Grundbucheinsicht Mieter bei Eigenbedarfskündigung in weitere GB des Vermieters

  • Hallo, der Rechtsanwalt eines wegen Eigenbedarf gekündigten Mieters möchte wissen, ob der Vermieter seines Mandanten am selben Ort weiteren Grundbesitz hat, um diesen dann event. auf diesen verweisen zu können. Das LG Mannheim hat in einer Entscheidung vom 22.01.1992 (6 T 26/91) das berechtigte Interesse in einem solchen Fall bejaht. Nun hat der Vermieter am Ort zwar weiteren Grundbesitz. Im Gegensatz zu der Mietsache wo dieser Alleineigentümer ist, ist er dort jedoch nur Miteigentümer. Er kann dort im Regelfall, falls es z. B. keine Benutzungsregelung gibt, über den Wohnraum nicht ohne Zustimmung des anderen Miteigentümers verfügen. Die Frage ist nun, ob auch in einem solchen Fall das berechtigte Interesse zu bejahen ist? Was meint Ihr?

  • Hallo, der Rechtsanwalt eines wegen Eigenbedarf gekündigten Mieters möchte wissen, ob der Vermieter seines Mandanten am selben Ort weiteren Grundbesitz hat, ... Im Gegensatz zu der Mietsache wo dieser Alleineigentümer ist, ist er dort jedoch nur Miteigentümer. ... Die Frage ist nun, ob auch in einem solchen Fall das berechtigte Interesse zu bejahen ist?


    Berechtigtes Interesse besteht mE trotzdem. Ich würde schriftl. Auskunft erteilen, dass weiterer Grundbesitz vorhanden ist: Miteigentum zu ... in Grundbuch Nr. ...

  • Zunächst einmal umgekehrt:
    Wäre der Kündigende nicht Alleineigentümer, sondern Miteigentümer, hätte das Mietverhältnis auch bei Eigenbedarf eines der Miteigentümer gekündigt werden können (s. BGH, Urteil vom 14.12.2016, VIII ZR 232/15, Rz. 43
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…086&pos=0&anz=1

    Bei freistehenden Wohnungen des Vermieters besteht eine Anbietpflicht. Das gilt auch dann, wenn auf Vermieterseite mehrere Personen stehen (s. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 573 BGB, RN 135).

    Also müsste grundsätzlich auch der Grundbesitz der Einsicht durch den Mieter unterliegen, bei dem der Vermieter lediglich Miteigentümer ist. Allerdings ist zunächst einmal fraglich, auf welche Wohnungen des Vermieters sich die Anbietpflicht erstreckt.

    Nach Ansicht des BGH im Urteil vom 4. 6. 2008, VIII ZR 292/07, besteht die Anbietpflicht nur, wenn sich die freiwerdende Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet. In dem in Bezug genommenen Urteil vom 09.07.2003, VIII ZR 276/02, führt der BGH aus: „Die Anbietpflicht des Vermieters erstreckt sich jedoch nicht auf jede andere, ihm zur Verfügung stehende Wohnung. Diese Verpflichtung beschränkt sich vielmehr auf eine im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindliche Wohnung. Die Anbietpflicht dient dem Ziel, dem Mieter zu ermöglichen, eine Wohnung in seiner vertrauten häuslichen Umgebung zu beziehen. Dagegen besteht ihr Zweck nicht darin, dem Mieter nach einer berechtigten Kündigung die ihn belastende Wohnungssuche abzunehmen, wie das BerGer. meint. Im gegebenen Fall liegen die Voraussetzungen einer Anbietpflicht schon deshalb nicht vor, weil sich die vom BerGer. als Alternativwohnung herangezogene Wohnung des Bruders des Kl. in der Urbanstraße nicht in derselben Wohnanlage wie die gekündigte Wohnung befindet…“

    Allerdings wird diese Ansicht auch abgelehnt (s. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 573 RN 122; Hannappel im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2016, § 573 RN 75). Hannappel führt dazu aus: „Auch die Lit. (Eisenhardt WM 1997, 476; Kappus NZM 2003, 657) befürwortet hierbei eine auch für außerhalb des Hausanwesens liegende Wohnungen bestehende Anbietpflicht, was im Ergebnis bei grundsätzlicher Annahme einer Anbietpflicht die folgerichtige Lösung ist, da die Bedarfsbefriedigung des Mieters im Vordergrund steht“.

    Die Anbietpflicht bezieht sich jedoch nur auf solche Wohnungen, deren Vermietung der Vermieter beabsichtigt (BeckOK/Hannappel, § 573 BGB RN 74 unter Zitat BVerfG NJW 1994, 435; BGH NZM 2011, 30; NJW 2003, 2604; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 121).

    Solche Absichten lassen sich dem Grundbuch nicht entnehmen. Und der etwa in Frage kommende Grundbesitz ließe sich ohnehin nur unter Zuhilfenahme des Eigentümerverzeichnisses auffinden. Dieses unterliegt jedoch grundsätzlich nur dann der Einsichtnahme, wenn es öffentlich zugänglich gemacht wurde (§ 12 a GBO; s. BeckOK/Kral, Stand 1.11.2016, § 12a RN 12).

    Daher denke ich, dass es jedenfalls dann, wenn das Eigentümerverzeichnis nicht öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht Sache des Grundbuchamts sein kann, möglicherweise betroffenes Grundvermögen herauszufinden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für die Rückmeldungen! Ich hatte mein Problem bei der Frage, ob der Vermieter überhaupt eine Anbietpflicht für Wohnungen hat, über die er gar nicht alleine verfügen kann, weil er in dem anderen Objekt nur Miteigentümer ist und der andere Miteigentümer mit der gekündigten Wohnung nichts zu tun hat, diesen selbst daher keine Anbietpflicht trifft und der wohl auch deswegen nicht gezwungen werden kann, eine zur Vermietung stehende Wohnung dem Mieter seines Miteigentümers anzubieten.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!