Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • BGH, Beschluss vom 23. Juni 2016 - IX ZB 18/15

    Stützt ein Gläubiger seinen Eröffnungsantrag auf die Übernahme der persönlichen Haftung des Schuldners für einen Grundschuldbetrag und bildet diese Forderung zugleich den Insolvenzgrund, wird die Forderung durch die Vorlage einer vollstreckbaren Urkunde bewiesen. Einwendungen des Schuldners gegen die Forderung oder gegen die Vollstreckbarkeit des Titels können regelmäßig nur in den für den jeweiligen Einwand vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Im Bereich der Insolvenzanfechtung richtet sich dieBeurteilung, ob die Veräußerung eines mit Grundpfandrechten belastetenGrundstücks oder seine zusätzliche dingliche Belastung eineGläubigerbenachteiligung auslöst, nur dann nach dem bei einer freihändigenVeräußerung des Grundstücks zu erzielenden Erlös, wenn der Insolvenzverwalterzu einer freihändigen Veräußerung rechtlich in der Lage ist. Fehlt demInsolvenzverwalter die Befugnis zu einer freihändigen Veräußerung, weil der fürden Eintritt der Gläubigerbenachteiligung maßgebliche Zeitpunkt vor derVerfahrenseröffnung liegt oder einer freihändigen Verwertung die von einemdinglichen Gläubiger betriebene Zwangsvollstreckung entgegensteht, ist der ineiner Zwangsversteigerung zu erwartende Erlös maßgeblich.

    BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 - IX ZR 153/15 -

  • § 12 Satz 1 GewO schließt eine Gewerbeuntersagung nur in demZeitraum zwischen etwaigen vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO undder Erfüllung eines Insolvenzplans aus.

    Angesichts des ordnungsrechtlichen Charakters desGewerbeuntersagungsverfahrens kommt es auf das Verschulden für aufgelaufeneSteuerrückstände grds. nicht an.

    Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichenWirtschaftsverkehrs wird von einem Gewerbetreibenden erwartet, dass er beianhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf dieUrsachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt.


    BayVGH, Beschl. v. 25. 5. 2016 - 22 ZB 16.837

  • Eine vom Schuldner in der Eigenverwaltung ohne Zustimmung desSachwalters eingegangene Verbindlichkeit, die nicht zum gewöhnlichenGeschäftsbetrieb gehört, ist grundsätzlich wirksam.

    Ordnet das Insolvenzgericht an, dass der Schuldner im sogenannten Schutzschirmverfahren Masseverbindlichkeiten begründet, so werdensämtliche vom Schuldner begründeten Verbindlichkeiten im eröffnetenInsolvenzverfahren als Masseverbindlichkeiten behandelt. Dies giltgrundsätzlich auch für so genannte Binnengeschäfte, wie etwa die Begründungeiner Verbindlichkeit gegenüber einem Vertretungsorgan des Schuldners.

    Die im Schutzschirmverfahren vom Schuldner begründetenMasseverbindlichkeiten unterliegen grundsätzlich nicht der Insolvenzanfechtung.Sie können jedoch nach den Grundsätzen über die Insolvenzzweckwidrigkeit, dieauch für den in Eigenverwaltung handelnden Schuldner gelten, unwirksam sein.


    OLG Karlsruhe, Urt. v. 14. 6. 2016 - 8 U 44/15

  • Ein Insolvenzverwalter ist nicht geeignet i.S.d. § 57 Satz 3InsO, wenn er nicht die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzt undnicht bereit oder fähig ist, mit dem Insolvenzgericht in hinreichender Weise zukooperieren.

    Bei der Beurteilung sind auch negative Erfahrungen bzw.Verhaltensweisen des Verwalters in anderen oder bereits abgeschlossenenVerfahren zu berücksichtigen. Dabei sind auch Umstände, die längere Zeitzurückliegen, geeignet, um ein Fehlen der Eignung nach § 57 InsO festzustellen,wenn weiterhin zu befürchten ist, dass das bisherige Fehlverhalten fortgeführtwerden könnte.


    LG Hamburg, Beschl. v. 22. 6. 2016 - 326 T 27/15

  • Gem. §§ 135 Abs. 2, 143 InsO ist der Beklagte als ehemaligerGesellschafter der Schuldnerin verpflichtet, an die Insolvenzmasse den Betragzu erstatten, in dessen Höhe er infolge der Verwertung des Grundstücks derSchuldnerin von seiner Verpflichtung aus der Bürgschaft frei geworden ist.

