelegt werden. Soweit ein Rechtsmittel eingelegt werden sollte, wird darauf hingewiesen dass das Rechtsmittel kostenpflichtig zurückgewiesen werden wird (Begründung würde ich mir sparen bei dem Brief, nicht bei der Rückweisung).

  • Guten Morgen zusammen,
    leider muss ich die Diskussion über Rechtsmittel weiter beleben.

    Ich bin eurem Rat gefolgt und habe der Ehefrau P des Erben S geschrieben. Dass dieser die Ausschlagungsfrist hat verstreichen lassen und daher auch sie ,P, nicht mehr für ihn ausschlagen kann. Nur bei einer wirksamen Ausschlagung des gesamten Erbe des S würde sie auch den Erbanteil am Nachlass des A loswerden.

    Jetzt habe ich ein Schreiben ihres Rechtsanwalts hier liegen. Darin bittet er um Klarstellung, warum sie im Wertfestsetzungsbeschluss als "Erbin" bezeichnet wird (in unserem System gibt es keine Erbeserben), obwohl ich sie in einem anderem Schreiben sie als Erbeserbin bezeichnet haben, und überhaupt stand doch im Anhörungsschreiben, wenn sie will, wird sie überhaupt nicht mehr beteiligt.
    Das kann ich ihm ja alles schön erklären aber nun folgt mein Problem:

    "Ferner beantragen wir rein vorsorglich die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand."
    :confused:
    Ein Antrag nach § 18 FamFG im Erbscheinsverfahren!? Eher erscheint es mir, als sollte ich es als Anfechtung der Ausschlagungsfrist ausdeuten (aber welcher, von P oder von S?). Oder aber als eine Anregung auf Einziehung des Erbscheins, die hier im Thread erwähnt wurde?

  • Wiedereinsetzung worfür?

    Für die Versäumung der Ausschlagungsfrist durch den Erblasser im Hinblick auf den Drittnachlass?
    Für die Versäumung der Ausschlagungsfrist in Bezug auf den Nachlass des Erblassers?

    Beides völlig abwegig. Es gibt keine Wiederseinsetzung bei Versäumung einer Ausschlussfrist und daher auch nicht bei Versäumung der Ausschlagungsfrist.

    Die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann man bestenfalls mit entsprechendem Anfechtungsgrund (formbedürftig!) anfechten. Und dies kommt allenfalls für den vorliegenden Nachlass, aber nicht mehr für den Drittnachlass in Betracht.

  • ... Jetzt habe ich ein Schreiben ihres Rechtsanwalts hier liegen. ... "Ferner beantragen wir rein vorsorglich die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand." :confused: Ein Antrag nach § 18 FamFG im Erbscheinsverfahren!? Eher erscheint es mir, als sollte ich es als Anfechtung der Ausschlagungsfrist ausdeuten (aber welcher, von P oder von S?). ...



    Na, das ist doch schön für die Dame: Wenn für sie noch etwas zu retten gewesen wäre und sie jetzt durch das Verhalten ihres Anwalts die Anfechtungsfrist versäumt, dann kann sie ihre Probleme bei seiner Anwaltshaftung abladen. :teufel:
    Nur erfahren muss sie dies, das ist das Problem.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Gut, ich habe jetzt mal ein Schreiben mit Klarstellung und kurzem Hinweis auf die Form und Frist der Anfechtung einer Ausschlagungsfrist verfasst. Ich hoffe, P und ihr Rechtsanwalt kommen nicht noch auf weitere Ideen.

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