    Wenn sich ein Beklagter darauf beruft, an einem ehemaligenWohnort bei Klagerhebung nicht mehr gewohnt zu haben, gleichzeitig aber nichtfeststellbar ist, wo der Beklagte zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung seinen allgemeinenWohnsitz hatte, gilt die Auffangregelung des § 16 ZPO, ohne dass feststehenmüsse, dass der Beklagte zu dem Zeitpunkt der Klagerhebung gar keinen festenWohnsitz hatte.


    LG Hamburg, Urt. v. 28. 10. 2015 - 304 O 65/15

  • Bestellt das Insolvenzgericht einen sog. starken vorläufigenInsolvenzverwalter, ist der Steuerbetrag für die steuerpflichtigen Leistungen,die der Unternehmer bis zur Verwalterbestellung erbracht hat, nach § 17 Abs. 2Nr. 1 Satz 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit zu berichtigen (erste Berichtigung).

    Eine nachfolgende Vereinnahmung des Entgelts durch den sog.starken vorläufigen Insolvenzverwalter führt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2UStG zu einer zweiten Berichtigung des Steuerbetrages und begründet eineMasseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO.


    BFH, Urt. v. 1. 3. 2016 - XI R 21/14

  • Die Regelung des § 287a Abs. 2 InsO ist abschließend, dieSperrfristrechtsprechung des BGH ist überholt.

    Ist im Erstverfahren ein Antrag auf Restschuldbefreiunggestellt, kann in einem Zweitinsolvenzverfahren nach Freigabe desGeschäftsbetriebes gem. § 35 Abs. 2 InsO gleichwohl kein erneuterRestschuldbefreiungsantrag gestellt werden.

    Die Unzulässigkeit folgt daraus, dass dasZweitinsolvenzverfahren ausschließlich der Haftungsrealisierung der Ansprücheder Neugläubiger dient (Fortführung von AG Göttingen, Beschl. v. 20.5.2016 - 74IK 124/16).


    AG Göttingen, Beschl. v. 27. 5. 2016 - 74 IN 93/16

  • Hat der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden Anspruchklageweise verfolgt und hat er die Klage zu einem späteren Zeitpunktzurückgenommen, so ist der Klagegegner auch dann gem. § 269 Abs. 6 ZPOberechtigt, die Einlassung auf die Klage zu verweigern, solange die Kostennicht gezahlt sind, wenn Masseunzulänglichkeit besteht und derInsolvenzverwalter nicht in der Lage ist, die im Ausgangsrechtsstreitfestgesetzten Kosten zu bezahlen.

    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5. 4. 2016 - I-23 W 45/15

  • Das Insolvenzgericht verletzt seinen Beurteilungsspielraumi.S.v. § 26 Abs. 1 InsO nicht, wenn es ein Verfahren auf Grundlage einesGutachtens eröffnet, welches eine knappe derzeitige Massekostenunterdeckungverzeichnet, aber mögliche künftige, nicht unwahrscheinliche, Ansprüche derInsolvenzmasse.

    Der Insolvenzsachverständige darf für den Fall derMassekostenunterdeckung ankündigen, seinen möglichen Vergütungsanspruch alsInsolvenzverwalter um den Differenzbetrag zu beschränken, um das Verfahren als"Ordnungsverfahren" auch ohne Verteilungsperspektive für dieInsolvenzgläubiger zur Eröffnung zu bringen.


    LG Hamburg, Beschl. v. 29. 6. 2016 - 326 T 76/16

  • Dem nach § 270a InsO vorläufig eigenverwaltenden Schuldnersteht kein Antragsrecht analog § 270b Abs. 3 InsO auf Erteilung einerGlobalermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zu.

    Das Insolvenzgericht kann den nach § 270a InsO vorläufigeigenverwaltenden Schuldner nicht auf Grundlage der §§ 21 Abs. 1, 270 Abs. 1Satz 2 InsO global zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigen,sondern diesbezüglich ihm nur Einzelermächtigungen erteilen.

    § 270b Abs. 3 InsO gibt dem Schuldner kein Antragsrecht auf dieim pflichtgemessenen Ermessen des Insolvenzgerichts stehende und vom Schuldnerlediglich anzuregende Erteilung von Einzelermächtigungen gem. § 21 Abs. 1 InsO.


    AG Hannover, Beschl. v. 15. 7. 2016 - 908 IN 460/16 - 2

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